Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Hat eine Mietkaution auch nach Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich nur eine Sicherungs- und keine Befriedigungsfunktion?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 111/17, Urteil vom 20.07.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Den Verfügungsklägern stand gegenüber den Verfügungsbeklagten ursprünglich ein Anspruch auf Unterlassung der Inanspruchnahme der von ihnen gestellten Mietsicherheit zu. Auch nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der (Wohnraum-)Vermieter die Mietsicherheit vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung nur dann rechtmäßig in Anspruch nehmen und verwerten, wenn er Inhaber gesicherter Ansprüche ist, die rechtskräftig festgestellt oder zwischen ihm und dem Mieter unstreitig sind (vgl. LG Darmstadt, Beschluss vom 11. September 2007 – 25 S 135/07WuM 2008, 726 Tz. 2 m.w.N.; Emmerich, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 551 Rz. 31). Denn eine vom Mieter zu stellende “Sicherheit” oder “Kaution” hat bei einer entsprechenden und für die Auslegung gemäß §§ 133157 BGB maßgeblichen vertraglichen Abrede für den Vermieter allein aufgrund der von den Vertragsparteien gewählten Begrifflichkeit weitestgehend eine bloße Sicherungs- und keine Befriedigungsfunktion (vgl. BGH, Urt. v. 12. Januar 1981 – VIII ZR 332/79NJW 1981, 976; Beschluss vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 2/87NJW 1987, 2372; Emmerich, a.a.O.). Die gebotene Auslegung (des Wortlauts) der konkreten – in der Regel und auch hier an der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zu messenden – Sicherungsabrede nimmt die von der von der Berufung ins Feld geführte gegenteilige Instanzrechtsprechung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. August 2008 – 8 W 34/08NJW-RR 2009, 514; LG Hamburg, Urt. v 29. November 2016 – 316 O 247/16, ZMR 2017, 164) nicht vor. Ihr ist allein deshalb nicht zu folgen.

Es kommt hinzu, dass die Vertragsparteien mit der getroffenen Abrede im Lichte der §§ 133157 BGB einen einheitlichen Zweck verfolgen; dieser liegt nach von der Kammer geteilter Auffassung des BGH während des Bestandes des Mietverhältnisses aus Sicht des Vermieters in der bloßen Sicherung streitiger und in der Befriedigung allein solcher Ansprüche, die rechtskräftig festgestellt oder zwischen den Parteien unstreitig sind (vgl. BGH, Urt. v. 7. Mai 2014 – VIII ZR 234/13NJW 2014, 2496). Eine Änderung dieses eingeschränkten Befriedigungs- und überwiegenden Sicherungscharakters ist ohne eine unmissverständliche – und auch hier fehlende – vertragliche Abrede der Mietvertragsparteien für die Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu begründen. Sie liefe zudem bei einem Wohnraummietverhältnis der aus § 551 Abs. 3 BGB erwachsenden Pflicht des Vermieters zur treuhänderischen Sonderung der vom Mieter erbrachten Kaution zuwider. Mit dieser wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auch in der Insolvenz des Vermieters ungeschmälert auf die Sicherheitsleistung zurückgreifen kann, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen (vgl. BGH, a.a.O.). Der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeordnete Schutz des Wohnraumieters würde aber weitgehend leerlaufen, wenn der Mieter zwar während des Mietverhältnisses vor einer uneingeschränkten Inanspruchnahme der Mietsicherheit durch den Vermieter geschützt wäre, jedoch nach dessen Beendigung und danach erfolgter Verwertung der Kaution im Umfang streitiger und nicht rechtskräftig festgestellter Ansprüche das Risiko der Insolvenz des Vermieters vollständig zu tragen hätte.

Ob etwas anderes gelten würde, wenn die Vertragsparteien abhängig von der gewählten Sicherungsform einen Nachweisverzicht für das Bestehen der gesicherten Forderung vereinbaren (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Urt. v. 13. Oktober 2009 – 19 U 88/09, Justiz 2010, 171), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Parteien haben hier in § 7 Nr. 4 des Mietvertrages unmissverständlich vereinbart, dass sich der Vermieter “nach Beendigung des Mietverhältnisses” wegen “aller anerkannter oder rechtskräftiger Forderungen aus dem Mietverhältnis … aus der Sicherheit befriedigen … ” könne. Daraus folgt im Umkehrschluss bereits gemäß § 133157 BGB individualvertraglich, erst recht aber im Rahmen der Klauselkontrolle gemäß § 305c Abs. 2 BGB ein Befriedigungsverbot der Verfügungsbeklagten für alle sonstigen Ansprüche. Allein letztere indes sind streitgegenständlich.”