Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Erklärt der Abmahnende mit dem Ausspruch einer befristeten (Ab-)Mahnung konkludent den Verzicht auf das Recht zur außerordentlichen und ordentlichen Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 166/17, Beschluss vom 26.09.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Der auf § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützten Zahlungsverzugskündigung vom 11. November 2016 ist der Erfolg bereits deshalb versagt, weil sie vor Ablauf der in der (Ab-)Mahnung des Klägers vom 4. November 2016 gesetzten Zahlungsfrist erklärt wurde.

Mit dem Ausspruch einer befristeten (Ab-)Mahnung erklärt der Kündigende konkludent den Verzicht auf das Recht zur außerordentlichen und ordentlichen Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Er gibt mit einer (Ab-)Mahnung zu erkennen, er sehe das Vertragsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass er es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es dabei nicht an (st. Rspr., vgl. nur BAG, Urt. v. 12. Mai 2011 – 2 AZR 479/09NZA-RR 2012, 43 m.w.N.).

Der Kläger hat mit der (Ab-)Mahnung vom 4. November 2016 darum gebeten, “die säumigen Beträge bis zum 14. Oktober 2016 zu überweisen”. Darin lag ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung vor Ablauf der gesetzten Frist. Der mit einer (Ab-)Mahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungsrecht erfasst auch das Recht, aus einem Grund im Verhalten des Vertragspartners zu kündigen, der sich aus dem betreffenden Sachverhalt ergibt. Denn dem Kündigenden ist es im Falle der (Ab-)Mahnung verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der (Ab-)Mahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranzuziehen (vgl. BAG, a.a.O. m.w.N.).

Das Amtsgericht hat das Schreiben vom 4. November 2016 zutreffend dahingehend ausgelegt, dass den Beklagten darin eine erst am 14. November 2016 endende Zahlungsfrist eingeräumt wurde. Bei einer Abmahnung handelt es sich um eine empfangsbedürftige geschäftsähnliche Handlung, auf die die Regelungen über Willenserklärungen entsprechende Anwendung finden (vgl. Niemann, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, § 626 Rz. 30 m.w.N.). Bei Anwendung der Auslegungsparameter der §§ 133157 BGB ist das Schreiben seinem Wortlaut zuwider dahingehend auszulegen, dass der Kläger den Beklagten darin keine zum Zeitpunkt der Mahnung bereits abgelaufene Zahlungsfrist zum “14. Oktober 2016″, sondern eine solche zum 14. November 2016 setzen wollte. Das entsprach auch der Fristsetzung im Schreiben vom 7. Oktober 2016, in dem der Kläger ebenfalls eine – in die Zukunft gerichtete – Frist zum 14. des Monats gesetzt hatte. Tragfähige Anhaltspunkte für die von der Berufung bemühte Auslegung, die Fristsetzung sei ihrem Wortlaut zuwider dahingehend auszulegen, dass die Zahlungsfrist bereits am 11. November 2016 endete, fehlen. Sie wären dem Kläger ohnehin unbehelflich, da die Kündigung ausweislich seines eigenen Vortrags am 11. November 2016 ausgesprochen und zugestellt wurde und damit zeitlich immer noch der Reichweite des mit der (Ab-)Mahnung einhergehenden temporären Kündigungsverzichts bis zum Ablauf der Zahlungsfrist unterfiel.”