Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Liegt eine persönlichkeitsrechtsverletzende Bespitzelung, die einen Schmerzensgeldanspruch rechtfertigen könnte, vor, wenn ein Vermieter vom Hausmeister Lärmprotokolle in Bezug auf das Nutzungsverhalten von Mietern erstellen lässt?

Die Antwort des Landgerichts Karlsruhe (LG Karlsruhe – 9 S 66/17, Urteil vom 29.09.2017) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Karlsruhe in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klägerin hat mangels bewiesener Pflichtverletzung der Beklagten weder Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld noch auf Rückzahlung des Teils der Kaution, hinsichtlich dessen der Beklagte die Aufrechnung mit seinem Mietzahlungsanspruch für Juni 2016 erklärte, da er die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung nur als ordentliche für wirksam hält, die das Mietverhältnis zum 30.06.2016 beendete (1). Ein Anspruch auf Rückzahlung des Teils der Kaution, den der Beklagte im Hinblick auf eine noch zu erstellende Betriebskostenabrechnung zurückbehält, besteht derzeit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der von der Klägerin ausgesprochenen fristlosen Kündigung (2).

1. Die Erstellung von Lärmprotokollen durch den unter der Klägerin wohnenden Hausmeister Findeisen als solche stellt sich entgegen deren Darstellung bereits deshalb nicht als persönlichkeitsrechtsverletzende “Bespitzelung” dar, weil vom Hausmeister auf der Hand liegend kein Tätig-werden, insbesondere kein Nachstellen, Belauschen o.ä. erforderlich war, um etwaig von der Wohnung der Klägerin ausgehenden Lärm wahrzunehmen, sondern lediglich die Anwesenheit in der eigenen Wohnung. Hinsichtlich ihrer Behauptung, der Beklagte habe Lärmprotokolle erstellen lassen, die in Gänze wahrheitswidrig seien, um die Klägerin aus dem Mietverhältnis zu “mobben”, ist die Klägerin beweisfällig geblieben, da sie erstinstanzlich nur für Teile dieser Behauptung Beweismittel bzw. taugliche Beweismittel angeboten hat.

a) Die Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen wurde daher vom Amtsgericht im Ergebnis nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen. Die Klägerin ist für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der von ihr behaupteten Pflichtverletzung sowohl im Hinblick darauf beweisbelastet, dass sie die streitgegenständliche fristlose Kündigung hierauf stützt, als auch im Hinblick darauf, dass sie wegen der behaupteten Pflichtverletzung Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld geltend macht. Dieser Beweis könnte ihr durch eine Vernehmung der erstinstanzlich benannten Zeugen nicht gelingen, da sie diese Zeugen nur für im Einzelnen bezeichnete, tageweise Unrichtigkeiten der gefertigten Lärmprotokolle betreffend das Jahr 2015 benannt hat. Eine Fehlerhaftigkeit der sich über insgesamt vier Jahre (2012 bis 2015) erstreckenden Protokolle wäre auch dann nicht bewiesen, wenn die Zeugen die punktuellen Unrichtigkeiten der Protokolle zur Überzeugung des Gerichts bestätigen würden.

Bei den vorgelegten Schreiben der Mitbewohner ### und ### vom 03.03.2016 sowie ### und ### vom 03.04.2016 handelt es sich um Privaturkunden, die gem. § 416 ZPO ausschließlich Beweis darüber erbringen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen tatsächlich abgegeben wurden, aber nicht darüber, dass die darin enthaltenen sprachlichen Behauptungen tatsächlich mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen. Auch unter Berücksichtigung dieser Schreiben ist daher kein vollständiger Beweisantritt der Klägerin erfolgt.

b) Es ist daher nicht entscheidungserheblich, dass das Amtsgericht den Vortrag der Klägerin dahingehend, sie selbst und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann hätten zu keinem Zeitpunkt außerhalb ihrer Wohnung hörbaren Lärm verursacht und die auf Veranlassung des Beklagten erstellten Lärmprotokolle seien daher in Gänze unwahr, im Rahmen seiner Entscheidung ersichtlich übergangen hat. Die entsprechenden Behauptungen der Klägerin sind zwar im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils wiedergegeben, doch fehlt jede Auseinandersetzung hiermit in den Entscheidungsgründen, wenn dort lediglich unter stillschweigender Zugrundelegung der von der Klägerin gerade gegenteilig dargestellten Annahme, von dieser seien tatsächlich Lärmbeeinträchtigungen ausgegangen, ausgeführt wird, das Anfertigen von Lärmprotokollen stelle ein übliche Form der Dokumentation von Lärmstörungen und damit keine Verletzung einer vertraglichen (Neben-)Pflicht dar. Letzteres trifft nur dann zu, wenn tatsächlich derartige Störungen erfolgen; das von der Klägerin behauptete Erstellen in vollem Umfang erfundener Protokolle zum Zwecke einer tatsächlich nicht berechtigten Abmahnung mit dem Ziel, den Mieter letztlich zu einer eigenen Kündigung zu veranlassen, wäre demgegenüber ohne jeden Zweifel als Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten durch den Beklagten einzuordnen.

c) Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.09.2017 nach dem Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, erstmals weitere Zeugen zum Beweis der vollständigen Unrichtigkeit der Lärmprotokolle angeboten hat, war dieser Vortrag gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Es besteht auch kein Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 ZPO, da das Gericht insbesondere nicht gehalten war, die Klägerin gem. § 139 ZPO auf ihren unvollständigen bzw. untauglichen Beweisantritt hinzuweisen; der tatsächlich erfolgte Hinweis diente nicht dazu, der Klägerin weiteren Tatsachenvortrag zu ermöglichen, sondern dazu, keine sog. “Überraschungsentscheidung” zu treffen, nachdem sich die rechtliche Wertung der Kammer im Vergleich zu den zuvor erteilten Hinweisen geändert hatte.

Eine Hinweispflicht des Gerichts gem. § 139 Abs. 2 ZPO besteht-dort, wo ein Gesichtspunkt von einer Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurde. Von der Klägerin wurde indes gerade nicht verkannt, dass die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der behaupteten Pflichtverletzung bei ihr liegt, nachdem sie Beweise hierfür sowohl – wenn auch unvollständig – angeboten als auch mit der Berufung gerügt hat, dass diese nicht erhoben wurden. Ein Hinweis an die anwaltlich vertretene Klägerin darauf, dass der angebotene Zeugenbeweis den streitgegenständlichen Zeitraum nur punktuell und nicht vollständig abdeckt sowie darauf, dass die vorgelegten Privaturkunden aufgrund der Regelung in § 416 ZPO nicht geeignet sind, den der Klägerin obliegenden Beweis zu führen, war nicht erforderlich.

Aus diesen Gründen wäre auch dann, wenn die weitere Zeugenbenennung vor dem Zeitpunkt erfolgt wäre, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, der erstmals im Berufungsverfahren erfolgte Beweisantritt ohnehin nicht gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen gewesen.

d) Da mithin keine Pflichtverletzung des Beklagten nachgewiesen ist, war die am 30.03.2016 von der Klägerin erklärte Kündigung nur als ordentliche wirksam und hat das Mietverhältnis zum 30.06.2016 beendet, so dass unabhängig von der Frage, wann die Rückgabe der Mietsache erfolgte, bis zu diesem Zeitpunkt die vereinbarte Miete geschuldet ist. Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe der Juni-Miete war daher wirksam. Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld bestehen mangels nachgewiesener Pflichtverletzung ebenfalls nicht.”