Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist es rechtlich zulässig, eine fristlose und eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsrückstandes gleichzeitig und unbedingt zu erklären?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 64 S 191/17, Beschluss vom 01.03.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter 1. b) wie folgt aus: “Die mit dem Schreiben vom 19. April 2016 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist auch nicht deswegen unwirksam, weil das Mietverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens bereits durch die gleichzeitig erklärte fristlose Kündigung beendet gewesen wäre. Die Kammer mag den Überlegungen der Zivilkammer 66 (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2017 – 66 S 90/17), die der Beklagte sich zu eigen macht, nicht beitreten.

Es ist zwar auch im vorliegenden Fall richtig, dass die Vermieterin in erster Linie die sofortige Beendung des Mietverhältnisses anstrebte und es nur hilfsweise zum Ablauf der Kündigungsfrist beenden wollte. Der daraus gezogene Schluss, die Wirkungen der fristlosen Kündigung seien vorrangig zu betrachten und zu beachten, sodass die ordentliche Kündigung nicht mehr zum Zuge kommen könne, wird jedoch den offensichtlichen Interessen der Vermieterin nicht gerecht (a. A. Beyer, GE 2018, 174 ff., 175 und 177, der jedoch mit anderer Begründung zum gleichen Ergebnis gelangt). Bei der Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ist nach §§ 133157 BGB im Zweifel davon auszugehen, dass der Erklärende seinem erkennbaren Willen Geltung verschaffen und Nichtigkeitsfolgen vermeiden will. Da fristlose und ordentliche Kündigung gleichzeitig und unbedingt erklärt wurden, liegt es nahe, beiden Kündigungserklärungen gleichzeitig und nebeneinander Wirkung zu verschaffen, sodass die Vermieterin den angestrebten Räumungsanspruch – in erster Linie und mit sofortiger Fälligkeit – auf die fristlose sowie – hilfsweise und erst mit Ablauf der Kündigungsfrist – auch auf die ordentliche Kündigung stützen kann.

Dass eine solche geltungserhaltende Auslegung möglich ist, belegt folgende Überlegung: Ein Vermieter kann wegen eines der Höhe und des Verschuldens nach hinreichend gravierenden Zahlungsrückstandes ohne weiteres die ordentliche Kündigung und – sei es auch nur um eine “juristische Sekunde” – nachfolgend, während der laufenden Kündigungsfrist, die fristlose Kündigung erklären. Der Kündigungsgrund liegt vor, so lange der Rückstand nicht bezahlt ist; er wird insbesondere durch die zeitlich erste Kündigungserklärung nicht “verbraucht”. Kann ein Vermieter auf diesem Weg sicherstellen, dass das Mietverhältnis unbeschadet der Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB spätestens mit Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung endet, so spricht nichts dagegen, der “fristlos und hilfsweise ordentlich” erklärten Kündigung im Wege interessengerechter Auslegung die gleiche Wirkung zu verschaffen.”