Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Wird durch § 563 BGB der Bestand des Mietverhältnisses zu Gunsten derer geschützt, die mit dem Mieter als “Hausgenossen” besonders verbunden waren?

Die Antwort des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg (AG Tempelhof-Kreuzberg – 7 C 39/17, Urteil vom 11.12.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die Klage ist begründet, denn der Kläger ist nach § 563 Abs. 2 Satz 3 BGB in das Mietverhältnis eingetreten und eine wirksame Kündigung liegt nicht vor.

Die Voraussetzungen des § 563 Abs. 2 Satz 3 BGB liegen vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gehört der Kläger zu dem von § 563 Abs. 2 S. 3 BGB geschützten Personenkreis, denn er führte mit dem verstorbenen Mieter U. D. einen gemeinsamen, auf Dauer angelegten Haushalt.

1. Die Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der verstorbene Mieter U. D. und der Kläger einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt haben. Die Zeugin D. hat bestätigt, dass der Kläger schon vor seinem Einzug ein enger Freund ihrer Familie war, dass beide eine gemeinsame Haushaltskasse hatten und gemeinsam einen neuen Geschirrspüler angeschafft haben. Alle Zeugen haben angegeben, dass sie gemeinsam gekocht haben. Soweit die Zeugin D. ausführte, die anfallenden Arbeiten seien geteilt worden, man könne sich das so vorstellen, wie in einer normalen studentischen WG, handelt es sich um eine Wertung. Selbst wenn sie dies nicht nur auf die geteilten Arbeiten bezogen haben sollte, sondern damit das Zusammenleben insgesamt bewerten wollte, steht dies der Annahme einer über ein bloßes Zusammenleben hinausgehende Lebensgemeinschaft nicht entgegen, zumal der Zeuge R. D. ausdrücklich äußerte, das Zusammenleben sei mehr gewesen als eine übliche Wohngemeinschaft. Im Übrigen unterscheidet sich das Zusammenleben auch insofern von einer üblichen Wohnungsgemeinschaft, als dass der Kläger und Herr U. D. nach den Angaben des Zeugen R. D. viel gemeinsam unternommen haben, man sich dort zu gemeinsamen Essen und zum gemeinsamen Kartenspielen mit Freunden getroffen habe und immer einer für beide gekocht habe. Auch die Zeugen K. und A. D. gaben an, dass alles gemeinsam organisiert und geteilt wurde. Die Zeugen R. und A. D. bestätigten, dass die beiden gut befreundet waren.

Das Gericht ist vom Wahrheitsgehalt der Aussagen überzeugt. Alle Zeugen haben in sich stimmige Angaben gemacht, die in den wesentlichen Punkten übereinstimmen. Die vom Gericht persönlich angehörten Zeugen haben darüber hinaus auf Rückfragen ruhig und detailliert geantwortet und Wissenslücken offen eingeräumt. Sie haben auch einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen.

Nach dem erwiesenen Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der Kläger zu dem durch § 563 Abs. 2 Satz 3 BGB geschützten Personenkreis gehört.

Durch § 563 BGB wird der Bestand des Mietverhältnisses zu Gunsten derer geschützt, die mit dem Mieter als “Hausgenossen” besonders verbunden waren. Dazu gehören auch sonstige Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führten, aber weder Ehe- oder Lebenspartner sind, noch zur Familie des Verstorbenen gehören. Ziel der Regelung ist es, den privilegierten Personen die den Lebensmittelpunkt bildende Wohnung zu erhalten (MüKoBGB/Häublein, 7. Aufl. 2016, BGB §563 Rn. 1).

Unstreitig haben der Kläger und Herr U. D. seit dem Jahr 2008 in der Wohnung gelebt, die den Lebensmittelpunkt bildete. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass sie einen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Das Bestehen eines langjährigen gemeinsamen Haushalts ist in der Regel wesentliches, schwer zu widerlegendes Indiz für die intendierte Dauerhaftigkeit (Münchner Kommentar /Häublein, BGB, 7. Aufl. 2016, § 563 Rn. 14; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, BGB § 563 Rn. 37). Für eine Widerlegung dieses Indiz ist vorliegend nichts ersichtlich.

Der Kläger ist auch nicht deswegen aus dem Kreis der geschützten Personen ausgeschlossen, weil er mit dem Verstorbenen lediglich eine Wohngemeinschaft bildete. Zwar können Mitglieder einer Wohngemeinschaft dann aus dem Kreis der Eintrittsberechtigten ausscheiden, wenn es sich hierbei um eine nicht auf Dauer angelegte, reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft handelt (MüKo/Häublein, a.a.O., § 563 Rn. 15). Bei Wohngemeinschaften ist nach zutreffender Ansicht jedoch danach zu differenzieren, ob sie – wie etwa bei Studenten – typischerweise einem bestimmten, vorübergehenden Lebensabschnitt zugeordnet werden können oder ob sie – wie etwa bei älteren bzw. alten Menschen – typischerweise zum Zwecke der gemeinsamen Lebensgestaltung und Haushaltsführung auf Lebenszeit angelegt sind (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 37; Blank/Börstinghaus Miete, 5. Aufl. 2017, § 563 Rn. 51). Denn es macht in für den Schutzzweck des § 563 BGB und für den Begriff der gemeinsamen Haushaltsführung keinen Unterschied, ob etwa zwei Freunde auf Dauer zusammenleben wollen, weil sie die Hoffnung auf eine Beziehung mit einer Frau aufgegeben haben, oder ob es sich um zwei Brüder handelt (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 39).

Auch der Umstand, dass dem Kläger der Einzug in die Wohnung im Rahmen eines Untermietverhältnisses durch Genehmigung vom 25.06.2008 gestattet wurde, führt zu keinem abweichenden Ergebnis, denn ein Untermietverhältnis des verstorbenen Mieters mit dem Eintrittsberechtigten schließt einen gemeinsamen Haushalt nicht zwingend aus (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 39).

Zu Beginn ihres Zusammenlebens hat Herr D. seine Waschmaschine und seinen Kühlschrank beigesteuert. Im Lauf ihres Zusammenlebens haben sie gemeinsam einen Geschirrspüler angeschafft. Sie wirtschafteten mit gemeinsamer Haushaltskasse, teilten die Miete und Nebenkosten der Wohnung, organisierten die Einkäufe gemeinsam und teilten die Aufgaben des gemeinsamen Haushalts nach den jeweiligen Interessen und Fähigkeiten untereinander auf, wie beispielsweise das Kochen, das der Kläger für beide übernahm. Darüber hinaus waren der Kläger und Herr D. seit vielen Jahren, auch schon vor Beginn des Zusammenlebens, eng miteinander befreundet. Sie erhielten auch gemeinsam Besuch von Freunden und dem Zeugen R. D..

Die Gesamtschau der Ausgestaltung des Zusammenlebens ergibt eine gemeinsame Haushaltsführung im Sinne eines Miteinanderseins. Indizien hierfür sind neben den üblichen Haushaltspflichten wie Einkaufen, Nahrungszubereitung, Anschaffung von größeren Haushaltsgegenständen eine gemeinsame Freizeitgestaltung (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 39).

Ob weitergehende Anforderungen an die Haushaltsbzw. Lebensgemeinschaft zu stellen sind, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt.

Nach der Gesetzesbegründung hängt das Eintrittsrecht nicht vom Bestehen sexueller Beziehungen ab. Um Rechtsmissbrauch zu vermeiden, wird aber unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH vor der Mietrechtsreform, die der Gesetzgeber habe fortführen wollen, und unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien von der wohl noch herrschenden Meinung einschränkend eine Lebensgemeinschaft gefordert, die keine weitere Bindung gleicher Art zulasse und sich durch eine enge innere Bindung auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründe und so über eine bloße Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehe, was durch das Versorgen von Kindern oder die Verfügungsbefugnis über Vermögensgegenstände dokumentiert werden könne (vgl. MüKoBGB/Häublein, a.a.O., § 563 Rn. 15; Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 34).

Inkonsequent ist es dann aber, “das dauerhafte Zusammenleben alter Menschen als Alternative zum Alters- oder Pflegeheim” als zum Vertragseintritt berechtigende Haushaltsform anzuerkennen, weil diese Art des Zusammenlebens durchaus weitere Bindungen gleicher Art zulässt. Mangels Eindeutigkeit der Gesetzesmaterialien wird vertreten, dem Wortlaut und Zweck der Norm entsprechend auf das einschränkende Kriterium der Einzigartigkeit der Bindung zu verzichten (MüKoBGB/Häublein, a.a.O., § 563 Rn. 15), denn eine darüber hinausgehende, wie auch immer geartete Nähebeziehung ist dem Gesetzestext nicht zu entnehmen. Danach ist eine irgendwie geartete Nähebeziehung nicht notwendig (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 34 f.). Diese Auslegung entspricht dem Zweck des Eintrittsrechtes: Auch wenn sich nämlich das Eintrittsrecht historisch als Schutz der Familie des verstorbenen Mieters entwickelt hat, von dem vornehmlich der Ehegatte erfasst wurde, handelt es sich jedenfalls seit der Mietrechtsreform nicht mehr um ein derartig beschränktes Schutzinstrument. Die Mietrechtsreform hat den Anwendungsbereich der Vorschriften erheblich erweitert, weil nicht das (familienrechtliche) Verhältnis entscheidend für das Schutzbedürfnis ist; das Schutzbedürfnis ergibt sich vielmehr eher aus dem Umstand der gemeinsamen Haushaltsführung, in der zum Ausdruck kommt, dass die Wohnung der (schützenswerte) Mittelpunkt der Lebensführung ist (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 36).

Entgegen der wohl noch herrschenden Ansicht erfordert auch nach Ansicht des LG Berlin, der sich das erkennende Gericht anschließt, die Vorschrift des § 563 Abs. 2 S. 3 BGB für den Eintritt in das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters lediglich, dass zuvor von dem Eintrittswilligen und dem Mieter ein auf Dauer angelegter Haushalt geführt wurde. Einer exklusiven Haushalts- oder Lebensgemeinschaft basierend auf einer intimen Liebesbeziehung, die keine weiteren Bindungen gleicher Art zulässt, bedarf es hingegen nicht (LG Berlin, Beschluss vom 17. Dezember 2015 – 67 S 390/15). Hierbei stützt sich das Landgericht auf die Gesetzesbegründung, wonach “auch das dauerhafte Zusammenleben alter Menschen als Alternative zum Alters- oder Pflegeheim” ausreicht. Derart begründete Haushalts- und Lebensgemeinschaften sind aber gerade nicht von einer Exklusivität gekennzeichnet, die “keine weiteren Bindungen gleicher Art zulässt” (LG Berlin, a. a. O., Rn 6). Das LG Berlin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei der Auslegung der Gesetzesbegründung im streitgegenständlichen Zusammenhang ohnehin keine erhebliche Bedeutung zu, da die in den Gesetzesmaterialien angedeutete Exklusivität der Haushalts- und Lebensgemeinschaft im Gesetz keinen hinreichenden Niederschlag gefunden hat. Die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung kann nämlich nicht durch Motive gebunden werden, die im Gesetzgebungsverfahren zwar dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben (LG Berlin, a. a. O., Rn. 7).

Aber auch wenn man der wohl noch herrschenden Meinung folgt, wonach eine exklusive Beziehung gefordert wird, ist eine solche vorliegend zu bejahen. Denn es reicht nach Ansicht des LG Berlin hierfür ein langjähriges Zusammenleben mit sehr enger Verknüpfung der Zusammenlebenden in allen Bereichen aus (LG Berlin, a. a. O., Rn. 8). Das LG Berlin hat die Anwendung des § 563 BGB für eine Wohngemeinschaft zwischen zwei Personen bejaht, die in einer “Vater-Sohn”-ähnlichen Beziehung zusammenlebten und zusammen wirtschafteten, ohne dass es auf die vom BGH geforderte Exklusivität der Beziehung (“keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art”) ankam (sich dem anschließend Blank/Börstinghaus Miete, 5. Aufl. 2017, BGB § 563 Rn. 51). Der Kläger hat zu beweisen vermocht, dass zwischen ihm und dem Verstorbenen ein sehr enges Verhältnis, wenn auch ohne Intimität, bestand. Nicht nur die Aufteilung der Haushaltsaufgaben, sondern auch die gemeinsame Freizeitgestaltung sprechen hierfür. Diese Art des Miteinander ist von gleicher Qualität wie die einer “Vater-Sohn”-ähnlichen Beziehung.

Der Kläger und Herr U. D. haben seit dem Jahr 2008 gemeinsam in der Wohnung gelebt, die auch den Lebensmittelpunkt für beide bildete (zu der Voraussetzung der Wohnung als gemeinsame Lebensmittelpunkt vgl. MüKoBGB/Häublein, a.a.O., § 563 Rn. 16).

2. Die Aufnahme des Untermieters B.F. steht der Annahme einer gemeinsamen Haushaltsführung des Klägers und Herrn U. D. nicht entgegen.

3. Vorliegend gibt es keinen Eintritt einer primär eintrittsberechtigten Person (Ehegatte, Lebenspartner, Kinder), § 563 Abs. 2 S. 3 BGB, der dem Eintritt des Klägers entgegenstehen könnte.

4. Der Umstand, dass die Untervermietgenehmigung eine Vertragsübernahme ausschloss, steht dem Eintritt nicht entgegen, da nach § 563 Abs. 5 BGB zum Nachteil eines Eintrittsberechtigten getroffene Vereinbarungen unwirksam sind.

5. Ein fehlender Wohnungsberechtigungsschein des Klägers steht dem Eintritt in das Mietverhältnis nicht entgegen. Vielmehr hätte dessen Fehlen die Beklagte allenfalls zur Kündigung nach § 563 Abs. 4 BGB berechtigt. Dieses Kündigungsrecht hat sie jedoch nicht ausgeübt (siehe unten 6.)

Die Wohnung wurde aufgrund des Fördervertrages vom 30.11. / 18.12.1992 im Rahmen des Programms Soziale Stadterneuerung – ModInstRL90 mit reinen Zuschüssen gefördert. Die Bindungszeit läuft bis zum 25.08.2018 (vgl. Schreiben der IBB vom 09.10.2017, Anlage B1, Bl. 65 d.A.). Nach § 88d Abs. 3 Zweites Wohnungsbaugesetz (II. WoBG) gilt eine Förderung mit reinen Zuschüssen nicht als Förderung mit öffentlichen Mitteln im Sinne des II. WoBG. Dass die Fördermittel aus reinen Zuschüssen bestanden, folgt aus § 4 des Fördervertrages (Bl. 98 d.A.) und wird auch im Schreiben der IBB vom 27.10.2017 (Anlage B2 Bl. 91 d.A.) bestätigt.

Vorliegend wäre der Eintritt auch ohne WBS selbst dann nach § 563 Abs. 2 BGB erfolgt, wenn die Wohnung 1992 öffentlich gefördert worden wäre. Dann würde für diese Wohnung noch das WoBindG gelten. Nach §§ 1WoBindG, 50 WoFG gilt es nämlich für Wohnraum, für den die Fördermittel bis Ende 2001 bewilligt. Nach § 4 Abs. 7 WoBindG durfte die Wohnung Personen, die nach dem Tod des Inhabers des Wohnberechtigungsscheins nach § 563 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis eingetreten sind, ohne Übergabe eines Wohnberechtigungsscheins zum Gebrauch überlassen werden.

Auf die Frage, ob § 27 WoFG dem Eintritt in das Mietverhältnis nach § 563BGB ohne WBS entgegen stehen könnte, kommt es nicht an, weil die §§ 1-45 WoFG nach § 46 Abs. 1 WoFG nur für Wohnungen gelten, für die eine Förderzusage nach dem 31.12.2001 erteilt wurde.

Wenn das Fehlen des WBS nicht einmal dem Eintritt in das Mietverhältnis über eine preisgebundene Wohnung entgegen stünde, muss dies nach Auffassung des Gerichts bei einer nur mit Zuschüssen geförderten, nicht als mit öffentlichen Mitteln gefördert geltenden Wohnung erst recht gelten.

Der fehlende WBS steht daher dem Eintritt nicht entgegen (so auch Schur in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 563BGB, Rn. 18; (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 10, beck-online).

6. Das Mietverhältnis wurde nicht durch die ausgesprochenen Kündigungen beendet.

a) Die außerordentliche Kündigung der Beklagten nach § 563 Abs. 4 BGB, die mit Schriftsatz vom 17.10.2017 (Bl. 64 d.A.) ausgesprochen wurde, hat das Mietverhältnis nicht beendet.

Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 563 Abs. 4 BGB soll verhindern, dass der Vermieter über den Eintritt nach § 563 BGB einen unzumutbaren Mieter akzeptieren muss. Der Vermieter ist dann berechtigt, das Mietverhältnis außerordentlich mit gesetzlicher Frist (§ 573 d BGB) zu kündigen (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, § 563 Rn. 67, beck-online).

Der fehlender WBS könnte ein solcher wichtiger Grund sein (Schmidt-Futterer/Streyl, a.a.O., § 563 Rn. 68-69, beck-online). Allerdings hat die Beklagte die Kündigungsfrist des § 563 Abs. 4 BGB versäumt. Diese beträgt nach § 563 Abs. 4 BGB einen Monat, nachdem der Vermieter von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat. Sichere Kenntnis erlangt der Vermieter erst, wenn er die Person des Eintrittsberechtigten sowie die Tatsachen kennt, die Voraussetzung des Eintrittsrechts sind (ggf. durch Sterbeurkunde nachgewiesener Tod des Mieters, Beziehung zum verstorbenen Mieter, gemeinsame Haushaltsführung), und wenn außerdem die Ablehnungsfrist übriger Eintrittsberechtigter abgelaufen ist; bei mehreren (gleichrangig) Eingetretenen müssen wegen der einheitlichen Kündigung des gesamten Mietverhältnisses (s. Rdn. 70) alle Ablehnungsfristen abgelaufen sein, nicht allerdings die Ablehnungsfristen von bloß nachrangig Eintrittsberechtigten (Schmidt-Futterer/Streyl BGB § 563 Rn. 73, beck-online).

Der Kläger hat der Hausverwaltung der Beklagten bereits mit Schreiben vom 18.10.2015 und erneut mit Schreiben vom 15.11.2016 mitgeteilt, dass er einen gemeinsamen Haushalt mit Herrn D. geführt hat und in den bestehenden Hauptmietvertrag eintreten möchte. Herr U. D. verstarb am 25.09.2016.

Die Kündigungsfrist nach § 563 Abs. 4 BGB ist daher bereits Ende 2015 abgelaufen.

b) Das Mietverhältnis wurde auch nicht durch die hilfsweise mit Schriftsatz vom 17.10.2017 ausgesprochene ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 BGB beendet.

Ein berechtigtes Interesse ergibt sich nicht aus §§ 13, 8 des Fördervertrages.

Zutreffend ist, dass in § 13 des Fördervertrages (Bl. 100 d.A.) ein Kündigungsrecht für den Fall vereinbart wurde, dass einer der Vertragspartner gegen die ihm nach dem Vertrag obliegenden Pflichten verstößt. In § 8 des Fördervertrages (Bl. 99r d.A.) verpflichtete sich die Eigentümerin freie und freiwerdende Wohnungen dem Bezirksamt zu melden und Wohnungen nur mit Zustimmung des Bezirksamtes zu überlassen. Die streitgegenständliche Wohnung ist aber nicht “frei” oder “freiwerdend”. Wie bereits ausgeführt wurde, ist der Kläger nach § 563 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis kraft Gesetzes eingetreten und steht der fehlende WBS diesem Eintritt nicht entgegen. Die Wohnung ist daher durch den Tod des Mieters U. D. nicht frei geworden.

Ein fehlender WBS als solcher würde eine Kündigung ebenfalls nicht rechtfertigen. Zu der Möglichkeit einer Kündigung eines Genossenschaftsmitgliedes nach Verlust der Mitgliedschaft hat der BGH Bedenken geäußert (BGH, Urteil vom 10.09.2003 – VIII ZR 22/03 -, NZM 2004, 25, beck-online zu § 564b Abs. 1 BGB in der bis 2001 geltenden Fassung; heute § 573 Abs. 1 BGB). Im Übrigen wird in der Kommentierung vertreten, dass kein Kündigungsrecht besteht, wenn die Wohnberechtigung des Mieters nach der Überlassung entfällt, was auch für steuerbegünstigte und freifinanzierte Wohnungen, die einer öffentlich-rechtlichen Belegungsbindung unterliegen (§§ 87a88 des II. WoBauG) gelten soll (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 573 Rn. 198, beck-online; Blank/Börstinghaus/Blank BGB § 573 Rn. 182, beck-online; Münchner-Kommentar / Häublein, § 573 BGB Rdn. 43, beck online).

Da die Überlassung an den verstorbenen Mieter erfolgte und der Kläger kraft Gesetzes in das Mietverhältnis eingetreten ist, ist die Wohnung nicht jetzt erst an ihn “überlassen” worden. Der Eintritt nach § 563 BGB ist daher dem nachträglichen Wegfall der Berechtigung gleichzusetzen. Bei nachträglichem Wegfall der Berechtigung überwiegt das Freimachungsinteresse des Vermieters das Bestandsinteresse des Mieters in der Regel nicht (Münchner Kommentar / Häublein a.a.O.).

c) Soweit die Beklagte mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 21.11.2017 eine weitere Kündigung ausspricht, die sie auf fehlende Wohnberechtigung stützt, ist ihr Vorbringen nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Der gewährte Schriftsatznachlass bezog sich nur auf das Vorbringen des Klägers vom 01.11.2017.

Im Übrigen würde auch eine bloße Fehlbelegung allein keinen Kündigungsgrund darstellen (vgl. zum Meinungsstand (Blank/Börstinghaus/Blank, a.a.O., § 573 Rn. 181-184, beck-online). Vielmehr muss die Behörde die Beseitigung der Fehlbelegung vom Vermieter verlangen (LG Berlin GE 1994, 1059). Dies ist nicht dargetan. Im Übrigen müsste selbst im Falle einer solchen Aufforderung berücksichtigt werden, dass die Bindungszeit am 25.08.2018 ausläuft (vgl. Schreiben der IBB vom 09.10.2017, Bl. 65 d.A.), was vorliegend einem berechtigten Interesse entgegen stünde.

d) Die auf eine fehlende Zahlungsfähigkeit gestützte Kündigung im Schriftsatz vom 21.11.2017 ist ebenfalls nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.”