Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Darf der Vermieter von öffentlich gefördertem Wohnraum mit Mietrückständen die Aufrechnung gegenüber der vom Mieter begehrten Kautionsrückzahlung erklären ?

Die Antwort des Amtsgerichts Bremen (AG Bremen – 3 C 52/18, Urteil vom 08.11.2019) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Bremen in seiner vorgenannten Entscheidung unter 2. bis 3. wie folgt aus: „2. Die Klage ist auch überwiegend begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2. ein Anspruch auf Auszahlung des gesamten Kautionsguthabens einschließlich Zinsen aus § 9 Abs. 7 Satz 1 WoBindG zu.

a) Gem. § 9 Abs. 7 Satz 1 WoBindG sind Leistungen zurückzuerstatten, soweit sie wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 bis 5 WoBindG unwirksam sind. Der Anspruch aus § 9 Abs. 7 Satz 1 WoBindG geht anderen Ansprüchen, denkbar wären solche aus §§ 812 ff. BGB, vor (vgl. Blank, in: Börstinghaus/Blank, 5. Aufl. 2017, BGB § 551 Rn. 128). Es handelt sich um einen Erstattungsanspruch eigener Art (BGH ZMR 1973, 350 ff.; Bister, in: Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Auflage 2019, § 25 Preisgebundener Wohnraum und Sozialer Wohnungsbau, Rn. 195).

Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über preisgebundenem Wohnraum. Folglich finden § 9 Abs. 5 u. 7 WoBindG auf das Mietverhältnis Anwendung.

Nach § 9 Abs. 5 WoBindG ist die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung des Mieters dann zulässig, soweit sie dazu bestimmt ist, Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter aus Schäden an der Wohnung oder unterlassenen Schönheitsreparaturen zu sichern. § 14 des Mietvertrages enthält diese Einschränkung hingegen nicht, sondern verpflichtet den Mieter zu einer Mietsicherheit, dessen Sicherungszweck unbeschränkt ist. Ob und inwieweit es sich bei § 14 um eine Formularklausel handelt und sie somit wegen Verstoßes gegen das AGB-Recht unwirksam ist, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

Denn jedenfalls ist die Vereinbarung der Mietsicherheit wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 5 WoBindG unwirksam. Folglich steht der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch aus § 9 Abs. 7 Satz 1 WoBindG zu.

b) Das Mietverhältnis endete mit Ablauf des 30.09.2017. Das Kautionsguthaben der Klägerin betrug zu diesem Zeitpunkt 1.237,83 Euro.

Hiervon wurden 14,17 Euro von der Beklagten erstattet, so dass der Anspruch in dieser Höhe gem. § 362 BGB durch Erfüllung erloschen ist. Insoweit ist die Klage unbegründet.

c) Der weitere Anspruch der Klägerin auf Auskehrung des verbleibenden Kautionsguthabens in Höhe von 1.223,66 Euro ist vorliegend nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung gemäß §§ 387389 BGB durch Erfüllung erloschen.

Denn die Aufrechnung der Beklagten berührt den Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin bereits wegen eines sich aus § 9 Absatz 5 WoBindG ergebenden Aufrechnungsverbotes nicht. Aus dem beschränkten Sicherungszweck der Mietsicherheit nach § 9 Absatz 5 WoBindG ergibt sich ein Verbot der Aufrechnung mit anderen Ansprüchen (LG Berlin ZMR 2002, 666; LG Aachen WuM 2006, 101; AG Köln WuM 2000, 22; AG Köln, Urteil vom 01. August 2007 – 203 C 175/07 -). Die Beklagte erklärt die Aufrechnung jedoch mit Ansprüchen auf Nachzahlung rückständiger Miete.

Die Aufrechnung ist daher unzulässig, da insoweit ein gesetzliches Aufrechnungsverbot besteht. Für die Kaution hat die Beschränkung des Sicherungszwecks aus § 9 Abs. 5 WoBindG zur Folge, dass die Kaution vorliegend nur für Ersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter wegen Beschädigung der Mietsache oder unterlassenen Schönheitsreparaturen in Anspruch genommen werden kann (vgl. Lützenkirchen, MDR 2019, 257, 262). Der Vermieter kann gegenüber dem Rückzahlungsanspruch des Mieters nicht aufrechnen (LG Bremen MDR 1973, 937; LG Hamburg WuM 1992, 591; Bellinger WuM 2007, 177, 178); es besteht insoweit ein gesetzliches Aufrechnungsverbot (Bellinger, aaO; Blank, in: Börstinghaus/Blank, 5. Aufl. 2017, BGB § 551 Rn. 128 mwN).

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. auch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vertraglicher Nebenpflichtverletzung zusteht. Für einen solchen Anspruch spricht, dass der Mietvertrag in § 2 (3) 5. Abs. vorsieht, dass Unterlagen zur Erlangung des Aufwendungszuschusses vom Mieter nach Aufforderung durch den Vermieter beim Vermieter vorzulegen sind. Eine Vorlagepflicht des Mieters bei der jeweils zuständigen Behörde enthält der Mietvertrag nicht. Die Klägerin als Mieterin hat sämtliche Unterlagen fristgerecht beim Vermieter eingereicht, der indes die Unterlagen nur mit zeitlicher Verzögerung der zuständigen Behörde übersandte. Gegen einen solchen Anspruch spricht indes, dass vorliegend ungeklärt ist, ob der Klägerin durch eine etwaige Nebenpflichtverletzung der Beklagten zu 2 tatsächlich ein kausaler Schaden entstanden ist. Auch kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte durch das Schreiben vom 08.06.2017 (Anl. K10, Bl. 43 d. A.) auf etwaige Nachforderungen verzichtet hat. Dafür ließe sich jedenfalls anführen, dass in dem Schreiben auf Nachfrage ausdrücklich bestätigt wird, das Mietkonto sei ausgeglichen und weise keine Salden auf.”