Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Hat ein Mieter ein Einsichtrecht in den Wärmecontracting-Vertrag zwischen seinem Vermieter und dem Versorger, wenn der zwischen ihm und dem Versorger geschlossene “Wärmeliefervertrag” über die Preisgestaltung schweigt?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 285/19, Urteil vom 15.07.2020) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: „Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagte auf Einsichtnahme in den Wärmecontracting-Vertrag zwischen der Beklagten und dem Eigentümer/Vermieter aus Ziff. 2, 4 des “Wärmeliefervertrages” der Parteien in Verbindung mit § 259 Abs. 1 BGB bejaht.

In den Ziffern 2 und 4 des “Wärmeliefervertrages” der Parteien hat die Beklagte die Verpflichtung übernommen, über die Heizkosten unter Berücksichtigung der HeizkostenV und nach den Modalitäten des zwischen ihr und der Hausverwaltung/dem Vermieter geschlossenen Vertrages über die Wärmelieferung abzurechnen.

Zu den Abrechnungs-“Modalitäten” gehört offenkundig auch die Preisgestaltung, die anders als in den von der Beklagten bemühten Vertragskonstellationen hier gerade nicht zwischen ihr und den Klägern geregelt ist, sondern sich – wohl – aus dem Vertrag zwischen ihr und dem Vermieter bzw. dessen Hausverwaltung ergibt. Auch wenn der Vertrag zwischen den Klägern und der Beklagten, den die Kläger im Übrigen auf Veranlassung des Vermieters geschlossen haben, als “Wärmeliefervertrag” bezeichnet ist, handelt es sich tatsächlich nicht um einen solchen. Typischerweise trifft ein solcher Liefervertrag eine Aussage über die Preisgestaltung, die – recht unumstritten – zu den wesentlichen Vertragsbestandteilen gehört. Dazu findet sich hier indes nichts, sondern – wohl – allenfalls in dem Vertrag, in den die Kläger die Einsichtnahme begehren. Der Vertrag zwischen den Klägern und der Beklagten regelt allenfalls, dass die Beklagte – mit Zustimmung, wohl auch auf Veranlassung des Vermieters – über die Vorauszahlungen auf die Heizkosten abrechnet, die die Kläger – aufgrund der vertraglichen Regelung mit der Beklagten – zudem – mit Erfüllungswirkung, § 362 Abs. 2 BGB – direkt an den Vermieter zahlen.

In Verbindung mit den Regelungen in dem hier gegenständlichen Vertrag ergibt sich der Umfang der Abrechnungspflichten – wie auch sonst – aus § 259 Abs. 1 BGB.

Danach hat derjenige, der verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

Aus § 259 Abs. 1 BGB – nicht § 556 BGB – leitet der BGH in ständiger Rechtsprechung ein – hier geltend gemachtes – Einsichtsrecht in die Belege ab, die zur Überprüfung der Abrechnung erforderlich sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 07.02.2018 – VIII ZR 189/17). Daraus ergibt sich ganz zwanglos, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Belege (Verträge) vorzulegen, die überhaupt erst eine Überprüfung der geschuldeten Abrechnung, insbesondere der dieser zugrunde liegenden Preise ermöglichen. Da der Vertrag zwischen ihr und den Klägern keine Aussage zu den Preisen der Beheizung trifft, sondern insoweit auf den Vertrag mit dem Vermieter bzw. dessen Hausverwaltung Bezug nimmt, ist dieser (selbstverständlich) vorzulegen, wobei hier offen bleiben kann, ob eine solche Vorlageverpflichtung nicht – daneben – auch den Vermieter trifft, der sich von sämtlichen Pflichten zu Lasten der Kläger freizuzeichnen versucht.

Hinzu kommt, dass die Beklagte und der Vermieter den Klägern über ihre Vertragsabsprachen den Eindruck vermitteln, dass die Beklagte die richtige Ansprechpartnerin für Abrechnungsbelange im Zusammenhang mit den Heizkosten ist. Daran müssen sie sich – beide – festhalten lassen.

Die Argumentation der Beklagten zu anderen Lieferverträgen über Energie und andere Leistungen trägt unabhängig davon, dass in diesen Verträgen die Preise geregelt sind, was hier nicht der Fall ist, auch deshalb nicht, weil Ziff. 8 des Vertrages zwischen der Beklagten und den Klägern, letzteren das Recht nimmt, den Vertrag zu kündigen. Eine Beendigung des Vertrages ist nur im Zusammenhang mit dem Mietvertrag möglich.

Ob der als Wärmeliefervertrag bezeichnete, tatsächlich eine Wärmelieferung mit allen insoweit erforderlichen essentialia gar nicht regelnde Vertrag überhaupt wirksam ist oder sich der eigentliche Liefervertrag vor diesem Hintergrund als (unwirksamer) Vertrag zu Lasten Dritter auf die Wirksamkeit des hier gegenständlichen Vertrages auswirkt, kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls ein Einsichtsrecht in den eigentlichen Wärmeliefervertrag zwischen der Beklagten und dem Vermieter steht den Klägern zu.”