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Aus der Rubrik “Mieterproteste”:

Berliner Zeitung am 07.09.2021: Groß-Demo für Mietenstopp in Berlin: Mieter machen mobil
Die Veranstalter fordern von der nächsten Bundesregierung einen „radikalen Kurswechsel“ in der Wohnungspolitik. Bis zu 30.000 Menschen werden zur Demo erwartet.
Mieterinitiativen, Gewerkschaften und Sozialverbände rufen für Sonnabend zu einer Demonstration in Berlin auf, um einen „radikalen Kurswechsel in der Mieten- und Wohnungspolitik von der zukünftigen Bundesregierung einzufordern“. Das geht aus einer am Dienstag verbreiteten Mitteilung der Veranstalter hervor. Die Organisatoren rechnen mit 10.000 bis 30.000 Teilnehmern. Laut Polizei sind 20.000 Personen angemeldet. Im Mittelpunkt des Protests steht die Forderung nach einem Mietenstopp.
„Ob Frankfurt, Dresden, München, Leipzig, Berlin, Hamburg oder Köln: Die Mieten steigen unaufhörlich weiter oder haben unzumutbare Höhen erreicht – und das nicht nur in den großen Städten“, kritisieren die Organisatoren der Demonstration. Vielerorts sinke das Angebot an preisgünstigem Wohnraum dramatisch, verlören Menschen durch Zwangsräumung ihre Wohnung oder fänden „schlicht keinen bezahlbaren Wohnraum“. Wohnen sei aber „ein Menschenrecht und keine Ware“, deswegen brauche Deutschland einen sofortigen Kurswechsel in der Mieten- und Wohnungspolitik.

Neue Bundesregierung soll gleich nach der Wahl handeln

„Wir wollen am 11. September ein kraftvolles Zeichen setzen, die Stärke und den Widerstand der Berliner und bundesweiten Mietenbewegung auf die Straße bringen“, sagt Kim Meyer vom Mietenwahnsinn Bündnis Berlin. „Viele Mieterinnen und Mieter in Deutschland sind verzweifelt“, sagt Matthias Weinzierl von der Kampagne Mietenstopp. „Sie haben die berechtigte Sorge, ihr Zuhause zu verlieren.“ Denn die Mieten stiegen immer weiter, auch Corona habe daran nichts geändert. „Deswegen fordern wir jetzt einen bundesweiten Mietenstopp für sechs Jahre“, so Weinzierl. Der Mietenstopp müsse sofort nach der Wahl von der Bundesregierung beschlossen werden.
„In den sechs Jahren eines Mietenstopps müssen dringend weitere Reformen angegangen werden“, fordert Monika Schmid-Balzert vom Deutschen Mieterbund. „Es muss das Bodenrecht reformiert werden, denn mit extrem hohen Bodenpreisen kann kein bezahlbarer Wohnraum entstehen.“ Außerdem müsse die Wohnungsgemeinnützigkeit wieder eingeführt werden. Die war Ende der 1980er-Jahre von der schwarz-gelben Koalition von Kanzler Helmut Kohl (CDU) abgeschafft worden. Bis dahin hatten sich gemeinnützige Unternehmen verpflichtet, ihre Wohnungen auf Dauer zu beschränkten Preisen zu vermieten und das Firmenvermögen nur für den Wohnungsbau einzusetzen. Im Gegenzug genossen sie steuerliche Vorteile.

Protestzug startet am Alexanderplatz

Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten fordert, „100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr und viele leistbare Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung“ zu bauen. Außerdem müsse der Kündigungsschutz verbessert werden„Nicht nur in Berlin werden immer mehr Menschen mit geringem Einkommen durch hohe Mieten obdachlos oder in neue Armutssiedlungen am Stadtrand verdrängt“, sagt Karlheinz Paskuda vom bundesweiten Aktionsbündnis gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung. „Auch gewerbliche Angebote des alltäglichen Bedarfs verschwinden.“ Eine Enteignung von Wohnungskonzernen, nicht nur in Berlin, sei nötig, um Mieter „vor Spekulation und Profitinteressen zu schützen“.
Initiatoren der Demonstration sind das bundesweite „Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“, die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ und die Kampagne „Mietenstopp! Denn dein Zuhause steht auf dem Spiel“. Die Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen wirbt um Unterstützung beim Volksentscheid über die Vergesellschaftung von Wohnungen großer Unternehmen. „Wir haben in Berlin am 26. September 2021 die historisch einzigartige Chance, ein Zeichen gegen den Verkauf unserer Städte zu setzen“, sagt der Sprecher der Initiative Rouzbeh Taheri. Der Volksentscheid biete die Möglichkeit, „Hunderttausende Wohnungen der Spekulation zu entziehen und im Sinne der sozialen Wohnraumversorgung zu bewirtschaften“.
Die Demo soll von 13 bis 18 Uhr vom Alexanderplatz zum Großen Stern ziehen. In der City ist in dieser Zeit mit Verkehrsbehinderungen zu rechnen.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/gross-demo-fuer-mietenstopp-mieter-machen-mobil-li.181444

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

Berliner Zeitung am 06.09.2021: Zweiter Anlauf für einen Mietendeckel
Erneuter Versuch, den Mietanstieg zu stoppen: Der Berliner Senat will per Bundesratsinitiative den Ländern eine Regulierung der Miete ermöglichen.
Der rot-rot-grüne Senat startet einen erneuten Versuch, die Mieten zu deckeln. Über eine Bundesratsinitiative will die Stadtregierung erreichen, dass der Bund den Ländern per sogenannter Öffnungsklausel ermöglicht, den Mietanstieg zu stoppen. Ein entsprechender Vorschlag soll auf der Senatssitzung an diesem Dienstag beschlossen werden. Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 25. März 2021 entschieden, dass Regelungen zur Miethöhe von ungebundenem Wohnraum in die Zuständigkeit des Bundes fallen – und den Berliner Mietendeckel damit für nichtig erklärt.
Mit dem Vorstoß über den Bundesrat soll die Bundesregierung nun dazu aufgerufen werden, einen „Gesetzentwurf zur Schaffung einer Länderöffnungsklausel vorzulegen“, die es ermöglicht, durch Landesrecht von den Regelungen des sozialen Mietrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auf angespannten Wohnungsmärkten abzuweichen, wie es in der Beschlussvorlage heißt.

Bisheriges Mietrecht geht dem Senat nicht weit genug

Die mietpreisrechtlichen Regelungen im BGB trügen den unterschiedlichen Situationen auf den lokalen Wohnungsmärkten nicht ausreichend Rechnung. Die Mietpreisbremse und die Verringerung des Mieterhöhungsspielraums von 20 auf 15 Prozent in drei Jahren hätten die Situation auf angespannten Wohnungsmärkten „nicht oder nur leicht verbessert“. In vielen dieser Gebiete gingen die vorhandenen Instrumente nicht weit genug, um eine wirksame Mietpreisbegrenzung zu erreichen.
Das soziale Mietrecht müsse aber „auf allen Wohnungsmärkten die Mieterinnen und Mieter wirksam vor Verdrängung aufgrund steigender Mieten schützen und die Mieten nachhaltig leistbar halten“. Deswegen sei es nötig, „dass durch Bundesrecht eine Ermächtigung eingeführt wird, die es den Ländern erlaubt, von den mietpreisrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs umfassend abzuweichen, wenn die Wohnungsmarktlage in einzelnen Gebieten“ dies erfordere, heißt es weiter. Das Abgeordnetenhaus hatte den Senat mit Beschluss vom 3. Juni 2021 aufgefordert, eine entsprechende Bundesratsinitiative zu starten.

Vorstoß gegen illegale Vermietung von Ferienwohnungen

Mit einer weiteren Bundesratsinitiative will der Senat schärfer gegen die illegale Vermietung von Ferienwohnungen und gegen Wohnungsleerstand vorgehen, also gegen die sogenannte Zweckentfremdung von Wohnraum. Daten ausländischer Vermietungsportale wie Airbnb, die nach dem EU-Amtshilfegesetz in Steuersachen an Deutschland übermittelt werden, sollen danach künftig auch für die Verfolgung der Zweckentfremdung herangezogen werden. Bisher dürfen die Daten, die unter das Steuergeheimnis fallen, nur zu steuerlichen Zwecken genutzt werden. Mit der Bundesratsinitiative soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich in der Europäischen Union für die Datennutzung zur Bekämpfung der Zweckentfremdung von Wohnraum einzusetzen.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/zweiter-anlauf-fuer-einen-mietendeckel-li.181184

Aus der Rubrik “Wirtschaftsinformationen”:

Berliner Zeitung am 06.09.2021: Linke und Grüne wollen beim Kauf von 14.000 Wohnungen mitreden
Die Berliner Regierungspartner pochen darauf, über die Verhandlungen mit Deutsche Wohnen und Vonovia einbezogen zu werden.
Der vom Land Berlin geplante Ankauf von nunmehr 14.000 Wohnungen von der Deutsche Wohnen und der Vonovia sorgt für Zündstoff in der rot-rot-grünen Koalition. Einen Erwerb von Wohnimmobilien in dieser Größenordnung dürften der Senat und die Gremien der städtischen Gesellschaften nicht im Alleingang entscheiden, erklärten die Linken-Abgeordneten Steffen Zillich und Michail Nelken am Montag. „Wir erwarten, dass der Senat kurzfristig die zuständigen Ausschüsse des Abgeordnetenhauses mit dem geplanten Ankauf befasst“, so die Linken-Abgeordneten. Die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger verlangte, bei einer Finanzentscheidung solcher Dimension „zumindest die Koalition mit einzubeziehen“.
Anlass: Am Freitag war durch den RBB bekannt geworden, dass die von der Senatsverwaltung für Finanzen geführten Verhandlungen über den Ankauf auf der Zielgeraden sind. Ursprünglich war von rund 20.000 Wohnungen die Rede, die Vonovia und Deutsche Wohnen verkaufen wollen. Dass es jetzt deutlich weniger werden, begründete der Sprecher der Finanzverwaltung Alexis Demos am Montag damit, dass die Wohnungsbaugesellschaften „zum Kaufpreis teils zusätzlichen Aufwand für künftige Investitionsmaßnahmen in die Bestände einplanen“ müssten. Im Klartext: Der bauliche Zustand ist offenbar so schlecht, dass viel Geld in die Wohnungen gesteckt werden muss.

Besonderer Mieterschutz soll auch für die Berlinovo gelten

Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Degewo und Howoge sollen die 14.000 Wohnungen zusammen mit der ebenfalls landeseigenen Berlinovo erwerben, die die Immobilien aus den Skandalfonds der früheren Bankgesellschaft verwaltet. Nach Angaben der Finanzverwaltung ist es nicht erforderlich, dass das Abgeordnetenhaus dem Deal zustimmt. Denn die Unternehmen würden den Ankauf „eigenständig durchführen und finanzieren“. Der Landeshaushalt werde damit nicht belastet. Dennoch werde der für Finanzen zuständige Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses in dieser Woche „vertraulich unterrichtet“, so Behördensprecher Alexis Demos.
Zugleich stellte Demos klar, dass der besondere Mieterschutz, auf den sich die landeseigenen Gesellschaften mit dem Senat in einer Kooperationsvereinbarung verständigt haben, für alle anzukaufenden Wohnungen gelten soll – auch für jene, die die Berlinovo übernimmt. Sie ist der Kooperationsvereinbarung bisher nicht beigetreten.
Die Verkaufsverhandlungen sollen in wenigen Tagen beendet sein. Mitte September werde mit einem notariellen Abschluss der Gespräche gerechnet, sagte Demos.

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Kurier am 01.09.2021 – Wohngebiet Heerstraße-Nord: Im Viertel der kleinen Einkommen: 700 Mieter sollen mehr Miete zahlen

Im Gebiet Heerstraße-Nord in Staaken leben viele Menschen mit niedrigen Einkommen. Eine Mieterhöhung der Adler Group, der in Berlin fast 20.000 Wohnungen gehören, sorgt jetzt für Unruhe unter den Bewohnern. „Ganz schön happig“ sei die Mieterhöhung, sagt die 81-jährige Christa Degner aus dem Pillnitzer Weg. Von 476,77 Euro soll die Miete für ihre 59 Quadratmeter große Wohnung zum 1. November auf 515,10 Euro (warm) steigen – eine Erhöhung um 38,33 Euro monatlich. So hat es ihr die Adler Group im Mieterhöhungsschreiben mitgeteilt.

Das bedeute für sie, sagt Christa Degner, dass sie Abstriche bei der privat bezahlten Unterstützung im Haushalt machen müsse. So wie der 81-Jährigen geht es vielen anderen Mietern an der Heerstraße-Nord. „Die Mieter, die zu mir in die Beratung kommen, sind wegen der Mieterhöhungen völlig aufgelöst“, sagt Marcel Eupen, Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV), der in Staaken einmal in der Woche eine kostenlose Mieterberatung anbietet. „Bei vielen reicht das Geld schon jetzt gerade so, dass sie über die Runden kommen“, sagt Eupen. „Wenn sie jetzt – wie in einigen Fällen –  fast 40 Euro monatlich mehr für die Miete zahlen sollen, überfordert sie das endgültig finanziell.“

Wie viele Mieter mehr zahlen sollen, ist unklar. Die Linke, die die Rücknahme der Erhöhungen verlangt, spricht von zirka 700 betroffenen Wohnungen. Von der Adler Group war keine Stellungnahme zu erhalten. AMV-Chef Eupen rät den Mietern, die Mieterhöhungen rechtlich prüfen zu lassen und nicht voreilig zuzustimmen. „Die bisher vom AMV überprüften sieben Mieterhöhungsverlangen waren allesamt überhöht“, sagt er. Der AMV sei jeweils zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits die momentan gezahlte Miete zu hoch sei, die Mieterhöhungsverlangen folglich unbegründet seien und die Mieter diesen nicht zustimmen müssen.

Falsche Obergrenzen genannt

Es scheine so, dass der zuständige Sachbearbeiter „weder die rechtlichen Rahmenbedingungen in Berlin noch die örtlichen Gegebenheiten“ kenne, so Eupen. Anders lasse sich nicht erklären, warum in den Mieterhöhungen von einer Kappungsgrenze von 20 Prozent die Rede sei, obwohl diese seit Jahren in Berlin nur 15 Prozent betrage. Das heißt, dass die Mieten in drei Jahren um maximal 15 Prozent steigen dürfen, nicht um 20 Prozent. Hintergrund: Berlin gilt als angespannter Wohnungsmarkt, wodurch die gesetzlichen Spielräume für Mieterhöhungen auf 15 Prozent begrenzt sind. Erhöht werden darf die Mieter aber nur, soweit die ortsübliche Miete nicht schon erreicht oder überschritten ist. Ebenfalls unverständlich ist für AMV-Chef Eupen, warum die Adler Group für die Siedlung von einem aufwändig gestaltetem Wohnumfeld ausgeht. „Das trifft nicht zu“, sagt Eupen.

Während die Mieter in Staaken in Sorge sind, wie sie künftig die Miete bezahlen sollen, veröffentlichte die Adler Group am Dienstag ihr Halbjahresergebnis. Danach steigerte der Konzern, der insgesamt knapp 70.000 Wohnungen in verschiedenen Städten besitzt, die Mieten auf vergleichbarer Fläche um 4,3 Prozent. In Berlin stiegen die Mieten dabei um vier Prozent. Der Gewinn aus dem operativen Geschäft belief sich in den ersten sechs Monaten auf 67,8 Millionen Euro. Nach der Aufhebung des Berliner Mietendeckels sieht Adler „ein durchschnittliches Wertaufholungspotenzial von etwa 20 Prozent auf die aktuellen Marktmieten im gesamten Wohnungsportfolio“, wie der Konzern mitteilte.

Sozialarbeiter rät zur Überprüfung der Erhöhung

„Taktisch unkluger“ hätte die Adler Group bei den Mieterhöhungen in Staaken nicht handeln können, sagt Mieterberater Eupen. Ihm sei „unbegreiflich, wie ein börsennotiertes Unternehmen mitten in der Pandemiezeit einen Monat vor dem Volksentscheid über die Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen eine Mieterhöhungskampagne in einer sozial benachteiligten Siedlung starten könne. Am 26. September, am Tag der Wahlen zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus, können die Berliner über die Vergesellschaftung abstimmen.

Tom Liebelt, Sozialarbeiter im Stadtteilzentrum Staaken Treff Obstallee, sagt: „Ich hoffe, dass viele Mieter die Erhöhung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Nicht nur diejenigen, die die Miete selbst bezahlen, sondern auch alle anderen.“ Also jene Haushalte, bei denen die Miete durch das Jobcenter oder das Sozialamt bezahlt wird. Liebelt: „Denn falls die Mieterhöhungen nicht gerechtfertigt sind, sollten dafür keine Steuermittel ausgegeben werden.“

https://www.berliner-kurier.de/berlin/mieterhoehungen-im-viertel-der-kleinen-einkommen-li.180108

 

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Morgenpost am 22.07.2021: Vermüllung – Anwohner wollen wieder eigene Hausmeister
Nur elf Personen kümmern sich um die rund 5400 Gewobag-Wohnungen in Spandau. Mieter wünschen sich eine Reintegration der Dienste.
Berlin. Petra Winter fühlt sich, als würde sie irgendwann im Schmutz umkommen. „Ich habe zwei Hunde, denen verbiete ich, sich im Fahrstuhl hinzusetzen“, erklärt die Mieterin aus der Großsiedlung Heerstraße Nord in Staaken, „die würden da nur mit ihrem Fell festkleben.“ Ständig sei etwas in der von der Gewobag betreuten Wohnsiedlung verschmutzt. Es ist ungepflegt und voller Ratten. Überall liege Müll und ist etwas kaputt, dauere es viel zu lange, bis endlich etwas getan werde und wirklich mal ein Zuständiger vorbeikommt, klagt Winter.
„Wir dürfen nicht einmal selbst ein Fahrstuhl-Unternehmen anrufen, so wie früher, das geht alles zentral über den Gewobag-Reparaturservice, der dann auch letztendlich und vor allem langwierig über den Auftrag entscheidet“, so Winter weiter. „Zuletzt war monatelang die Beleuchtung im Vorhaus kaputt. Bis sich mal jemand gekümmert hat, mussten wir abends oft im Stockdunklen versuchen, ins Haus zu kommen.“ Früher, da sei man einfach über die Straße zum Hauswart gegangen, habe sein Problem erläutert und schon am gleichen Tag Hilfe bekommen.

Gewobag übernahm 3400 Wohnungen von ADO

Früher, das war bevor das kommunale Wohnungsunternehmen Gewobag 2019 circa 3400 Wohnungen des ehemaligen luxemburgischen Immobilienkonzerns ADO (heute Adler Group) in Staaken übernahm, darunter auch Winters Einheit in der Obstallee. Seit dem wurde bei Reinigungsdienstleistungen massiv eingespart, so der Eindruck der Anwohner. Jetzt kümmere sich nur noch ein einziger Hauswart um den ganzen Straßenzug.
Rekommunalisierung wird in Spandaus Kiezen – wie etwa in der Siedlung An der Kappe – oft als Rettung vor privater „Heuschrecken-Mentalität“ herbeigesehnt. In der Heerstraße Nord scheint sie eher das Problem zu sein. Denn um ihre Strukturen schlanker und effizienter zu gestalten, lagerten die landeseigenen Wohnungsunternehmen Anfang der 2000er Hausmeisterdienste vielfach komplett an Fremdfirmen aus. Oder gründeten spezielle Tochterunternehmen und veräußerten diese dann wieder. Mit spürbaren Folgen.
„Der Gewobag ist ihr Wachstumskurs nicht bekommen“, sagt Marcel Eupen, erster Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbunds (AMV), „die Übernahme von der ADO zeigt leider, dass mit der Kommunalisierung nicht immer alles besser wird.“ So waren bei den Mieterinnen und Mietern der Großsiedlung Heerstraße Nord durchaus große Hoffnungen auf Besserungen mit dem Besitzerwechsel verbunden, die allerdings bitter enttäuscht wurden.
„Die Zustände bezüglich Sicherheit, Sauberkeit und Service haben sich seit 2019 nicht verbessert, sondern sehenden Auges erheblich verschlechtert“, betont Eupen. „Es besteht dringender Handlungsbedarf, damit die Gewobag in der Großsiedlung Heerstraße Nord ihrem gesellschaftlichen Wohnraumversorgungsauftrag nachkommt“.

Reintegration der Hausmeister- und Reinigungsdienstleistungen gefordert

Ein erster, immens wichtiger Schritt hierzu sei schon die dringend notwendige Reintegration der Hausmeister- und Reinigungsdienstleistungen in die Gewobag. Immerhin gehören dem Unternehmen seit der Übernahme in Staaken mittlerweile rund 5400 Wohnungen. Für diese sind aber wiederum nur insgesamt elf extern angestellte Hausmeister zuständig.
„Das erklärt auch die vielen Beschwerden im Gebiet“, glaubt die Spandauer Linken-Abgeordnete Franziska Leschewitz. „Ich unterstütze daher die Forderungen nach einer Reintegration, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Und damit auch die Qualität der Arbeit.“
Im Juni erst hatte ein Bündnis, dem auch der Mieterrat der Gewobag angehört, in einem offenen Brief unter anderem an Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke), Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) auf die Missstände hingewiesen. Knackpunkt ihrer Argumentation: die Gewobag verkaufte 2011 im Rahmen einer Umstrukturierung ihr Hausmeister-Tochterunternehmen Gewobag HS an die Firma fletwerk, ein gemeinsames Unternehmen der Firmen Gegenbauer, B&O sowie 3B.
Seit dem klagen die Beschäftigten dort über niedrige Löhne, Sozialleistungen und Arbeitschutzstandards – was sich unmittelbar auch auf die zunehmend negative Qualität der Arbeit auswirke, so das Schreiben. Oder wie Petra Winter es ausdrückt: „Viele der neuen Hausmeister sind frech und interessieren sich nicht für unsere Probleme.“ Das Bündnis fordert daher wieder Quartier- und objektbezogene Hausmeister, die einen festen Bestand haben und für die Mieter vor Ort auch echte Ansprechpartner sind.

Projektgruppe gegen die Vermüllung

Und wie reagiert die Gewobag auf diese Vorschläge? „Wir haben mit unseren Dienstleistern kompetente Partner an unserer Seite, mit denen wir im stetigen Austausch stehen, um die Prozesse zu optimieren“, so Gewobag-Sprecherin Monique Leistner zu den externen Hausmeistern, „allerdings sind die Hauswarte nicht die ersten Ansprechpartner für Mieter. Unsere Mieter können sich an das Service Center, an den Reparaturservice und den 24 h-Notdienst wenden.“
Mangelnde Ordnung und Sauberkeit würden zudem in vielen größeren Wohnsiedlungen den Berliner Alltag kennzeichnen. „Für die Lösung dieser Problematik ist die Gewobag auch auf die Unterstützung und den verantwortungsbewussten Umgang unserer Mieterinnen und Mieter angewiesen“,so Leistner, „wir arbeiten bei der Rattenproblematik außerdem in enger Abstimmung mit einem Schädlingsbekämpfer zusammen, der im Quartier in unserem Auftrag entsprechende Maßnahmen durchführt.“
Zudem habe die Gewobag eine Projektgruppe mit Mietervertretern eingerichtet, in der gemeinsam Maßnahmen für mehr Ordnung und Sauberkeit in den Quartieren erarbeitet werden.

Übernahme der ADO-Bestände ist große Herausforderung

In den Antworten auf zwei schriftliche Anfragen der Linken-Politikerin Leschewitz spricht an anderer Stelle Wohnungsbaustaatssekretärin Wenke Christoph (Linke) für das kommunale Unternehmen, über das die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen die Fachaufsicht führt. „Die Übernahme der ehemaligen ADO-Bestände war und ist eine große Herausforderung für die Gewobag“, so Christoph, „bei der sich die nachfolgenden Prozesse in der Kommunikation mit den Mietern verbessern werden.“
Zu einer Reintegration der Hausmeister äußerte sich die Gewobag jedoch nicht. In der Vergangenheit wurden ähnliche Anfragen zur Wiederinbetriebnahme eines Sicherheitsdienstes oft als nicht wirtschaftlich abgelehnt.
Für Leschewitz ist es derweil typisch, dass die Mieter vor Ort in der Müll-Problematik letztendlich selbst aktiv werden mussten. „Die Gewobag musste regelrecht zum Jagen getragen werden“, so die Politikerin, „dabei sollte sie die Herstellung der Sauberkeit, sowohl beim Müll, als auch bei der Ungezieferbekämpfung, zu ihrer Toppriorität im Quartier machen.“ Man drohe jedenfalls die durchaus vorhandene Euphorie über den kommunalen Rückkauf der Wohnungen in Staaken langfristig zu verspielen.

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Morgenpost am 01.09.2021: Staakener Anwohner empört über Mieterhöhungen
Kritisiert wird die Adler Group vor allem für den Zeitpunkt der Mieterhöhungen. Aber es gibt auch aus anderen Gründen Unmut.
Eine gehobene Gegend sieht für Regina Lehmann anders aus. „Ich finde, man müsste uns eher Geld geben dafür, dass wir hier wohnen“, sagt die Mieterin einer Einheit im Cosmarweg in Staaken, „Hier in der Umgebung und am Haus ist schon lange nichts mehr gemacht worden, wenn man auf Missstände durch andere Anwohner hinweist, passiert auch nichts.“ So sei etwa die Eingangstür seit Ewigkeiten schon kaputt. Jeder könne einfach in das Wohngebäude rein und raus. „Manchmal fühle ich mich wie im Ghetto“, gibt Lehmann offen zu.
Der Grund für diese drastischen Worte: eine Mieterhöhung der 2020 zum Immobilienkonzern Adler Group fusionierten Firmen ADO, Adler und Consus zum 1. November. Diese fällt in unterschiedlicher Höhe an. Für Lehmann etwa sind es um die zwölf Euro. „Für eine dunkle, kalte und schlecht geschnittene Wohnung wie die meine zu viel“, findet sie.

Rund 700 Wohnungen in Staaken von Mieterhöhungen betroffen

Betroffen von den Erhöhungen sind rund 700 der 779 Wohneinheiten der Rudolf-Wissell-Siedlung im Quartier Heerstraße Nord an Loschwitzer-, Pillnitzer- und Cosmarweg. Die einhellige Begründung der Adler Group: Sanierungen und ein aufwendig gestaltetes Wohnumfeld. Dabei stammen die Wohnungsbestände aus dem Jahr 1972 und sind seit dem vielfach gar nicht modernisiert worden.
Inwiefern der Umstand eine Rolle spielt, dass die Adler Real Estate AG – wie zuletzt das „Handelsblatt“ berichtete – durch die Fusion fast eine halbe Milliarde Euro abschreiben musste, sei einmal dahin gestellt. Auf Anfragen der Berliner Morgenpost hierzu reagierte der Konzern nicht.
Die Empörung über den Schritt des Immobilienunternehmens ist jedenfalls groß. Vor allem der Zeitpunkt kurz vor den Wahlen am 26. September sorgt für Unverständnis. Für die Spandauer Linken bietet indes genau dieser Fakt politische Möglichkeiten, um ihr Wahlprogramm noch einmal deutlich zu untermauern.

Mieterhöhungen als Argumente für Mietendeckel und Enteignung

„Adler muss die Mieterhöhungsverlangen sofort zurücknehmen“, sagt etwa die Spandauer Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer (Linke), „gerade in Zeiten von Corona, wo viele Menschen in finanzielle Nöte geraten sind, sind Mieterhöhungen ein Skandal.“ Die unsanierten Wohnungsbestände würden zudem keine höheren Mieten rechtfertigen. „Das Beispiel zeigt: Wir brauchen jetzt einen bundesweiten Mietendeckel“, so Sommer.
Ähnlich drastisch formuliert es Marcel Eupen, erster Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbunds (AMV): „Taktisch unklüger hätte die Adler Group den Zeitpunkt für ihre Mieterhöhungen in einer sozial benachteiligten Siedlung nicht wählen können. Die Initiative ‘Deutsche Wohnen & Co enteignen’ wird es freuen. Bessere Werbung konnte die Adler Group für das Volksbegehren nicht betreiben.“

Adler Group auch an Lösungen interessiert

Doch nicht überall in Staaken fallen die Meinungen zu den Erhöhungen gleich aus. Die politische Instrumentalisierung stößt etwa Sigrid Brune von der Initiative Runder Tisch – Wohnen in der Großwohnsiedlung Heerstraße Nord übel auf. „Niemand freut sich über höhere Mieten, aber ich will keine DDR 2.0.“, sagt sie. Ab November muss auch Brune 20 Euro mehr zahlen. „Enteignungen sollten eine extreme Ausnahme bleiben“, so die Mieterin. Gleichwohl müsse die Politik Eigentümer mehr in die Pflicht nehmen, um für faire Mieten zu sorgen.
„Es gibt hier in der Tat viele Probleme im Kiez, aber man kann nicht sagen, dass die Adler Group nie etwas dagegen getan hätte“, erklärt Brune. So seien zuletzt erst in vielen Einheiten die Fahrstühle erneuert worden. Die Adler-Vertreter engagierten sich offen am Runden Tisch, um Missstände gemeinsam mit den Mietern zu beseitigen. Richtig sei aber, dass das Unternehmen seit der Übernahme vielfach mit alten Informationen arbeite und die Wohnungen im Einzelnen oft gar nicht kenne.

Mieterhöhungsverlangen in jedem Fall prüfen lassen

„Ich empfehle daher jedem, seine Mietererhöhung individuell prüfen zu lassen“, sagt Brune. Das unterstützt auch AMV-Chef Eupen, der selbst Mieterhöhungsverlangen kontrolliert: „Die bisher vom AMV überprüften sieben Mieterhöhungsverlangen waren allesamt überhöht.“ Der AMV sei dabei sogar jeweils zu dem Ergebnis gekommen, dass bereits die momentan gezahlte Miete zu hoch ist. Die Mieterhöhungsverlangen seien folglich unbegründet und die Mieterinnen und Mieter müssten nicht zustimmen, so Eupen weiter.
Auch der Linken-Fraktionsvorsitzender Lars Leschewitz ruft dazu auf: „Lassen Sie die Mieterhöhungsverlangen überprüfen! Wehren Sie sich! Oft sind die Mieterhöhungsverlangen fehlerhaft und können ganz oder teilweise abgewehrt werden.“ Möglich ist eine Überprüfung auch im Stadtteilzentrum Gemeinwesenverein Heerstraße Nord an der Obstallee 22.
https://www.morgenpost.de/bezirke/spandau/article233199295/Staakener-Anwohner-empoert-ueber-Mieterhoehungen.html

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Zeitung am 01.09.2021 – Staaken: Mieterhöhungen im Viertel der kleinen Einkommen
Die Adler Group verlangt mehr Geld für Wohnungen im Gebiet an der Heerstraße-Nord. Die Bewohner stellt das vor finanzielle Probleme.
Im Gebiet Heerstraße-Nord in Staaken leben viele Menschen mit niedrigen Einkommen. Eine Mieterhöhung der Adler Group, der in Berlin fast 20.000 Wohnungen gehören, sorgt jetzt für Unruhe unter den Bewohnern. „Ganz schön happig“ sei die Mieterhöhung, sagt die 81-jährige Christa Degner aus dem Pillnitzer Weg. Von 476,77 Euro soll die Miete für ihre rund 59 Quadratmeter große Wohnung zum 1. November auf 515,10 Euro (warm) steigen – eine Erhöhung um 38,33 Euro monatlich. So hat es ihr die Adler Group mitgeteilt.
Das bedeute für sie, sagt Degner, dass sie Abstriche bei der privat bezahlten Unterstützung im Haushalt machen müsse. So wie der 81-Jährigen geht es vielen anderen Mietern an der Heerstraße-Nord. „Die Mieter, die zu mir in die Beratung kommen, sind wegen der Mieterhöhungen völlig aufgelöst“, berichtet Marcel Eupen, Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV), der in Staaken einmal pro Woche eine kostenlose Mieterberatung anbietet. „Bei vielen reicht das Geld schon jetzt gerade so, dass sie über die Runden kommen“, sagt Eupen. „Wenn sie jetzt – wie in einigen Fällen –  fast 40 Euro monatlich mehr für die Miete zahlen sollen, überfordert sie das endgültig finanziell.“

AMV im Lichte der Presse:

nd am 31.08.2021: Asbest bleibt in der Luft

Sanierungsziel 2030 für Berliner Wohnungsbestand abgesagt

»Es hat sich viel zu wenig getan«, beklagt Marcel Eupen, erster Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV). Gemeint ist die Umsetzung der 2018 vom Abgeordnetenhaus in einem Beschluss geforderten Strategie »Gesund und asbestfrei wohnen in Berlin«. Eupens Prognose: Das im Koalitionsvertrag von 2016 von SPD, Linke und Grünen vereinbarte Ziel »Asbestfreie Hauptstadt 2030« wird scheitern.
Anlass ist der im August von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorgelegte vierte Jahresbericht, der wenig Fortschritt erkennen lässt. Für das Projekt einer zentralen telefonischen Asbestberatung seien Dienstleistungsbeschreibungen »durch die fachlich zuständigen Behörden« erarbeitet worden, die »zeitnah« in die Dienstleistungsdatenbank eingepflegt werden sollen, damit an der zentralen Behördenrufnummer 115 Auskünfte dazu gegeben werden können. In der ersten Phase, deren »Zeitraum noch festzulegen ist«, sollen »Erkenntnisse über das Anrufaufkommen gesammelt und ausgewertet« werden, heißt es. Schließlich werde »abschließend zu bewerten sein, welche weiteren Schlüsse daraus gezogen werden, wie weiter vorgegangen wird«.
Für die »Prüfung der Umsetzbarkeit« eines öffentlich verfügbaren Asbestregisters sei Ende März 2021 eine Machbarkeitsstudie an ein externes Ingenieurbüro vergeben worden. Der Bericht soll im Oktober vorliegen.
Dürftig sieht es auch im Bereich der Sanierungsstrategien zur Beseitigung von Asbestbauteilen und Asbestbelastungen aus. Im Bericht ist die Rede davon, dass offene Grundsatzfragen − wie zum Beispiel die technische Definition einer »Asbestfreiheit« sowie Fragestellungen zu Kosten, zum zeitlichen Aufwand und zur Anwendung von diversen Untersuchungsmethoden − geprüft und bewertet würden.
»Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass insbesondere im privaten Wohngebäudebereich nicht bekannt ist, welche Art von Asbest wo legal verbaut wurde, wird ein Sanierungsziel ›asbestfrei‹ – auch unter Anwendung einer adaptierten Definition und abgesehen von Kosten – mit Zeithorizonten 2030 als nicht realisierbar bewertet«, so das betrübliche Fazit.
»Es gibt bisher nach wie vor nur ein gemeinsames ressortübergreifendes Arbeitsgremium, aber noch keine umsetzbaren Ergebnisse«, beklagt AMV-Chef Marcel Eupen. Das sei seit dem Beschluss von 2018 mehr als unzureichend. »Hier hat die Koalition in dieser Legislaturperiode versagt und gefährdet das Ziel einer asbestfreien Hauptstadt im Jahr 2030«, kritisiert Eupen.
»Bedenkt man, dass die Gesundheit das höchste Gut des Menschen und eine Gesundheitsgefährdung beim Austritt von Asbestfasern sehr hoch ist, da bereits eine einzelne Faser die Gesundheit schädigen und zu einer tödlichen Erkrankung führen kann, so ist der momentane Umgang des Senats mit dem Asbestproblem unakzeptabel«, sagt Marcel Eupen.
Die Stadtentwicklungsverwaltung sah sich auch nach Tagen außerstande, auf nd-Anfrage auf die Vorwürfe einzugehen.
Nach wie vor fehlt wegen des mangelnden Fortschritts allein schon eine Übersicht, wie viele Wohnungen in der Hauptstadt tatsächlich mit Asbest belastet sind. Schätzungen gehen von 100.000 aus. Ende 2020 ging es bei den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sowie der Berlinovo alleine um fast 50.000 Wohnungen. Wegen fehlender Angaben im Vorjahr ist kein Vergleich möglich. Durch Zukäufe kann der Bestand weiter zunehmen.
Mit am häufigsten findet sich Asbest in sogenannten Floorflex-Platten, einem oft in der Erbauungszeit genutzten Bodenbelag. Auch Rohre, Müllschacht- oder Fassadenverkleidungen, Fliesenkleber und weitere Materialien können den krebserregenden Baustoff enthalten, der wegen seiner isolierenden und brandhemmenden Eigenschaften sehr geschätzt wurde. Solange die entsprechenden Bauteile unbeschädigt sind und deswegen keine Fasern freisetzen können, geht keine unmittelbare Gefahr von Asbest aus. Allerdings sind durch Reparaturen oder auch heimwerkende Mieterinnen und Mieter oft unerkannte Beschädigungen bekannt.
Andreas Otto, baupolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, treibt das Thema Asbest seit Jahren um. Zahlreiche Schriftliche Anfragen zeugen davon. »Die Kritik des AMV ist berechtigt«, sagt er zu »nd«. »Mich schmerzt, dass wir als Koalition beim wichtigen Asbestthema kaum vorangekommen sind«, so Otto weiter. Die beschlossene Beratungsstelle sei nicht eingerichtet, die Rechtsgrundlagen für das Asbestregister seien nicht geschaffen worden. Außerdem sei die durch das Abgeordnetenhaus mit dem Haushalt 2020/21 beschlossene finanzielle Förderung des Ausbaus von Asbestbauteilen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beerdigt worden.
»Einziger Lichtblick ist, dass die landeseigenen Unternehmen gezielt asbestbelastete Wohnungen ankaufen. Diese müssen nun schnellstmöglich saniert und von dem giftigen Baustoff befreit werden«, sagt Andreas Otto. Die nächste Bausenatorin oder der Bausenator müsse das Thema Asbest in Wohngebäuden persönlich voranbringen. »Wir Bündnisgrüne stehen dafür bereit«, so Otto.

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

 
staaken.info am 30.08.2021 – Zum aktuellen Mieterhöhungsverlangen von Adler/Westgrund:
Adler-Mieterhöhungen? Nein danke!
Mit Datum vom 20.8. haben in den letzten Tagen rund 700 Mietparteien von Wohneinheiten der Adler Group in der Staakener Rudolf-Wissell-Siedlung ein Schreiben erhalten in dem die Vermieterseite ein Mieterhöhungsverlangen zum 1. November des Jahres ausdrückt. Wollte der aus ADO, Adler und Consus neu gebildete Immobilienkonzern sich noch vor dem Superwahltag so in Erinnerung bringen, dass auch er mit seinen rund 70.000 Wohneinheiten zu den „Big Playern“ gehört, die im Fokus sind, der Abstimmung am 26.9. über eine Vergesellschaftung?

Wohl kaum! Aber auf jeden Fall dazu, dass – wie in der Gemeinsamen Presseerklärung vom 27.8., der Linken-Abgeordneten Helin Evrim Sommer (MdB) und Lars Leschewitz (BVV) nachzulesen – das Mieterhöhungsverlangen für Wohneinheiten an Loschwitzer, Pillnitzer und Cosmarweg, die Forderung unterstreicht, nach einem bundesweiten Gesetz für einen wirksamen „Mietendeckel“.

Denn weder sind die rund 50 Jahre alten Wohneinheiten auf der Westseite des Magistratswegs frisch saniert, noch erfreuen sie sich der Lage in einem aufwändig gestalteten Wohnumfeld.

Mieterhöhungsverlangen nicht ungeprüft lassen!

Auf jeden Fall sei allen betroffenen Mieter:innen dringend empfohlen, das Mieterhöhungsverlangen kritisch und sachkundig prüfen zu lassen – z.B. in der vom Bezirksamt finanzierten kostenlosen Mieterberatung jeden Montag von 16-19 Uhr im Stadtteilzentrum Obstallee 22 E!

Geldwert, die kostenlose Mieterberatung!

Dort konnte in einem ersten vorgetragenen Fall sogar festgestellt werden, dass bereits die bisherige Nettokaltmiete in Höhe von 5,53 € pro m² rund 7% über der nach Alter, Lage und Ausstattung berechtigten Nettokaltmiete von 5,17 € pro m² liegt und daher natürlich auch die von der Vermieterseite verlangte neue um weitere ca 5% erhöhte Miete von 5,77 € pro m² ungerechtfertigt ist.

Also mit Mieterhöhungsverlangen und Mietvertrag unterm Arm, nix wie hin zur:

Mieterberatung des AMV i.A. BA Spandau
kostenfrei | ohne Anmeldung
immer montags 16-19 Uhr im Staakentreff
Stadtteilzentrum Obstallee 22E
Kontakt mobile: 0174-4832728 | Email:  info@mieter-verbraucherschutz.berlin

oder auch zu der

Sprechstunde Mietrechtsanwalt 
im Bürgerbüro von Helin Evrim Sommer
Mittwoch 1. September 17-19 Uhr
Reisstraße 21 in der Siemensstadt

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Stellt eine Verringerung der Glasfläche des Küchenfensters nach Austausch des vorhandenen Doppelkastenfensters durch ein Holzisolierglasfenster mit Dreischeibenverglasung um mehr als 45% einen Mietmangel dar?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 250/19, Urteil vom 01.07.2019) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 2. wie folgt aus:

„Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht die zugesprochene Mietminderung wegen der um 45,22 % verringerten Glasfläche des ausgetauschten Küchenfensters gemäß § 536 Abs. 1 BGB festgestellt.

Hinsichtlich des fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses für die Feststellungsklage und der damit begründeten Zulässigkeit der Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO wird auf die Ausführungen oben unter 1. a) verwiesen.

Die Klage ist auch begründet.

Nach § 536 Abs. 1 BGB führt ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, zu einer Herabsetzung der Miete, es sei denn, die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch ist nur unerheblich gemindert, § 536 Abs. 1 BGB.

Die Verringerung der Glasfläche des Küchenfensters nach Austausch des vorhandenen Doppelkastenfensters durch ein Holzisolierglasfenster mit Dreischeibenverglasung um mehr als 45 % führt zu einer Abweichung des tatsächlichen vom vertraglich geschuldeten Zustand und beeinträchtigt die Tauglichkeit der Mietsache – hier der Küche – zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht nur unerheblich.

Die Kläger sind mit ihren Beanstandungen nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil sie die sich aus der Verringerung der Glasfläche um fast 50 % ergebende Härte wegen der baulichen Folgen der Modernisierung nicht innerhalb der Frist des § 555d Abs. 3 BGB mitgeteilt hätten.

Ein solcher Ausschluss käme allenfalls dann in Betracht, wenn die erhebliche Abweichung des künftigen vom vertraglich vorausgesetzten Zustand angekündigt worden wäre. Angekündigt war jedoch, dass die Größe der Fenster unter Berücksichtigung der Laibungsdämmung der bisherigen entspricht. Mit einer Verkleinerung der Glasfläche um 45,44 % mussten die Kläger auf dieser Grundlage nicht rechnen.

Es ergibt sich auch nicht, dass der Fensteraustausch unter Verringerung der Glasfläche um fast 50 % zwingend war. Zuzugeben ist der Beklagten, dass dreifach verglaste Fenster dickere Rahmen erfordern als einfach verglaste Fenster. Dass diese erhebliche Verringerung technisch alternativlos war, ergibt sich jedoch nicht. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Fenster in den darunter oder darüber liegenden Etagen durchaus nicht einheitlich sind und denen in der klägerischen Wohnung entsprechen.

Bei der Verringerung der Glasfläche um einen so großen Anteil liegt eine erhebliche Verschlechterung der Belichtungsverhältnisse des betreffenden Raums auf der Hand; einer Messung bedarf es nicht. Die Küche ist mit der um fast die Hälfte verringerten Glasfensterfläche erheblich geringer belichtet und in ihrem Gebrauch beeinträchtigt, weil für längere Zeiten künstliche Beleuchtung benötigt wird, was der Kläger persönlich angegebene hat, aber auch jedermann (§ 291 ZPO) ohne Weiteres unter Berücksichtigung der durch die vorgelegten Fotos der Küche mit dem “alten” und dem “neuen” Fenster belegten Situation eingängig ist. Entscheidend für die Mietminderung ist das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung. Diese ist nicht unerheblich, wenn in einem Raum über längere Zeiten eine künstliche Beleuchtung notwendig ist als zuvor.

Gegen die Erheblichkeit der Gebrauchsbeeinträchtigung spricht hier nicht, dass die Kläger selbst nur von einer Mietminderung von 3 % ausgehen und die Feststellung dieser Mietminderung ihrem Antrag folgt.”

Stellt eine Verringerung der Glasfläche des Küchenfensters nach Austausch des vorhandenen Doppelkastenfensters durch ein Holzisolierglasfenster mit Dreischeibenverglasung um mehr als 45% einen Mietmangel dar?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 250/19, Urteil vom 01.07.2019) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 2. wie folgt aus:

„Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht die zugesprochene Mietminderung wegen der um 45,22 % verringerten Glasfläche des ausgetauschten Küchenfensters gemäß § 536 Abs. 1 BGB festgestellt.

Hinsichtlich des fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses für die Feststellungsklage und der damit begründeten Zulässigkeit der Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO wird auf die Ausführungen oben unter 1. a) verwiesen.

Die Klage ist auch begründet.

Nach § 536 Abs. 1 BGB führt ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, zu einer Herabsetzung der Miete, es sei denn, die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch ist nur unerheblich gemindert, § 536 Abs. 1 BGB.

Die Verringerung der Glasfläche des Küchenfensters nach Austausch des vorhandenen Doppelkastenfensters durch ein Holzisolierglasfenster mit Dreischeibenverglasung um mehr als 45 % führt zu einer Abweichung des tatsächlichen vom vertraglich geschuldeten Zustand und beeinträchtigt die Tauglichkeit der Mietsache – hier der Küche – zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht nur unerheblich.

Die Kläger sind mit ihren Beanstandungen nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil sie die sich aus der Verringerung der Glasfläche um fast 50 % ergebende Härte wegen der baulichen Folgen der Modernisierung nicht innerhalb der Frist des § 555d Abs. 3 BGB mitgeteilt hätten.

Ein solcher Ausschluss käme allenfalls dann in Betracht, wenn die erhebliche Abweichung des künftigen vom vertraglich vorausgesetzten Zustand angekündigt worden wäre. Angekündigt war jedoch, dass die Größe der Fenster unter Berücksichtigung der Laibungsdämmung der bisherigen entspricht. Mit einer Verkleinerung der Glasfläche um 45,44 % mussten die Kläger auf dieser Grundlage nicht rechnen.

Es ergibt sich auch nicht, dass der Fensteraustausch unter Verringerung der Glasfläche um fast 50 % zwingend war. Zuzugeben ist der Beklagten, dass dreifach verglaste Fenster dickere Rahmen erfordern als einfach verglaste Fenster. Dass diese erhebliche Verringerung technisch alternativlos war, ergibt sich jedoch nicht. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Fenster in den darunter oder darüber liegenden Etagen durchaus nicht einheitlich sind und denen in der klägerischen Wohnung entsprechen.

Bei der Verringerung der Glasfläche um einen so großen Anteil liegt eine erhebliche Verschlechterung der Belichtungsverhältnisse des betreffenden Raums auf der Hand; einer Messung bedarf es nicht. Die Küche ist mit der um fast die Hälfte verringerten Glasfensterfläche erheblich geringer belichtet und in ihrem Gebrauch beeinträchtigt, weil für längere Zeiten künstliche Beleuchtung benötigt wird, was der Kläger persönlich angegebene hat, aber auch jedermann (§ 291 ZPO) ohne Weiteres unter Berücksichtigung der durch die vorgelegten Fotos der Küche mit dem “alten” und dem “neuen” Fenster belegten Situation eingängig ist. Entscheidend für die Mietminderung ist das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung. Diese ist nicht unerheblich, wenn in einem Raum über längere Zeiten eine künstliche Beleuchtung notwendig ist als zuvor.

Gegen die Erheblichkeit der Gebrauchsbeeinträchtigung spricht hier nicht, dass die Kläger selbst nur von einer Mietminderung von 3 % ausgehen und die Feststellung dieser Mietminderung ihrem Antrag folgt.”