Archiv der Kategorie: Verschiedenes

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Kann ein einfacher Mietspiegel als Schätzgrundlage nach § 287 ZPO herangezogen werden?

Die Antwort des Verfassungsgerichtshofs Berlin (VerfGH Berlin – VerfGH 37/17, Beschluss vom 19.12.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt der Verfassungsgerichtshof Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Weder die Entscheidung in der Sache (1.) noch die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision (2.) sind von Verfassungs wegen zu beanstanden.

1. Die Abweisung der Klage der Beschwerdeführerin auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete verstößt nicht gegen die Verfassung von Berlin.

a) Das Urteil verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrem durch Art. 23 Abs. 1 VvB verbürgten Eigentumsrecht. Die Vorschrift schützt vom Gesetzgeber gewährte konkrete vermögenswerte Rechte als Eigentum (vgl. Beschluss vom 25. April 2006 – VerfGH 32/06 – abrufbar unter www.gerichtsentscheidun-gen.berlin-brandenburg.de, Rn. 19). Zu den verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen, die das bürgerliche Recht einem privaten Rechtsträger zuordnet, gehört auch das Eigentum an Mietwohnungen. Dabei ist es jedoch Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums und damit die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie zu bestimmen (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB). Gesetzliche Mietpreisbindungen schränken die Freiheit des Eigentümers ein, sein Eigentum wirtschaftlich möglichst vorteilhaft zu nutzen. Diese Einschränkungen werden durch das Ziel gerechtfertigt, Mieter in bereits bestehenden Mietverhältnissen vor unzumutbar hohen Mietsteigerungen zu schützen und es ihnen zu ermöglichen, ihre Wohnungen als Lebensmittelpunkt langfristig und verlässlich zu erhalten. Die Gerichte haben diese vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung bei der Anwendung und Auslegung der einschlägigen Vorschriften zu beachten. Sie müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung nachvollziehen und der Zweckbestimmung der gesetzlichen Vorschriften Rechnung tragen (vgl. Beschluss vom 5. März 2004 – VerfGH 108/03 – Rn. 14). Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall ist allerdings Sache der hierfür zuständigen Fachgerichte. Rechtsanwendungsfehler der Fachgerichte verstoßen erst dann gegen Art. 23 Abs. 1 VvB, wenn sie auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie beruhen oder die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs auf die gesetzlich zulässige Miete unzumutbar erschweren (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2001 – VerfGH 7/01 – Rn. 25 f.; BVerfG, Beschluss vom 23. April 1974 – 1 BvR 6/741 BvR 2270/73).

Das angegriffene Urteil hält einer Nachprüfung anhand dieser Maßstäbe stand. Wie der Verweis auf sein Urteil vom 9. August 2016 – 18 S 111/15 – ergibt, hat das Landgericht in seiner Begründung unterstellt, dass der Mietspiegel 2015 nicht nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde. Die in dem Mietspiegel enthaltenen Werte hat es dennoch für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für maßgeblich gehalten und zur Begründung hierfür auf § 287 ZPO verwiesen. Eventuelle Abweichungen der Werte des Mietspiegels 2015 von der tatsächlichen ortsüblichen Vergleichsmiete hat es mit der jeder Schätzung innewohnenden Unschärfe gerechtfertigt. Dieser Begründungsansatz ist verfassungsrechtlich nicht unbedenklich, weil er es erlauben würde, auch Mietspiegel mit realitätsfernen Werten zur Grundlage von Entscheidungen über Mietstreitigkeiten zu machen, ohne dem Vermieter eine Möglichkeit zu belassen, die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nachzuweisen. Eine solche Verfahrensweise würde die Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung der gesetzlich zulässigen Miete unzumutbar erschweren und verstieße gegen die Verfassung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. April 1974, a. a. O.). Allerdings hat sich das Landgericht vorliegend im Wege des Verweises auf sein Urteil vom 9. August 2016 mit der Eignung des Mietspiegels 2015 als Schätzgrundlage auseinandergesetzt. Ausgehend von der von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellten Sachkunde und Lauterkeit der Verfasser des Mietspiegels 2015 hat es im Wege dieses Verweises die Einwände gegen die Eignung des Mietspiegels 2015 als Schätzgrundlage erörtert und hat diese für nicht durchgreifend erachtet. Das Landgericht hat der Beschwerdeführerin damit im vorliegenden Einzelfall einen noch zumutbaren Weg eröffnet, zu verhindern, dass realitätsferne Datensammlungen zur Grundlage der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden.

b) Die Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO durch das Landgericht verstößt nicht gegen Art. 10 Abs. 1 VvB. Eine gerichtliche Entscheidung verstößt nur dann gegen das Willkürverbot, wenn sie eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder den Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet, so dass ein gesetzgeberisches Anliegen grundlegend verfehlt wird (vgl. z. B. Beschluss vom 17. Februar 2015 – VerfGH 130/14 – Rn. 9). Diese Voraussetzungen hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Sie meint, es sei willkürlich, dass das Landgericht § 287 Abs. 2 ZPO angewendet habe, obwohl nicht nur ein Teil, sondern die gesamte Höhe des Mieterhöhungsbetrages im Streit gestanden habe. Damit kann sie nicht durchdringen. Der Bundesgerichtshof wendet § 287Abs. 2 ZPO in ständiger Rechtsprechung auch auf Sachverhalte an, in denen die gesamte Höhe einer Forderung in Streit steht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – VIII ZR 88/13).

c) Das Landgericht hat den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 15 Abs. 1 VvB nicht verletzt. Ein Verstoß gegen die Vorschrift ist anzunehmen, wenn ein Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Parteivortrags in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt, sofern die Frage nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder der Parteivortrag offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. z. B. Beschluss vom 31. Mai 2017 – VerfGH 174/15 – Rn. 23) oder wenn es ein als erheblich angesehenes Beweisangebot übergeht, ohne dass sich im Prozessrecht eine Stütze dafür findet (vgl. z. B. Beschluss vom 16. Dezember 2015 – VerfGH 116/15 – Rn. 11 f.). Das Urteil des Landgerichts überschreitet diesen grundrechtlichen Rahmen nicht.

aa) Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, es sei unbestritten geblieben, dass der Berliner Mietspiegel 2015 auf einem nicht repräsentativen Datenmaterial beruhe und deshalb auch nicht als einfacher Mietspiegel taugliche Erkenntnisquelle für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sein könne, liegt ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör nicht vor. Der Vortrag in der Klageschrift, dass der Mietspiegel nicht auf repräsentativem Datenmaterial beruhe, bezieht sich auf die Frage, ob der Mietspiegel 2015 nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde und er daher die Vermutungswirkung eines qualifizierten Mietspiegels nach § 558d Abs. 3 BGB für sich in Anspruch nehmen kann. Das Landgericht hat seine Entscheidung dagegen – im Wege des Verweises – damit begründet, dass der Mietspiegel im Rahmen der Schätzung nach § 287 BGB als einfacher Mietspiegel herangezogen werden könne und die ihm zugrunde liegende Datenerhebung hierfür noch ausreichend sei (Urteil vom 9. August 2016 – 18 S 111/15 -, Rn. 27 ff.). Daher kam es nach seinem Rechtsstandpunkt nicht darauf an, ob der Vortrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Vorliegens eines qualifizierten Mietspiegels unbestritten geblieben ist und konnte das Landgericht in der Anhörungsrügeentscheidung dementsprechend offen lassen, ob es an eine diesbezügliche übereinstimmende Bewertung der Parteien gebunden wäre. Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus geltend gemacht hat, dass der Mietspiegel 2015 aufgrund der von ihr angenommenen Mängel bei seiner Erstellung auch nicht als einfacher Mietspiegel taugliche Erkenntnisquelle für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sein könne, handelt es sich um eine rechtliche Wertung, der das Landgericht – ohne gegen das Recht auf rechtliches Gehör zu verstoßen – seine eigene rechtliche Beurteilung entgegensetzen durfte.

bb) Auch die weitere Rüge der Beschwerdeführerin, das Landgericht habe einen Hinweis erteilen müssen, dass eine weitere Substantiierung ihres Vortrags erforderlich sei, bleibt ohne Erfolg. Dieser Rüge steht bereits entgegen, dass sie im Rahmen der fachgerichtlichen Anhörungsrüge vom 30. November 2016 nicht geltend gemacht worden ist.

cc) Soweit die Beschwerdeführerin außerdem geltend macht, das Landgericht habe sich nicht mit ihrem Vorbringen zu den wohnwerterhöhenden Merkmalen “wohnungsbezogener Kaltwasserzähler” und “rückkanalfähiger Breitbandanschluss” auseinandergesetzt, ist damit ebenfalls kein entscheidungserheblicher Gehörsverstoß dargetan. Aus der Verfassungsbeschwerde ergibt sich nicht, dass die Entscheidung auf diesem von ihr geltend gemachten Gehörsverstoß beruht. Das Amtsgericht hat ausgehend vom Wortlaut der Merkmale in der Orientierungshilfe “Rückkanalfähiger Breitbandanschluss (Nutzung ohne zusätzliche vertragliche Bindung des Mieters mit Dritten)” und “Wohnungsbezogener Kaltwasserzähler, wenn der Mieter nicht die Kosten für Miete oder Leasing im Rahmen der Betriebskosten trägt” begründet, dass diese nicht wohnwerterhöhend in Ansatz zu bringen seien, weil der Breitbandanschluss nur bei Abschluss eines Vertrages mit einem Dritten genutzt werden könne und die Kosten für den Kaltwasserzähler auf die Mieter umgelegt würden. Dem hat sich das Landgericht angeschlossen, indem es die Spanneneinordnung durch das Amtsgericht in der angegriffenen Entscheidung und auch in der Anhörungsrügeentscheidung als zutreffend erachtet hat. Weshalb das Landgericht nach diesem Rechtsstandpunkt und damit abweichend vom klaren Wortlaut der von ihm für maßgeblich erachteten Orientierungshilfe zu einem anderen Ergebnis hätte kommen sollen, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf.

2. Die Nichtzulassung der Revision zum Bundesgerichtshof verletzt die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht in ihren verfassungsmäßigen Rechten.

Die fehlerhafte Nichtzulassung eines Rechtsmittels kann sowohl als Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 15 Abs. 4 VvB und Justizgewährung aus Art. 7 VvB i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip als auch der Garantie des gesetzlichen Richters gemäß Art. 15 Abs. 5 Satz 2 VvB gerügt und geprüft werden (vgl. Beschluss vom 31. Mai 2017, a. a. O., Rn. 30 m. w. N.). Nach beiden Maßstäben liegt ein Verfassungsverstoß vor, wenn die Entscheidung sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist und den Zugang zur Rechtsmittelinstanz versperrt, weil es die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe derart erschwert, dass die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft (Beschluss vom 14. Mai 2014 – VerfGH 80/12 – Rn. 11 m. w. N.; vgl. zum Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 7. September 2015 – 1 BvR 1863/12).

Gemessen an diesen Maßstäben verletzt die Nichtzulassung der Revision die verfassungsmäßigen Rechte der Beschwerdeführerin nicht. Die Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, entfernt sich vom Inhalt der Revisionszulassungsgründe nicht in völlig unvertretbarer und damit willkürlicher Weise. Das Landgericht hat weder unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung noch unter dem Aspekt der Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung Anlass zur Zulassung der Revision gesehen. Es geht davon aus, die Voraussetzungen, unter denen ein einfacher Mietspiegel als Schätzgrundlage nach § 287 ZPO herangezogen werden könne, seien höchstrichterlich geklärt und es weiche von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ab. Diese Rechtsansicht ist nicht unbedenklich. Insbesondere kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwendung des § 287 ZPO bei der Einordnung einer Wohnung in die Spannenwerte eines qualifizierten Mietspiegels (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2005 – VIII ZR 110/04) und zur Schätzung sogenannter Stichtagsdifferenzen bei Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete in der Zeit zwischen der Datenerhebung für einen einfachen Mietspiegel und dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 295/15) fehlerhaft für einschlägig gehalten und sein Urteil im Einklang mit dieser Rechtsprechung gesehen hat. Sie überschreitet die Grenze zur Willkür aber nicht.”

Aus der Rubrik “Wohnungsbau”.

 

DER TAGESSPIEGEL am 12.03.2019: Neubau in Berlin – Wo in den Bezirken wie viele Wohnungen geplant sind

200.000 Wohnungen bis 2030 – große Pläne, aber wo sollen die entstehen? Eine erste Übersicht im “Checkpoint” für jeden Berliner Bezirk.

Berlin rückt zusammen. Wer kommen will, ist willkommen, ist doch klar. Damit das auch faktisch möglich bleibt – im besten Fall nicht nur für Spitzenverdiener – sieht der Entwurf für den Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 Potenzial für 199.000 neue Wohnungen bis 2030.

Die meisten sind in Pankow geplant, die wenigsten in Reinickendorf, wobei die Spannweite auch innerhalb der Bezirke enorm ist.

Aber schauen Sie selbst – hier eine erste Übersicht aus dem neuen Tagesspiegel-Checkpoint von Dienstagmorgen: Pankow: 18.400 bis 48.000 geplante Wohnungen, Lichtenberg: 9600 bis 36.000,Treptow-Köpenick: 8200 bis 35.000, Mitte: 7200 bis 27.000,Spandau: 8000 bis 23.000, Neukölln: 4600 bis 23.000, Marzahn-Hellersdorf: 5000 bis 22.000, Charlottenburg-Wilmersdorf: 3800 bis 16.000, Friedrichshain-Kreuzberg: 3000 bis 15.000, Tempelhof-Schöneberg: 3400 bis 14.000, Steglitz-Zehlendorf: 2800 bis 6000, Reinickendorf: 7600 bis 19.000 geplante Wohnungen.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/neubau-in-berlin-wo-in-den-bezirken-wie-viele-wohnungen-geplant-sind/24091376.html

Aus der Rubrik “Steuerpolitik”:

 
Berliner Morgenpost am 12.03.2019: „Share Deals“ – Warum Berlin beim Verkauf von Wohnungen häufig leer ausgeht

Durch Steuerschlupflöcher entgehen Berlin jährlich 100 Millionen Euro Grunderwerbsteuer. Das ließe sich verhindern.

Sechs Prozent Grunderwerbsteuer muss jeder zahlen, der in Berlin eine Wohnung oder ein Haus kauft. Beim Kauf einer Eigentumswohnung zum Preis von 300.000 Euro fließen also 18.000 Euro in die Landeskasse. Ärgerlich nur: Wirklich zahlen müssen meist nur die privaten Erwerber.

Unternehmen, die dagegen gleich mehrere hundert Wohnungen kaufen, umgehen diese Steuer mittels sogenannter Share Deals. Bei dem Modell werden keine Immobilien, sondern Anteile an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft übertragen. Unterhalb einer Grenze von 95 Prozent fällt dann regelmäßig keine Grunderwerbsteuer an, denn das Eigentum am Grundstück verbleibt bei der Gesellschaft.

Allein in Berlin sind in den vergangenen drei Jahren ein gutes Dutzend Share Deals abgewickelt worden, bei denen jeweils mehr als 800 Wohnungen gehandelt wurden. Das geht aus einer Antwort der parlamentarischen Staatssekretärin Christine Lamprecht (SPD) auf eine parlamentarischen Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Lisa Paus hervor. Der jährliche Schaden für die Landeskasse beläuft sich nach Schätzungen von Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) auf rund 100 Millionen Euro – jedes Jahr.

2017 erwarb die Deutsche Wohnen AG ebenfalls per Share Deal 3700 Wohnungen in Berlin von einem nicht genannten Verkäufer – ebenfalls ohne Grunderwerbsteuer zu zahlen. Und im vergangenen Jahr kaufte Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia von Anlegern an der Börse 24.700 Wohnungen in Berlin, Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen und Brandenburg. Und natürlich wurden auch hier keine Grunderwerbsteuern gezahlt.

„Die Zahlen belegen, dass Share Deals weiter beliebt sind bei großen Börsenunternehmen und internationalen Investoren“, sagt Lisa Paus. „Es kann nicht sein, dass einige wenige große Investoren Steuerschlupflöcher nutzen, während Otto Normal brav seine Steuern zahlt“, so die Grüne. Es müssten gleiche Regeln für alle gelten. Das sei auch eine Frage der Gerechtigkeit. Dazu komme, dass Wohnraum so noch weiter zu einem leicht handelbaren Finanzprodukt werde. „Share Deals sind eine Art Brandbeschleuniger für den spekulativen Handel“, so Paus. Auch das Vorkaufsrecht der Kommunen könne so ausgehebelt werden. Nach Jahren intensiver Diskussion sei eine Reform überfällig.

https://www.morgenpost.de/berlin/article216641985/Warum-Berlin-beim-Verkauf-von-Wohnungen-haeufig-leer-ausgeht.html

Aus der Rubrik “Steuerpolitik”:

 
DER TAGESSPIEGEL am 12.03.2019: Immobiliengeschäfte – So könnte Berlin das Steuer-Schlupfloch beim Häuserkauf schließen

Mit Hilfe von “share deals” können Immobilienhändler sich die Grunderwerbssteuer umgehen. Ein Gutachten sieht Chancen gegen dieses Schlupfloch.

Gerecht ist dieses Gesetz nicht, zumal es nur einen kleinen Kreis von Immobiliendealern begünstigt. Durch dieses Schlupfloch müssen sie fast keinen Cent Grunderwerbssteuer bezahlen beim Handel mit Wohnhäusern – anders als jeder andere, der ein Haus oder eine Wohnung kauft. Die Rede ist von „share deals“: „Anteilsgeschäfte“. Mit diesem Trick kaufen und verkaufen Rendite-Jäger Anteile von Firmen mit Abertausenden Wohnungen – und nur wegen der Verpackung der Immobilien in einem Firmenmantel gehen die Finanzämter leer aus. Berlin kostete das Hunderte Millionen Euro. Ein neues Gutachten sieht jetzt die Chance, das Unrecht bei der Wurzel zu packen.

Das Gutachten stammt von Ulrich Hufeld von der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Die steht nicht im Ruf, „Gefälligkeitsgutachten für die Grünen zu verfassen“, wie deren Bundestagabgeordnete Lisa Paus sagte. Hufeld kommt trotzdem zum Ergebnis, dass „wir ein Gleichbehandlungsproblem“ im Zusammenhang mit den Share Deals haben. Denn der Begriff der Grunderwerbsteuer selbst enthalte den Grundsatz, dass die Steuer „alle treffen soll“. Genau daran müsse eine Reform anknüpfen mit dem Ziel, die Ausnahmen zu streichen.

Hufeld von der Bundeswehr-Universität dagegen leitet aus dem Verfassungsrecht selbst ab, dass die Grunderwerbsteuer „unausweichlich“ nicht nur die Zahlungskraft von Neueigentümern erfasst, des Bürgers, der eine Wohnung kauft, sondern auch „desjenigen, der mehrheitlich Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft erwirbt“. Damit wäre der Kauf von 50 Prozent der Anteile an einer Firma mit Immobilien-Beständen grunderwerbsteuerpflichtig.

„Radikal“ nennt Hufeld diesen Reformvorschlag, aber genau „das ist Politik“. Und es decke sich mit dem, was das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe „seit Jahrzehnten“ von der Politik fordere, nämlich zu gestalten im Rahmen des Grundgesetzes.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/immobiliengeschaefte-so-koennte-berlin-das-steuer-schlupfloch-beim-haeuserkauf-schliessen/24090054.html

Aus der Rubrik “Mietenentwicklung”:

 

Berliner Morgenpost am 28.02.2019: Mietenatlas – Harte Zeiten für Wohnungssuchende in Berlin

In drei Viertel aller Bezirke ist inzwischen die Zehn-Euro-Marke überschritten. Und eine Entspannung am Berliner Mietenmarkt ist nicht in Sicht.

Allen Regulierungsversuchen auf Bundes- und Landesebene zum Trotz hat sich das Wohnen zur Miete und auch im Eigentum in Berlin in den ersten drei Quartalen des Jahres 2018 erneut deutlich verteuert. Die durchschnittliche Miete der Onlineportale liegt nun bei 10,34 Euro je Quadratmeter und Monat (+ 5,6 Prozent).

Leerstandsquote sinkt auf unter ein Prozent

„Angesichts des geringen Leerstandes von nur noch 0,9 Prozent – im Jahr 2010 waren es noch 2,6 Prozent – ist es nicht verwunderlich, dass auch Mieten und Kaufpreise weiter stark steigen“, sagt CBRE-Marktexperte Henrik Baumunk. „Auch wenn sich das Mietpreiswachstum in Berlin ein wenig verlangsamt hat, ist darin kein Trend zu erkennen. Vielmehr entsprach die Steigerung ungefähr dem Niveau von 2016“, ergänzt Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp.

https://www.morgenpost.de/berlin/article216542439/Harte-Zeiten-fuer-Wohnungssuchende-in-Berlin.html

Aus der Rubrik “Mietenentwicklung”:

Berliner Morgenpost am 27.02.2019 – Studie: Mehr neue Mietwohnungen bei Neubauten in Berlin

Eigentumswohnungen standen lange bei vielen Bauherren hoch im Kurs, Mieter standen weniger im Fokus. Das ändert sich. Doch billiger wird das Wohnen dadurch nicht.

Bei Neubauten in Berlin entstehen nach einer Studie zunehmend Mietwohnungen. Im Herbst waren gut 26 000 Wohnungen geplant oder im Bau, die zur Vermietung gedacht sind, wie die Bank Berlin Hyp und das Maklerhaus CBRE am Mittwoch mitteilten. Das entsprach rund 61 Prozent der insgesamt rund 43 000 Wohnungen in laufenden Projekten. Im Vorjahr waren es knapp 57 Prozent. Bereits zuvor war der Anteil gewachsen.

Jahrelang waren neue Wohnungen in Berlin vorwiegend als Eigentumswohnungen angeboten worden. Jetzt nimmt das Angebot für Mieter zu – jedenfalls wenn sie zahlungskräftig sind.

Denn der jährliche Wohnmarktreport registriert auch 2019 steigende Mieten. Im Mittel verlangen die Eigentümer beim Mieterwechsel demnach nun monatlich 10,34 Euro kalt je Quadratmeter, das sind 5,6 Prozent mehr als im Vorjahr. “Auch wenn sich das Mietpreiswachstum in Berlin ein wenig verlangsamt hat, ist darin kein Trend zu erkennen”, sagte Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp. “Vielmehr entsprach die Steigerung ungefähr dem Niveau von 2016.”

https://www.morgenpost.de/berlin/article216538183/Studie-Immer-mehr-neue-Mietwohnungen-in-Berlin.html

Aus der Rubrik “Modernisierung”:

 

Berliner Zeitung am 21.02.2019: Kommentar zum Mieten-Exzess – Berliner sind nicht ausreichend geschützt

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass strenge rechtliche Regelungen notwendig sind, um Mieter vor überzogenen Forderungen von Vermietern zu schützen, dann hat der Eigentümer des Hauses Lenbachstraße 7 in Berlin-Friedrichshain diesen Nachweis erbracht. Der Eigentümer will das Haus modernisieren. Danach soll sich die Miete für eine 73 Quadratmeter große Wohnung verdreifachen – von 458 Euro auf 1408,75 Euro. Die Frage, ob der Eigentümer ein soziales Gewissen hat, erübrigt sich hier.

https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/kommentar-zum-mieten-exzess-berliner-sind-nicht-ausreichend-geschuetzt-32078338

Aus der Rubrik “Modernisierung”:

 

Berliner Zeitung am 21.02.2019: Friedrichshain – In diesem Wohnhaus soll sich die Miete fast verdreifachen

Die Post mit der bösen Überraschung kam kurz vor dem Jahreswechsel. „Mir ist fast schwarz vor Augen geworden“, sagt der 36-jährige Gordian Scholz aus der Lenbachstraße 7 in Friedrichshain. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2018 kündigt die Hausverwaltung an, dass der Vermieter – die Projekt F-24 Alpha GmbH, „umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen“ in dem Haus plant. Maßnahmen, nach denen sich die Kaltmiete fast verdreifachen soll.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/friedrichshain-in-diesem-wohnhaus-soll-sich-die-miete-fast-verdreifachen-32074212

Aus der Rubrik “Wohnungsbaupolitik”:

rbb24.de am 22.02.2019: 26 Kolonien betroffen – Berliner Senat will Kleingarten-Flächen bebauen lassen
Häuser statt Blumenbeete: In Berlin werden ab dem Jahr 2020 Kleingärten-Kolonien als Baugrund freigegeben. Insgesamt 26 Anlagen sind betroffen. Doch welche das sind, ist noch nicht klar. Es geht aber um eine Vielzahl größerer und kleinerer Flächen in der ganzen Stadt.

Der Berliner Senat will ab kommendem Jahr 26 Kleingarten-Kolonien als Baugrund freigeben. Nach Angaben der Stadtentwicklungsverwaltung vom Freitag hat sich die rot-rot-grüne Koalition darauf geeinigt, dass auf den Grundstücken Schulen, Wohnungen oder Krankenhauserweiterungen errichtet werden können. Insgesamt sollen 7.000 Wohnungen entstehen – realisiert werden sollen diese allerdings erst nach 2030.

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/02/berliner-senat-will-kleingarten-flaechen-bebauen-lassen.html

Aus der Rubrik “Mieterproteste”:

 

Deutschlandfunk Kultur am 19.02.2019: Protest gegen hohe Mietpreise – Die Profite mit der Miete

Die Mietkosten in den Städten explodieren. Insbesondere die Modernisierungsumlage ist ein beliebtes Mittel, um Mieten energisch in die Höhe zu treiben. Mieterverbände verweisen auf Österreich – dort zahlt die Modernisierung der Eigentümer.

Große Immobilienkonzerne würden die Modernisierungsumlage nutzen, um systematisch die Mieten zu erhöhen und hohe Gewinne an ihre Aktionäre auszuschütten – das ist der Vorwurf, der von den Mieter*innen immer wieder erhoben wird. Die Deutsche Wohnen möchte dazu nicht Stellung nehmen.

Nur, wenn ein Vermieter sich die Instandsetzung eines Hauses nicht leisten kann, kann er die Miete für einen gewissen Zeitraum erhöhen – und zwar nur so lange, bis die Kosten gedeckt sind. Das regelt der Paragraf 18 im österreichischen Mietrechtsgesetz.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/protest-gegen-hohe-mietpreise-die-profite-mit-der-miete.976.de.html?dram:article_id=441392