Ist ein Mietmangel anzunehmen, wenn ein Vermieter auf dem Grundstück befindliche Bäume nicht beschneidet, so dass der Mieter tagsüber das Licht einschalten muss?
Die Antwort des Amtsgerichts Köln (AG Köln – 213 C 98/15, Urteil vom 22.02.2017) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Amtsgericht Köln in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Weiter besteht auch kein Minderungsrecht im Hinblick auf eine Verschattung einzelner Zimmer durch Bäume. Zwar sprechen nach Auffassung des Gerichts erhebliche Gründe dafür, einen Mietmangel anzunehmen, wenn – entsprechend dem Sachvortrag der Beklagten – der Vermieter auf dem Grundstück befindliche Bäume nicht beschneidet, so dass der Mieter tagsüber das Licht einschalten muss. Denn wenn – was die Beklagten vorliegend ja behaupten – die Lichtverhältnisse bei Beginn des Mietverhältnisses gut waren, konnten die Mieter durchaus davon ausgehen, dass die Klägerin diesen vermieteten Zustand auch während des Mietverhältnisses durch Beschneidungen des im Zeitpunkt des Mietbeginns noch kleineren Bewuchses erhalten wird (AG Charlottenburg, Urteil vom 07.09.2006 – 211 C 70/06; vgl. auch AG Neukölln, Urteil vom 02.07.2008 – 21 C 274/07).
Jedoch steht nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass die Belichtungsverhältnisse mangelhaft sind oder sich die Fenster wegen der heranwachsenden Bäume nicht öffnen lassen.
Der Sachverständige Prof. Dr. ### hat in seinem Gutachten vom 26.01.2016 ausgeführt, dass die Öffnungsfunktion sämtlicher Fenster der Wohnung durch die auf dem Grundstück befindlichen Bäume nicht beeinträchtigt wird.
Ferner hat er dargelegt, dass die Belichtungsverhältnisse in der Wohnung ausreichend sind: Zur Berechnung des Tageslichtquotienten im Wohnzimmer nach DIN 5034-Teil 3 habe er zunächst von einem Beobachtungspunkt in der Mitte des Wohnzimmers die Verschattungswinkel der Bebauung (Fenster, Balkon) und der Bäume festgestellt und die Daten in das Sonnenstanddiagramm (Blatt 108 der Akte) eingetragen. Daraus lasse sich ablesen, in welchem Monat die Sonne zu welchem Zeitraum in das Zimmer scheine und zwar mit und ohne Bewuchs. Gemäß DIN 5035 werde aus den geometrischen Daten der Tageslichtquotient berechnet. Nach dieser Norm sei die Helligkeit in Wohnräumen, die von dem durch die Fenster eindringenden Tageslicht erzeugt werde, im Rahmen ihrer psychischen Bedeutung ausreichend, wenn der Tageslichtquotient auf einer horizontalen Ebene gemessen in einer Höhe von 0,85 m über dem Fußboden in halber Raumtiefe und in 1 m Abstand von den Seitenwänden im Mittel wenigstens 0,9 % und am ungünstigsten Punkt wenigstens 0,75 % betrage. Vorliegend ergebe sich aus den ermittelten Daten für das Wohnzimmer ein Wert ein Tageslichtquotient von 1,1 % (ohne Baum: 1,7 %), was ausreichend sei. Da das Wohnzimmer die größte Beeinträchtigung durch die umgebenden Räume aufweise, seien auch alle anderen Räume nicht unzumutbar dunkel.
Soweit die Beklagten gegen diese Feststellungen Einwände erhoben bzw. Unklarheiten beanstandet haben, hat der Gutachter diese im Rahmen seiner mündlichen Anhörung ausräumen können:
– Zu der Beanstandung, der Gutachter habe lediglich theoretische Werte anhand einer nicht maßstabsgerechten Zeichnung ermittelt, die zudem nicht in Einklang mit dem im Gutachten enthaltenen Lichtbild (Blatt 107 der Akte) stünden, das eine viel größere Beschattung deutlich mache, hat der Sachverständige ausgeführt: Auf dem Luftbild im Gutachten (Blatt 107 der Akte) seien mehr Bäume zu sehen, als er tatsächlich im Ortstermin festgestellt habe. Grundlage für die Messung des Tageslichtquotienten sei daher nicht die im Gutachten enthaltene aus dem Internet gezogene Luftaufnahme der Gegebenheiten, diese habe er lediglich zum Zweck der besseren Anschauung dem Gutachten beigefügt. Er habe vielmehr selbst vor Ort durch Augenscheinseinnahme festgestellt, welche Bäume vorhanden sind, welchen Standort diese haben und wo welche Beschattungen stattfinden. Ferner habe er die Bäume abgelichtet, die eine Beschattungswirkung auf die Räume der streitgegenständlichen Wohnung haben. Das Wohnzimmer werde durch einen großen Baum am stärksten betroffen, so dass er diesen als dunkelsten Raum der Wohnung ausgesucht und hierzu die Untersuchungen durchgeführt habe. In der Zeichnung auf Seite 15 des Gutachtens (Blatt 106 der Akte) seien die Bäume exakt so abgebildet, wie sie sich vor Ort dargestellt hätten, diese Zeichnung sei maßstabsgerecht. Zwar sei zutreffend, dass keine Langzeitmessung der Lichtverhältnisse durchgeführt wurde. Allerdings sei die Berechnung nach DIN 5035 eine Berechnungsmöglichkeit, die auch bei Neubauten zur Anwendung komme, um die Belichtungsverhältnisse zu eruieren. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich das Ergebnis durch tatsächliche Messungen ändere.
– Ferner hat der Gutachter das entsprechend der DIN-Regelung erstellte Sonnenstanddiagramm (Blatt 108 der Akte) wie folgt erläutert: Anhand der schwarzen Umrandung sei erkennbar, wann die Sonne durch das Fenster hinein scheint, wobei die gelben Vierecke innerhalb des schwarzen Rahmens die jeweiligen Zeiten angeben. Teilweise werde das Sonnenlicht durch die Nachbarbebauung (in dem Diagramm durch eine grau hinterlegte Teilfläche markiert) und Bäume (grün hinterlegte Teilfläche) verschattet. Wenn man dann diese Flächen planimetriere, d.h. die Fläche ausmesse, und mit der Lichtintensität in Abhängigkeit von der Sonnenhöhe multipliziere, könne der Tageslichtanteil im Raum gemessen werden. Daraus errechne sich dann eine Zahl, die den Normwert angebe, der wiederum anzeige, ob es zu dunkel sei oder nicht. Zwar sei zutreffend ist, dass der Ortstermin im Winter stattfand, wo der Baum kein Laub getragen habe. Aber anhand des Ausmaßes könne man natürlich Rückschlüsse daraus ziehen, wie der Zustand sei, wenn der Baum Laub trage.
Ferner hat der Gutachter auch den Einwand entkräftet, er habe die Ostseite der Wohnung nicht (hinreichend) berücksichtigt: Hierzu hat der Sachverständige Prof. Dr. ### in der mündlichen Erläuterung dargelegt, dass sich im Osten der Wohnung, wo die Kinderzimmer liegen, kein Baum vor den Fenstern befinde; insoweit sei die Zeichnung auf Seite 15 des Gutachtens unrichtig, da der dort eingezeichnete grüne Baum im Osten unmittelbar vor dem Haus nicht vorhanden sei, was sehr gut auf dem Foto auf Seite 8 des Gutachtens zu erkennen sei (Blatt 99 der Akte).
Diesen Ausführungen des Sachverständigen, gegen welche die Parteien auch keine weiteren Einwände mehr erhoben haben, schließt sich das Gericht nach Überprüfung an: Das Gutachten geht weder von falschen Anknüpfungstatsachen aus noch beinhaltet es willkürliche oder nicht nachvollziehbare Darlegungen. Damit steht fest, dass die Verschattung durch die vor der Wohnung befindlichen Bäume keinen minderungsrelevanten Mangel darstellt, da der Lichteinfall nicht unterhalb der maßgeblichen Mindestwerte liegt.”