Archiv für den Monat: April 2018

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Steht es der Wirksamkeit einer neuerlichen Kündigung entgegen, dass das Mietverhältnis bereits zuvor durch den Ausspruch einer vorhergehenden Kündigung beendet wurde?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 22/18, Beschluss vom 06.03.2018) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: “Der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung steht es nicht entgegen, dass das zwischen den Parteien mit Zugang der wirksamen – und später durch die Schonfristzahlung der Beklagten vom 1. August 2017 gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB geheilten – außerordentlichen Kündigung vom 13. März 2017 gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB fristlos beendet wurde.

Zwar kann sich die Beklagte insoweit auf ein unveröffentlichtes Urteil des LG Bielefeld (Urt. v. 24. April 1994, 2 S 192/94) und eine Entscheidung des LG Berlin (Urt. v. 13. Oktober 2017 – 66 S 90/17, WuM 2017, 650) berufen. Danach soll eine hilfsweise ausgesprochene Kündigung “ins Leere” gehen, da die – im selben Kündigungsschreiben – zuvor und vorrangig ausgesprochene außerordentliche Kündigung das Mietverhältnis vor dem Zugang der ordentlichen Kündigung bereits beendet habe (vgl. LG Berlin, a.a.O.). Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die Kammer teilt insoweit die ständige Rechtsprechung des BGH, ausweislich derer die Wirksamkeit einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung von der Wirksamkeit einer zuvor ausgesprochenen fristlosen Kündigung nicht berührt wird (vgl. grundlegend BGH, Urteil v. 16. Februar 2005 – VIII ZR 6/04NZM 2005, 334).

Soweit die Unwirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung damit begründet wird, das Mietverhältnis sei im Moment ihres Zugangs bereits durch die fristlose Kündigung beendet gewesen, trifft bereits das zumindest im hier gegebenen Fall des einheitlichen Ausspruchs und Zugangs beider Kündigungen nicht zu. Auch wenn die ordentliche Kündigung nur hilfsweise erklärt wurde, ist sie unbedingt und zeitgleich ausgesprochen; die Kündigungserklärung ist im Lichte der Auslegungsparameter der §§ 133157 BGB lediglich dahingehend auszulegen, dass die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung erst nachrangig zu prüfen ist (vgl. BGH, a.a.O). Mit dem zeitgleichen Ausspruch und Zugang beider Kündigungen lässt es sich aber nicht vereinbaren, dass das Mietverhältnis bereits vor dem Zugang der ordentlichen Kündigung seine fristlose Beendigung gefunden haben soll (so aber LG Berlin, a.a.O.).

An dieser Beurteilung ändert sich im Ergebnis selbst dann nichts, wenn das Mietverhältnis schon vor dem Zugang der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung tatsächlich durch die zeitgleich erklärte fristlose Kündigung beendet gewesen sein sollte. Denn der Vermieter kann auch ein bereits kündigungsbedingt beendetes Mietverhältnis bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB erneut wirksam kündigen:

Der Sinn des gesetzlichen Kündigungsrechts des § 573 Abs. 1, Abs. 2 BGB besteht darin, dem Vermieter bereits bei Vorliegen eines berechtigten Interesses – und damit unterhalb der ultima-ratio-Schwelle der für eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 BGB erforderlichen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung – ein an keine sonstigen materiellen Voraussetzungen gebundenes und wegen der abwägungsfesten Regelbeispiele in § 573 Abs. 2 BGB verhältnismäßig einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag an die Hand zu geben, das neben und unabhängig von den sonstigen Rechten zur Beendigung des Mietvertrages besteht. Dementsprechend hat der Vermieter ein Wahlrecht, ob er das Mietverhältnis mit der Rechtsfolge seiner sofortigen Beendigung gemäß § 543BGB außerordentlich kündigt, es ordentlich unter Berücksichtigung der dem Mieter gemäß § 573c BGB zustehenden Kündigungsfrist beendet oder ob er von beiden Kündigungsmöglichkeiten kumulativ Gebrauch macht.

Andernfalls wäre ein Mieter, dessen nicht unerhebliche schuldhafte Zahlungspflichtverletzung sogar den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigen würde, bei gleichzeitigem Ausspruch von außerordentlicher und ordentlicher Kündigung besser gestellt als ein solcher, dem lediglich eine Zahlungspflichtverletzung zur Last fiele, die nicht zu einer außerordentlichen, sondern allein zu einer ordentlichen Kündigung berechtigte. Während der außerordentlich gekündigte Mieter die Heilungsmöglichkeiten des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB für sich in Anspruch nehmen könnte und nach dem wirksamen Ausspruch der außerordentichen Kündigung wegen der dieser – zu Unrecht – beigemessenen Sperrwirkung vor einer auf den selben Kündigungssachverhalt gestützten ordentlichen Kündigung geschützt wäre, würde das mit dem ordentlich gekündigten Mieter bestehende Mietverhältnis ohne eine Heilungsmöglichkeit nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zwingend mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist enden, obwohl ihm eine weniger gravierende Pflichtverletzung zur Last fiele als dem außerordentlich gekündigten Mieter.

Für eine derartige Privilegierung des sowohl außerordentlich als auch ordentlich gekündigten Mieters und die damit verbundene Schlechterstellung des Vermieters für den Fall, dass der Mietvertrag nicht lediglich kündbar, sondern wegen einer zuvor ausgesprochen Kündigung bereits gekündigt und fristlos beendet ist, besteht kein Grund. Auch bei einem derartigen Kündigungsszenario gebieten es der Sinn und Zweck des auf § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB beruhenden ordentlichen Kündigungsrechts, dem Vermieter die Möglichkeit zu erhalten, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu lösen, ohne mit dem Mieter in eine rechtliche Auseinandersetzung über die fristlose Beendigung des Vertrags eintreten oder sich den Unwägbarkeiten einer späteren Heilung der fristlosen Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB aussetzen zu müssen.

Das dagegen vorgebrachte Argument, nur ein wirksamer Vertrag könne gekündigt werden, ist lediglich begriffslogisch und greift nicht durch. Denn es berücksichtigt nicht, dass vertragliche oder gesetzliche Gestaltungsrechte nicht den fortdauernden Bestand des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses voraussetzen. Logische Gründe schließen es nicht aus, dass ein Rechtsgeschäft aus unterschiedlichen Gründen mehrfach beendet wird. Nach dem gegenteiligen Verständnis wäre der einmal beendete Vertrag – einem vernichteten realen Gegenstand vergleichbar – nicht mehr existent. Wenn ein Rechtsgeschäft beendet oder sogar nichtig ist, bedeutet das aber nicht, dass es zuvor nicht bestand. Vielmehr wird der Lebenssachverhalt von der Rechtsordnung mit den dafür vorgesehenen Rechtsfolgen als beendet oder nichtig bewertet. Nach diesem normativen Verständnis kann derselbe Sachverhalt denklogisch noch anderen rechtlichen Bewertungen unterliegen, indem etwa mehrere Beendigungs- oder Nichtigkeitsgründe zusammentreffen (vgl. BGH, Urt. v. 13. Mai 2016 – V ZR 265/14NZM 2016, 646). Wegen der daraus abgeleiteten – und in der Zivilrechtsdogmatik seit langem anerkannten – Doppelwirkungen im Recht können sogar nichtige Rechtsgeschäfte wirksam angefochten oder widerrufen werden (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 25. November 2009 – VIII ZR 318/08NJW 2010, 610; Urt. v. 13. Mai 2016 – V ZR 265/14NZM 2016, 646). Für die Kündigung eines bereits kündigungsbedingt beendeten Vertrages gilt nichts anderes.”

Pressemitteilung 18/2018

40.000 und die Online-Petition „Mietpreisbremse verschärfen” geht weiter

Bei der Online-Petition des AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. “Mietpreisbremse verschärfen” auf Change.org (change.org/mietpreisbremse) haben bisher über 40.000 Mieterinnen und Mieter für eine Verschärfung der Mietpreisbremse unterschrieben, was eindeutig belegt, wie sehr die Problematik den Mieterinnen und Mietern am Herzen liegt. Der AMV führt seine Online-Petition zunächst weiter, bis die gesetzgeberischen Vorschläge des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Verschärfung der Mietpreisbremse vorliegen.

Im Koalitionsvertrag vom 12.03.2018 haben sich die CDU/CSU und die SPD darauf verständigt, im Hinblick auf die Regelungen zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn („Mietpreisbremse“) für mehr Transparenz bei Mieterinnen und Mietern zu sorgen. Hierzu soll ein gesetzlicher Auskunftsanspruch des Vermieters hinsichtlich der Vormiete geschaffen werden. Gleichzeitig sollen die Anforderungen an die nach dem Gesetz erforderliche Rüge des Mieters hinsichtlich der zulässigen Miete herabgesetzt werden.Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bereitet derzeit entsprechende gesetzgeberische Vorschläge vor, die noch vor der Sommerpause vorliegen sollen.

„Der AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. dankt allen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern seiner Online-Petition „Mietpreisbremse verschärfen”. Das bisherige Ergebnis von 40.000 Unterschriften hat all unsere Erwartungen übertroffen”, sagte der 2. Vorsitzende des AMV, Assessor Marcel Eupen. „Wir führen unsere Petition zunächst weiter, bis die gesetzgeberischen Vorschläge des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Verschärfung der Mietpreisbremse vorliegen”, so Eupen. „Wir müssen zurzeit davon ausgehen, dass die beabsichtigten gesetzgeberischen Korrekturen bei der Mietpreisbremse nicht genügen werden”, äußerte Eupen. „Zwar begrüßen wir grundsätzlich die Erarbeitung gesetzgeberischer Vorschläge zur Verbesserung der Mietpreisbremse. Allerdings genügen alleine die Einführung eines gesetzlichen Auskunftsanspruchs sowie die Senkung der Anforderungen an die erforderliche Rüge nicht, um aus einem zahnlosen Tiger eine abschreckende Mietpreisbremse zu machen. Hierzu bedarf es vielmehr weiterer gesetzlicher Korrekturen wie eines zeitlich erweiterten Rückzahlungsanspruchs für Mieter von Anbeginn des Mietverhältnisses an, der Abschaffung der Ausnahmen der gesetzeswidrigen Vormieten, der umfassenden Modernisierung, der möblierten Wohnungen sowie der Wiedervermietung von Neubauwohnungen, der Einführung von Sanktionen, der Stärkung der Rechtssicherheit von Mietspiegeln sowie der Erweiterung des Bezugszeitraums des § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB von vier auf zehn Jahre“, so Eupen. „Solange CDU/CSU und SPD zu derartigen gesetzgeberischen Reparaturen nicht bereit sind, verpufft die Mietpreisbremse und führt nicht zu einem langsameren Mietenanstieg“, sagte Eupen.

Berlin, den 16.04.2018

Ass. Marcel Eupen, Pressesprecher des AMV

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:


Berliner Zeitung am 13.04.2018: Berlins Wohnungsunternehmen – Die Stadt kassiert bei fast jedem zweiten Mieter ab

Im vergangenen Jahr sogar in besonders vielen Fällen: 126.340 Mieterhöhungen verschickten die städtischen Vermieter im Jahr 2017, wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung jetzt auf Anfrage der Berliner Zeitung erklärte. Fast jeder zweite der etwa 300.000 Mieter bei den städtischen Unternehmen bekam damit eine Erhöhung.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/berlins-wohnungsunternehmen-die-stadt-kassiert-bei-fast-jedem-zweiten-mieter-ab-30009104

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:


Berliner Kurier am 12.04.2018: Mieten-Spirale – So kassiert Berlin mit

Ihre politische Aufgabe ist es, die Mieten bezahlbar zu halten – doch trotzdem bitten die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen ihre Mieter immer wieder zur Kasse. Im vergangenen Jahr sogar in besonders vielen Fällen. 126.340 Mieterhöhungen verschickten die städtischen Vermieter im Jahr 2017, …

https://www.berliner-kurier.de/berlin/kiez—stadt/mieten-spirale-so-kassiert-berlin-mit–30007930

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kommen einem Vermieter Darlegungs- und Beweiserleichterungen im Rahmen des § 814 BGB zu Gute, wenn sein Mieter trotz Vorliegens eines Mangels zunächst vorbehaltlos die vollständige Miete zahlt und diese zu einem späteren Zeitpunkt teilweise zurückfordert?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 342/17, Urteil vom 01.03.2018) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die Berufung rügt zu Recht, dass die Beklagten nicht mit der Rückforderung der von ihnen überzahlten Miete gemäß § 814 BGB ausgeschlossen sind. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete lediglich dann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Die Norm beruht auf dem Gedanken der Unzulässigkeit widersprüchlichen Verhaltens. Sie will den Leistenden benachteiligen, während der Empfänger darauf vertrauen darf, dass er eine Leistung, die bewusst zur Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit erbracht worden ist, behalten darf (vgl. BGH, Urteil v. 7. Mai 1997 – IV ZR 35/96 -, NJW 1997, 2381, 2382). § 814 erfordert eine positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Verbindlichkeit, wobei nicht die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Nichtbestehen ergibt, ausreicht, sondern sich der Leistende auch hinsichtlich der Rechtslage im Klaren sein muss, dass er nichts schuldet (vgl. BGH, Urt. v. 22. Oktober 2015 – IX ZR 100/13NJW 2016, 1391).

Gemessen daran hatten die Beklagten bei Vornahme der Zahlungen keine Kenntnis der Nichtschuld. Denn von einer positiven Kenntnis des Mieters i.S.d. § 814 BGB ist im streitgegenständlichen Kontext nur dann auszugehen, wenn ihm sämtliche Elemente seines Minderungsrechts nach § 536 BGB in einem Maße bewusst sind, das ihn zur Ausübung seiner Gewährleistungsrechte befähigt. Das umfasst nicht nur die Kenntnis darüber, dass die Minderung mit dem Auftreten des Mangels kraft Gesetzes eintritt und weder von der aktiven Geltendmachung durch den Mieter noch der Zustimmung oder Genehmigung des Vermieters abhängt. Darüber hinaus muss sich die positive Kenntnis auch auf die Angemessenheit der mangelbedingt in Ansatz zu bringenden Minderungsquote und damit auch auf deren konkrete Höhe beziehen. Nur wenn der Mieter sich über sämtliche Elemente der Mietminderung positiv im Klaren ist, ist es angezeigt, die für ihn nachteiligen Rechtsfolgen des § 814 BGB zu seinen Lasten wirken zu lassen.

Über eine entsprechend umfassende Kenntnis haben die Beklagten bei Vornahme der Zahlungen nicht verfügt. Sie haben vielmehr durch ihre Äußerungen in den E-Mails vom 5. November 2015 und 15. Oktober 2015 zum Ausdruck gebracht, dass es ihnen an einem Verständnis des Regelungsinhalts des § 536 Abs. 1 BGB mangelte. Denn ansonsten hätten sie der Klägerin nicht vorgeschlagen, eine “Mietminderung von 15% ab dem Termin der Meldung der Geruchsbelästigung” für die Zukunft vorzunehmen und es in der Folge – wie bereits in der Vergangenheit – unterlassen, die Minderung auch tatsächlich durch eine Reduzierung ihrer Zahlungen zu vollziehen. Eine Rechtskenntnis über den automatischen Eintritt der Minderung kraft Gesetzes bei Vorliegen eines Mangels ist darin gerade nicht erkennbar, sondern vielmehr das fehlerhafte Rechtsverständnis, sich erst nach aktiver Geltendmachung oder dem Einverständnis des Vermieters erfolgreich auf eine Minderung berufen zu können. Es tritt hinzu, dass die Beklagten ihre Mietzahlung gemäß § 556b Abs. 1 BGB im Voraus zu entrichten hatten. Damit konnten sie zum Zeitpunkt der Leistungsbewirkung überhaupt nicht wissen, ob der Mangel im laufenden Monat noch behoben werden würde. Davon ausgehend war ihnen auch nicht bekannt, ob sie die vollständige oder lediglich die geminderte Miete schuldeten. An dieser Beurteilung ändert der Umstand nichts, dass der Mangel über mehrere Monate hinaus bestand. Denn die Beklagten waren zu jedem Monatsbeginn erneut darüber im Unklaren, ob es zu einer Mangelbeseitigung kommen oder der Mangel weiterhin bestehen würde.

Darlegungs- und Beweiserleichterungen kamen der Beklagten im Rahmen des § 814BGB nicht zu Gute (vgl. BGH, Urt. v. 17. Oktober 2002 – III ZR 58/02NJW 2002, 3772). Diese sind – allenfalls – bei einem Sachverhalt in Betracht zu ziehen, der selbst für einen Laien ohne juristischen Beistand tatsächlich und rechtlich unschwer selbst zu durchdringen ist (vgl. Kammer, Urt. v. 12. Oktober 2017 – 67 S 196/17, ZMR 2018, 45). Soweit der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, dass im Regelfall beim heutigen Kenntnisstand der beteiligten Kreise anzunehmen sei, dass dem Mieter sein Recht zur Herabsetzung der Miete in den Fällen bekannt sei, in denen er zunächst über einen längeren Zeitraum und ohne jeden Vorbehalt die Miete ungekürzt weiter zahlt (vgl. BGH, Urt. v. 16. Juli 2003 – VIII ZR 274/02NJW 2003, 2601), folgt die Kammer dem bereits wegen der erforderlichen Kenntnis über sämtliche Elemente des Minderungsrechts nach § 536 BGB nicht. Über eine derart umfassende Kenntnis verfügen Mieter ohne juristischen Beistand – auch nach der langjährigen Erfahrung der Kammer – gerade nicht. Davon abgesehen kann der von § 814 BGB bezweckte Schutz des Zahlungsempfängers nur dann gerechtfertigt greifen, wenn dieser davon ausgehen darf, dass der Leistende tatsächlich ohne Vorbehalt und in voller Schuld leistet. Davon ist jedoch dann nicht auszugehen, wenn der Vermieter vor der ungeminderten Zahlung des Mieters Adressat einer Mangelanzeige des Mieters war. Genau so aber lag der Fall hier.”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Zeitung am 11.04.2018: Wohnungskrise – Was kostet die Hauptstadt?

Die Berliner Zeitung hat den Stadtsoziologen und Ex-Staatssekretär Andrej Holm sowie Vertreter der Immobilienwirtschaft zur Lage auf dem Wohnungsmarkt befragt: Weiter können die Lösungsvorschläge für die Wohnungskrise nicht auseinanderliegen. Die einen fordern schärfere Gesetze und ein Eingreifen des Staates, die anderen lehnen beides kategorisch ab.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/wohnungskrise-was-kostet-die-hauptstadt–29997006

Aus der Rubrik “Studien”:

Berliner Morgenpost am 10.04.2018: Studie – In Berlin fehlen 310.000 bezahlbare Wohnungen
In Berlin fehlen hunderttausende bezahlbare Wohnungen. Besonders groß ist der Mangel bei Single-Appartments.

Berlin hat ein Problem, das es mit 76 deutschen Großstädten teilt. 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen fehlen in Deutschland. Zu diesen Ergebnissen kommt eine am Montag veröffentlichte Studie von Stadtsoziologen der Humboldt-Universität Berlin und der Goethe-Universität Frankfurt im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Demnach fehlen in Berlin mit rund 310.000 bundesweit die meisten bezahlbaren Wohnungen, darunter vor allem rund 217.000 Apartments mit weniger als 45 Quadratmetern für Einpersonenhaushalte.

“Wir haben nun untersucht, wieviel tatsächlich leistbare Wohnungen im Bestand jetzt schon fehlen”, erklärt der Berliner Stadtsoziologe Andrej Holm.

https://www.morgenpost.de/berlin/article213968067/In-Berlin-fehlen-310-000-bezahlbare-Wohnungen.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Berechtigt eine Geruchsbelästigung, die auf Gerüche zurückzuführen ist, die durch ein in der Trockenbauwand der Küche befindliches schadhaftes Rohr, durch das Abwasser und Gerüche austreten, verursacht wird, zur Mietminderung?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 342/17, Urteil vom 01.03.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die Miete war im November 2015 gemäß § 536 Abs. 1 BGB in dem vom Amtsgericht festgestellten Umfang gemindert. Denn die Mietsache war in ihrer Gebrauchstauglichkeit i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB beeinträchtigt. Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass durch das in der Trockenbauwand der Küche befindliche schadhafte Rohr jedenfalls seit Januar 2015 bis zu dessen Reparatur im Dezember 2015 Abwasser und Gerüche ausgetreten sind, die in der streitgegenständlichen Wohnung zu einer regelmäßig auftretenden – und nicht lediglich unerheblichen – Geruchsbelästigung geführt haben. Die Kammer teilt die Beweiswürdigung des Amtsgerichts einschränkungslos. Auch die Bemessung der Minderungsquote in Höhe von 10% ist unter Berücksichtigung der offenen Raumgestaltung der Wohnung, die eine Verteilung des unangenehmen Geruchs auf alle Wohnbereiche begünstigt hat, sowie unter Berücksichtigung des regelmäßigen Auftretens der Geruchsbeeinträchtigungen, ebenfalls nicht zu beanstanden. Eine Minderung für Januar und März 2016 schied aus, da der Mangel mit Ablauf des Dezember 2015 beseitigt worden ist. Das nimmt die Berufung auch unangefochten hin.”

Aus der Rubrik “Mieterproteste”:

ZITTY am 10.04.2018: Die Demo am 14.4. – WIDERSETZEN – »Berlin ist noch zu retten!«

Eine Demo, 188 Gruppen – von Mieterinitiativen über Gewerkschaften bis zum Türkischen Bund. So vielstimmig war der Protest gegen den Mietenwahnsinn in Berlin noch nie. Die neue Solidarität kann die Zukunft der Stadt verändern.

Berlin hat ein Problem. Die Stadt wird verkauft und die Anlage muss sich rentieren. Die Mieten steigen, und je mehr Profit winkt, desto aggressiver agieren Vermieter, um Altmieter loszuwerden. „Der Druck auf den Wohnungsmarkt ist extrem“, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Vermieter locken, drohen, lassen Häuser verfallen, stellen Gas und Wasser ab. Nachbarschaften werden auseinandergerissen, die Bevölkerung im S-Bahn-Ring wird ausgetauscht. Rund 7.000 Zwangsräumungen gibt es in Berlin im Jahr. Das Spiel namens Ausverkauf ist alt, es begann in den Neunzigern und geht auf seine Endphase zu. Doch jetzt ist etwas neu daran: Der Widerstand ­feiert Erfolge.

AMV im Lichte der Presse:

ZITTY am 10.04.2018: Die Initiativen der Demo
Am 14.4. findet die Große WIDERSETZEN -Demo statt. Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn. Wer ist auf der Demo vertreten? Hier stellen sich mehr als 30 der teilnehmenden Initativen in eigenen Worten vor:

AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V.

Seit: 2014
Aktivisten/Mitglieder: 300

Das Problem: Wir haben unser Beratungsbüro in der Deutsche Wohnen Großsiedlung Falkenhagener Feld und jeden Tag mit den Methoden der Deutsche Wohnen zu tun: unberechtigte Mieterhöhungen, Nichtanerkennen des Berliner Mietspiegels, falsche Betriebskostenabrechnungen, schleppende Mängelbeseitigung.

Waffen: Kiezversammlungen mit weit über 100 Teilnehmern und Öffentlichkeitsarbeit. Wir bieten Unterstützung bei Mieter- und Verbraucherproblemen und sammeln Unterschriften zur Verschärfung der Mietpreisbremse, derzeit schon 40.000.

Erfolge: Runder Tisch zum Thema Milieuschutzgebiete in Spandau und Erstattung von unberechtigten Betriebskostenpositionen.

Warum #Mietenwahnsinn-Demo? Berlin braucht eine neue Wohnungs- und Mietenpolitik.

https://www.zitty.de/die-initiativen-der-demo/