Archiv für den Monat: August 2018

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist es rechtlich zulässig, eine fristlose und eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsrückstandes gleichzeitig und unbedingt zu erklären?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 64 S 191/17, Beschluss vom 01.03.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter 1. b) wie folgt aus: “Die mit dem Schreiben vom 19. April 2016 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist auch nicht deswegen unwirksam, weil das Mietverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens bereits durch die gleichzeitig erklärte fristlose Kündigung beendet gewesen wäre. Die Kammer mag den Überlegungen der Zivilkammer 66 (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2017 – 66 S 90/17), die der Beklagte sich zu eigen macht, nicht beitreten.

Es ist zwar auch im vorliegenden Fall richtig, dass die Vermieterin in erster Linie die sofortige Beendung des Mietverhältnisses anstrebte und es nur hilfsweise zum Ablauf der Kündigungsfrist beenden wollte. Der daraus gezogene Schluss, die Wirkungen der fristlosen Kündigung seien vorrangig zu betrachten und zu beachten, sodass die ordentliche Kündigung nicht mehr zum Zuge kommen könne, wird jedoch den offensichtlichen Interessen der Vermieterin nicht gerecht (a. A. Beyer, GE 2018, 174 ff., 175 und 177, der jedoch mit anderer Begründung zum gleichen Ergebnis gelangt). Bei der Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ist nach §§ 133157 BGB im Zweifel davon auszugehen, dass der Erklärende seinem erkennbaren Willen Geltung verschaffen und Nichtigkeitsfolgen vermeiden will. Da fristlose und ordentliche Kündigung gleichzeitig und unbedingt erklärt wurden, liegt es nahe, beiden Kündigungserklärungen gleichzeitig und nebeneinander Wirkung zu verschaffen, sodass die Vermieterin den angestrebten Räumungsanspruch – in erster Linie und mit sofortiger Fälligkeit – auf die fristlose sowie – hilfsweise und erst mit Ablauf der Kündigungsfrist – auch auf die ordentliche Kündigung stützen kann.

Dass eine solche geltungserhaltende Auslegung möglich ist, belegt folgende Überlegung: Ein Vermieter kann wegen eines der Höhe und des Verschuldens nach hinreichend gravierenden Zahlungsrückstandes ohne weiteres die ordentliche Kündigung und – sei es auch nur um eine “juristische Sekunde” – nachfolgend, während der laufenden Kündigungsfrist, die fristlose Kündigung erklären. Der Kündigungsgrund liegt vor, so lange der Rückstand nicht bezahlt ist; er wird insbesondere durch die zeitlich erste Kündigungserklärung nicht “verbraucht”. Kann ein Vermieter auf diesem Weg sicherstellen, dass das Mietverhältnis unbeschadet der Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB spätestens mit Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung endet, so spricht nichts dagegen, der “fristlos und hilfsweise ordentlich” erklärten Kündigung im Wege interessengerechter Auslegung die gleiche Wirkung zu verschaffen.”

Aus der Rubrik “Wohnungsbaupolitik”:

Berliner Morgenpost am 30.07.2018: Steigende Mieten – Wohnungsbaugenossenschaft fordert mehr Grundstücke vom Senat

Angesichts steigender Mieten in Berlin soll der Senat ein Drittel der verfügbaren Grundstücke an Wohnungsbaugenossenschaften vergeben.

Die Berliner Wohnungsbaugenossenschaft Berolina fordert angesichts steigender Mieten mehr Baugrundstücke vom Senat.

Der Berolina-Vorstandschef, Frank Schrecker, sagte am Montag im RBB-Inforadio, Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) solle den Genossenschaften ein Drittel der 170 Grundstücke zur Verfügung stellen, die gerade vergeben werden.

Im vergangenen Jahr hätten die Berliner Genossenschaften nur drei Grundstücke vom Senat bekommen, sagte Schrecker weiter. Das zeige, wie die Zusammenarbeit mit dem Senat laufe “und wie völlig unzureichend das ist, für die Situation, die wir hier in Berlin haben und für das, was Genossenschaften gerne wollen. Denn sie wollen sich hier stärker engagieren in der Stadt.”

https://www.morgenpost.de/berlin/article214967365/Wohnungsbaugenossenschaft-fordert-mehr-Grundstuecke-vom-Senat.html

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

DER TAGESSPIEGEL am 30.07.2018: Zweckentfremdungsverbot in Berlin – Wie viele Ferienwohnungen sind schon registriert?

Hohe Bußgelder und eine dreimonatige Übergangsfrist reichen offenbar nicht aus: In Berlin liegt die Zahl der Anträge deutlich unter den Angeboten für Ferienwohnungen.

Ab Mittwoch müssen alle, die ihre Haupt- oder Zweitwohnung in Berlin als Ferienwohnung vermieten, im Inserat eine Registrierungsnummer angeben. Dann endet die Übergangsfrist der Novellierung des Zweckentfremdungsverbots, die am 1. Mai in Kraft trat. Bisher sind in den Wohnungsämtern der Berliner Bezirke insgesamt weniger als 800 Anträge auf Registrierungsnummern eingegangen, nämlich genau 796.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/zweckentfremdungsverbot-in-berlin-wie-viele-ferienwohnungen-sind-schon-registriert/22859500.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Stellt die Klausel “Die Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen” eine zulässige Überbürdung der Schönheitsreparaturpflicht insbesondere dann dar, wenn dem Mieter eine renovierte Wohnung übergeben wurde?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 64 S 120/17, Urteil vom 02.05.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 2. a) aa) wie folgt aus: “Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die im vorliegenden Mietvertrag unter § 3 Nr. 3 enthaltene Klausel, wonach die Schönheitsreparaturen durch die Mieter zu tragen seien, wirksam und geeignete Grundlage für den streitgegenständlichen Schadenersatzanspruch der Klägerin. Selbst die Klausel “Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter” wird, da die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter längst Verkehrssitte geworden ist, in diesem Sinne ausgelegt und von einem vertragsschließenden Mieter dahin verstanden, dass er mit der regelmäßigen Renovierung belastet wird, die Arbeiten aber auch selbst erbringen darf (vgl. BGH – VIII ZR 339/03 -, Urt. v. 14.07.2004, WuM 2004, 529 ff.). Erst Recht ist die Formulierung der vorliegenden Klausel unkritisch und nicht dahin zu würdigen, dass der Mieter für die Kosten der Schönheitsreparaturen aufkommen müsse, diese aber nicht selbst vornehmen dürfe (vgl. zu einer gleichlautenden Klausel BGH – VIII ARZ 1/84 -, Rechtsentscheid v. 30.10.1984, BGHZ 92, 363 ff.). Da die Wohnung als Neubau vermietet wurde, gibt es vorliegend auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie zu Beginn des Mietverhältnisses Dekorationsmängel aufwies oder die Überbürdung der Schönheitsreparaturen aus anderen Gründen dazu geführt hätte, dass die Mieter nicht nur eigene, sondern – wie im Fall BGHZ 204, 302 ff. – auch Gebrauchsspuren früherer Nutzer der Wohnung hätten beseitigen müssen.

Soweit die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin auf dem Standpunkt steht, die Überbürdung der Schönheitsreparaturpflicht auf einen Mieter sei mit dem gesetzlichen Verbot des § 536 Abs. 4 BGB grundsätzlich unvereinbar und könne daher – wohl selbst individualvertraglich – nicht wirksam vereinbart werden (vgl. LG Berlin – 67 S 7/17 – , Urt. v. 09.03.2017, GE 2017, 416 ff), folgt die Kammer dem nicht. Der Bundesgerichtshof steht zu Recht auf dem Standpunkt, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter, auch wenn sie weiterhin einer Vereinbarung bedarf, durch jahrzehntelange Übung Verkehrssitte geworden ist (vgl. BGH – VIII ZR 3 39/03 – , a. a. O., Rn. 16 und BGH – VIII ARZ 1/84 – , a. a. O., Rn. 18). Davon ging anlässlich der Mietrechtsreform im Jahre 2001 auch der Gesetzgeber aus (vgl. BT – Drucks. 14/4553, S. 40); der Rechtsausschuss des Bundestages sprach sich ausdrücklich gegen eine gesetzliche Regelung der Schönheitsreparaturpflicht aus, weil er die ausdifferenzierte und gefestigte Rechtsprechung für ausgewogen hielt und befürchtete, durch einen Versuch der gesetzlichen Regelung dieser Thematik erst Rechtsunsicherheit zu schaffen (vgl. BT – Drucks. 14/5663, S. 75 f.). Das gesetzliche Verbot in § 536 Abs. 4 BGB, einem Mieter die mietrechtlichen Gewährleistungsrechte zu entziehen, steht dessen Übernahme der Schönheitsreparaturpflicht nicht entgegen, da die Fälligkeit der Schönheitsreparaturen regelmäßig nicht sofort, sondern erst nach längerem Zuwarten und weiterer Abnutzung der Dekoration eine mehr als unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache bedeutet und eine Berufung des zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpfli chteten Mieters auf Gewährleistungsrechte unter solchen Umständen als treuwidrig anzusehen wäre (vgl. BGH – VIII ZR 129/91 – , Urt. v. 06.05.1992, BGHZ 118, 194 ff).”

Aus der Rubrik “Wohnungsbau”:


Berliner Morgenpost am 30.07.2018: Wohnungsnot in Berlin

Wohnungsbau: Kritik an Senatorin Lompscher wird schärfer

Nach der Berliner SPD rügt nun auch Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek die Wohnungsbaupolitik von Katrin Lompscher (Linke).

Antje Kapek, Fraktions­chefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, hat deutliche Kritik an der von Katrin Lompscher (Linke) verantworteten Baupolitik in Berlin geübt. „Wir brauchen ein Berliner Bündnis mit den privaten Investoren“, forderte Kapek im Interview mit der Berliner Morgenpost. „Es ist falsch, zu sagen, private Investoren sind per se böse, deshalb dürfen wir nur mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften planen“, sagte sie. Es gebe sehr viele Unternehmen und private Investoren, die sich für Berlin und das Gemeinwohl engagieren wollen. Es sei ein „Kardinalfehler“, mit ihnen nicht zu reden oder zu kooperieren. Schließlich lägen 70 Prozent des Berliner Wohnungsmarktes in privater Hand. „Nicht jeder private Hauseigentümer ist gleichzusetzen mit einem Spekulanten“, mahnte Kapek.

https://www.morgenpost.de/berlin/article214963555/Kritik-an-Bausenatorin-Lompscher-wird-schaerfer.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Hat ein Mieter bei Mängeln der Mietsache einen Anspruch auf eine konkrete Art der Mangelbeseitigung?

Die Antwort des Amtsgerichts Schöneberg (AG Schöneberg – 17 C 122/17, Urteil vom 16.02.2018) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Schöneberg in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Der Klageantrag zu 1) war auch ursprünglich unbegründet, da die Kläger als Instandsetzung begehrten, die vorhandenen Kastendoppelfenster abzudichten. Nach § 535 Abs. 1 BGB hat der Mieter jedoch lediglich einen Anspruch auf Instandsetzung von Mängeln der Mietsache, nicht aber auf eine konkrete Art der Mangelbeseitigung. Grundsätzlich liegt es im Ermessen des Vermieters, auf welche Art ein vorliegender Mangel beseitigt wird. So hätten hier die Beklagten beispielsweise auch die Möglichkeit gehabt, neue Fenster einzubauen anstatt die vorhandenen abzudichten.”