Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

DER TAGESSPIEGEL am 07.01.2020: Streit über Berliner Wohnungspolitik – Kommt der Mietendeckel, geht der Mietspiegel

Wird der Mietendeckel vom Verfassungsgericht gekippt, könnte ein „Vakuum auf dem Berliner Wohnungsmarkt“ entstehen, warnt die FDP. Lompscher reagiert gelassen.

Wer schreibt den Mietspiegel fort, wenn das vom Senat beschlossene Mietendeckel-Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhält? Niemand. Die Arbeitsgruppe Mietspiegel ruht.

Die Vorbereitung eines Berliner Mietspiegels 2021 sei aufgrund des gewollten Erlasses des Mietendeckel-Gesetzes sowie „auch unter haushaltsrechtlichen Aspekten nicht möglich“, erklärte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) nun in einem Schreiben an die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, das dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Lompscher bekräftigte, sie gehe davon aus, dass das neue Gesetz „in den zu erwartenden rechtlichen Auseinandersetzungen von den Verfassungsgerichten bestätigt wird“.

Mietspiegel wird erstmal nicht fortgeschrieben

Anfang Dezember 2019 hatte die FDP-Fraktion die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen dazu aufgefordert, die Arbeit der Arbeitsgruppe Mietspiegel wieder aufzunehmen, um eine Fortschreibung des Mietspiegels für 2021 gewährleisten zu können – trotz Erlass des neuen Mietengesetzes.

Allerdings ist das während der Geltungsdauer des Mietendeckels deshalb rechtlich nicht möglich, weil in einem Mietspiegel Wohnraum nicht berücksichtigt werden darf, bei dem die Miethöhe etwa per Gesetz festgelegt worden ist. „Daher dürfen Mieten nur dann in einen neuen Mietspiegel einbezogen werden, wenn nach Wegfall der Preisbindung durch den Mietendeckel ein neuer Mietvertrag geschlossen wurde oder eine Mietänderung stattgefunden hat“, heißt es aus der Senatsverwaltung.

Der derzeit gültige qualifizierte Mietspiegel wurde im Mai 2019 veröffentlicht. Wird er nun wie geplant nicht fortgeschrieben, wird aus dem qualifizierten nach Ablauf einer Zwei-Jahres-Frist automatisch ein einfacher Mietspiegel.

Auf Anfrage des Tagesspiegels heißt es aus der Senatsverwaltung: Für den Fall, dass ein Verfassungsgericht den Mietendeckel als verfassungswidrig einstufen sollte, werde der aktuelle Mietspiegel über Mai 2021 hinaus weiter von den Gerichten als geeignete Grundlage zum Vergleich der Mieten angesehen.

Dies sei nach bisheriger Rechtsprechung so. Außerdem „könnte nach einem Verfassungsgerichtsurteil ein neuer Mietspiegel erstellt werden“ – allerdings „unter Beachtung der erforderlichen Vorbereitungs-, Erhebungs- und Auswertungszeiten“, wie die Senatsverwaltung selbst einschränkt.

Senat plant eine Datenbank mit Wohnungen

Damit die Mieten nicht in der Zwischenzeit doch nach oben schnellen, plant der Senat die Erstellung eines Wohnkatasters, also einer Datenbank zu Wohnungen, ihren Eigenschaften und Mietpreisen. Grüne-Fraktionschefin Antje Kapek sieht ohne entsprechendes Kataster durchaus ein Risiko für Mieter, sollte der Mietendeckel von einem Verfassungsgericht kassiert werden. Für die „thematische Untersuchung“ zum Wohnkataster wurden im Doppelhaushalt 2020/2021 jeweils 100.000 Euro eingestellt.

Der Senat muss erst herausfinden, wie die Wohndatenbank ausgestaltet sein muss, damit sie später für einen Vergleich der Mieten herangezogen werden kann. Selbst wenn der Mietendeckel nach Ansicht der Gericht nicht verfassungswidrig sein sollte, läuft dieser planmäßig nach fünf Jahren aus. „Es braucht eine sichere Planung für das Wohnungskataster, dann muss ich mir keine Sorgen um einen Mietspiegel machen“, sagte Kapek. Die Grünen würden dafür Druck machen, kündigte sie an.

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