Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

rbb24.de am 17.09.2020: Entscheidung der Innenverwaltung – Volksbegehren “Deutsche Wohnen & Co. enteignen” ist zulässig

Schon lange haben die Initiatoren des Volksbegehrens “Deutsche Wohnen & Co. enteignen” darauf gewartet, dass ihre Unterlagen auf Zulässigkeit geprüft werden – und fühlte sich vom Senat hingehalten. Nun steht fest: Das Volksbegehren ist zulässig.
Das umstrittene Volksbegehren “Deutsche Wohnen & Co. enteignen!” ist zulässig. Das hat die für die Prüfung zuständige Senatsverwaltung für Inneres am Donnerstag bekanntgegeben.
Die 77.000 gesammelten Unterschriften reichen aus, so die Verwaltung. Zudem ziele das Begehren auf einen Beschluss des Abgeordnetenhauses ab und sei damit für den Senat unverbindlich. Den Text hatten die Initiatoren zuvor nach Rücksprache mit dem Senat geändert. Nach Angaben der Senatsinnenverwaltung strebt die Trägerin des Volksbegehrens nun an, dass der Senat Maßnahmen einleitet, “die zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung” erforderlich seien.

Initiative strebt Abstimmung am Wahltag 2021 an

Rouzbeh Taheri, Mit-Begründer und Sprecher der Initiative “Deutsche Wohnen & Co. enteignen” zeigte sich auf Nachfrage von rbb|24 sehr zufrieden mit der Entscheidung. “Es hat lange genug gedauert.” Nun würden offiziell die Fristen laufen, als nächstes müsse sich erst der Senat und dann das Abgeordnetenhaus zum Volksbegehren verhalten, so Taheri. Sollten die Forderungen nicht übernommen werden, werde die nächste Stue eingeleitet: Er rechne damit, so Taheri, dass man ab Ende Februar, Anfang März 2021 mit der Sammlung von Unterschriften für das eigentliche Volksbegehren starten werde. Ziel sei weiterhin eine Volksabstimmung im Herbst 2021, wenn auch die Wahlen zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus stattfinden.

Innenverwaltung meldet verfassungsrechtliche Bedenken an

Die Innenverwaltung gibt jedoch zu bedenken, dass die Enteignung von Unternehmen verfassungsrechtlich schwierig sei und keinen Vorschlag liefert “für die Regelung der Entschädigungshöhe, der den Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 14 Abs. 3 GG) genügt”. Die Prüfung habe sich auch nur auf die Frage bezogen, ob der von den Initiatoren des Volksbegehrens angestrebte Beschluss mit höherrangigem Recht vereinbar wäre. “Eine inhaltliche Bewertung des Anliegens des Volksbegehrens ist damit nicht verbunden”, hieß es.
Gleichwohl sei nicht “nach jeder denkbaren Betrachtungsweise” ausgeschlossen, dass ein verfassungsmäßiger Entwurf für ein Vergesellschaftungsgesetz vorgelegt werden könnte.

Senat in der Sache gespalten

Die Senatsinnenverwaltung hatte sich in den vergangenen Monaten viel Kritik anhören müssen. Ihr wurde vorgeworfen untätig zu sein, weil es lange dauerte bis nun ein Ergebnis verkündet wurde. Zuletzt hatte der neue Bausenator Sebastian Schell allerdings angekündigt, dass das Prüfverfahren zeitnah abgeschlossen sein würde.
Die rot-rot-grüne Koalition ist sich in ihrer Haltung gegenüber dem Volksbegehren nicht einig. Nur die Linken sind klar dafür, Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt zu enteignen, die Grünen sehen es höchstens als “letztes Mittel” an, die SPD ist dagegen.

Die Initiative selbst möchte keine Verstaatlichung, sondern den Bestand in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen. Sie richtet sich dabei primär gegen große Wohnungskonzerne wie die Deutsche Wohnen. Das Unternehmen besitzt in der Hauptstadt mehr als 110.000 Wohnungen. Hintergrund sind zunehmende Diskussionen um steigenden Mieten und Wohnungsknappheit vor allem in Metropolen.

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