Archiv für den Monat: September 2016

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Woche am 09.08.2016 – Asbest: Alternativer Mieterschutzbund kritisiert den Senat

Hellersdorf. Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) kritisiert den Umgang des Senats mit asbesthaltigen Wohnungen. Der AMV hat dabei auch mehrere Hundert Wohnungen der Berlinovo in Kaulsdorf-Nord im Visier.

Der AMV misstraut den Angaben. „Asbest ist ein eindeutig krebserregender Stoff“, sagt Uwe Piper, 1. Vorsitzender des AMV. Er kritisiert, dass ohne einen Nachweis behauptet wird, dass eine Gesundheitsgefahr ausgeschlossen sei. Er wirft dem Senat Untätigkeit vor und verlangt ein Asbestregister für Berlin, das alle Wohnungen mit asbesthaltigen Bauteilen auflisten soll.

http://www.berliner-woche.de/hellersdorf/bauen/asbest-alternativer-mieterschutzbund-kritisiert-den-senat-d105948.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”: 

Stellen auf die Mietsache einwirkende erhebliche Immissionen einen Mangel der Mietsache dar, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Vermieter oder Dritten ausgehen?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 162/16, Urteil vom 11.08.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist der Mietzins gemindert, wenn die Mietsache einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert. Ein derartiger Mangel ist gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht.

Die Mietsache wich im vorgenannten Zeitraum vom vertraglich vorausgesetzten Zustand ab, da sie erheblichen (Lärm-)Immissionen ausgesetzt war. Auf die Mietsache einwirkende erhebliche Immissionen stellen einen Mangel der Mietsache dar, unabhängig davon, ob sie vom Vermieter oder Dritten ausgehen (vgl. BGH, Urt. v. 23.04.2008 – XII ZR 62/06, NJW 2008, 2497; Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 343/08, NJW-RR 2010, 737; Kammer, Urt. v. 16.06.2016 – 67 S 76/16, GE 2016, 915). Daran ändert der Umstand, dass die Mietsache zu Beginn des Mietverhältnisses noch nicht von entsprechenden Immissionen betroffen war, nichts (vgl. BGH, a. a. O.; Kammer, a. a. O.). Denn die Mietvertragsparteien vereinbaren auch ohne ausdrückliche vertragliche Abrede konkludent, dass die Mietsache dem üblichen Mindeststandard vergleichbarer Räume entsprechen, dem Mieter ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und von ihm ohne Gesundheitsschädigung bewohnbar sein muss (vgl. Kammer, a. a. O. m. w. N.)

Gemessen an diesen Grundsätzen entsprach die Mietsache im streitgegenständlichen Zeitraum zumindest nicht dem üblichen Mindeststandard, da sie erheblichen Lärm- und sonstigen Immissionen durch den erst geraume Zeit nach Mietvertragsschluss im 2. Hinterhof des streitgegenständlichen Anwesens aufgenommenen Betrieb eines Hotels mit einem Bestand von 60 Zimmern, Apartments und Ferienwohnungen ausgesetzt war. Derartigen Beeinträchtigungen sind Wohnungen – selbst in Berlin – üblicherweise nicht ausgesetzt.

Soweit das Amtsgericht den Vortrag der Klägerin zu Art und Umfang der geltend gemachten Beeinträchtigungen als nicht hinreichend substantiiert erachtet hat, beruht das Urteil auf einer Überspannung der den Mieter im Rahmen des § 536 Abs. 1 BGB treffende Darlegungslast. Dieser ist im Rahmen des § 536 Abs. 1 BGB bei wiederkehrenden (Lärm-)Beeinträchtigungen grundsätzlich immer schon dann Genüge getan, wenn der Mieter die Art der Beeinträchtigungen beschreibt und angibt, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Das gilt erst recht, wenn die Umstände – wie bei einer touristischen Nutzung – ohnehin naheliegen (vgl. BGH, Urt. v. 29.02.2012 – VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647). Dem wird das Vorbringen der Klägerin gerecht, indem sie behauptet hat, dass ihre zum 1. Hinterhof ausgerichtete Wohnung den – auch ihre Nachtruhe störenden – (Lärm-)Beeinträchtigungen ausgesetzt war (und weiterhin ausgesetzt ist), die mit der Belieferung des Hotels und der Beherbergung von allein werktags durchschnittlich 60-70 Hotelgästen einhergehen, die das Hotel teilweise im Minutentakt über einen unterhalb der Wohnung der Klägerin entlangführenden gepflasterten Weg betreten und verlassen. Auf die von ihr geführten und bereits erstinstanzlich vorgelegten Lärmprotokolle, die die Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung sogar übererfüllen, kam es davon ausgehend nicht mehr an.

Dass die von der Klägerin gemietete Wohnung (Lärm-)Beeinträchtigungen ausgesetzt war, deren Ausmaß zumindest zu einer Minderung der Gebrauchtstauglichkeit geführt hat, die die von der Klägerin in Ansatz gebrachte Minderungsquote von 20% rechtfertigt, steht trotz des pauschalen Bestreitens der Beklagten zur vollen Überzeugung der Kammer bereits prima facie fest. Denn in Metropolen mit weltweiter touristischer Anziehungskraft – wie Berlin – weisen Hotelbetriebe des hier zu beurteilenden und durch die eingereichten Lichtbilder zusätzlich belegten Zuschnitts regelmäßig nicht nur eine vergleichsweise hohe Fluktuation an touristischen Gästen auf. Sie sind wegen der Attraktivität ihrer Lage und ihres Umgebungsangebots auch davon geprägt, dass die Hotelgäste ihre Unterkunft mehrmals am Tag verlassen und sie – häufig erst spät in der Nacht – wieder aufsuchen. Die damit insgesamt verbundene zwangsläufige zusätzliche (Lärm-)Belastung geht indes weit über das Maß von Störungen hinaus, die bei einer Wohnnutzung üblich oder typischerweise zu erwarten und in einer Wohnanlage mit vielen Parteien kaum zu vermeiden sind, erst recht, wenn wie hier von den Hotelgästen ein Hinterhof mit einem gepflasterten Boden zu durchqueren ist, in dessen Ummauerung entstehende Geräusche zusätzlich widerhallen. Nur übliche oder zum Zeitpunkt der Anmietung vom Mieter zumindest typischerweise zu erwartende (Lärm-)Immissionen hätte die Klägerin hinnehmen müssen (vgl. BGH, a. a. O. Tz. 10; Kammer, a. a. O.). Dieses übliche oder zumindest typischerweise zu erwartende Immissionsniveau wird aber allein durch die mit dem Hotelbetrieb verbundenen gewöhnlichen Umfeldbeeinträchtigungen erheblich überschritten, ohne dass es noch auf die von der Klägerin behaupteten zeitweiligen Nutzungsexzesse ankäme. In diesem Zusammenhang konnte dahinstehen, ob Gewährleistungsansprüche des Mieters wegen einer nachträglichen – und nicht lediglich vorübergehenden – negativen Veränderung des Wohnumfeldes davon beeinflusst sind, ob dem Vermieter gegenüber dem Verursacher der Emissionen Abwehr- oder Entschädigungsansprüche (gemäß § 906 BGB) zustehen. Denn für eine – allenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu begründende – Einschränkung der Gewährleistungsrechte des Mieters (vgl. dazu BGH, Urt. v. 29. April 2015 – VIII ZR 197/14, Tz 39 ff., NJW 2015, 2177) ist hier zum einen wegen des Ausmaßes der Beeinträchtigungen, zum anderen – und davon unabhängig – auch wegen der zwischen den Parteien konkludent geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung kein Raum (vgl. Kammer, a. a. O. Tz. 10 ff. (zur Minderung wegen einer lediglich vorübergehenden Veränderung der Immissionslast)). Das gilt erst recht angesichts des hier gesondert zu berücksichtigenden Umstandes, dass es die Beklagte selbst war, die durch die Vermietung der im 2. Hinterhof gelegenen Räume an einen Hotelbetrieb die damit verbundene negative Veränderung der auf die Mietsache einwirkenden Immissionen überhaupt erst ermöglicht hat.

Die Gewährleistungsansprüche der Klägerin sind nicht gemäß § 536b Satz 1 und 2 BGB wegen vorsätzlicher Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels bei Vertragsschluss ausgeschlossen (vgl. Kammer, a. a. O. Tz. 15). Die Klägerin hat ihre Wohnung nicht in positiver Kenntnis der späteren Aufnahme eines Hotelbetriebes und der damit verbundenen Beeinträchtigungen angemietet. Sie hat bei der Anmietung der Wohnung auch nicht grob fahrlässig gehandelt, auch wenn sie sich bei Abschluss des Mietvertrags keine oder falsche Vorstellungen über die künftige Nutzungsentwicklung gemacht haben sollte. Das gilt unabhängig vom Zustand des unmittelbaren Umfeldes zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses (vgl. Kammer, a. a. O. Tz. 15) und unabhängig vom Zeitpunkt der Anmietung, hier aber erst recht angesichts der Besonderheit, dass die Klägerin die Wohnung schon im Jahre 1984 angemietet hat. Zu diesem Zeitpunkt waren für den Ortsteil Prenzlauer Berg vor dem Hintergrund der dort damals maßgebenden Gesellschaftsordnung weder eine künftige privatwirtschaftliche Nutzung noch dazu die durch ein – zudem atypisch im Hinterhof eines geschlossenen Wohnkomplexes gelegenes – Hotel des hier streitgegenständlichen Ausmaßes abzusehen. Eine entsprechende Fehlvorstellung der Klägerin im Moment des Vertragsschlusses ist nicht geeignet, den Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit zu begründen; den für die Anwendung des § 536bSatz 2 BGB konstitutiven Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigt sie erst recht nicht. An dieser Beurteilung ändert die Existenz einer Pflegeinrichtung im streitgegenständlichen Gebäudekomplex zum Zeitpunkt der Anmietung aufgrund der mit deren Betrieb verbundenen – und vergleichbar niederschwelligen – Immissionslast nichts. Davon ausgehend bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob die Anwendung des § 536b BGB nicht ohnehin ausgeschlossen war, da sie – zumindest ausweislich des Gesetzeswortlauts – allein bei Vertragsschluss bereits vorliegende Mängel betrifft (vgl. Emmerich, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 536b BGB Rz. 2), es sich bei einer erst nach Vertragsschluss eintretenden negativen Veränderung der Immissionslast vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus betrachtet aber um einen zukünftigen Mangel handelt.

Der Rückforderungsanspruch der Klägerin ist auch nicht gemäß § 814 BGB wegen Kenntnis der Nichtschuld ausgeschlossen. Die Anwendung des § 814 BGB setzt voraus, dass sich der Leistende widersprüchlich verhalten hat, weil der Empfänger darauf vertrauen konnte, die Leistung behalten zu dürfen (vgl. Wendehorst, in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, 39. Edition, Stand: 01.05.2016, § 814 Rn. 10). Letzteres ist aber nicht der Fall, wenn die Leistung nur unter Vorbehalt erbracht wird (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 08.11.2011- EnZR 32/10, RdE 2012, 63). So liegt der Fall hier. Die Beklagte musste spätestens nach der von der Klägerin unter dem 25.04.2010 übersandten E-Mail davon ausgehen, dass die Miete ab diesem Zeitpunkt auch im Falle ihrer vollständigen zukünftigen Entrichtung nicht endgültig in ihrem Vermögen verbleiben sollte. Denn die Klägerin hat in ihrer E-Mail gegenüber der Beklagten erklärt, sie behalte sich “bei weiteren anhaltenden Störungen eine Mietminderung vor”. Das reichte für einen die Anwendung des § 814 BGB ausschließenden einfachen Vorbehalt – anders als für den auch die Beweislast berührenden qualifizierten Vorbehalt (vgl. dazu Kammer, Beschl. v. 24.05.2016 – 67 S 149/16, GE 2016, 915) – aus, da an die Erklärung eines einfachen Vorbehalts keine strengen Anforderungen zu stellen sind. Ausreichend ist schon die vor oder bei der Leistung abgegebene Erklärung, der Anspruch sei nicht berechtigt (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 814 Rn. 5; Wendehorst, a. a. O., jeweils m. w. N.). In diesem Sinne war die Äußerung der Klägerin vom 25.04.2010 aus der Sicht eines objektiven Empfängers zu verstehen, da sie offensichtlich nicht nur einer etwaigen Verwirkung des Minderungsrechts entgegenwirken, sondern auch dem Erhalt der Möglichkeit zur Rückforderung minderungsbedingt überzahlter Mieten für den Fall künftiger (Lärm-)Beeinträchtigungen dienen sollte. Diesem Anliegen entsprachen auch die weiteren E-Mails der Klägerin vom 18.06.2011, 22.09.2012 und 14.09.2014 sowie das Schreiben des Berliner Mietervereins vom 04.11.2014, auf die es wegen der für einen einfachen Vorbehalt hinreichenden E-Mail vom 25.04.2010 aber nicht mehr ankam. Deshalb konnte ebenfalls dahinstehen, ob die Klägerin tatsächlich in positiver Kenntnis ihrer Nichtschuld geleistet hat.”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

immowelt.de – Gewerbliche Nutzung der Wohnung: wann Mietern Ärger droht!

Wer in seiner Mietwohnung unerlaubt einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht oder ohne Genehmigung untervermietet, riskiert unter Umständen die fristlose Kündigung. In manchen Fällen muss der Vermieter aber eine gewerbliche Nutzung oder einen Untermieter erlauben.

http://ratgeber.immowelt.de/a/gewerbliche-nutzung-der-wohnung-wann-mietern-aerger-droht.html?campaign=sn_facebook_immowelt_wall

Aus der Rubrik “Wissenswertes”: 

Können bei einer Mehrheit von Vertragspartnern Gestaltungsrechte wie das Kündigungsrecht von Verträgen nur einheitlich durch alle Vertragspartner ausgeübt werden?

Die Antwort des Amtsgerichts Neu-Ulm (AG Neu-Ulm – 5 C 228/16, Urteil vom 06.04.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das AG Neu-Ulm in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 2. wie folgt aus: “Im Übrigen ist die Klage auch unbegründet.

a) Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch nach § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietsache zu, weil das Mietverhältnis durch die Kündigungen der Mieterin […] vom 01.09.2015 und der des Beklagten vom 01.10.2015 nicht wirksam zum 31.01.2016 beendet wurde.

Es ist in Rechtsprechung und Literatur einhellige Meinung, dass bei einer Mehrheit von Vertragspartnern Gestaltungsrechte wie das Kündigungsrecht von Verträgen nur einheitlich durch alle Vertragspartner ausgeübt werden können (so bereits BGH, Urteil vom 26.11.1957 – VIII ZR 92/57, BGHZ 26, 102). Zur Vertragsaufhebung durch Vereinbarung mit dem Vermieter oder zur Vertragsbeendigung durch Kündigung sind nur alle Mieter gemeinschaftlich berechtigt (so auch Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, Rn. 346 vor § 535 BGB, vom BGH jedoch bislang offen gelassen, vergleiche zuletzt BGH, Urteil vom 16.03.2005 – VIII ZR 14/04, NJW 2005, 1715). Es ist üblich, aber nicht zwingend, dass eine Kündigung eines Mietverhältnisses von mehreren Mietern auch in einem Schreiben gegenüber dem Vermieter ausgesprochen wird. Vielmehr kann bei einer Mehrheit von Mietern, wie hier in Gestalt des Beklagten und der [.], jeder Mieter auch gegenüber dem Vermieter in einem separaten Schreiben kündigen. Allerdings wird aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei separaten Kündigungserklärungen gefordert, dass die Kündigungserklärungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang zugehen, denn der Kündigungsempfänger, hier der Vermieter, muss alsbald wissen, ob die an ihn adressierte Kündigung formell wirksam ist; dies setzt in Fällen der vorliegenden Art voraus, dass beide Mieter zeitnah eine Kündigung gegenüber dem Kündigungsempfänger aussprechen. Der Bundesgerichtshof hat (auch) diese Rechtsfrage, soweit ersichtlich, bislang noch nicht entschieden. Das Gericht beantwortet diese Rechtsfrage daher dahingehend, dass der geforderte zeitliche Zusammenhang jedenfalls dann nicht mehr gewahrt ist, wenn zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung des einen Mieters beim Vermieter und dem Zugang der Kündigungserklärung des anderen Mieters beim Vermieter ein Zeitraum liegt, der dazu führt, dass unterschiedliche Beendigungszeitpunkte gegeben wären (ähnlich auch Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage, 2015, Rn. 30 zu § 542 BGB, m. w. N.).

So ist dies hier jedoch nicht mehr der Fall:

Die Mieterin […] kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 01.09.2015, Anlage K2. Aus der Anlage K2 geht zwar nicht hervor, wann diese Kündigung bei der Hausverwaltung eingegangen ist, das Datum auf dem Eingangsstempel ist in der vorgelegten Kopie nicht ersichtlich. Auch hat die Klägerin hierzu trotz Hinweis des Gerichts in der Verfügung vom 26.02.2016 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen. Die – erstmals dem Schriftformerfordernis genügende – Kündigung des Beklagten erfolgte jedoch erst mit Schreiben vom 01.10.2015, Anlage K4, eingegangen bei der Hausverwaltung am 07.10.2015.

Einmal unterstellt, die Kündigung vom 01.09.2015 wäre noch bis 03.09.2015 bei der Hausverwaltung eingegangen, würde dies zu einer Beendigung zum 30.11.2015, spätestens jedoch zum 31.12.2015 führen, da davon auszugehen ist, dass die Kündigung der Hausverwaltung jedenfalls bis Ende September 2015 zugegangen ist, da es ansonsten kein – nicht unterzeichnetes – Schreiben des Beklagten (bereits) vom 29.09.2015, vorgelegt als Anlage K3, gegeben hätte. Die Kündigung des Beklagten vom 01.10.2015 ging jedoch erst am 07.10.2015 zu, führt also zu einer Beendigung zum 31.01.2016, wie auch von der Hausverwaltung angenommen.

Der aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geforderte enge zeitliche Rahmen liegt daher – jedenfalls vorliegend – nicht vor, weil aufgrund der Einheitlichkeit der Kündigungserklärungen auch ein einheitliches Kündigungsdatum festzustellen ist. Es bedarf daher keiner Beweiserhebung über die bestrittene Tatsachenbehauptung der Klägerin, bei der Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben vom 01.10.2015, Anlage K4, handle es sich um die des Beklagten.

Dahinstehen kann auch, ob die Hausverwaltung in der Folgezeit mit dem Beklagten, wie im Schriftsatz vom 29.03.2016 dargestellt, über das Schicksal der Kündigungen und eine anderweitige Beendigung des Mietverhältnisses korrespondiert haben. Diese Verhandlungen, sofern und soweit sie überhaupt stattgefunden haben, stellen allenfalls Angebote der Klägerin auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages dar. Eine “Kündigungsannahme”, wie die Klägerin meint, geht bei Gestaltungsrechten nicht. Ein Aufhebungsvertrag als Verfügungsvertrag muss jedoch von allen Vertragspartnern abgeschlossen werden, also muss zu dessen Wirksamkeit zwingend auch die Mieterin […] beteiligt werden, und muss diese eine eigene übereinstimmende empfangsbedürftige Willenserklärung abgeben. Denn nur weil ein Mitmieter (ggf. sogar in Absprache mit dem Vermieter) aus dem Mietobjekt auszieht, wie hier die Mieterin […], endet das Mietverhältnis mit ihm nicht, sondern besteht mit ihm weiterhin fort (vgl. unter anderem LG Berlin, Beschluss vom 24.07.1998 – 64 S 230/98, NZM 1999, 758; AG Dortmund, Urteil vom 08.02.2000 – 125 C 10797/99, NZM 2001, 94). Eine förmliche Beteiligung der Mieterin […] an den Gesprächen zwischen der Hausverwaltung und dem Beklagten ist jedoch nicht erfolgt.

b) Dies vorausgeschickt wäre die Klage aber – als reines obiter dictum – auch in Ansehung der – nicht zulässigen – Eventualklageänderung unbegründet, weil die Kündigung vom 04.03.2016 nicht namens der Klägerin als Vertragspartnerin, sondern von einer […]-GbR ausgesprochen wurde. Es versteht sich von selbst, dass die Klägerin eine GmbH, also eine juristische Person, ist, wohingegen die […] GbR eine Personengesellschaft ist. Es handelt sich um zwei verschiedene Rechtssubjekte. Die Hausverwaltung als Bevollmächtigte handelt in fremdem Namen. Da jedoch der Name der Vermieterin ein falscher ist, nämlich der der […] GbR, kann die Kündigung der Hausverwaltung keine Rechtswirkungen entfalten.

Hinzu kommt, dass die Kündigungserklärung der weiteren Vertragspartnerin […] gar nicht zugegangen ist. Nach dem Vortrag der Klägerin auf Seite sechs der Klageschrift führt die Klägerin aus, dass die Ehefrau aus der Wohnung mit den Kindern ausgezogen ist. Dieser Vortrag ist unstreitig. Die an den Beklagten und […] an die Mietwohnung gerichtete Kündigung der Hausverwaltung konnte der […] daher auch nicht zugehen. Der Beklagte ist – auch nicht nach § 1357 BGB – empfangsbevollmächtigt. Ein Mietaufhebungsvertrag und demzufolge eine Kündigung des Mietvertrages stellt keinen Fall des §1357 Abs. 1 BGB dar (so auch LG Köln, Urteil vom 10.01.1990 – 10 S 174/89). Folglich ist ein Ehegatte auch nicht nach § 1357 Abs. 1 BGB gesetzlich empfangsbevollmächtigt zur Entgegennahme einer Kündigung, die (auch) an den anderen Ehegatten gerichtet ist; diese muss dem anderen Ehegatten seinerseits zugehen. Dies ist jedoch, was sich von selbst versteht und sich zudem aus § 1357 Abs. 3 BGB ergibt, bei Auszug des anderen Ehegatten aus der Ehewohnung und mithin Getrenntleben der Ehegatten ohnehin selbst bei Anwendbarkeit von § 1357 Abs. 1 BGB nicht möglich.

Die Kündigungserklärung vom 04.03.2016 geht daher aus zweierlei Gründen de jure ins Leere.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Darf ein Makler „als Dienstleister die Besichtigung des Mietobjektes durchführen und dafür eine Gebühr erheben“?

Nein, meint das LG Stuttgart in seinem Urteil v. 15.06.2016, Aktenzeichen: 38 O 73/15 KfH.

„Gemäß § 3 Abs.3 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (im Folgenden: WoVermRG) ist es dem Wohnungsvermittler zudem untersagt, außer dem in § 2 Abs.1 iVm § 3 Abs.2 WoVermRG geregelten Provisionsanspruch des Wohnungsvermittlers weitere Entgeltforderungen zu erheben, die im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Wohnungsvermittler stehen. Außer diesem stets erfolgsabhängigen Entgelt dürfen nach §3 Abs.3 S.1 WoVermittG für Tätigkeiten, die mit der Vermittlung oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume zusammenhängen, sowie für etwaige Nebenleistungen keine Vergütungen irgendwelcher Art, insbesondere keine Einschreibgebühren, Schreibgebühren oder Auslagenerstattungen vereinbart oder angenommen werden. Die Regelung des § 3 Abs.3 WoVermRG soll nach dem Willen des Gesetzgebers unterbinden, dass der Wohnungsvermittler durch die Vereinbarung von Nebenentgelten das in § 2 Abs.1 und Abs.5 WoVermRG niedergelegte Erfolgsprinzip umgeht (BT-Drs.VI/1549).“

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Vorsicht bei heimlichen Tonbandaufnahmen

Es kommt immer wieder vor, dass Mandanten sich mit heimlichen Tonbandmitschnitten Vorteile verschaffen wollen: Gegenüber dem Arbeitgeber in einem Arbeitsrechtsstreit oder dem Partner in einer Beziehungsangelegenheit. Das technisch vielseitigst einsetzbare und inzwischen in jedermanns Hand befindliche Iphone macht´s möglich.

Diese Aufnahmen können nicht als Beweismittel verwendet werden. Im Gegenteil: Der Betroffene macht sich bereits dadurch gem. § 201 Strafgesetzbuch strafbar, dass er ein nichtöffentliches Gespräch aufnimmt. Und wenn er diese Aufnahme dann einem Dritten (z. B. dem Gericht) vorspielt, macht er sich ein weiteres Mal strafbar.

Dies ergibt sich aus § 201 StGB, der in seinem ersten Absatz wie folgt lautet:

Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt

 1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder

2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

……………. .

Nur in Ausnahmefällen, wenn es um die Aufklärung schwerster Straftaten geht, ist eine Gesprächsmitschnitt erlaubt, wie beispielsweise der Telefonanruf des Kindesentführers.

Fazit: Vielleicht gelingt es auf diesem Wege jedenfalls im Bereich der persönlich – verbalen Kommunikation die „gute alte Zeit“ zu bewahren, in der man nicht damit rechnen musste, dass jede (noch so banale) Regung aufgezeichnet und einem Millionenpublikum verfügbar gemacht wird.

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Zum (anderweitigen) Unterbringungsanspruch des Mieters bei Wohnungssanierung

Fall: In der Wohnung des Mieters wurden an einer Seite der Dusche die Fliesenfugen undicht und verursachten Feuchtigkeitsausblühungen an der gegenüberliegenden Flurwand. Diesen Mangel zeigten die Mieter  dem Vermieter an. Die Parteien vereinbarten, die Sanierung in der Zeit v. 13. bis 17.4.2015 durchzuführen. Der Vermieter verpflichtete sich, die Unterbringungskosten in einem Hotel zu übernehmen. Weil der Vermieter diese Unterbringungskosten nicht im Wege der Vorschusszahlung zur Verfügung stellte, verweigerten die Mieter am 13.04.15 den Handwerkern des Vermieters den Zutritt zur Wohnung.

Zu Recht?

Ja, meint das Amtsgericht Aachen in seinem Urteil v. 12.11.15 – 100 C 272/15 – .

„Den Mietern steht …. ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zu. Denn die Mieter haben einen vom Gesetzgeber in § 555 a Abs. 3 BGB verankerten Aufwendungsersatzanspruch (für die Hotelkosten), den sie nach der ausdrücklichen Regelung in § 555 a Abs. 3 Satz 2 BGB im Wege des Vorschusses verlangen konnten. Dabei hat der Gesetzgeber keinerlei Einschränkung nach der Höhe der zu ersetzenden Aufwendungen vorgesehen.

Die Mieter haben einen Anspruch auf Ersatzunterbringung, weil sie an den veranschlagten 5 Sanierungstagen in der zu sanierenden Wohnung keine Ganzkörperwaschmöglichkeit nicht zur Verfügung haben, sondern nur die Möglichkeit zur Katzenwäsche an den zwei Waschbecken besteht, die nur über sehr kurze Einhebelarmaturen verfügen. Eine derartige Einschränkung ihrer körperlichen Hygiene ist den Mietern nicht zuzumuten. Nachdem der Vermieter eine Nutzungsmöglichkeit eines Badezimmers in einer anderen Wohnung im streitgegenständlichen Objekt nicht angeboten hat/anbieten konnte, steht den Mietern eine Ersatzunterkunft in einem nahegelegenen Hotel zu … . Die Übernachtungskosten dieses notwendigen Hotelaufenthaltes sind nach § 555 a Abs. 3 Satz 1 BGB zu ersetzen. Da der Gesetzgeber dem Mieter ein mögliches Insolvenzrisiko des Vermieters nicht aufbürden wollte, hat er ausdrücklich in Satz 2 einen Anspruch auf Vorschuss verankert, dem der Vermieter nicht nachgekommen ist.“

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Was ist ein „Abbruchjäger“ bei Ebay?

Abbruchjäger sind eBayer, die bei Auktionen nur deshalb mitbieten, um sich einen Schadensersatzanspruch zu „verdienen“.  Dazu nehmen sie mit Niedrigstgeboten an Auktionen teil und hoffen darauf, dass der Anbieter seine Auktion unerlaubt abbricht. Denn in diesem Fall kommt trotz des Abbruchs ein Kaufvertrag zustande, den der Verkäufer erfüllen muss. Wenn er die Erfüllung verweigert, handelt er rechtswidrig und muss seinem Vertragspartner – dem Abbruchjäger – Schadensersatz leisten z. B. in Höhe der Differenz zwischen dessen Niedrigstgebot und dem Marktwert des angebotenen Kaufgegenstandes.

Fall des BGH: Der Verkäufer bot bei eBay ein Motorrad im Wege einer zehntägigen Internetauktion mit einem Startpreis von 1 Euro zum Verkauf an (Wert des Motorrades: 4900 Euro). Der Abbruchjäger nahm das Angebot an, wobei er ein (Maximal-)Gebot i.H.v. 1.234,57 Euro abgab. Als der Verkäufer die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag abbrach, war der Abbruchjäger der einzige Bieter geblieben. Er forderte den Verkäufer ein halbes Jahr später auf, ihm das Motorrad zum Preis von 1 Euro zu überlassen. Weil dieser es zwischenzeitlich anderweitig veräußert hatte, verlangte der Abbruchjäger 4.899 Euro Schadensersatz = 4900 Euro (Marktwert des Motorrades) – 1 Euro (gebotener Kaufpreis).

Zu Recht?

Nein, befand nunmehr der BGH (Urteil v. 24.08.16 – VIII ZR 182/15):

„Das Schadensersatzverlangen sei ….. rechtmissbräuchlich. Denn H. habe als “Abbruchjäger” vor allem das Ziel verfolgt, im Fall eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche geltend zu machen. ….. Allein im Sommer 2011 habe H., der damals unter mehreren eigenen Nutzerkonten bei eBay registriert gewesen sei, ….. bei eBay Gebote i.H.v. 215.000 Euro abgegeben. Dabei habe er – jedes Mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe – vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Zudem habe H. – in der Annahme, der Verkäufer werde das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußern – mit der Geltendmachung von Forderungen mehr als ein halbes Jahr gewartet, bis er ihn endlich gerichtlich in Anspruch genommen habe. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.“

Fazit für alle nachhaltigen Abbruchjäger: Man darf sich eben nicht so leicht erwischen lassen!

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Sommerliche Temperaturen auf den Autobahnen gemahnen zu langsamerem Fahren.

In dem Fall des OLG Hamm war ein Fahrzeug beim Überfahren von Hitzeaufbrechungen auf der Betonfahrbahn einer Autobahn (sogenanntes “blow up”) beschädigt worden (beim Wiederaufsetzen auf die Fahrbahn nach einem Abheben eines Fahrzeuges über die wie eine Sprungschanze wirkende Aufbruchstelle).

Kann der Autofahrer von dem Träger der Straßenbaulast – das ist bei Autobahnen die Bundesrepublik Deutschland – Ersatz verlangen?

Antwort des OLG Hamm, Urteil v. 25.10.96 – 9 U 156/196 -:

Nein, denn bei „blow ups“ handelt es sich um ein mit zumutbaren Mitteln nicht zu vermeidendes Restrisiko:

„Den Träger der Träger der Straßenbaulast …. trifft nicht der Vorwurf einer Pflichtverletzung, weil die Besonderheit eines solchen Hitzeaufbruchs darin liegt, daß er plötzlich auftritt und damit eine unmittelbare besondere Gefahrenquelle bildet, die ihre Ursache in einer von außen nicht erkennbaren Gefährlichkeit der Fahrbahn hat. Weder ist ein solcher Hitzeaufbruch auf vorwerfbare Konstruktionsmängel zurückzuführen, noch kann dem verbleibenden Restrisiko des Auftretens solcher Erscheinungen mit zumutbaren Mitteln begegnet werden. Weder durch regelmäßige Kontrollfahrten (hier im Abstand von 2 Tagen) noch durch Geschwindigkeitsbegrenzungen während der Hitzeperioden kann das Restrisiko vollständig beseitigt werden.“

Fazit: Im Sommer langsamer fahren!