Archiv für den Monat: Februar 2019

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

Berliner Morgenpost am 22.02.2019: Vorkaufsrecht – Bezirke zahlen 213 Million Euro für 39 Mietshäuser

Von 2015 bis 2019 wurden stadtweit 1174 Wohnungen per Vorkaufsrecht erworben. Trotzdem kam es zu Mietsteigerungen in den Häusern.

Zwischen 2015 und Ende Januar 2019 haben die Berliner Bezirke in 39 Fällen von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht. 17 Mal ist das Vorkaufsrecht bereits rechtskräftig.

Der Kaufpreis für die 39 Grundstücke mit den darauf stehenden Mietshäuser beläuft sich auf gut 213 Million Euro. Jedes Grundstück kostet somit im Schnitt 5,4 Millionen Euro. Das teilte nun die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf eine schriftliche Anfrage der FDP-Abgeordneten Sibylle Meister mit.

Insgesamt wurden 1174 Wohnungen durch das Vorkaufsrecht erworben, weitere 2579 Wohnungen konnte durch eine Abwendungsvereinbarung gesichert werden. Laut Senatsverwaltung waren alle 39 Mietshäuser bewohnt.

Mit Abstand die meisten Mietshäuser wurden in Friedrichshain-Kreuzberg gekauft, nämlich 19. Auf Platz zwei folgt Neukölln, hier sicherte sich der Bezirk zehn Grundstücke samt Haus. Tempelhof-Schöneberg erwarb fünf Mietshäuser und der Bezirk Mitte drei. Je ein Mietshaus wurden in Treptow-Köpenick und Pankow per Vorkaufsrecht gesichert.

Die Bezirke bezahlen aber im Schnitt 20 Prozent über dem eigentlichen Marktwert für die Häuser. Nur in zwei Fällen war der Kaufpreis auf den Marktwert festgelegt worden.

Bei vielen Mietern wurden die Mieter erhöht
Mieter in 127 Wohnungen mussten laut Senatsverwaltung allerdings nach der Ausübung des Vorkaufsrechts durch ihren Bezirk mit Mieterhöhungen klarkommen. Im Schnitt mussten die Mieter 1,06 Euro im Monat und pro Quadratmeter mehr bezahlen.

Das entspricht einer durchschnittlichen prozentualen Mieterhöhung von immerhin rund 16,62 Prozent – bezogen auf die bekannten Durchschnittswerte der beteiligten Gesellschaften.

Die Mieterhöhungen erfolgten teils freiwillig in Absprache mit den Mietern, aber auch als Anpassung an die ortsüblichen Vergleichsmieten. Modernisierungen wurden aber in keiner der Wohnungen durchgeführt.

https://www.morgenpost.de/berlin/article216502777/Bezirke-zahlen-213-Million-Euro-fuer-39-Mietshaeuser.html

Aus der Rubrik “Modernisierung”:

 

Berliner Zeitung am 21.02.2019: Kommentar zum Mieten-Exzess – Berliner sind nicht ausreichend geschützt

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass strenge rechtliche Regelungen notwendig sind, um Mieter vor überzogenen Forderungen von Vermietern zu schützen, dann hat der Eigentümer des Hauses Lenbachstraße 7 in Berlin-Friedrichshain diesen Nachweis erbracht. Der Eigentümer will das Haus modernisieren. Danach soll sich die Miete für eine 73 Quadratmeter große Wohnung verdreifachen – von 458 Euro auf 1408,75 Euro. Die Frage, ob der Eigentümer ein soziales Gewissen hat, erübrigt sich hier.

https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/kommentar-zum-mieten-exzess-berliner-sind-nicht-ausreichend-geschuetzt-32078338

Aus der Rubrik “Modernisierung”:

 

Berliner Zeitung am 21.02.2019: Friedrichshain – In diesem Wohnhaus soll sich die Miete fast verdreifachen

Die Post mit der bösen Überraschung kam kurz vor dem Jahreswechsel. „Mir ist fast schwarz vor Augen geworden“, sagt der 36-jährige Gordian Scholz aus der Lenbachstraße 7 in Friedrichshain. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2018 kündigt die Hausverwaltung an, dass der Vermieter – die Projekt F-24 Alpha GmbH, „umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen“ in dem Haus plant. Maßnahmen, nach denen sich die Kaltmiete fast verdreifachen soll.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/friedrichshain-in-diesem-wohnhaus-soll-sich-die-miete-fast-verdreifachen-32074212

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Sieht das Gesetz einen Anspruch des Untermieters gegen den (Haupt-)Vermieter auf Genehmigung der Gebrauchsüberlassung an weitere Personen vor?

Die Antwort des Amtsgerichts Neukölln (AG Neukölln – 6 C 432/17, Urteil vom 19.04.2018) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Neukölln in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: „Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 546 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Denn das zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) bestehende Mietverhältnis ist durch die Kündigung der Klägerin vom 18.10.2017 außerordentlich fristlos gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 BGB beendet worden.

Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Gemäß § 543Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund insbesondere vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung gemäß § 543 Abs. 3 S. 1 BGB erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Gemäß § 569 Abs. 4 BGB ist der zur Kündigung führende wichtige Grund in dem Kündigungsschreiben anzugeben.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Zwar kann die Klägerin ihre Kündigung nicht auf eine unbefugte Gebrauchsüberlassung an die Beklagte zu 2) stützen. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin mit Schreiben vom 08.09.2017 ausdrücklich nur eine unerlaubte Untervermietung an die Person namens “###”, d.h. an den Beklagten zu 3) abmahnte. Für den Beklagten zu 1) war insoweit nicht zweifelsfrei erkennbar, dass hier auch eine Gebrauchsüberlassung an die Beklagte zu 2) hätte beanstandet werden sollen. Zudem hat die Klägerin sowohl ihr Kündigungsschreiben vom 18.10.2017, als auch ihre im Schriftsatz vom 31.01.2018 enthaltene Kündigung nur mit der unbefugten Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 3) begründet. Das Begründungserfordernis des § 569 Abs. 4 BGB gilt auch für solche Kündigungen, die sich auf § 543 BGB stützen. Es soll sicherstellen, dass der Mieter Klarheit über seine Rechtsposition und seine Verteidigungsmöglichkeiten erhält (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 569 BGB, Rn. 76, 77). Ob sich die vollständige Gebrauchsüberlassung an die Beklagte zu 2) innerhalb der Grenzen des eingeräumten vertragsgemäßen Gebrauchs hielt oder nicht, bedarf aufgrund der vorangegangenen Ausführungen keiner Entscheidung.

Die Klägerin war jedoch deshalb zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten zu 1) berechtigt, weil dieser die Wohnung unbefugt dem Beklagten zu 3) zum Gebrauch überlassen und dadurch eine erhebliche Pflicht verletzt hat.

Der Beklagte zu 3) ist “Dritter” im Sinne der §§ 540553 BGB. Dritter in diesem gesetzlichen Sinne ist grundsätzlich jede Person, die nicht Partei des Mietvertrages ist. Hiervon ausgenommen ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift die Familie des Mieters wegen ihrer engen, unter dem ausdrücklichen Schutz der Verfassung (Art. 6 GG) stehenden persönlichen Beziehungen. Kein Dritter ist namentlich der Ehegatte des Mieters (BGH, Urteil vom 12.06.2013, Az.: XII ZR 143/11). Zwischen dem Vermieter und dem Mieter einer Wohnung strahlt dieser grundgesetzlich gewährleistete Schutz in das Privatrecht aus.

Der Beklagte zu 3) ist jedoch vorliegend nicht Ehegatte des Mieters, also des Beklagten zu 1), sondern der Ehemann der Beklagten zu 2). Im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) kann die Ausstrahlungswirkung des Art. 6 GG bereits deshalb nicht angenommen werden, weil zwischen diesen keinerlei vertragliche Beziehungen vorliegen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht bei Unterstellung des Beklagtenvortrages als zutreffend, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin damit einverstanden gewesen wäre, dass die Wohnung in erster Linie durch die Beklagte zu 2) genutzt würde. Denn auch nach diesem Vorbringen war die Beklagte zu 2) lediglich Untermieterin, nicht jedoch Mieterin der streitgegenständlichen Wohnung. Im hier alleine maßgeblichen Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) ist der Beklagte zu 3) “Dritter” im gesetzlichen Sinne.

Die Erheblichkeit der durch den Beklagten zu 1) infolge der Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 3) begangene Pflichtverletzung kann auch nicht deshalb verneint werden, weil auf die Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 3) ein Anspruch bestanden hätte.

Im Falle einer unbefugten Gebrauchsüberlassung ist für die Frage, ob die schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters hinreichend erheblich ist, sowohl für die Wirksamkeit einer darauf gestützten außerordentlichen als auch für die einer ordentlichen Kündigung – nicht anders als bei sonstigen verhaltensbedingten Kündigungen auch – im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung auf sämtliche Umstände des Einzelfalls abzustellen. Für diese Abwägung sind neben sonstigen Abwägungskriterien auch ein möglicher Anspruch des Mieters auf Erteilung der – tatsächlich nicht eingeholten – Untermieterlaubnis erheblich (LG Berlin, Beschluss vom 16.05.2017, Az.: 67 S 119/17). Die Erheblichkeit einer zur Kündigung berechtigenden Pflichtverletzung kann daher im konkreten Einzelfall zu verneinen sein, wenn ein Mieter im Sinne des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hat, so dass der Kläger ohnehin zur Genehmigung der Gebrauchsüberlassung verpflichtet gewesen wäre.

Gemäß § 553 Abs. 1 BGB kann der Mieter von dem Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung eines Teils der Wohnung verlangen, wenn für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Ein berechtigtes Interesse ist gegeben, wenn dem Mieter vernünftige Gründe zu Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an einen Dritten nachvollziehbar erscheinen lassen (Landgericht Berlin, Urteil vom 4.12.2006, 67 S 425/05).

Ein vorhandenes berechtigtes Interesse der Beklagten zu 2), ihren Ehemann mit in die Wohnung aufzunehmen, ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn auch hier ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 2) nicht Mieterin, sondern lediglich Untermieterin der Wohnung ist. § 553 BGB sieht jedoch nur einen Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte vor. Dieser kann einer Kündigung des Vermieters entgegen stehen. Das Gesetz sieht hingegen keinen Anspruch des Untermieters gegen den (Haupt-)Vermieter auf Genehmigung der Gebrauchsüberlassung an weitere Personen vor, da zwischen diesen kein Vertragsverhältnis besteht. Vertragliche Beziehungen bestehen nur zwischen dem Vermieter und dem Hauptmieter sowie zwischen dem Haupt- und dem Untermieter. Die Annahme, dass die Klägerin zur Erteilung einer solchen Erlaubnis verpflichtet bzw. die Aufnahme des Beklagten zu 3) als Ehegatten mangels Eigenschaft als “Dritter” schon nicht erlaubnispflichtig sei, weil dies für den Beklagten zu 1) als Vermieter der Beklagten zu 2) gelte, würde im Ergebnis jedoch zur Konstruktion einer solchen, gesetzlich nicht vorgesehenen Regelung und eines nicht vorhandenen Rechtsverhältnisses führen.

Die Beklagten können einen solchen Anspruch vorliegend auch nicht aufgrund einer individualvertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien herleiten. Denn in der für die Beklagte zu 2) erteilten Untermieterlaubnis vom 16.07.2014 hat die Klägerin ausdrücklich klargestellt, dass die Beklagte zu 2) nicht zur Aufnahme weiterer Personen berechtigt ist, zwischen ihr und der Klägerin kein Vertragsverhältnis begründet wird und Kündigungsschutzgründe in diesem Verhältnis nicht greifen. Auch im Hinblick auf die behauptete Vereinbarung mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Jahr 2010 haben die Beklagten nicht vorgetragen, dass der Beklagten zu 2) generell die Aufnahme weiterer Personen oder die Aufnahme des Beklagten zu 3) – den sie ohnehin erst 3 Jahre später im Jahr 2013 geheiratet hat – gestattet worden wäre.

Ein berechtigtes Interesse des Beklagten zu 1) an der Aufnahme des Beklagten zu 3) in die streitgegenständliche Wohnung gemäß § 553Abs. 1 S. 1 BGB ist von den Beklagten nicht dargelegt worden. In Anbetracht des Umstandes, dass der Beklagte zu 1) nie in der Wohnung gewohnt hat, der Beklagte zu 3) in diesem Verhältnis nur entfernt verschwägert ist und damit nicht zum privilegierten Personenkreis gehört und überdies eine vollständige Gebrauchsüberlassung stattgefunden hat, ist ein solches auch nicht erkennbar.

Der Beklagte zu 1) hat die Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 3) trotz Abmahnung fortgesetzt, obwohl die Bestimmung der Ausübung des Gebrauchsrechts für die Klägerin von wesentlicher Bedeutung ist. In der Gesamtschau hat der Beklagte zu 1) seine vertraglichen Pflichten daher in erheblichem Maße verletzt. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 1) folgt aus § 546 Abs. 1 BGB, gegen die Beklagten zu 2) und 3) aus § 546 Abs. 2 BGB.”

Aus der Rubrik “Wohnungsbaupolitik”:

rbb24.de am 22.02.2019: 26 Kolonien betroffen – Berliner Senat will Kleingarten-Flächen bebauen lassen
Häuser statt Blumenbeete: In Berlin werden ab dem Jahr 2020 Kleingärten-Kolonien als Baugrund freigegeben. Insgesamt 26 Anlagen sind betroffen. Doch welche das sind, ist noch nicht klar. Es geht aber um eine Vielzahl größerer und kleinerer Flächen in der ganzen Stadt.

Der Berliner Senat will ab kommendem Jahr 26 Kleingarten-Kolonien als Baugrund freigeben. Nach Angaben der Stadtentwicklungsverwaltung vom Freitag hat sich die rot-rot-grüne Koalition darauf geeinigt, dass auf den Grundstücken Schulen, Wohnungen oder Krankenhauserweiterungen errichtet werden können. Insgesamt sollen 7.000 Wohnungen entstehen – realisiert werden sollen diese allerdings erst nach 2030.

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/02/berliner-senat-will-kleingarten-flaechen-bebauen-lassen.html

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

 

DER TAGESSPIEGEL am 21.02.2019: Mieten in Berlin Die trickreichen Investitionen der Deutsche Wohnen

Die Deutsche Wohnen gibt vergleichsweise wenig Geld für Instandhaltung aus – dafür viel für Modernisierung. Die Kosten dafür können nämlich umgelegt werden.

Sind Sie Mieter? Dann interessiert es Sie vielleicht, was öffentliche Wohnungsgesellschaften von einer privaten wie „Deutsche Wohnen“ wirklich unterscheidet. Sie werden sich wundern (oder auch nicht). Schauen wir uns mal die Instandhaltung an (nicht auf die Miete umzulegen): Da investierte die „Deutsche Wohnen“ im Schnitt von fünf Jahren (Zahlen bis 2017 recherchierbar) pro Quadratmeter 9,91 Euro. Bei den städtischen Gesellschaften sind es 17,98 Euro.

Genau andersherum verhält es sich mit den umlegbarenModernisierungskosten: Da stiegen die Investitionen der Deutsche Wohnen von 4,67 Euro pro Quadratmeter auf 22,85, bei den Städtischen fielen sie von 10,09 auf 7,68. Jetzt ahnen Sie vielleicht, warum Sie immer mehr Miete zahlen, obwohl Ihre Heizung immer noch nicht geht. (Q: Anfrage Nr. 18/17662, MdA Gottwald/Gindra)

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 

nd am 21.02.2019: Ein Gespenst geht um in Berlin

Unter dem Motto »Welcome back Sozialismus?« diskutieren SPD und Grüne über Enteignung

Für den Verband Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), ein weitläufiges Netzwerk der Berliner Wirtschaft, ist das eine Horrorvorstellung. Unter dem Motto »Welcome back Sozialismus?« lud der Verein am Mittwochabend zu einer Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung in das Ludwig-Erhard-Haus in Charlottenburg ein. Gemeinsam wolle man Wege ausloten, »wie sich zwischen staatlichem Interventionismus und dem freien Spiel der Kräfte« ein Weg aus der Krise auf dem Wohnungsmarkt finden lasse, so VBKI-Präsident Markus Voigt.

Eva Högl, Berliner Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, schloss die Enteignung von Wohnungsbeständen als Mittel gegen explodierende Mieten kategorisch aus. Das »schafft keine neue Wohnung und ist auch nicht bezahlbar«, so Högl. Auf Nachfrage wollte sie auch nicht ausschließen, dass der Bund im Falle eines erfolgreichen Volksbegehrens in Berlin interveniert und entsprechende Schritte unterbindet. Auf der anderen Seite müsse man aber zur Kenntnis nehmen, dass es nicht nur in Berlin dringenden Handlungsbedarf gebe, denn man merke, »dass es die Hauptsorge der meisten Menschen ist, ob sie ihre Wohnung behalten können«.

Oberste Priorität sei »bauen, bauen, bauen«. Das könne aber erst nach einiger Zeit Wirkung erzielen, daher müssten auch kurzfristig Lösungen gefunden werden. Högl warb für den von ihr mitinitiierten Vorstoß für zeitlich begrenzte Mietobergrenzen in Stadtteilen mit besonders angespannter Wohnungslage. Ob dies rechtlich umsetzbar wäre, wird derzeit vom Senat geprüft. Kritik äußerte Högl an der schleppenden Neubaupolitik des Berliner Senats und einiger Bezirke, die sie den Koalitionspartnern Grünen und LINKE anlastet.

Auch Daniel Wesener, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, schloss eine Unterstützung des Volksbegehrens aus, was in seiner Partei durchaus umstritten ist. Zwar könnten Enteignungen und Vergesellschaftungen auf Grundlage der Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes »kein Tabu sein«. Doch aufgrund der juristischen Unwägbarkeiten und der zweifelhaften Finanzierung sei die Initiative »nicht zielführend, obwohl wir deren Ziele teilen«.

Ohnehin habe das Volksbegehren nur einen rechtlich unverbindlichen Beschluss und kein Enteignungsgesetz zum Inhalt. Wenn es dazu komme, werde der Senat das prüfen, »und wenn es nicht realisierbar ist, dann gibt es auch kein Gesetz«. Seine Partei stehe »angesichts der dramatischen Entwicklung in Berlin für breite Schichten der Bevölkerung« sowohl für regulatorische Eingriffe in den Wohnungsbestand als auch für Neubau, vorzugsweise mit »Non-Profit-Akteuren«. Dazu brauche man alle Instrumente, also auch den Rückkauf von privatisierten Beständen. Sofern dieser »wirtschaftlich vertretbar ist, denn «wir finanzieren nicht die Profite der Spekulanten».

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1112810.deutsche-wohnen-ein-gespenst-geht-um-in-berlin.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Muss einem Mieter bei Modernisierungsmaßnahmen nach Abzug der Miete ein Einkommen verbleiben, das es ihm ermöglicht, im Wesentlichen an seinem bisherigen Lebenszuschnitt festzuhalten?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 105/18, Urteil vom 17.10.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II.  1. b) wie folgt aus: „Überwiegend zu Recht wendet die Klägerin sich jedoch gegen die Gründe, aus denen das Amtsgericht den Erfolg des (unstreitig) wirksam erhobenen wirtschaftlichen Härteeinwandes verneint.

aa) In Höhe von 8,16 Euro greift der Härteeinwand jedoch nicht, § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB.

Nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB ist die Mieterhöhung ausgeschlossen, soweit sie auch unter Berücksichtigung der voraussichtlich künftigen Betriebskosten für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.

Die Abwägung nach der vorstehenden Regelung findet nach § 559Abs. 4 Satz 2 BGB jedoch nicht statt, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, der allgemein üblich ist (§ 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder die Modernisierungsmaßnahme auf Grund von Umständen durchgeführt wurde, die der Vermieter nicht zu vertreten hatte (§ 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Nicht zu vertreten hat der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Eine solche rechtliche Verpflichtung kann sich aus gesetzlichen Vorgaben ergeben, die – wie hier – der Erfüllung so genannter Nachrüstpflichten nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) dienen; insbesondere die Nachrüstpflichten nach § 10 ENEV werden in der Gesetzesbegründung ausdrücklich als Beispiel für den Anwendungsbereich der Regelung genannt (BT-Ds. 17/10485, S. 25).

Die letztgenannten Voraussetzungen liegen hier hinsichtlich der Dämmung der Dachgeschossdecke vor.

Die Beklagten waren zur Durchführung der Maßnahme nach § 10 Abs. 3 ENEV 2014 unstreitig verpflichtet. Nach dieser Vorschrift sind (unter anderem) Eigentümer von Wohngebäuden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass zugängliche Decken beheizter Räume zum unbeheizten Dachraum (oberste Geschossdecken), die nicht die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 erfüllen, nach dem 31. Dezember 2015 so gedämmt sind, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der obersten Geschossdecke 0,24 Watt/(m²K) nicht überschreitet; der Wärmedurchgangskoeffizient der hier gegenständlichen Dachgeschossdecke betrug vor der energetischen Modernisierungsmaßnahme 2,10 Watt/ (m2K).

Ist der Vermieter zu einer Maßnahme verpflichtet, die – wie hier – zugleich eine energetische Modernisierung darstellt, so schließt der Tatbestand des Abs. 4 Ziff 2 BGB den Härteeinwand so weit aus, wie die Kosten durch die verpflichtende Maßnahme verursacht wurden (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 118).

Für die Dämmung der Dachgeschossdecke fielen Kosten in Höhe von etwa 21.452,84 Euro an (zusammengefasst unter Position 107), der Anteil der Kosten an der Modernisierungsumlage beträgt monatlich 8,16 Euro.

bb) Weitergehende Einschränkungen des Härteeinwandes bestehen nicht.

Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Amtsgericht der Bewertung der Mieterhöhung als (wirtschaftliche) Härte die Bruttomiete zugrunde gelegt, die die Beklagten im Erhöhungsschreiben gem. §555b Abs. 1 BGB angegeben haben, hier 576,20 Euro (bisher: 405,47 Euro), eine Steigerung um mehr als ein Viertel.

Entscheidend ist jedoch nicht die prozentuale Anhebung der Miete; sie ist allenfalls ein Indiz dafür, dass die Mieterhöhung eine wirtschaftliche Härte darstellt (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 103; MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 25; Hinz, NZM 2013, 208, [224]).

Die Bestimmung der (wirtschaftlichen) Belastungsgrenze ist vielmehr im Einzelfall unter Berücksichtigung und umfassender Abwägung aller Umstände zu treffen, denn von der individuellen Belastbarkeitsgrenze des Mieters unabhängige, objektive Schranken einer Mieterhöhung sieht das Gesetz – auch nach der Entkoppelung von Duldungspflicht des Mieters und Mieterhöhungsrecht der Vermieters (vgl. Börstinghaus, NZM 2014, 689, [692]; MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 30) im Rahmen des Mietrechtsänderungsgesetzes 2013 weiterhin – nicht vor; Anknüpfungspunkt war und ist die individuelle Leistungsfähigkeit des Mieters (vgl. BT-Ds. 9/2079, S. 12; BT-Ds. 17/10485, S. 24).

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Feststellung der Härte ist der des Zugangs der Modernisierungsmieterhöhung (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 108c; Staudinger/Emmerich, 2018, BGB § 559 Rn. 34a; Börstinghaus, NZM 2014, 689, [693]; Lehmann-Richter, WuM 2013, 511, [513]; aA, unter Hinweis auf das im Gesetz angelegte Anwendungsproblem: MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 32ff, jew. mwN zu aA).

Dafür spricht entscheidend die Rechtsnatur der Mieterhöhungserklärung. Es handelt sich dabei um ein – unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten (§ 311 Abs. 1 BGB) durchaus problematisches, da – einseitiges Gestaltungsrecht des Vermieters. Eine Gestaltungserklärung wird wirksam mit ihrem Zugang, § 130Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Lehmann-Richter, WuM 2013, 511, [513]). Zu diesem Zeitpunkt kann die Mieterhöhung nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB ausgeschlossen sein oder eben nicht. Auch § 559b Abs. 2 BGB knüpft bezüglich des Wirkungszeitpunktes an den Zugang der Mieterhöhungserklärung an (Börstinghaus, NZM 2014, 689, [693]).

Danach ist hier die wirtschaftliche Situation der Klägerin zum 30. Dezember 2016 zugrunde zu legen; ihre Arbeitslosigkeit ab Ende November 2017 bleibt außer Betracht.

Die individuelle Belastbarkeitsgrenze ist auf der Grundlage des Gesamteinkommens des Mieters vorzunehmen, wobei hier offen bleiben kann, ob und inwieweit das Einkommen von Ehegatten/Lebensgefährten gegebenenfalls mit zu berücksichtigen ist; die Klägerin lebt allein. Zu dem Gesamteinkommen zählt das Nettoeinkommen aus einem Arbeitsverhältnis, aber auch etwaige Zulagen.

Nach einhelliger Auffassung muss dem Mieter nach Abzug der Miete ein Einkommen verbleiben, das es ihm ermöglicht, im Wesentlichen an seinem bisherigen Lebenszuschnitt festzuhalten (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 105; Staudinger/Emmerich, 2018, BGB § 559 Rn. 34a; MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 24; BGH, Urteil v. 20.07.2005 – VIII ZR 253/04; KG, Urt. v. 10.05.2007 – 8 U 166/06, Grundeigentum 2007, 907; Kammer, Urt. v. 19.01.2010 – 65 S 285/09WuM 2010, 88).

Die Unterschreitung des steuerlichen Existenzminimums nach der Mieterhöhung ist ein Indiz dafür, dass eben diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, ohne dass etwa erst mit Unterschreiten des steuerlichen Existenzminimums die Grenze für die Zumutbarkeit der Mieterhöhung erreicht würde (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 104; MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 25; Hinz, NZM 2013, 208, [224]).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin nicht verpflichtet, zur Verbesserung ihrer Einkommenssituation einen Teil der Wohnung unterzuvermieten (einhellige Auffassung: vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 106; Staudinger/Emmerich, 2018, BGB § 559 Rn. 34; MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 26). Ein Ausnahmefall – eine deutliche Unterbelegung der Wohnung (vgl. AG Charlottenburg, Urt. v. 15.08.2014 – 238 C 63/14: 180 m2 bewohnt von einer Person) – liegt hier ersichtlich nicht vor. Die aus 2,5 Zimmern bestehende Wohnung ist mit 63,13 m2 keinesfalls unangemessen groß.

Zu berücksichtigen – vom Mieter darzulegen – ist demgegenüber ein etwaiger Anspruch auf Wohngeld, dies selbst dann, wenn der Mieter einen solchen bislang nicht geltend gemacht hat (vgl. BT.-Ds. 9/2079, S. 12; Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 107; MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 26; Staudinger/Emmerich, 2018, BGB § 559 Rn. 34a).

Die Klägerin hat durch eine Wohngeldberechnung belegt, dass sie (voraussichtlich) keinen Anspruch auf Wohngeld hat. Ihr Nettoeinkommen im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens betrug 1.202,66 Euro im Monat.

Nach Abzug der Miete verblieb ihr vor der Erhöhung ein Betrag in Höhe von ca. 796 Euro monatlich, nach der Mieterhöhung wäre es ein Betrag in Höhe von 626,46 Euro. Das steuerliche Existenzminimum lag für den hier maßgeblichen Zeitraum (2014 für 2016) bei 8.652 Euro für Alleinstehende pro Jahr (721 Euro/Monat).

Die Klägerin bestritt bereits vor der Erhöhung ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen einen bescheidenen Lebenszuschnitt. Sie bewegte sich mit ihrem nach Abzug der Wohnkosten verbleibenden Einkommen noch über dem (steuerlichen) Existenzminimum, würde diesen Betrag infolge der erklärten Mieterhöhung künftig deutlich unterschreiten.

Wenngleich die Wohnkosten im Rahmen der Steuerfreiheit nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EstG unberücksichtigt bleiben, sondern erst nachträglich das (gegebenenfalls) versteuerte Einkommen mindern, so spricht die – wie hier – deutliche Unterschreitung des als steuerliches Existenzminimum angesehenen Betrages nach der Mieterhöhung dafür, dass der Mieter an seinem bisherigen Lebenszuschnitt nicht ohne wesentliche Einschränkungen festhalten kann.

Im Rahmen der Abwägung nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB ist zu Gunsten der beklagten Vermieter ihr wirtschaftliches Interesse an der Refinanzierung der Maßnahmen zu berücksichtigen, andererseits aber auch der Umstand, dass ihnen durch die Maßnahmen in jedem Fall auf Dauer die Wertsteigerung der Immobilie verbleibt, dies unabhängig davon, ob diese durch den Mieter (voll-)finanziert wird oder durch die Beklagten selbst.

Eine andere rechtliche Bewertung folgt nicht aus dem Umstand, dass Klägerin zur Altersvorsorge Aktiendepots im Wert von insgesamt 63.000 Euro angespart sowie Zusatzrentenversicherungen abgeschlossen hat (Riester-Rente, betriebliche Altersvorsorge).

Die Altersvorsorge ist hier nicht als einzusetzendes Vermögen zu berücksichtigen; sie steht weder der Annahme einer nicht zu rechtfertigenden Härte für die Klägerin entgegen noch ist sie im Rahmen der Interessenabwägung zu ihren Lasten zu berücksichtigen.

Wie auch sonst bei der Bestimmung des Regelungsgehaltes unbestimmter Rechtsbegriffe – wie dem der (wirtschaftlichen) Härte – bietet sich der Blick auf den Zweck und Sinnzusammenhang des Gesetzes, aber auch Vorschriften an, denen ein vergleichbarer Schutzzweck zugrunde liegt.

Danach ist hier ein Rückgriff auf § 115 ZPO und die darin in Bezug genommene sozialrechtliche Regelung in § 90 SGB XII naheliegend.

Nach §§ 114 Abs. 1, 115 Abs. 1 ZPO haben die Parteien für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung grundsätzlich ihr Vermögen einzusetzen, nach § 115 Abs. 3 ZPO jedoch nur, soweit dies zumutbar ist; § 90 SGB XII gilt entsprechend.

§ 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII schützt (unter anderem) die staatlich geförderte zusätzliche Altersvorsorge. Damit entfällt im Rahmen des (§ 115 ZPO) § 90 SGB XII eine Berücksichtigung der Riester-Rente und der betrieblichen Altersvorsorge (vgl. Mecke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., 2014 § 90 SGB XII Rn. 52ff); die Auszahlungsphase ist noch nicht erreicht.

Der Berücksichtigung der Aktiendepots steht der Rechtsgedanke des § 90 Abs. 3 SGB XII unter dem Gesichtspunkt der angemessenen Altersvorsorge entgegen.

Auch bei der Bestimmung des angemessenen Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII wird zum einen auf den Zweck der Regelung abgestellt. § 90 Abs. 3 SGB XII soll es ermöglichen, eine gewisse wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Unabhängigkeit von der Sozialhilfe im Alter zu bewahren (vgl. Mecke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., 2014 § 90 SGB XII Rn. 121).

Daneben werden im Rahmen der Auslegung des § 90 Abs. 3 SGB XII Regelungen mit einem vergleichbaren Schutzgehalt herangezogen; dieser Ansatz führt hier aus dem Sozialrecht zurück in das Zivil(prozess) recht: § 851c Abs. 2 ZPO (Pfändungsschutz bei Altersrenten).

Die Regelung gewährleistet den Pfändungsschutz des Vorsorgevermögens. Sie soll das angesammelte Deckungskapital aus Verträgen nach Abs. 1 der Vorschrift bis zu einer Gesamtsumme von (aktuell) 256.000 Euro schützen. Die Höhe des pfändungsgeschützten Vorsorgekapitals ist progressiv ausgestaltet; mit zunehmendem Alter erhöhen sich nicht nur der absolute Betrag, der unpfändbar ist, sondern auch die Annuitäten, die pfändungssicher akkumuliert werden können (vgl. BT-Ds. 16/886, S. 10).

Die Klägerin hat durch Vorlage der ihr im Juli 2016 übersandten Renteninformation belegt, dass ihre bisherige Rentenanwartschaft 666,92 Euro beträgt; bei Fortzahlung der Beiträge in Höhe des Durchschnittes der vergangenen fünf Jahre kann sie voraussichtlich eine monatliche Rente in Höhe von 920,90 Euro erwarten. Dieser Betrag liegt deutlich unter dem bereits jetzt knapp bemessenen Einkommen; das nach Abzug der Wohnkosten verbleibende Einkommen würde den (aktuell) als steuerliches Existenzminimum angesehenen Betrag noch deutlicher unterschreiten.

Die Klägerin (Jahrgang 1964) überschreitet zudem keine der in § 851c Abs. 2 ZPO genannten Obergrenzen.

Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten aufgrund eines überwiegenden Interesses an der Refinanzierung der Maßnahmen durch den Mieter nicht etwa gehalten, sich eine andere Wohnung zu suchen.

Unberücksichtigt lassen die Beklagten insoweit, dass die mieterschützenden Regelungen im Modernisierungsrecht den vertragstreuen Mieter mit Blick auf seinen aus Art. 14 GG abgeleiteten Bestandsschutz vor einem “Hinausmodernisieren” schützen wollen und müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.1992 –VIII ARZ 5/91MDR 1992, 476, [477]; BVerfG, Beschluss vom 08.01.1985 – 1 BvR 792/831 BvR 501/83, in WuM 1985, 75; Beschluss vom 26.05.1993 – 1 BvR 208/93, in NJW 1993, 2035).

Im Rahmen der wertenden Betrachtung der Interessen des betroffenen Mieters und Vermieters zu berücksichtigen ist schließlich, dass es sich bei § 559 BGB um eine Vorschrift handelt, die sich im preisfreien Wohnungsmarktsegment mit Blick auf den in § 311 Abs. 1 BGB verankerten, auch im Rahmen der §§ 557 Abs. 1, 558 BGB verfolgten Grundsatz der Vertragsfreiheit als (begrenzter) Systembruch darstellt und daher restriktiv auszulegen ist (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 559 Rn. 2; Staudinger/Emmerich, 2018, BGB § 559 Rn. 3). Denn nach § 311 Abs. 1 BGB ist auch zur Änderung des Inhaltes eines bestehenden Schuldverhältnisses ein Vertrag erforderlich; von diesem Grundsatz weicht § 559 BGB ab, indem die Regelung dem Vermieter – wie im Bereich des preisgebundenen Wohnraums (Kostenmiete) – ein einseitiges Erhöhungsrecht einräumt.

Nach der vom Gesetzgeber vorgenommenen Trennung von Duldungspflicht des Mieters und Mieterhöhungsrecht des Vermieters im Rahmen des Mietrechtsanpassungsgesetzes (BT-Ds. 17/10485) kann bei der Auslegung und Anwendung des § 559 BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die in einem engeren Zusammenhang zu Art. 14 GG stehende Entscheidungsfreiheit des Vermieters über das “Ob” der Durchführung baulicher, wertverbessernder Veränderungen an seinem Eigentum (§ 555bBGB) mit der Neuregelung des § 556d BGB ausgeweitet wurde. Der Mieter kann der Vornahme der Maßnahmen nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen widersprechen, der Vermieter vielmehr selbst entscheiden, ob er die Maßnahmen durchführen will, auch wenn die Umlage der Modernisierungskosten auf den Mieter unsicher bzw. ausgeschlossen ist.

Deutlich weiter entfernt von den durch Art. 14 GG geschützten Rechten des Vermieters ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen es gerechtfertigt ist, dass allein der Mieter die Wertverbesserung nicht nur finanziert, sondern dem Vermieter darüber hinausgehend ein Vorteil dadurch zuwächst, dass sich jährliche Miete nicht nur so lange um 11% der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöht, bis diese “abgezahlt” sind, sondern auf Dauer.

Ob und unter welchen Voraussetzungen der Vermieter nach einer geltend gemachten, nach § 559 Abs. 3 BGB ausgeschlossenen Modernisierungsmieterhöhung die Nettokaltmiete wegen einer verbesserten Ausstattung der Wohnung nach §§ 558ff. BGB erhöhen könnte (vgl. BGH, Stellungnahme des VIII. Zivilsenates, Grundeigentum 2018, 819), bedarf hier keiner Entscheidung, denn eine solche ist weder Gegenstand des Rechtsstreits noch eine entsprechende Zustimmung von der Klägerin verlangt worden.”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

 

Berliner Zeitung am 20.02.2019: Kommentar zur Deutsche Wohnen – Bei städtischen Vermietern lebt es sich besser 

Der Vergleich zeigt, dass sich die Mieter nicht vor einer Rekommunalisierung von Wohnungen fürchten müssen. Im Gegenteil. Die Zahlen beweisen: Wer bei den landeseigenen Unternehmen in Berlin wohnt, lebt in der Regel gut und sicher.

https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/kommentar-zur-deutsche-wohnen-bei-staedtischen-vermietern-lebt-es-sich-besser-32068986

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

 

Berliner Zeitung am 19.02.2019: Zulasten der Mieter – So funktioniert das Geschäftsmodell der Deutsche Wohnen

Die börsennotierte Deutsche Wohnen vermeldet immer wieder steigende Gewinne – doch diese werden zulasten der Mieter erwirtschaftet. So investiert das Unternehmen im Vergleich zu den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften deutlich weniger Geld in die Instandhaltung seiner Immobilien. Die Ausgaben für Modernisierungen, die sich dagegen auf die Miete umlegen lassen, sind beim größten Privat-Vermieter Berlins sehr viel höher als bei den kommunalen Unternehmen.

Das geht aus der noch nicht veröffentlichten Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Gaby Gottwald und Harald Gindra hervor, die der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt. Während die sechs landeseigenen Unternehmen in den Jahren 2013 bis 2017 im Schnitt zwischen 16,90 Euro und 19,17 Euro je Quadratmeter Wohnfläche jährlich in die Instandhaltung investierten, steckte die Deutsche Wohnen laut der Senatsantwort nur zwischen 9,45 und 10,52 Euro je Quadratmeter jährlich in ihre Bestände.

https://www.berliner-zeitung.de/politik/zulasten-der-mieter-so-funktioniert-das-geschaeftsmodell-der-deutsche-wohnen-32067760