Archiv für den Monat: April 2020

AMV im Lichte der Presse:

 

Berliner Zeitung am 22.04.2020: Justiz Verrückte Rechtsprechung: Für die einen gilt der Mietspiegel, für die anderen nicht

Eine Zivilkammer des Landgerichts sorgt mit einem aktuellen Urteil für Kritik. Im Streit über eine Mieterhöhung stützen sich die Richter auf ein Gutachten – und entscheiden damit gegen die Mieterin. Für einen Nachbarn der Frau ging der gleiche Streit vor einer anderen Kammer zu seinen Gunsten aus.

Für die 69-jährige Marlies V. aus Spandau ist es eine „Ungerechtigkeit“. Die Zivilkammer 63 des Landgerichts hat in einem Streit über eine Mieterhöhung jetzt entschieden, dass die ortsübliche Miete für ihre etwa 84 Quadratmeter große Wohnung nicht auf Grundlage des Mietspiegels, sondern auf Basis eines Gutachtens zu ermitteln ist. Die Folge: Der Vermieter, die Deutsche Wohnen, darf die Miete für ihre Wohnung in der Siedlung An der Kappe rückwirkend ab 1. Februar 2018 von bisher 422,82 Euro auf 474,93 Euro erhöhen.

Denn im Gegensatz zum Mietspiegel setzt das Gutachten die ortsübliche Miete für die Wohnung der 69-Jährigen höher an. Beim Nachbarn von Marlies V., Wolf-Dietrich K., der nur zwei Aufgänge weiter wohnt, hatte eine andere Kammer des Landgerichts im vergangenen Jahr im Streit um eine Mieterhöhung noch anders geurteilt: Die Zivilkammer 67 entschied, dass die ortsübliche Miete bei Wolf-Dietrich K. auf Grundlage des Mietspiegels zu errechnen sei – womit das Mieterhöhungsverlangen der Deutsche Wohnen zurückgewiesen wurde. Denn laut Mietspiegel gab es für die Wohnung von Wolf-Dietrich K. keinen Spielraum für eine Mieterhöhung, da die bisherige Miete die ortsübliche Miete bereits überstieg.

„Das ist nur ein paar Meter weiter von meiner Wohnung“, sagt Marlies V. – warum bei ihr der Mietspiegel nicht zur Berechnung der ortsüblichen Miete herangezogen werde, sei ihr „unerklärlich“. Ihr Vertrauen in den Rechtsstaat sei „erschüttert“.
Das Amtsgericht hatte im Fall von Marlies V. noch zugunsten der Mieterin entschieden. Das Landgericht hob das Votum aber auf. „Der Sachverständige hat nachvollziehbar geschildert, wie er zu seiner Bewertung aufgrund von Vergleichswohnungen aus seinem Datenbestand gelangt ist“, heißt es in der Begründung. Nach Auffassung der Kammer sei der Mietspiegel als Schätzgrundlage nicht ohne weiteres geeignet. Gegen das Urteil ist eine Revision zugelassen. „Das will ich nutzen“, sagt Marlies V. Sie wird also vor den Bundesgerichtshof ziehen.

Die unterschiedliche Rechtsprechung selbst unter Nachbarn erklärt sich aus einem Wechsel in der Zuständigkeit des Landgerichts. Die Zivilkammer 63 war bis Ende 2018 für Berufungen in Mieterhöhungsverfahren aus Spandau zuständig. Seit 2019 ist es die Zivilkammer 67 des Landgerichts. Der Fall Marlies V. fällt noch in die frühere Zuständigkeit der 63. Kammer. Im Fall von Wolf-Dietrich K. entschied bereits die Kammer 67, zugunsten des Mieters.

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV), der Marlies V. vertritt, kritisiert die Landgerichtsentscheidung. „Der Umstand, dass die Zivilkammer 63 des Landgerichts den Berliner Mietspiegel 2017 nicht anwendet, sondern ein äußerst teures Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeholt und auf dessen Basis entschieden hat, ist eine Katastrophe“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. Und zwar „sowohl für die betroffene Mieterin als auch in Zukunft für Mieterinnen und Mieter aus Schöneberg und dem Wedding.“ Denn die Zivilkammer 63 sei nach dem Zuständigkeitswechsel jetzt für Berufungen bei Mietstreitigkeiten in Schöneberg und Wedding verantwortlich.

Die unterschiedliche Vorgehensweise führe „zu einer extremen Rechtsunsicherheit über die Anwendung des Mietspiegels und damit zu einer Verunsicherung der Mieterinnen und Mieter“, sagt Eupen. Der Mietspiegel sei das einzige Instrument für Mieter, mit dem sie Mieterhöhungen überprüfen können. Wenn Vermieter sich bei der Begründung einer Mieterhöhung nicht auf den Mietspiegel stützten, hätten die Mieter keine Möglichkeit, das Erhöhungsverlangen zu überprüfen.

Die aktuelle Entscheidung des Landgerichts, die vom 3. März stammt und am 20. April zugestellt wurde (Az 63 S 184/18), hat laut AMV auch durch das „Mietendeckel-Gesetz“ nicht an Brisanz verloren. Mit dem Mietendeckel werden die Mieten auf dem Niveau vom 18. Juni 2019 eingefroren. „Es sind noch diverse Berufungen beim Landgericht Berlin anhängig, die Mieterhöhungen betreffen, die vor dem Stichtag des 18. Juni 2019 greifen“, sagt AMV-Chef Eupen. Außerdem gelte der Mietendeckel nicht für alle Gebäude und Mietverhältnisse.

Ausgenommen seien beispielsweise Wohnungen, die erst ab 2014 bezugsfertig geworden seien. Nicht betroffen sei ferner Wohnraum, der zuvor dauerhaft unbewohnbar oder unbewohnt gewesen sei. Auch neu ausgebaute Dachgeschosse zählen dazu. Schließlich stehe noch nicht fest, ob der Mietendeckel verfassungskonform sei. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten Mieterhöhungen wieder ausgesprochen werden. Dann käme es für Mieter umso mehr darauf an, ob Erhöhungen mit dem Mietspiegel oder per Gutachten begründet werden.

Wolf-Dietrich K., der Nachbar von Marlies V., kann immerhin aufatmen. Er sagt: „Ich bin froh, dass in meinem Fall der Mietspiegel zugrunde gelegt wurde.”

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/verrueckte-rechtsprechung-fuer-die-einen-gilt-der-mietspiegel-fuer-die-anderen-nicht-li.81755

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

 

Berliner Zeitung am 21.04.2020: Bebauung Offener Brief: Bürger sprechen sich gegen weitere Nachverdichtung aus

Der Senat soll Projekte und bereits erteilte Baugenehmigungen für die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen vorerst nicht weiter verfolgen. Zudem kritisieren die Initiativen die fehlenden Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung.

Mehrere Berliner Bürgerinitiativen haben Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) in einemOffenen Brief aufgefordert, Planungen sowie bereits erteilte Baugenehmigungen für Nachverdichtungen der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen in der Corona-Krise auszusetzen. Außerdem fordern sie ein generelles Umdenken in der Stadtplanung.

„Die Zahlen der Covid-19-Infizierten sind dort am höchsten, wo viele Menschen auf engerem Raum leben“, heißt es in dem Brief, der von einem Dutzend Initiativen unterzeichnet ist. Sie nennen sich „Vereinigte Berliner Bürgerinitiativen für den Erhalt von Grünflächen in bestehenden Wohnquartieren bei Nachverdichtung“.

Im Bezirk Mitte liege die Zahl der Infizierten bei 129,89 Fällen pro 100.000 Einwohner, im Bezirk Steglitz-Zehlendorf bei nur 89,73 Fällen pro 100.000 Einwohner, argumentieren die Initiativen. „Sowohl angesichts der aktuellen Corona-Krise als auch der heute schon spürbaren Klimakrise muss jetzt stadtplanerisch umgedacht werden“, fordern die Bürger.

Den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften solle dabei eine „Vorreiterrolle“ zukommen. „Eine lockere, licht- und luftdurchflutete, durchgrünte Baustruktur“ sei für die Stadt der Zukunft unabdingbar, erklären die Bürgerinitiativen in ihrem Brief.

Die Corona-Pandemie führe zu strengen Einschränkungen, kritisieren die Bürgerinitiativen. Die Wahrnehmung demokratischer Rechte sei dadurch auf ein Minimum beschnitten. Übliche Versammlungen in der Nachbarschaft zur Meinungsbildung sowie Partizipationsveranstaltungen der Bauherren mit den Anwohnern müssten entfallen. Darüber hinaus dürften öffentliche Proteste und Aktionen der Bürger nicht mehr stattfinden. Dadurch drohe ein „massives Demokratiedefizit“.

Stadtentwicklungssenatorin Lompscher zeigt sich offen für neue Formen der Beteiligung, will aber an bereits erteilten Genehmigungen nicht rütteln lassen. „Für die Aussetzung von erteilten Baugenehmigungen oder den Stopp laufender Wohnungsbauvorhaben besteht inhaltlich kein Grund“, erklärt sie auf Anfrage. „All diese Vorhaben sind Ergebnis langer Prozesse und haben selbstverständlich Beteiligungsverfahren durchlaufen.“

Die Schaffung von zusätzlichem, insbesondere leistbarem Wohnraum mit Bürgerbeteiligung sei und bleibe ein „essenzieller Bestandteil der Berliner Stadtentwicklungspolitik“, so Lompscher. „Möglicherweise müssen wir aufgrund der aktuellen Covid-19-Pandemie die bisherigen Formate überprüfen, die Bürgerbeteiligung an sich wird aber bei keinem der kommenden Projekte unter den Tisch fallen.“

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/offener-brief-buerger-sprechen-sich-gegen-weitere-nachverdichtung-aus-li.81657

Pressemitteilung 11/2020

Landgericht kippt Berliner Mietspiegel

Zivilkammer 63 setzt auf Sachverständigengutachten statt auf den

Berliner Mietspiegel 2017

Das Landgericht Berlin hat in dem Rechtsstreit 63 S 184/18 mit Urteil vom 24.03.2020 einer Mieterhöhungsklage der Deutsche Wohnen (Deutsche Wohnen Berlin 5 GmbH) in voller Höhe stattgegeben und dabei nicht den Berliner Mietspiegel 2017 angewandt, sondern auf der Basis eines zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete entschieden. Durch dieses Urteil wird der Berliner Mietspiegel extrem geschwächt und die Mieterinnen und Mieter massiv verunsichert.

Der Hintergrund:

Die Deutsche Wohnen Berlin 5 GmbH, vertreten durch die Deutsche Wohnen Management GmbH, forderte die betroffene Mieterin aus dem Haus An der Kappe 74a in Berlin-Spandau auf, einer Mieterhöhung für ihre 84,06 m² große Wohnung von 422,82 € um 52,11 € auf 474,93 € mit Wirkung ab dem 01.02.2018 zuzustimmen.

Da die Mieterin ihre Zustimmung verweigerte, erhob die Deutsche Wohnen Berlin 5 GmbH vor dem Amtsgericht Spandau Zustimmungsklage. Das Amtsgericht Spandau

– 10 C 507/17 – wies die Klage auf der Basis des Berliner Mietspiegels 2017 mit Urteil vom 31.05.2018 ab.

Das Landgericht Berlin gab der Berufung der Deutsche Wohnen Berlin 5 GmbH statt und verurteilte die Mieterin zur Zustimmung in voller Höhe und wandte dabei nicht den Berliner Mietspiegel 2017 an, sondern entschied auf der Basis eines zuvor gegen einen Gebührenvorschuss von 3.500,00 € eingeholten Sachverständigengutachtens, da der Berliner Mietspiegel 2017 keine geeignete Schätzgrundlage im Sinne des § 287 ZPO sei. Es ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Die betroffene Mieterin wird gegen das Urteil unverzüglich Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.

Die Zivilkammer 63 setzt sich damit in einen direkten Widerspruch zur Zivilkammer 67, die bei einem Nachbarn aus dem Haus An der Kappe 74c in Berlin-Spandau in dem Verfahren 67 S 21/19 mit Urteil vom 11.04.2017 auf der Basis des Berliner Mietspiegel 2017 entschieden hatte.

Die Zivilklammer 63 war für Berufungen über Wohnraummietsachen aus Spandau bis zum 31.12.2018 und ist seit dem 01.01.2019 für Berufungen über Wohnraummietsachen aus Schöneberg und dem Wedding zuständig.

Die Zivilklammer 67 ist seit dem 01.01.2019 für Berufungen über Wohnraummietsachen aus Mitte, Tiergarten und Spandau zuständig.

Kommentar des AMV

„Der Umstand, dass die Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin den Berliner Mietspiegel 2017 nicht anwendet, sondern ein äußerst teures Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeholt und auf dessen Basis entschieden hat, ist eine Katastrophe sowohl für die betroffene Mieterin als auch in Zukunft für Mieterinnen und Mieter aus Schöneberg und dem Wedding“, sagte Marcel Eupen, der 1. Vorsitzende des AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V., „denn diese Vorgehensweise führt zu einer extremen Rechtsunsicherheit über die Anwendung des Mietspiegels und damit zu einer Verunsicherung der Mieterinnen und Mieter. Der Mietspiegel ist das einzige Instrument für Mieter, Mieterhöhungen überprüfen zu können. Bei einer Nichtanwendung des Berliner Mietspiegels haben Mieter dagegen keine Möglichkeit, ihre Mieterhöhung zu überprüfen.“

„Die Absurdität, dass unmittelbare Nachbarn mit divergierenden Urteilen leben müssen, erschließt sich dogmatisch nur Juristen unter dem Gesichtspunkt der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) und praktisch durch die Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Landgerichts Berlin. Die eine Berufung (An der Kappe 74a) wurde noch im Jahr 2018 und die andere (An der Kappe 74c) erst in 2019 eingelegt. Die Zivilklammer 63, die im Fall An der Kappe 74a entschieden hat, war für Berufungen über Wohnraummietsachen aus Spandau bis zum 31.12.2018 und ist seit dem 01.01.2019 für Berufungen über Wohnraummietsachen aus Schöneberg und dem Wedding zuständig. Die Zivilklammer 67, die im Fall An der Kappe 74c geurteilt hat, ist seit dem 01.01.2019 für Berufungen über Wohnraummietsachen aus Mitte, Tiergarten und Spandau zuständig“,

so Eupen.

„Die vorliegende Entscheidung hat auch nicht durch das „Mietendeckel-Gesetz“ an Brisanz verloren. Es sind noch diverse Berufungen beim Landgericht Berlin anhängig, die Mieterhöhungen betreffen, die vor dem Stichtag des 18.06.2019 greifen. Zum anderen gilt der Mietendeckel nicht für alle Gebäude und Mietverhältnisse. So gilt er beispielsweise nicht für Gebäude, die erst nach 2014 bezugsfertig geworden sind. Nicht betroffen ist auch Wohnraum, der zuvor dauerhaft unbewohnbar oder unbewohnt war – neu ausgebaute Dachgeschosse etwa. Schließlich steht noch nicht fest, ob der Mietendeckel verfassungskonform ist. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten Mieterhöhungen wieder ausgesprochen und am Prüfungsmaßstab des Mietspiegels überprüft werden“, sagte Eupen.

Berlin, den 22.04.2020

Ass. Marcel Eupen, Pressesprecher des AMV

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Ist der Vermieter nur dann in der Lage, ein mögliches entgegenstehendes Interesse zu prüfen, wenn ihm der Name des Untermieters, das Geburtsdatum, die letzte Anschrift und auch die ausgeübte berufliche Tätigkeit des potentiellen Untermieters mitgeteilt wird?
Die Antwort des Amtsgerichts München (AG München – 425 C 4118/19, Urteil vom 11.12.2019) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Amtsgericht München in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. und 2. wie folgt aus: „Dem Kläger steht für das Jahr 2018 kein Anspruch auf Schadensersatz gem. §280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 553 Abs. 1 BGB zu.

Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem zugrundeliegenden Mietverhältnis nicht schuldhaft verletzt. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte gem. § 553 BGB hinsichtlich der Zeugin ###.

Die Voraussetzungen des § 553 BGB liegen hier nicht vor. Hiernach setzt ein Anspruch aus § 553 BGB voraus, dass der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme eines Dritten hat, dieses Interesse nach Abschluss des Mietvertrags entstanden ist und keine überwiegenden Interessen des Vermieters gegen die Gebrauchsüberlassung sprechen (Schmidt-Futterer/Blank, 13. Auflage, § 553 BGB Rdnr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

a) Der Kläger hat zwar ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme eines Dritten. Wie unbestritten vorgetragen, hat der Kläger aufgrund seiner beruflichen Situation einen weiteren Wohnsitz in Baden-Württemberg. Er hat daher ein wirtschaftliches Interesse an der Untervermietung eines Teils der Wohnung. Der Kläger hat auch vorgetragen, dass nicht die gesamte Wohnung, sondern lediglich 1 Zimmer untervermietet werden soll. Dieses Interesse ist auch unstreitig aufgrund der Aufnahme des neuen Berufs in Baden-Württemberg nach Schluss des Mietvertrages entstanden. Dass im Mietvertrag der Passus enthalten ist, dass der Mieter ausdrücklich erklärt, dass er bei Abschluss des Mietvertrags keinerlei Absichten oder Gründe hat, weitere Personen aufzunehmen, ist unbeachtlich. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass der Mietvertrag lediglich mit dem Kläger geschlossen wurde und die Formulierung von mehreren Mietern spricht. Allerdings ist der Passus ohnehin unbeachtlich. Er bringt lediglich zum Ausdruck, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags keine dahingehenden Pläne vorlagen. Darüber hinaus ist gem. § 553 Abs. 3 BGB eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam, weswegen das Recht aus § 553 BGB nicht, auch nicht nach § 1 des Mietvertrages, ausgeschlossen werden.

b) Es liegt jedoch ein entgegenstehendes Interesse der Vermieterin nach § 553 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Ein Vermieter ist nur dann zur Erteilung einer Untermieterlaubnis verpflichtet, wenn ihm die Person des Untermieters namentlich benannt wird (KG GE 1992, 819 = WOM 1992, 350). Da der Vermieter in der Lage sein muss, das Vorliegen der Gründe, die ihn zu einem Ausschluss der Erlaubniserteilung nach § 553 Abs. 1 S. 2 BGB berechtigen zu prüfen, sind diesem grds. nicht nur der Name des potentiellen Untermieters, sondern auch das Geburtsdatum, die letzte Anschrift und auch die ausgeübte berufliche Tätigkeit des potentiellen Untermieters mitzuteilen (LG Berlin GE 2005, 619; Beckok BGB/Wiederholt, 50. Edition, § 553 BGB, Rn. 10; Schmidt-Futterer/Blank, § 553 BGB, Rn. 16). Des Weiteren kann der Mieter ggf. zur Mitteilung des Untermietzinses verpflichtet sein, gerade im Hinblick auf die Nebenkosten (Schmidt-Futterer/Blank, § 553 BGB, Rn. 16 i.V.m. Rn. 20). Die erforderlichen Mitteilungen sind durch den Kläger nicht erfolgt. Zwar spielt die Solvenz des Dritten bzw. Untermieters grds. keine Rolle, weil der Dritte nicht gegenüber dem Vermieter für Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis haftet (LG Berlin WoM 1993, 344; Schmidt-Futterer/Blank, § 553 BGB, Rn. 13). Jedoch muss der Vermieter dennoch in die Lage versetzt werden, ein mögliches entgegenstehendes Interesse prüfen zu können. Im vorliegenden Fall konnte sich die Beklagte aufgrund der Angaben des Klägers keine ausreichenden Gedanken über ein mögliches entgegenstehendes Interesse machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwar mit Schreiben vom 27.12.2017 die potentielle Untermieterin ### mitgeteilt wurde. Jedoch wurden jegliche weiteren Angaben unterlassen. Sodann wurde mit Schreiben vom 12.01.2018 – entgegen der bisherigen Ankündigung vom 27.12.2017 – mitgeteilt, dass eine Reihe an Bewerbern vorliegen würden und daher keinen konkreten Namen mitgeteilt werden könnten. Erst in dem Telefonat mit dem Zeugen ### wurden dann weitere Angaben der potentiellen Untermieterin mitgeteilt. Wie der Zeuge ### jedoch glaubhaft angab, waren die Daten unvollständig. So wurden die Rückfrage – insbesondere hinsichtlich der Herkunft des festen Einkommens der Hausfrau – des Zeugen ### durch den Kläger nicht beantwortet. Auch das Alter der Zeugin ### konnte nur ungefähr angegeben werden. Die Adresse wurde mit ###straße ### angegeben. Am selben Tag wurden dann noch etwas abweichende Daten der Zeugin ### durch den Kläger mitgeteilt, wonach diese ca 1965 geboren sei und in der ###straße ### wohnen würde. Aufgrund des hier gegeben Verlaufs, insbesondere im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben in den Schreiben vom 27.12.2017 und 12.01.2018, sowie in den Telefonaten am 15.01.2018, waren die Nachfragen der beklagten Partei hier auch gerechtfertigt, um zu prüfen, ob entgegenstehende Interesse vorliegen. Davon dass keine weiteren konkreten Angaben durch den Kläger beim Telefonat am 15.01.2018 mitgeteilt wurden, ist das Gericht aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ### überzeugt. Auch wenn der Zeuge ### aufgrund seines früheren Mandatsverhältnisses mit der Beklagten grds. kein neutraler Zeuge ist, sieht das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, diesem nicht zu glauben. Der Zeuge versuchte sich vorab ohne Unterstützung der Akten an den Sachverhalt zu erinnern und bestätigte sowie präzisierte seine Aussagen nach einer Überprüfung seiner gefertigten Vermerke. Mit Schreiben des Klägers vom 12.02.2018 wurden dann weitere Daten der Zeugin ### mitgeteilt, wobei hierbei erneut eine andere Adresse als im Telefonat vom 15.01.2018 angegeben wurde, nämlich ###straße ###. Angaben zum Einkommen blieben jedoch auch hier aus, obwohl im Telefonat vom 15.01.2018 noch mitgeteilt wurde, dass die Nebenkosten zwischen dem Kläger und der Untermieterin nach Anwesenheit aufgeteilt werden sollen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die von dem Kläger gemachten Angaben zur Dauer des Untermietverhältnisses und zum vereinbarten Untermietzins nicht richtig waren. Wie die Vernehmung der Zeugin ### ergeben hat, war die Anmietung zu einem deutlich geringeren Mietzins, als durch den Kläger angegeben, beabsichtigt. Auch teilte die Zeugin ### mit, dass keine Untermietdauer vereinbart wurde. Die Aussage der Zeugin ### ist ebenfalls glaubhaft. Die Zeugin steht hier dem Kläger grds. näher, als der Beklagten. Die Aussage war widerspruchsfrei, nicht getragen von Emotionen und es wurde auch durch die Zeugin darauf hingewiesen, wenn sie sich an etwas nicht mehr genau erinnern konnte. Damit erhielt hier die Vermieterin zum einen unvollständige und teilweise sogar falsche Informationen von dem Mieter. Hierdurch ist es der Beklagten nicht möglich gewesen zu überprüfen, ob ein mögliches entgegenstehendes Interesse vorliegt.

Mangels ordnungsgemäßer Mitteilung aller erforderlichen Daten ist ein Anspruch aus § 553 BGB hier nicht gegeben.

Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

2. Dem Kläger steht auch für das Jahr 2016 kein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen zu Unrecht verweigerter Erlaubnis zur Untervermietung als Verletzung der Pflicht gem. § 553 Abs. 1 BGB zu.

Auch hier fehlt es an einer Pflichtverletzung der Beklagten i.S.v. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB, da diese die sie treffende Pflicht aus § 553 Abs. 1 BGB erfüllt hat, indem sie die Erlaubnis zur Untervermietung erteilt hat. Mit Schreiben vom 29.10.2015 hat der Kläger der Beklagten – im Rahmen der oben ausgeführten Anforderungen – ausreichend konkrete Angaben zur Person des Untermieters gemacht, indem er dessen Namen, Geburtsdatum sowie berufliche Tätigkeit mitgeteilt hat. Die bloß namentliche Bezeichnung des Untermieters durch den Mieter in früheren Schreiben war hingegen noch nicht ausreichend, um die Pflicht zur Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung auszulösen. Allerdings wurde der Beklagten in diesem Schreiben eine Frist zur Erteilung der Genehmigung bis zum 12.11.2015 eingeräumt. Dem Begehren des Klägers kam die Beklagte mit dem Schreiben vom 11.11.2015 und damit noch innerhalb der vom Kläger im Schreiben vom 29.10.2015 selbst gesetzten Frist nach, indem sie diesem die Erlaubnis zur Untervermietung erteilte. Ein Schadensersatzanspruch ist mangels Pflichtverletzung nicht gegeben.

Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

 

Berliner Zeitung am 17.04.2020: Corona-Krise Hunderte Berliner Haushalte beantragen Mietstundungen

Viele Berliner machen Gebrauch von den neuen Regelungen in der Corona-Krise. In der City erkundigen sich vor allem Gewerbetreibende danach.

Viele Mieter in Berlin sehen sich schon zu Beginn der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten. Mehrere Hundert Haushalte haben allein bei den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften eine Stundung der Miete beantragt oder sich über die Möglichkeit, die Zahlung auszusetzen informiert.

Bei der Gesobau, die viele Wohnungen im Märkischen Viertel besitzt, haben danach bis zum Dienstag 222 Mieter wegen einer Stundung ihrer Mietzahlungen für den Monat April angefragt. „Für die Monate Mai und Juni liegen uns bisher keine Anfragen vor“, berichtet Gesobau-Sprecherin Birte Jessen.

Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land befindet sich gegenwärtig „mit rund 110 Wohnungsmietern in Gesprächen über eine Stundung der Miete“, sagt Unternehmenssprecher Frank Hadamczik. „In den letzten Tagen hat sich die Anzahl an Gesprächen pro Tag kontinuierlich leicht erhöht“, berichtet er. Belastbare Informationen über die Anzahl von Nichtzahlern und damit verbundene Einnahmerückgänge lägen aber „frühestens Anfang Mai vor“.

Wichtig sei, dass es sich nicht um Mietausfälle, sondern um gestundete Beträge handele. Diese Rückstände müssten nach der gerade vom Bundestag beschlossenen Corona-Regelung bis Ende Juni 2022 ausgeglichen werden. Die Corona-Regelung sieht vor, dass Vermieter Mietern wegen Mietschulden aus der Zeit von April bis Juni 2020 bis Ende Juni 2022 nicht kündigen dürfen. Die Pflicht zur Zahlung der Miete ist damit nicht aufgehoben. Die Mieter haben nur mehr Zeit, um ihre Schulden zu begleichen.

Bei der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge, die besonders stark in Lichtenberg vertreten ist, sind bisher 200 Anfragen auf Stundung der Miete eingegangen. „Die Anfragen werden derzeit geprüft und bearbeitet“, sagt Howoge-Sprecherin Sabine Pentrop.

Bei der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) sind 118 Anträge auf Mietstundung eingegangen, wie Unternehmenssprecher Christoph Lang berichtet. Dabei verzeichne man deutlich mehr Gewerbe- als Wohnungsmieter, die aktuell Probleme haben ihre Miete zu zahlen. „Hier rechnen wir vor allem aufgrund der Schließungen von Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel mit deutlich spürbaren Einnahmeeinbußen“, sagt Lang.

Bei der Degewo haben bis 6. April 70 Mieter einen Antrag auf Stundung gestellt. „Die bisherigen Stundungsanfragen sind nicht sehr konkret, da die Mieter im Moment selbst noch nicht genau wissen, wie viel Geld sie zur Verfügung haben werden“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens. „Einige Mieter werden die Miete in voller Höhe zahlen, aber verspätet, weil sie noch kein Geld vom Jobcenter erhalten haben.“

Die Gewobag macht nur vage Hinweise auf die Zahl der Mieter, die um Stundung der Miete gebeten haben. Es seien „weniger als 0,5 Prozent bei rund 70.000 Wohnungen“, teilt das Unternehmen mit.
Wie es bei den großen börsennotierten Wohnungsunternehmen aussieht, ist unklar. Die Deutsche Wohnen, die mehr als 110.000 Wohnungen in Berlin besitzt, erklärte, dass sie „zunehmend sowohl von Wohn- als auch von Gewerbemietern kontaktiert“ werde. Diese würde teils von sich aus das Gespräch suchen, um mögliche künftige Mietausfälle anzuzeigen. Aktuelle Zahlen könne die Deutsche Wohnen aber noch nicht zur Verfügung stellen.

Die Vonovia, die bundesweit rund 416.000 Wohnungen besitzt – gut 40.000 davon in Berlin –, rechnet insgesamt mit maximal 40 Millionen Euro an vorläufigen Ausfällen.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berliner-haushalte-hunderte-anfragen-zu-miet-stundungen-li.81367

Aus der Rubrik “Stadtentwicklungspolitik”:

 

Berliner Zeitung am 17.04.2020: Kommentar Bezirke müssen Vorkaufsrecht ausüben, wo es geht

Gegner des Vorkaufsrechts argumentieren, dass es für die Bezirke zu teuer sei. Sie verkennen dabei aber einen wichtigen Effekt.

Um es vorneweg zu sagen: Ja, es ist notwendig. In Innenstadt-Quartieren von Neukölln oder Friedrichshain-Kreuzberg nutzen die Bezirke in Milieuschutzgebieten immer häufiger ihr gesetzliches Vorkaufsrecht zu Gunsten gemeinwohlorientierter Vermieter. Also zu Gunsten einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft oder einer Genossenschaft.

Der Anfang für ein größeres Engagement?

Nötig ist dies, um zu verhindern, dass Häuser in die Hände von Eigentümern gelangen, die das Ziel verfolgen, ein Maximum an Gewinn zu erwirtschaften, ohne Rücksicht auf die Mieter zu nehmen. Die oftmals hohen Kaufpreise haben zuletzt leider dazu geführt, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen den Einstieg in solche Kaufverträge immer wieder abgelehnt haben. Es ist deswegen zu begrüßen, dass sich bei der Ausübung des Vorkaufsrechts für das sogenannte Luftbrückenhaus in Neukölln nun mit dem Beamten-Wohnungs-Verein eine Genossenschaft als Erwerber gefunden hat, die eine mehr als 100 Jahre lange Tradition hat. Vielleicht ist es ja sogar der Anfang für ein größeres Engagement.

Gegner des Vorkaufsrechts führen gerne das Argument an, dass es zu teuer sei. Sie verkennen dabei aber einen wichtigen Effekt. Ohne den Druck, dass der Bezirk das Vorkaufsrecht ausüben könnte, würden sich Erwerber nicht darauf einlassen, die Einhaltung der Ziele des Milieuschutzes verbindlich zuzusichern. Denn damit können sie die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden. Alleine in Neukölln wurden seit 2017 insgesamt 34 Abwendungsvereinbarungen unterzeichnet. Ohne Geldeinsatz wurden damit die Ziele des Milieuschutzes für 34 Häuser gesichert. Das sollte bei keiner Bilanz fehlen.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/vorkaufsrechte-ausueben-wo-es-geht-li.81368

Aus der Rubrik “Stadtentwicklungspolitik”:

 

Berliner Zeitung am 17.04.2020: Stadtentwicklung Neukölln übt Vorkaufsrecht beim „Luftbrückenhaus“ aus

Neuer Eigentümer wird die Genossenschaft Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin.

Wochenlang haben die Mieter des Häuserblocks Leine-/Ecke Oderstraße in Neukölln gebangt, wer neuer Eigentümer ihrer Wohnungen wird. Jetzt steht fest: Der Bezirk Neukölln hat das Vorkaufsrecht für die 164 Wohnungen des sogenannten Luftbrückenhauses ausgeübt – zugunsten der Genossenschaft Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin. Das teilte Neuköllns Stadtrat für Stadtentwicklung Jochen Biedermann (Grüne) am Donnerstag mit.

Neukölln hat zum dritten Mal in diesem Jahr sein Vorkaufsrecht ausgeübt. Nach der Zahl der Wohnungen ist das „Luftbrückenhaus“ das bisher größte Objekt. Das Haus verdankt seinen Spitznamen der Luftbrücke der West-Alliierten während der Blockade West-Berlins 1948/49. Der Häuserblock steht neben der ehemaligen Einflugschneise des Flughafens Tempelhof.

Der für das Vorkaufsrecht zuständige Stadtrat Biedermann bedankte sich am Donnerstag bei der Genossenschaft und sagte: „Ich freue mich sehr, dass Genossenschaften sich zunehmend engagieren. Gemeinsam können wir den Ausverkauf Berlins aufhalten.“ Noch allerdings ist die Entscheidung des Bezirk zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht rechtskräftig. Verkäufer und ursprünglicher Käufer haben die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen oder vor Gericht zu ziehen. „Nun heißt es abwarten, ob das Verfahren in die Verlängerung geht oder die Mieter schnell Sicherheit haben werden“, sagt Biedermann.

In Neukölln wurden seit 2017 elf Fälle, in denen das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, rechtsverbindlich entschieden. In vier weiteren Fällen sind Gerichtsverfahren anhängig. Außerdem wurden 34 Abwendungsvereinbarungen abgeschlossen.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/neukoelln-uebt-vorkaufsrecht-beim-luftbrueckenhaus-aus-li.81357

Aus der Rubrik “Stadtentwicklungspolitik”:

 

Pressemitteilung Bezirksamt Neukölln von Berlin am 16.04.2020: Neukölln übt Vorkaufsrecht aus – 164 Wohnungen sollen an Genossenschaft gehen

Das Bezirksamt Neukölln hat erneut sein Vorkaufsrecht ausgeübt. Der Häuserblock Leinestraße 28-36 / Oderstraße 28-29 am Tempelhofer Feld mit insgesamt 164 Wohnungen soll von der Genossenschaft Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin eG übernommen werden.

Neukölln hat damit zum dritten Mal in diesem Jahr das Vorkaufsrecht ausgeübt. Nach Wohnungszahl ist das sogenannte “Luftbrückenhaus” das größte Objekt, für das der Bezirk Neukölln bisher das Vorkaufsrecht geprüft hat. Berlinweit handelt es sich um den größten Vorkauf zugunsten einer Genossenschaft.

Der Bescheid ist noch nicht rechtskräftig. Verkäufer und ursprünglicher Käufer haben die Möglichkeit, Widerspruch gegen diese Entscheidung einzulegen.

Jochen Biedermann, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste hierzu: “Ich bedanke mich ganz herzlich beim Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin für die Bereitschaft, zur Ausübung des Vorkaufsrechts zur Verfügung zu stehen und für die wirklich unkomplizierte und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ich freue mich sehr, dass Genossenschaften sich zunehmend engagieren. Gemeinsam können wir den Ausverkauf Berlins aufhalten. Mit den Mieter*innen standen wir die gesamte Zeit in engem Kontakt. Sie haben ihrem Anliegen auf kreative Weise Gehör verschafft – trotz dieser schwierigen Zeiten. Auch dafür möchte ich mich bedanken. Nun heißt es abwarten, ob das Verfahren in die Verlängerung geht oder die Mieter*innen schnell Sicherheit haben werden.”

Hintergrund:
Käufer*innen können das Vorkaufsrecht durch die Unterzeichnung einer sogenannten Abwendungsvereinbarung verhindern. Diese soll analog zum Vorkauf die Bewirtschaftung des Hauses im Sinne des Milieuschutzes sichern und bietet den Mieter*innen damit einen zusätzlichen Schutz. Gibt der Käufer keine oder nur eine unzureichende Erklärung ab, kann der Bezirk das Vorkaufsrecht wahrnehmen. Käufer wie Verkäufer können – wie gegen jeden Verwaltungsakt – Widerspruch einlegen und ggf. auch dagegen vor Gericht gehen.

In mittlerweile elf Fällen konnte das Vorkaufsrecht bisher rechtssicher ausgeübt werden, seitdem der Bezirk im Jahr 2017 begonnen hat, dieses Instrument gegen die Verdrängung in Neukölln zu nutzen. In vier weiteren Fällen, in denen Neukölln das Vorkaufsrecht ausgeübt hat, sind Gerichtsverfahren anhängig. Zusätzlich konnte der Bezirk in dieser Zeit 34 Abwendungsvereinbarungen mit Käufer*innen schließen.

https://www.berlin.de/ba-neukoelln/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.920434.php

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist die Mietenbegrenzungsverordnung Berlin wirksam?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 154/19, Beschluss vom 04.11.2019) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: „Mit der Berufung hat sich die Beklagte – wie bereits erstinstanzlich – auf die Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Regelungen zur Begrenzung der Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten berufen, ferner auf eine – nie rechtskräftig gewordene – Entscheidung des Amtsgerichts Pankow-Weißensee zu angeblichen Begründungsmängeln der MietBegrV Berlin. Die Beklagte meinte, die (vermeintlichen) Begründungsmängel aus der Entscheidung des BGH vom 17. Juli 2019 (VIII ZR 130/18, die entsprechende Hessische Verordnung betreffend) herleiten zu können.

Auf eine Auseinandersetzung mit den ausführlichen Feststellungen der Kammer bereits in ihrer ersten Entscheidung vom 29. März 2017 (65 S 424/16) wurde vollständig verzichtet. So blieb es der Beklagten verborgen, dass die Argumentation des Amtsgerichts Pankow-Weißensee schon deshalb nicht tragen konnte, weil ihr die Feststellungen des BGH zur Berliner KappungsgrenzenVO und den dort ausführlich dargestellten Entscheidungsspielräumen (auch) des Landesgesetz- bzw. -verordnungsgebers entgegenstehen (vgl. schon BGH, Urt. v. 04.11.2015 – VIII ZR 217/14).

Alle Argumente der Beklagten aus der Berufungsbegründung hat das Bundesverfassungsgericht – wie im Hinweis bereits ausgeführt – für nicht durchgreifend angesehen, dies unter anderem unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung der Kammer und die des BGH vom 4. November 2015.

Die von ihr zitierten Vorlagen der ZK 67 des LG Berlin sind bereits unzulässig; die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung der ZK 64 des LG Berlin, die hinsichtlich der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 556d BGB vollumfänglich auf die Entscheidung der Kammer vom 29. März 2017 Bezug genommen hat, wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht nur festgestellt, dass die Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch § 556d Abs. 1 BGB unter keinem Gesichtspunkt gegen die Verfassung verstößt, sondern (selbstverständlich ebenfalls geprüft und) ausdrücklich auch festgestellt, dass die Mietenbegrenzungsverordnung für Berlin mit der Verfassung vereinbar ist (BVerfG, Beschl. v. 18.07.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18), sie insbesondere die verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Vorgaben des ermächtigenden Gesetzes – mit anderen Worten: des § 556d Abs. 2 BGB – wahrt (BVerfG, Beschl. v. 18.07.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18). Dabei ist es dem Bundesverfassungsgericht offenkundig auch gelungen, die Begründung der Verordnung durch den Senat von Berlin auch inhaltlich zu überprüfen; anders lässt sich die Feststellung nicht erklären, dass der Senat von Berlin sich “an den in § 556d Abs. 2 Satz 3 BGB aufgeführten vier Kriterien orientiert und jeweils anhand statistischer Daten aus der Zeit unmittelbar vor Erlass der Verordnung nachvollziehbar begründet hergeleitet (hat), dass jedes dieser Kriterien für das Stadtgebiet von Berlin erfüllt ist (Abschnitt A. a) Nr. 4 der Verordnungsbegründung vom 28. April 2015 – StadtUm IV A 36 / IV A 4-)“, vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.07.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18).

Soweit die Beklagte nunmehr meint, die Bekanntmachung der MietenbegrenzungsV Berlin genüge – entgegen den Feststellungen des BVerfG zur Einhaltung der verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 556d Abs. 2 BGB – nicht den Anforderungen, die der BGH im Zusammenhang mit der Hessischen Verordnung aufgestellt hat, so trifft dies schon deshalb nicht zu, weil die Beklagte wiederum unzureichend die am Wortlaut des Gesetzes sowie seinem Sinn und Zweck orientierten Maßstäbe des BGH zur Kenntnis genommen hat und auf eine Google-Recherche verkürzt. Weder dem Wortlaut des § 556d Abs. 2 BGB noch den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber sich eine von gesetzlich geregelten Rahmen abweichende Veröffentlichung vorgestellt hat. Dies hätte vielmehr einer gesonderten Regelung bedurft, an der es ersichtlich fehlt. Eine abweichende Beurteilung durch den BGH lässt sich der Entscheidung vom 17. Juli 2019 mitnichten entnehmen, wobei sich dann immerhin auch die Frage stellte, wie sich eine abweichende Beurteilung der Anforderungen durch den BGH im Verhältnis zu den Feststellungen BVerfG darstellt. Auch dazu verhält die Beklagte sich nicht einmal ansatzweise.

Die Kammer nimmt im Übrigen zur Frage der amtlichen Bekanntmachung und öffentlichen Zugänglichkeit entsprechend den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen des hier einzuhaltenden Normgebungsverfahrens zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung ihrer Entscheidung vom 10. Oktober 2019 Bezug (65 S 107/19, BeckRS 2019, 24301).”

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

Berliner Kurier am 15.04.2020: Heftige Kritik Preis-Schock für Tausende Sozialmieter in Berlin

Für Sozialwohnungen gilt der Berliner Mietendeckel nicht. Für mehrere Tausend Sozialwohnungen wurden deswegen zu Beginn des Jahres die Mieten angehoben. Mit dabei: Die landeseigenen Unternehmen Degewo, Gesobau und Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Das sorgt für Ärger in der Regierungskoalition.

„Der Senat steht in der Pflicht, besonders einkommensschwache Mieter in unserer Stadt zu entlasten und deshalb sollte er darauf hinwirken, dass alle landeseigenen Wohnungsunternehmen auf erhöhte Mietzahlungen komplett verzichten“, sagt die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger.

„Es sind zwar keine hohen Mietzahlungen, es geht aber auch um ein Signal an die Berliner Sozialmieter, dass auch sie genauso geschützt werden wie Mieter, deren Wohnungen unter den Mietendeckel fallen“, sagt Schmidberger. Die meisten Mieterhöhungen sprach die Degewo aus. Sie erhöhte für rund 7800 Sozialwohnungen die Miete – im Schnitt um sechs Euro pro Wohnung. „Gerade angesichts der Corona-Krise und der Einkommenssituation der Sozialmieter ist jeder Euro Mieterhöhung zu viel und muss zurückgenommen werden“, fordert die Grünen-Abgeordnete.

Der CDU-Abgeordnete Christian Gräff sagt, es sei „der falsche Zeitpunkt für Mieterhöhungen“. Die Anhebungen zeigten aber auch, dass die landeseigenen Unternehmen wirtschaftlich überfordert seien.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erklärt, dass die landeseigenen Unternehmen in der Corona-Krise nach einem Senatsbeschluss vom 24. März für sechs Monate auf Mieterhöhungen verzichten sollen. Vor dem 24. März ausgesprochene Mieterhöhungen, die erst danach wirksam werden sollten, würden „grundsätzlich zurückgenommen“, wie bei der Gewobag. Für Mieter, die vor dem 24. März eine Erhöhung erhielten, gebe es Hilfen wie eine Härtefallregelung.

https://www.berliner-kurier.de/wohnen/preis-schock-fuer-tausende-sozialmieter-in-berlin-li.81293