Archiv für den Monat: Mai 2020

AMV im Lichte der Presse:

 

staaken.info am 07.05.2020 – Gewobag: 128 Mietnachlässe verlängert – Mietanpassung für alle „nur” verschoben

Ob das Verwirrspiel der letzten Wochen um Mieterhöhungen, die mal verkündet, mal zurückgenommen und dann doch nicht …, nun ein Ende hat, wird man sehen.  Eines aber ist klar, aktuell gibt es nur Erfreuliches für alle alten und neuen Mietparteien der Gewobag in der Großwohnsiedlung beiderseits der Heerstraße in Spandau: Die Miete bleibt vorerst wie sie ist.

Ganz besonders freuen können sich die exakt 128 neue Gewobag-Mieter*innen, denen noch von den früheren Eigentümerinnen GSW bzw. ADO befristete Mietnachlässe bis zum 31. 12. 2019 gewährt wurden, die – ohne vorherige Ankündigung von der Gewobag aufgehoben wurden (s. Artikel vom 19.02.2020).

Die sind nun doch von der Gewobag – ohne Einzelfallprüfung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – akzeptiert und bis zum 31.12. 2020 verlängert worden. Eine Entscheidung über den Fortbestand des Nachlasses im Jahr 2021 wird nach Vorlage von Einkommens- und ggf. Wohngeldbescheiden gefällt.

Der – nicht nur in dieser Frage – im Stadtteil besonders mit Beratung von Mietern und Mieterinitiativen aktive Spandauer Mieterbund AMV drückt die Hoffnung aus, dass auch über den Jahreswechsel hinaus die Gewobag „sozial verträgliche Lösungen“ für die betroffenen Mietparteien finden wird.

Vorerst „nur“ aufgeschoben ist jedoch die angekündigte Mieterhöhung bzw. Mietanpassung zum 1. Mai 2020, aufgrund der am Verbraucherpreisindex orientierten und für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau gesetzlich zulässigen Anpassung der Instandhaltungs- und Verwaltungspauschale. Die wurde noch rechtzeitig vor Ultimo wieder zurückgenommen. Jedoch verbunden mit der Ankündigung einer „Neuberechnung der Miete“ zum 1. Oktober des Jahres.

Und das obwohl am 27. März 2020 von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch ganz stolz der Presse verkündet wurde:

Für Mieterinnen und Mieter im Sozialen Wohnungsbau gibt es keine Mieterhöhungen in den nächsten beiden Jahren“ (s. Pressemitteilung vom 27.3.)

Dumm nur, dass nicht nur die in der o.a. Pressemeldung angesprochene alljährlich zum 1.4. anstehende Erhöhung um 13 Cent pro qm anstand sondern auch die alle drei Jahre – zuletzt in 2017 – erfolgende Anpassung der Instandhaltungs- & Verwaltungspauschale entsprechend dem Preisindex, die eine Erhöhung um 4,84% möglich machte.

Schön, dass die Gewobag darauf verzichtet, diesen Möglichkeit der Umlage auf die Miete schon zum 1. Mai auszunutzen. Weniger schön aber, das nur fünf Monate später im Rahmen der Neuberechnung nachzuholen und dabei im Widerspruch steht nicht nur zur Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher – „keine Mieterhöhung in den nächsten beiden Jahren“ – sondern auch zur eigenen Unternehmenssprecherin Anne Grubert –“wir nehmen die Mieteranpassung zum 1. Mai zurück“ (s. Berliner Zeitung v. 14.4.).

Die Krux scheint wohl zu sein, dass einerseits von Seiten des Senats so getan wurde als ob der Mietendeckel sozial verträgliche Mieten für alle sichert, man aber das Gesetz mit zu vielen Ausnahmen – u.a. ausgerechnet sogar für den Sozialen Wohnungsbau der landeseigenen Gesellschaften – gründlich durchlöchert hat.

Zum Schluss noch einmal der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund AMV:

„Der AMV erwartet von der Gewobag und allen landeseigenen Wohnungsgeselschaften, dass sie nicht nur die jährlich zum 1. April anstehenden Mieterhöhungen im Sozialen Wohnungsbau um jeweils 0,13 €/m² Wohnfläche monatlich für die nächsten zwei Jahre aussetzt, sondern auch auf die Anpassung der Verwaltungs- und Instandhaltungskosten komplett verzichtet, um  besonders einkommensschwache Mieter zu entlasten. Die Berliner Sozialmieter müssen genauso geschützt werden wie Mieter, deren Wohnungen unter den Mietendeckel fallen.“

https://www.staaken.info/2020/05/gewobag-128-mietnachlaesse-verlaengert-mietanpassung-fuer-alle-nur-verschoben/

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

Berliner Morgenpost am 06.05.2020: Normenkontrolle – Verfassungsklage gegen Berliner Mietendeckel eingereicht

Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU und der FDP haben einen Antrag auf Normenkontrolle eingereicht. Das Land verletze die Verfassung.

Das juristische Gezerre um den Mietendeckel geht in die nächste Runde. Am Mittwoch haben Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU und FDP eine sogenannte abstrakte Normenkontrolle gegen das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln), den sogenannten Mietendeckel, beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Union und Liberale halten das Gesetz für verfassungswidrig, weil es die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers für das Mietrecht missachtet. Mit dem Mietendeckel will der rot-rot-grüne Senat die Mieten in der Hauptstadt für fünf Jahre auf ein gesetzlich festgelegtes Niveau begrenzen.

Verfassungsklage gegen Berliner Mietendeckel: „Ein starkes politisches Signal“

„Die rot-rot-grüne Koalition hat ein beispielloses Chaos auf dem Berliner Wohnungsmarkt verursacht“, begründete Jan-Marco Luczak, der das Verfahren für die Abgeordneten der CDU/CSU koordiniert. Es sei ein untragbarer Zustand, dass Millionen von Mietern und Vermietern mit sich widersprechenden Rechtsbefehlen konfrontiert werden. „Niemand weiß mehr, ob er sich an Bundes- oder Landesrecht halten soll“, sagte Luczak weiter. Mit der abstrakten Normenkontrolle wolle man nun möglichst schnell wieder Rechtssicherheit herstellen.

Insgesamt 284 Bundestagsabgeordnete unterstützen nach Angaben Luczaks die abstrakte Normenkontrolle. Allein 204 Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU hätten den Antrag unterschrieben. Damit haben allerdings nicht alle Mitglieder der Unionsfraktion den Antrag unterstützt: Insgesamt stellen CDU und CSU 246 Abgeordnete im Bundestag. Von der FDP-Fraktion haben dagegen alle 80 Mitglieder unterschrieben.

„Es ist ein starkes politisches Signal, dass wir das notwendige Quorum von einem Viertel der Mitglieder des Bundestages aus eigener Kraft deutlich übertroffen haben“, wertete Luczak das Ergebnis. Mit den Unterschriften aus der FDP-Fraktion würden nun insgesamt 40 Prozent aller Bundestagsabgeordneten Karlsruhe anrufen.

https://www.morgenpost.de/berlin/article229054967/Verfassungsklage-gegen-Berliner-Mietendeckel-eingereicht.html

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

DER TAGESSPIEGEL am 06.05.220: Klage von CDU/CSU und FDP – Berliner Mietendeckel kommt vors Bundesverfassungsgericht

Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP im Bundestag reichen am Mittwoch einen Antrag auf Normenkontrolle in Karlsruhe ein. Senatorin Lompscher begrüßt das sogar.

Der Berliner Mietendeckel kommt vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe: Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben ihre Normenkontroll-Klage gegen das Gesetz des Landes Berlin fertig gestellt und legen diese am Mittwoch dem obersten Gericht zur Entscheidung vor.

Kern des Vorwurfs: Mit der erstmals überhaupt von einem Bundesland verfügten gesetzlichen Regulierung der Mieten würden bestehende Regelungen des Bundes zum Mieterschutz verdrängt. Dies sei ein unzulässiger „Übergriff in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers“.

Berlins Gesetz zum Mietendeckel bewege sich „im verfassungsrechtlichen Niemandsland“, sagte Jan-Marco Luczak. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion für Recht und Verbraucherschutz ist einer der Initiatoren der Klage. Hinter die „abstrakte Normenkontrolle“ hätten sich 284 Bundestagsabgeordnete gestellt, 204 Parlamentarier aus der Union sowie 80 aus der FDP-Fraktion. Das seien 40 Prozent aller Bundestagsabgeordneten überhaupt.

CDU-Rechtsexperte Luczak: “Stoppzeichen gegen Übergriff”

CDU-Rechtsexperte Luczak, selbst direkt gewählter Abgeordneter aus Tempelhof-Schöneberg, nannte die Klage „ein Stoppzeichen“: Die Abgeordneten seien nicht bereit „den Übergriff in unsere Kompetenz als Bundesgesetzgeber hinzunehmen“.

Luczak zufolge würden die „vielen mieterschützenden Regelungen“ des Bundes „in Berlin durch den Mietendeckel verdrängt“. Als „populistische Scheinlösung“ helfe der Mietendeckel den Menschen nicht, sondern schade ihnen vielmehr. Denn der „dringend benötigter Neubau wird verhindert, der alters- und klimagerechte Umbau von Wohnungen torpediert“.

Hinzu komme, dass der Mietendeckel Mieter begünstige, die staatlicher Hilfe nicht bedürften: „Gut situierte Mieter in teuren, sanierten Altbauwohnungen in bester Citylage profitieren von ihm am meisten.“ Während sich dort die Miete oftmals halbiere, hätten Mieter in Marzahn nichts vom Mietendeckel. Ungerecht sei der Mietendeckel ferner, weil auch „soziale Vermieter wie Genossenschaften in wirtschaftliche Existenznot“ gerieten „und private Kleinvermieter um ihre Altersvorsorge gebracht“ würden.

Stadtentwicklungssenatorin Lompscher “begrüßt notwendige Klärung”

Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher (Linke) sagte auf Anfrage: „Wir haben die gerichtliche Überprüfung erwartet und begrüßen die notwendige Klärung, um die bestehende Unsicherheit bei Mieterinnen und Mietern zu beenden.“

https://www.tagesspiegel.de/berlin/klage-von-cdu-csu-und-fdp-berliner-mietendeckel-kommt-vors-bundesverfassungsgericht/25803582.html

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

rbb24.de am 06.05.2020: Überprüfung in Karslruhe – Mietendeckel: Union und FDP reichen Normenkontrollklage ein

Das Bundesverfassungsgericht soll den Mietendeckel in Berlin überprüfen – dazu wollen die Bundestagsfraktionen von FDP, CDU/CSU am Mittwoch eine Normenkontrollklage einreichen. Das Land Berlin habe mit dem Mietendeckel seine Befugnisse überschritten, hieß es.

FDP und CDU/CSU im Bundestag lassen den Berliner Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht überprüfen. Sie reichen an diesem Mittwoch in Karlsruhe eine Normenkontrollklage gegen die Maßnahme ein, die den starken Anstieg der Mieten in der Hauptstadt dämpfen soll. “Das Land Berlin verletzt mit seinem Mietendeckel die Verfassung”, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. “Es hat seine Befugnisse eindeutig überschritten. Das Mietrecht ist Sache des Bundesgesetzgebers.”

FDP sieht sich in der Pflicht

“Insbesondere weil der Berliner Mietendeckel wirtschaftlich katastrophale Folgen nach sich zieht, sehen wir uns ganz besonders in der Pflicht, ihn vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall zu bringen”, so Buschmann weiter. Viele Vermieter seien Privatpersonen, die durch eine Immobilie fürs Alter vorsorgen wollten. Ihre bisherige Kalkulation werde nun gefährdet. “Diese rechtswidrige Zumutung wollen wir beseitigen”, sagte Buschmann.

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2020/05/mietendeckel-normenkontrollklage-fdp-cdu-csu.html

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

Berliner Zeitung am 03.05.2020: Kommentar Begrenzt die Mieten für Sozialwohnungen!

Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin muss endlich dafür sorgen, dass die Haushalte in den Sozialwohnungen entlastet werden.

Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin hat ihre Arbeit 2016 mit dem Versprechen angetreten, den teuren sozialen Wohnungsbau zu reformieren. Die Mieten sollten „gesenkt und nach dem Einkommen der Mieter“ gestaffelt werden – so formulierten es SPD, Grüne und Linke im Koalitionsvertrag.

Die Zielsetzung war richtig und sie ist es noch immer, weil manche Sozialwohnung teurer als eine Wohnung auf dem freien Markt ist. Nur: Bislang sind alle Reformbemühungen gescheitert. Das ist bitter für all jene Haushalte, die auf Entlastung gehofft hatten.

Für einen Teil der Sozialwohnungen konnte zwar der weitere Mietanstieg verhindert werden, aber nicht für alle. So gibt es noch immer Fälle wie den eines Charlottenburger Mieters, dessen Miete in zwei Schritten vom Dezember 2018 bis Dezember 2019 um mehr als 100 Euro auf 728 Euro gestiegen ist.

Das zeigt nicht nur, wie dringend notwendig die Reform des sozialen Wohnungsbaus ist. Es zeigt sich zugleich, dass der 2017 eingeführte Mietzuschuss in der Praxis an seine Grenzen stößt. Er wird nämlich nur für die Wohnfläche gezahlt, die als angemessen gilt.

Das klingt nachvollziehbar, entspricht aber nicht immer der Lebenswirklichkeit. Denn wenn sich die Familienverhältnisse ändern, ist eine Wohnung, die für zwei Personen noch angemessen war, für eine Person plötzlich unangemessen groß. In eine kleinere Wohnung umzuziehen ist im sozialen Wohnungsbau jedoch schwer möglich.

Mit dem Mietendeckel hat die Koalition einen Versuch gestartet, um die Mieten auf dem freien Markt einzufrieren. Nun muss die Koalition dafür sorgen, dass die Haushalte in den Sozialwohnungen  entlastet werden. Versprochen ist versprochen.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/begrenzt-die-mieten-fuer-sozialwohnungen-li.82699

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

Berliner Zeitung am 03.05.2020: Neue Berechnung – Warum Mieten für bestimmte Sozialwohnungen steigen

Sozialwohnungen sind teuer. Wer auf zu großer Fläche lebt, bekommt seit kurzem weniger Mietzuschuss.

Sozialwohnungen in Berlin sind teuer. Wenn Mieter mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Warmmiete aufbringen, haben sie deswegen Anspruch auf einen Mietzuschuss. Doch ausgerechnet für manche der Bedürftigen wurde der Zuschuss verringert – weil er vorher angeblich zu hoch war.

Peter Müller (Name geändert), 62, ist enttäuscht. Bis Ende 2019 bekam der Arbeitslose für seine 59 Quadratmeter große Sozialwohnung in Charlottenburg noch einen Mietzuschuss von 148 Euro monatlich. Doch seit Januar sind es nur noch 56,78 Euro. Die Differenz muss Müller aus seinem Arbeitslosengeld II in Höhe von 432 Euro bezahlen. „Ich habe ein Gesamteinkommen von 1061,80 Euro inklusive des Mietzuschusses von 56,78 Euro und eine Miete von 728 Euro“, rechnet Müller vor. „Mir bleiben also 333,80 Euro zum Leben.“

Dass sich der Mietzuschuss verringert hat, liege an einer „neuen Berechnungsmethode“, teilte die Firma ZGS Consult mit, als Müller dort nachfragte. Die ZGS war bis 2019 für die Bearbeitung der Mietzuschuss-Anträge zuständig. Nach Darstellung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung steckt hinter dem Fall allerdings mehr als nur eine andere Berechnungsmethode. Behördensprecherin Katrin Dietl sagt, „bei einer Routineprüfung“ sei eine aus Sicht ihres Hauses „nicht gesetzeskonforme Berechnung“ entdeckt worden. Dabei geht es um angeblich zu hoch ausgefallene Mietzuschüsse für sogenannte übergroße Wohnungen.

Das sind Wohnungen, die über mehr Fläche verfügen als den Mietern zusteht. Ein-Personen-Haushalte etwa haben nur Anspruch auf 50 Quadratmeter. Im Fall von Peter Müller deckte der Zuschuss anfangs auch einen Teil der nicht als angemessen eingestuften Wohnungsgröße ab. Seit Mai 2019 sei die Berechnungsmethode umgestellt worden, sagt Dietl. „Wir gehen von circa 180 Fällen aus, in denen ein zu hoher Mietzuschuss in einer nach dem Gesetz zu großen Wohnung gezahlt wurde“, so die Sprecherin. Dadurch sei „eine Überzahlung von rund 600.000 Euro“ entstanden.

Die durchschnittliche Quadratmetermiete belief sich im November 2019 in Sozialwohnungen, die über 30 Jahre gefördert wurden, auf 6,52 Euro (kalt). Bei Beständen, für die nach 15 Jahren keine Anschlussförderung für weitere 15 Jahre gezahlt wurde, belief sie sich auf 7,35 Euro. Rechtlich zulässig wären im Schnitt sogar 12,17 Euro. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Miete auf dem freien Markt beläuft sich laut Mietspiegel 2019 auf 6,72 Euro je Quadratmeter.

Eigentlich hatte Rot-Rot-Grün eine Reform des sozialen Wohnungsbaus versprochen. Die Mieten sollten „gesenkt und nach dem Einkommen der Mieter“ gestaffelt werden. Doch die Reform lässt auf sich warten. Die Stadtentwicklungsverwaltung räumt ein, dass die bisherigen Anläufe gescheitert sind. Es werde aber „so schnell wie möglich einen weiteren Versuch“ geben, die Berechnung der Kostenmieten im sozialen Wohnungsbau landesrechtlich zu regeln.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/neun-quadratmeter-zu-viel-li.82670

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

 

Landgericht Berlin – 64 S 95/15, Urteil vom 29. April 2020

Pressemitteilung Nr.: 29/2020 vom 29.04.2020:

Landgericht Berlin: Auftrag eines Mieters an eine Legal-Tech-Plattform, die „Mietpreisbremse“ durchzusetzen, ist nach der gegenwärtigen Fassung des Rechtsdienstleistungsgesetzes keine vergütungspflichtige Inkassodienstleistung

Die für Berufungen in Mietsachen zuständige Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2020 in dem heute in öffentlicher Sitzung verkündeten und dabei mündlich kurz begründeten Urteil entschieden, dass die Rückforderung einer von einem Mieter an seine Vermieterin unter Vorbehalt gezahlten überhöhten Miete nicht mehr als „eigenständige“ Inkassodienstleistung im Sinne der aktuellen Fassung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) bewertet werden könne, wenn der Auftrag des Mieters an die für ihn handelnde Legal-Tech-Plattform darüber hinausgehend gelautet habe, für ihn die „Mietpreisbremse“ bei der Vermieterin durchzusetzen und die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete auf das höchstzulässige Maß herabzusetzen.

Zwar könne die Klägerin – eine als Inkassodienstleisterin zugelassene Legal-Tech-Plattform – aus dem an sie abgetretenen Recht des Mieters eine gegen die Vorschriften der „Mietpreisbremse“ verstoßende und von dem Mieter an seine Vermieterin gezahlte überhöhte Miete zurückfordern. Da diese Tätigkeit hier jedoch als Mittel zum Zweck der Durchsetzung der „Mietpreisbremse“ und nicht als „eigenständige“ Inkassotätigkeit im Sinne des RDG zu bewerten sei, könne die Klägerin dafür keine Vergütung nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) beanspruchen und daher auch nicht von der Vermieterin einklagen.

In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit hatte das Amtsgericht Charlottenburg eine u. a. auf Auskunft über vergangene Mieterhöhungen und Modernisierungen, auf Rückzahlung einer überhöhten Monatsmiete sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage gegen eine Vermieterin mit Urteil vom 22. März 2019 in der ersten Instanz abgewiesen. Auf die dagegen eingelegte Berufung der klagenden Legal-Tech-Plattform, die gewerblich u.a. die Rechte von Wohnraummietern aus den Vorschriften der sog. „Mietpreisbremse“ (§§ 556d ff. BGB) geltend macht und die sich dafür Rechte des Mieters gegen seine Vermieterin hatte abtreten lassen, haben die Richter der Zivilkammer 64 mit ihrem heutigen Urteil die Entscheidung der ersten Instanz zu den geltend gemachten Auskunftsansprüchen bestätigt, aber der Klage auf Rückzahlung einer überhöhten Monatsmiete im Ergebnis stattgegeben. Die Zivilkammer 64 – so der Vorsitzende in der heutigen Urteilsbegründung – habe bereits in anderen Verfahren entschieden, dass die gesetzlichen Vorschriften über die „Mietpreisbremse“ einschließlich der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung wirksam seien und daher der überhöhte Teil der Monatsmiete zurückzuzahlen sei.

Die eigentliche Bedeutung dieses Urteils liegt aber darin, dass nach Auffassung der Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin der vom Mieter an die Legal-Tech-Plattform erteilte Auftrag zur Durchsetzung der „Mietpreisbremse“, auch wenn er die Rückforderung einer vom Mieter gezahlten überhöhten Monatsmiete umfasst, nicht mehr als „eigenständige“ Inkassodienstleistung im Sinne der aktuellen Fassung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) bewertet werden könne. Daher könne die Klägerin für diese Tätigkeit auch keine Vergütung nach dem RVG – im konkreten Fall vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 534,31 Euro nebst Zinsen – beanspruchen.

Die Zivilkammer 64 – so der Vorsitzende in der heutigen Urteilsbegründung – folge zwar der Auffassung des Bundesgerichtshofs in dessen Urteil vom 29. November 2019 – VIII ZR 285/18 –, wonach der Begriff der Inkassotätigkeit ausweislich der Gesetzesbegründung des RDG weit auszulegen sei, um neuen Berufsbildern nicht von vorne herein den Weg zu verstellen und den Bereich der Rechtsberufe und der freien Berufe zu entbürokratisieren und zu liberalisieren.

Im hier zu entscheidenden Fall sei aber angesichts des zur Beauftragung der Klägerin dienenden und mit den Worten „Mietsenkung beauftragen“ beschrifteten Buttons auf ihrer Homepage das Interesse des Mieters nicht darauf gerichtet gewesen, die nach Ausspruch der Rüge wegen Verstoßes gegen die „Mietpreisbremse“ unter Vorbehalt gezahlte Miete teilweise zurück zu erlangen, also Zahlungsansprüche durchzusetzen. Vielmehr habe die Klägerin dem Mieter versprochen, seine Rechte aus den gesetzlichen Vorschriften über die „Mietpreisbremse“ nach Kräften durchzusetzen und die Vermieterin dazu zu bringen, die vertraglich vereinbarte Miete auf das gesetzlich zulässige Maß zu reduzieren. Auch die Vergütung der Klägerin habe nicht etwa vom Gesamtbetrag der insgesamt erfolgreich zurückgeforderten Mietzahlungen, sondern vom Jahresbetrag der durchzusetzenden Mietreduzierung abhängen sollen.

Nicht anders als im Falle der Abwehr einer ungerechtfertigten Mieterhöhung, die auch nach der Gesetzesauslegung des Bundesgerichtshofs nicht mehr als Inkassodienstleistung im Sinne des RDG begriffen werden könne, könne daher nach Auffassung der Richter der Zivilkammer 64 – angesichts des gegenwärtigen Wortlauts des RDG und angesichts des viel weiter gehenden an die Klägerin erteilten Auftrags – die Rückforderung einer überhöhten Miete nicht als „eigenständige“ Inkassodienstleistung angesehen werden, sondern diene der Anspruchsabwehr. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende der Zivilkammer 64 ergänzend ausgeführt, dass es aus Sicht der Kammer erforderlich sei, dass der Gesetzgeber durch eine Konkretisierung des RDG klarstelle, ob auch solche weiter gehenden Tätigkeiten wie die der Klägerin im hiesigen Fall noch als zulässige Inkassodienstleistung bewertet werden sollen.

Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Zivilkammer 64 hat die Revision zum Bundesgerichtshof mit der Begründung zugelassen, dass sie mit ihrem Urteil von der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs abweiche. Eine Revision kann beim Bundesgerichtshof innerhalb von einem Monat ab förmlicher Zustellung des Urteils eingelegt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten muss auf die schriftlichen Urteilsgründe verwiesen werden. Nach den Presserichtlinien kann über diese aber erst berichtet werden, wenn das heute verkündete Urteil den Parteien in schriftlicher Form zugestellt wurde bzw. alle Verfahrensbeteiligten dieses Urteil sicher erhalten haben.

https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2020/pressemitteilung.926987.php