Archiv für den Monat: Oktober 2018

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Kann die Berliner Betriebskostenübersicht herangezogen werden, um zu beurteilen, ob bei den Hauswartkosten das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB eingehalten worden ist?

Die Antwort des Amtsgerichts Mitte (AG Mitte – 18 C 46/17, Urteil vom 09.04.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Mitte in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “1. Gegenüber dem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 305,34 Euro steht dem Beklagten gegenüber der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 i.V.m. 241 Abs. 2 BGB, i.V.m. § 556 Abs. 2 BGB in Höhe von 304,72 Euro wegen überhöhter Hauswartkosten zu, welcher auf Freihaltung gerichtet ist.

Insofern hat die Klägerin schuldhaft gegen die Pflicht zur Einhaltung des Gebots der Wirtschaftlichkeit verstoßen.

a) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bezeichnet die vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der – nach entsprechender Vereinbarung – vom Mieter zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen. Eine Verletzung dieser Pflicht durch den Vermieter kann zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters führen, der sich auf dessen Freihaltung von den unnötigen Kosten richtet (vgl. BGH, Urteil vom 06. Juli 2011 – VIII ZR 340/10 -, Rn. 13).

Diese Pflicht besagt, dass nur solche Kosten umgelegt werden dürfen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Maßgeblich ist dabei der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2010 – XII ZR 129/09); WuM 2008, 39).

Dabei verkennt das erkennende Gericht nicht, dass der Grundsatz für den Vermieter durchaus einen Ermessensspielraum enthält, den er einzelfallorientiert unter Berücksichtigung eines zumutbaren Zeit- und Organisationsaufwandes ausüben muss (vgl. Milger NZM 2012, 664) Letztendlich beinhaltet der Begriff der Wirtschaftlichkeit das Gebot der Sparsamkeit (Milger a.a.O.)

b) Der Vermieter muss sich bemühen, einen günstigen Vertrag abzuschließen. So muss er sich zunächst einen Marktüberblick verschaffen und Vergleiche anstellen (vgl. KG NZM 2011, 487). Er darf sich bereits im Normalfall nicht auf die Einholung eines einzelnen Angebots beschränken. Dass die Klägerin dies vor Abschluss des Vertrags mit der Firma ### Liegenschaften getan hätte, hat diese nicht vorgetragen.

2. Das erkennende Gericht hat den Einwand des Beklagten hinsichtlich eines Verstoßes gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit im vorliegenden Verfahren auch zu berücksichtigen.

a) Zwar hat im vorliegenden Verfahren lediglich der Mitmieter ### unter dem 02.12.2014 Widerspruch erhoben und der Beklagte erstmals Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid unter dem 13.03.2017 erhoben und sodann mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.10.2017 substantiiert Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung von 2012 erhoben.

b) Auf diese Einwendungen findet die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB indes keine Anwendung, denn die Ausschlussfrist des § 556Abs. 3 Satz 5 BGB findet auf Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach überwiegender Auffassung überhaupt keine Anwendung (vgl. Zehelein in Langenberg/Zehelein Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Aufl. 2016, J 75; derselbe NZM 2014, 269; Derckx NZM 2014, 372; a.A. Streyl NZM 2013, 97, 100; Flatow WuM 2012, 235, 237).

c) Bei dem Gebot der Wirtschaftlichkeit handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs um eine Nebenpflicht, die den Vermieter trifft (vgl. BGH NZM 2011, 705).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Urteil vom 13. 6. 2007 – VIII ZR 78/06 = NZM 2007, 563; BGH, Urteil vom 28. 11. 2007 – VIII ZR 243/06 = NZM 2008, 78) ist der Wirtschaftlichkeitseinwand des Mieters von der Betriebskostenabrechnung selbst abgekoppelt zu begreifen: Er steht in keinem direkten Zusammenhang mit der Abrechnung, insbesondere nicht mit der Frage ihrer Richtigkeit. Die Ausschlussfrist dient allein der Klärung, welche Ansprüche dem Vermieter aus der Abrechnung zustehen, nicht aber dazu, ob er sie auch tatsächlich durchsetzen oder ob der Mieter einer Nachforderung oder Erhöhung der Vorauszahlungen eigene Ansprüche entgegenstellen kann. Zudem greift der Schutzzweck der Ausschlussfrist nicht, weil der Vermieter die Abrechnung nicht korrigieren kann/darf und Fragen der Beweismöglichkeiten sich angesichts der umfassenden Darlegungs- und Beweislast des Mieters nicht stellen. Schließlich ist der Zeitrahmen der Einwendungsfrist nicht auf das betriebskostenrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot zugeschnitten (vgl. NZM, Zehelein, 2014, 369, beck-online).

Der Klägerin ist zuzugeben, dass die Regelung des § 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB bezweckt, dass in absehbarer Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche besteht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2016 – VIII ZR 209/15).

Gleichwohl ist es nach Auffassung des Gerichts dogmatisch unzutreffend, in Ansehung der Einordnung des Wirtschaftlichkeitsgebots als vertragliche Nebenpflicht, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 280Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB auslöst (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – XII ZR 170/13), diesen dem Einwendungsausschluss des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB unterfallen zu lassen. Dies hat der Bundesgerichtshof auch bisher nicht entschieden.

3. Dem Gericht steht ein Schätzungsermessen hinsichtlich der Höhe der Betriebskosten auf der Grundlage des örtlichen Betriebskostenspiegels zu (vgl. AG Naumburg, Urteil vom 25. Januar 2016 – 12 C 270/15).

a) Für die Leistungen des Hauswarts im Haus Emdener Straße 2 wird vorliegend ein Betriebskostenanteil des Beklagten bei einer Fläche von 127,32 qm, bei Annahme von Betriebskosten in Höhe von insgesamt 0,47 Euro pro qm/Monat, mithin insgesamt in Höhe von 718,08 Euro gemäß § 287 ZPO geschätzt.

b) Zwar hat die Klägerin insoweit Hauswartkosten in Höhe von 1022,80 Euro belegt, jedoch verstößt die Klägerin mit der Verursachung dieses Kostenumfangs gegen das unter Ziffer 1. dargestellte Wirtschaftlichkeitsgebot.

c) Der für eine entsprechende Pflichtverletzung darlegungspflichtige Beklagte hat unter Hinweis auf den örtlichen Betriebskostenspiegel von 2015, welcher die Betriebskostenabrechnungen des Jahres 2013 betrifft, dargelegt, das in der Region entsprechende Betriebskosten im Hinblick auf den Hauswart in Höhe von 0,18 Euro, im Hinblick auf die Gebäudereinigung in Höhe von 0,15 Euro, im Hinblick auf Schneebeseitigung in Höhe von 0,09 Euro und im Hinblick auf die Gartenpflege in Höhe von 0,09 Euro üblich sind. Das Gericht weist insoweit darauf hin, dass sich der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.01.2018 benannte Betriebskostenspiegel von 2013 auf das Abrechnungsjahr 2011 bezog.

Nach der Berliner Betriebskostenübersicht 2015, welche sich auf das Abrechnungsjahr 2013 bezieht (vgl. Anlage B3, Bl. 86 d.A.), berechnen sich die streitigen Positionen, welche von der Firma ### Liegenschaften GmbH als Hauswart-Positionen abgerechnet werden, wie folgt:

Berliner Betriebskostenübersicht 2015 (Grundlage: Betriebskostenabrechnungen 2013)
Abrechnungsjahr 2013 Angaben in Euro/qm; monatlich
Betriebskostenart Unterer Spannenwert Mittelwert Oberer Spannenwert
________(4/5- Spanne) (4/5-Spanne)

Hauswart/Hausmeister _ 0,06 0,18 0,36
Gebäudereinigung und _ 0,06 0,15 0,26
Ungezieferbekämpfung ________ 
Schneebeseitigung __ 0,01 0,05 0,10
Gartenpflege ____ 0,01 0,09 0,19_

Der von der Klägerin berechnete Anteil in Höhe von 0,67 Euro/qm/Monat übersteigt demnach den mittleren Wert.

d) Bei einer entsprechenden Abweichung von einem regionalen Betriebskostenspiegel wie vorliegend dem Betriebskostenspiegel Berlin 2015 ist eine Beweislastumkehr anzunehmen bzw. widerlegbar zu vermuten, dass der Vermieter gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit verstoßen hat (vgl. Blank in Blank/Börstinghaus Mietrecht 4. Auflage BGB § 556 Rz 155 a.E.).

e) Der Berliner Mietkostenspiegel 2015 stellt – auch im vorliegenden Fall – eine taugliche Schätzgrundlage dar.

Gern. § 287 Abs. 2 ZPO gilt § 287 Abs. 1 ZPO entsprechend für die Schätzung der Höhe vermögensrechtlicher Ansprüche, wenn wie vorliegend die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Demnach soll das Gericht die Höhe der Forderung frei schätzen, wobei in Kauf genommen wird, dass die richterliche Schätzung unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (vgl. BGH NJW 2013, 525). Die Schätzung darf jedoch nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 287 ZPO, Rn. 4).

Dies ist vorliegend der Fall, da der Betriebskostenspiegel 2015 des Landes Berlins eine repräsentative und taugliche Schätzgrundlage darstellt.

aa) Das Vorbringen der Klägerin, dass der von ihr in Rechnung gestellte Wert in Höhe von 0,67 Euro/qm/Monat zwischen dem mittleren Wert und dem oberen Wert liege, ist nicht entscheidungserheblich, da grundsätzlich von dem arithmetischen Mittel im Rahmen einer gerichtlichen Schätzung gem. § 287 ZPO auszugehen ist.

bb) Der unsubstantiierte Vortrag der Klägerin, dass es sich vorliegend um einem Altbau aus dem Jahre 1918 handele, indem naturgemäß höhere Hauswart- und Reinigungskosten anfielen, ist nicht hinreichend, um die umgelegten Hauswartkosten in Höhe von 0,67 Euro /qm/Monat zu rechtfertigen, bzw. die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebot zu bestreiten. Ein substantiiertes Bestreiten ergibt sich insbesondere auch nicht aus der E-Mail der Senatsverwaltung vom 12.03.2018, Bl. 131 d.A., welches lediglich eine Datenauswertung der einzelnen Wirtschaftseinheiten darstellt, und keinerlei Aussage im Hinblick auf möglicherweise anfallende höhere Kosten im Hinblick auf kleinere Wirtschaftseinheiten trifft.

cc) Überdies belaufen sich die Hauswartkosten bei einem Gebäude bis 1918 nach der von der Klägerin vorgelegten Betriebskostenübersicht in Anlage K 8, Bl. 130 d.A., auf 0,15 Euro/qm/Monat, was einen Betrag darstellt, der noch unter dem Mittelwert des Betriebskostenspiegels von 2015 liegt.

Welche ihr günstige Schätzungsgrundlage die Klägerin aus dem Verweis auf diese Umfrage geltend machen will, erschließt sich dem Gericht nicht. Soweit auf die höheren Kosten der Altbauten von 1919 bis 19 49 abgestellt wird, kann dies ersichtlich im vorliegenden Fall nicht gelten, da das streitgegenständliche Haus in der Emdener Straße 2 einen Altbau aus dem Jahr 2018 darstellt.

f) Das Gericht schätzt vorliegend den Kostenanteil des Beklagten auf den mittleren Wert des üblichen Betriebskostenanteils in der Region laut des örtlichen Betriebskostenspiegels von 2015. Des Weiteren sind zu der Position der Hauswartkosten, die unstreitig erbrachten zusätzlichen Tätigkeiten in Form von Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung, Schneebeseitigung und Gartenpflege hinzuzuaddieren.

Demnach ergibt sich ein Betrag in Höhe von insgesamt 0,47 Euro/qm/Monat. Bei einer anteiligen Fläche von 127,32 qm ergibt sich ein Betrag in Höhe von 59,84 Euro pro Monat, mithin 718,08 Euro pro Jahr.

Im Ergebnis sind demnach von dem in der Betriebskostenabrechnung geforderten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 305,34 Euro ein wegen eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht berechtigter Betriebskostenanteil für Hauswartkosten in Höhe von 304,72 Euro in Abzug zu bringen (Die belegten Hauswartkosten in Höhe von 1022,80 Euro erforderlichen Kosten in Höhe von 718,08 Euro). Abzüglich der geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 2040,00 Euro verbleibt ein Nachforderungsbetrag in Höhe von 0,62 Euro. Im Übrigen ist der Nachzahlungsanspruch durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen.”

Aus der Rubrik “Stadtentwicklungspolitik”:

 

Berliner Morgenpost am 26.09.2018: Berlin benötigt zwölf Jahre für Bebauungspläne

Trotz Wohnungsnot dauern die Bearbeitungszeiten immer länger. Die Zahl der Bebauungspläne ist deutlich gesunken.

Die Wohnungsnot in der Hauptstadt ist groß. Doch das Land Berlin lässt sich viel Zeit, um Bebauungspläne für Gebiete festzusetzen, auf denen die dringend benötigten Wohnungen gebaut werden können. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines sogenannten B-Plans lag zwischen 1998 und 2018 bei 95 Monaten – knapp acht Jahren. Mit steigender Tendenz: Die im Jahr 2017 festgesetzten B-Pläne wiesen sogar eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 145 Monaten (12,1 Jahre) auf. Das geht aus der Wohnungsmarktstudie Berlin hervor, die das Analyseunternehmen Bulwiengesa im Auftrag des BFW Landesverbandes Berlin-Brandenburg vorgelegt hat.

„Die Verfahrensprozesse müssen dringend beschleunigt werden, da bereits heute geringere Fertigstellungszahlen in fünf bis zehn Jahren abzusehen sind“, fordert Susanne Klabe, Chefin des Landesverbands Berlin-Brandenburg des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW).

https://www.morgenpost.de/berlin/article215416661/Berlin-benoetigt-zwoelf-Jahre-fuer-Bebauungsplaene.html

Aus der Rubrik “Wohnungsbau”:

 

Berliner Zeitung am 25.09.2018: Wohnungsmarkt-Studie – Wie spekulanten den Neubau in Berlin bremsen

Eigentlich müsste der Wohnungsneubau in Berlin boomen. Denn die Behörden haben in den vergangenen Jahren Baugenehmigungen für deutlich mehr als die jährlich benötigten 20.000 Wohnungen erteilt.

Doch ein Großteil der genehmigten Wohnungen wird gar nicht gebaut. Bezogen auf die vergangenen zehn Jahre wurden nur 54 Prozent der genehmigten Wohnungen tatsächlich realisiert. Das geht aus einer nun präsentierten Wohnungsmarktstudie des Analysehauses Bulwiengesa im Auftrag des Verbandes der privaten Immobilienwirtschaft (BFW) Berlin-Brandenburg hervor.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/wohnungsmarkt-studie-wie-spekulanten-den-neubau-in-berlin-bremsen-31349530

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Ist ein Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung der Mietvertragsbeziehung berechtigt, wenn sein Mieter, der dem Alkohol regelmäßig stark zuspricht, im betrunkenen Zustand im Mietobjekt einen erheblichen Wasserschaden verursacht?

Die Antwort des Amtsgerichts Pforzheim (AG Pforzheim – 8 C 63/17, Urteil vom 18.05.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Pforzheim in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: “Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß §§ 546 Abs. 1, 985 BGB einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietwohnung.

Das Mietverhältnis wurde durch die in der Klageschrift vom 3.4.2018 ausgesprochene fristlose Kündigung beendet.

1.) Zwar sind sowohl die außerordentliche fristlose, als auch die ordentliche Kündigung der Klägerin vom 21.11.2017 infolge der Begleichung des Mietrückstandes durch den Beklagten nach der Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden.

Der Beklagte hat noch vor Rechtshängigkeit der Klage den gesamten Rückstand ausgeglichen.

Die Vorschrift ist entgegen der Ansicht der Klägerin in analoger Anwendung auch auf die ordentliche Kündigung anwendbar (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, BGB, 13. Aufl. 2017, § 569 Rn. 65).

2.) Allerdings ist die in der Klageschrift vom 3.4.2018 erklärte Kündigung als außerordentliche, fristlose Kündigung wirksam.

a) Die Klägerin war zu der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Der Beklagte hat den Wasseraustritt in seiner Mietwohnung in der Nacht vom 29.3. auf den 30.3.2018 zu verantworten und dadurch das streitgegenständliche Anwesen in der ###straße 33 in Pforzheim erheblich gefährdet.

Nach der Vorschrift des § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund insbesondere dann vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte, der dem Alkohol ersichtlich stark zuspricht, in der Nacht vom 29.3. auf den 30.3.2018 in alkoholisiertem Zustand in seiner Mietwohnung einen der Wasseranschlüsse für die Küche geöffnet und so Teile seiner Mietswohnung und Teile des Treppenhauses des Anwesens überflutet hat.

Die Zeugenaussagen sind allesamt glaubhaft und stimmen vollständig, auch in den Details, überein. Bei allen gehörten Zeugen handelte es sich um neutrale Zeugen, die ersichtlich keinen Anlass und auch keine Motivation hatten, durch ihre Aussagen einen Prozessausgang zu Lasten des Beklagten zu fördern. Der Beklagte selbst hat das Bild, das durch die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung von ihm gezeichnet wurde, vollumfänglich bestätigt. Schlüssiger Vortrag war von ihm nicht zu erlangen. Indes wurden die Beteiligten durch unqualifizierte und irrelevante Äußerungen aus dem Konzept gebracht und mitunter sogar beleidigt.

Dass die Ursache des Wasseraustritts ein geöffneter Wasseranschluss in der Küche war, an welchem ein Spülbecken fehlt, und nicht, wie der Beklagte vorträgt, der Abfluss des Waschbeckens im Badzimmer, ergibt sich insbesondere aus der glaubhaften Aussage des Zeugen ### sowie aus dem durch die Klägerin vorgelegten Schreiben der Stadt Pforzheim über den streitgegenständlichen Feuerwehreinsatz (Bl. 123 d. Akte). Nachdem der von dem Beklagten benannte Zeuge ### zu der mündlichen Verhandlung am 9.5.2018 nicht erschienen ist, musste ein neuer Termin für die Vernehmung des Zeugen nicht stattfinden. Dass der Zeuge den Abfluss im Bad der Mietwohnung repariert hat, kann als wahr unterstellt werden. Diese Indizientatsache vermag den Vortrag der Klägerin nicht zu erschüttern. Zu der konkreten Ursache des Geschehens am 29./30.3.2018 ist der Zeuge weder benannt, noch könnte er dazu etwas beitragen. Im Übrigen hätte der Beklagte als Mieter in gleicher Weise dafür Sorge zu tragen, dass der Abfluss des Waschbeckens nicht überläuft, so dass letztlich sogar dahin stehen könnte, ob das Wasser im Bad oder in der Küche überlief.

Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung des Hauses sowie der anderen Bewohner, ist der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnissen auch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu zumutbar.

Dies gilt insbesondere, da hinzukommt, dass der Beklagte die Wohnung in erheblichem Umfang verwahrlosen lässt. Ausweislich der durch die Klägerin vorgelegten Lichtbilder sowie der Zeugenaussagen ist die Mietwohnung extrem vermüllt. Es liegen neben der Kleidung des. Beklagten Scherben auf dem Boden, die Fließen sind durch Urin, Müll und Asche erheblich verdreckt und es geht – dies hat die Beweisaufnahme ergeben – ein in höchstem Maße unangenehmer Geruch von der Wohnung des Beklagten aus.

b) Die Klägerin war im Übrigen auch nach den Vorschriften der §§ 543Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Der Beklagte sorgt regelmäßig, insbesondere in der Nacht, für erheblichen Lärm und stört durch dieses Verhalten nachhaltig den Hausfrieden.

Nach § 569 Abs. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung auch dann vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Alle Zeugen bestätigten glaubwürdig und übereinstimmend, dass es durch den Beklagten, insbesondere in der Nacht, häufig zu erheblichen Ruhestörungen kommt und es ausgehend von der Mietwohnung des Beklagten zu unangenehmen Geruchsbelästigungen kommt. Der Beklagte lärmt und randaliert infolge seiner Alkoholisierung, so dass in regelmäßigen Abständen die Polizei gerufen werden muss. Nach der glaubhaften Aussage der Zeugin ### war die Polizei seit dem Vorfall am 29./30.3.2018 bereits drei- bis viermal vor Ort. Die anderen Mieter fühlen sich durch das Verhalten des Beklagten enorm belästigt und gestört. Dies kam in der mündlichen Verhandlung am 9.5.2018 deutlich zum Ausdruck.

Da es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern sich das Verhalten des Beklagten bereits über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckt, ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich sein Verhalten in naher Zukunft ändern wird. Unter diesen Umstände ist der Klägerin, insbesondere unter Berücksichtigung des Vorfalls vom 29./30.3.2018, ein Abwarten der Kündigungsfrist ebenfalls nicht zuzumuten.

c) Eine vorherige Abmahnung des Beklagten bedurfte es nicht.

Die sofortige Kündigung ohne Abmahnung war hier aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gemäß § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB gerechtfertigt.

Eine Abmahnung ist nur dann sinnvoll, wenn eine Fortsetzung des Mietverhältnisses (bei Unterlassen des beanstandeten Verhaltens in der Zukunft) überhaupt noch in Betracht kommt. Dies ist nicht der Fall, wenn das durch den Mietvertrag begründete gegenseitige Vertrauensverhältnis bereits endgültig zerstört worden ist und auch durch vertragsgemäßes Verhalten in der Zukunft nicht mehr wiederhergestellt werden kann (vgl. AG Karlsruhe, Urteil vom 03. Februar 2017, Az. 6 C 2930/16, Rn. 17).

Vorliegend ist aufgrund der schweren Vertragsverstöße des Beklagten nicht anzunehmen, dass das Vertrauensverhältnis zu der Klägerin jemals wieder hergestellt werden könnte. Der Beklagte hat die Interessen der Klägerin durch sein Verhalten erheblich und offensichtlich verletzt. Er hat sein Verhalten auch nach Rechtshängigkeit der Klage nicht geändert und zeigte im Termin zur mündlichen Verhandlung keinerlei Einsicht. Es ist daher gerade nicht damit zu rechnen, dass es künftig zu keinen weiteren vergleichbaren Handlungen des Beklagten mehr kommt.”