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Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Gehört das Fällen eines kranken, morschen oder abgestorbenen Baums zur „Gartenpflege” i.S.d. § 2 Nr. 10 BetrKV?

Die Antwort des Landgerichts München I (LG München I – 31 S 3302/20, Urteil vom 19.11.2020) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht München I in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: „Zur „Gartenpflege” i.S.d. § 2 Nr. 10 BetrKV gehört auch das Fällen eines kranken, morschen oder abgestorbenen Baums. Die hierfür erforderlichen Kosten sind daher im Mietverhältnis als Betriebskosten umlagefähig. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Ersatzbepflanzung erfolgt oder nicht.
Die Kammer schließt sich der Ansicht des Amtsgerichts an, dass die Kosten für das Fällen von – wie im vorliegenden Fall – abgestorbenen bzw. absterbenden Bäumen nach § 2 Nr. 10 BetrKV umlagefähig sind. Denn unter dem Begriff “Gartenpflege” in § 2 Nr. 10 BetrKV kann auch das Fällen von kranken, morschen und abgestorbenen Bäumen subsumiert werden. Die Frage der Ersatzfähigkeit aufgrund von Sturmschäden oder plötzlichen unerwarteten bzw. unvorhersehbaren Ursachen entstandener Baumfällkosten stellt sich im hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht. Auch steht keine Umgestaltung des Gartens in Rede.

1. Der aktuelle Meinungsstand stellt sich wie folgt dar:

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seinem Beschluss vom 29.09.2008 (Az. VIII ZR 124/08, BeckRS 2008, 24721, Rz. 2) offengelassen (vgl. Lindner et. al./Beyerle, Geschäftsraummiete, Kapitel 11 Rn. 129).

Die Instanzgerichte sehen Baumfällkosten teils als umlagefähig (etwa LG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.11.2004 – 2-11 S 64/04, BeckRS 2004, 17896; LG Hamburg, Urteil vom 13.07.1989 – 7 S 185/88, BeckRS 1989, 30991375; AG Sinzig, Urteil vom 18.02.2004 – 14 C 879/03, BeckRS 2004, 31001288; AG Düsseldorf, Urteil vom 19.07.2002 – 33 C 6544/02, BeckRS 2003, 851; AG Köln, Urteil vom 27.09.2000 – 207 C 213/00, BeckRS 9998, 18302) und teils als nicht umlagefähig (etwa LG Krefeld, Urteil vom 17.03.2010 – 2 S 56/09, BeckRS 2010, 10986; LG München II, Urteil vom 12.02.2008 – 12 S 3615/07, BeckRS 2010, 7128; LG Tübingen, Urteil vom 18.10.2004 – 1 S 29/04, BeckRS 2004, 30956846; AG Dinslaken, Urteil vom 22.12.2008 – 30 C 213/08, BeckRS 2009, 6895; AG Hamburg, Urteil vom 14.09.1989 – 38 C 829/89, BeckRS 1989, 05723) an.

Nach der herrschenden Ansicht in der Literatur sind Baumfällkosten gemäß § 2 Nr. 10 BetrKV umlagefähig (MüKo-BGB/Zehelein, 8. Aufl. 2020, § 2 BetrKV Rn. 54; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. 2020, § 556 BGB Rn. 72; BeckOGK-BetrKV/Drager, Stand: 01.10.2020, § 2 Rn. 71; BeckOK-BGB/Wiederhold, 55. Ed. – Stand: 01.08.2020, § 556 Rn. 35; BeckOK-MietR/Pfeifer, 21. Ed. – Stand: 01.08.2020, § 556 BGB Rn. 813; Guhling/Günter/Both, Gewerberaummiete, 2. Aufl. 2019, § 2 BetrKV Rn. 115; Schmidt-Futterer/Langenberg, 14. Aufl. 2019, BGB § 556 Rn. 156; Langenberg/Zehelein, Betriebs-/HeizkostenR, 9. Aufl. 2019, Kapitel A. Rn. 150).

Nach einer differenzierenden Ansicht sind Baumfällkosten nur dann umlagefähig, wenn eine Ersatzbepflanzung erfolgt (Bub/Treier/Emmerich, MietR-HdB, 5. Aufl. 2019, Kapitel III. A. 1.2.4 Rn. 149). Es wird auch vertreten, dass Baumfällkosten nicht umlagefähig sind, wenn das Fällen auf einer Krankheit beruht oder einer Verkehrssicherungspflicht Rechnung trägt (MüAnwHdb-Mietrecht/Gies, 5. Aufl. 2019, 9. Abschnitt § 24 Rn. 114). Schließlich wird eine Umlagefähigkeit von Baumfällkosten auch generell verneint (Bausch, NZM 2006, 366).

2. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lassen sich folgende Erkenntnisse gewinnen:

§ 2 Nr. 10 BetrKV hat denselben Wortlaut wie § 2 Nr. 10 der Anlage 3 zu § 27 II. Berechnungsverordnung. Gemäß der Gesetzesbegründung in der Drucksache 568/03 des Deutschen Bundesrates vom 15.08.2003 betreffend die Verordnung der Bundesregierung zur Berechnung der Wohnfläche, zur Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen war dies beabsichtigt. Dort heißt es auf S. 32 zu Nummer 10 von § 2 (Aufstellung der Betriebskosten) wie folgt:

“Nummer 10 regelt die Kosten der Gartenpflege und entspricht unverändert der Formulierung aus Nummer 10 der Anlage 3 zur II. BV. Hierzu gehört auch das Schneiden und Ausasten von Bäumen. Eine entsprechende Klarstellung im Verordnungstext ist nicht erforderlich.”

Zur Abgrenzung der Betriebskosten von Verwaltungskosten sowie von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten wird auf S. 29 zu Absatz 2 von § 1 (Betriebskosten) folgendes ausgeführt:

“Wie in der Zweiten Berechnungsverordnung sind Betriebskosten von Verwaltungskosten sowie von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten abzugrenzen. Dem dient Absatz 2, wobei die Begriffsbestimmungen den §§ 26 und 28 II. BV entsprechen.”

3. Gegen die Umlagefähigkeit von Baumfällkosten werden verschiedene Argumente vorgebracht.

Es fehle an der immer wiederkehrenden Entstehung, da die Kosten nach mehreren Jahrzehnten, also nach sehr langen Zeiträumen auftreten könnten; der Umstand allein, dass die Verkehrssicherungspflicht das Fällen gebiete und der Zustand des Baumes nicht auf ein Verschulden des Vermieters zurückzuführen ist, genüge nicht, um das Kriterium der fortlaufenden Wiederholbarkeit zu erfüllen (AG Hamburg, BeckRS 1989, 05723, Rz. 2).

Das Fällen eines kranken oder abgängigen Baumes stelle bereits nach der Art der Maßnahme eine nicht umlagefähige Instandsetzungsmaßnahme i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV dar, da durch das Fällen ein am Grundstück bestehender sonstiger Mangel beseitigt werde; § 2 Nr. 10 BetrKV führe zu keinem anderen Ergebnis, da der Ausnahmecharakter der Vorschrift eine restriktive Auslegung im Lichte der allgemeinen Definition des § 1 BetrKV gebiete und die Aufstellung in § 2 Nr. 10 BetrKV lediglich den allgemeinen Betriebskostenbegriff konkretisiere; es sei nicht zu erkennen, warum für Bäume als wesentliche Grundstücksbestandteile ein anderer Maßstab als für andere Gebäude- oder Grundstücksbestandteile gelten soll; bei den Baumfällkosten fehle es an der Erwartbarkeit; in der Bundesrats-Drucksache 658/03 seien nur die Kosten für das Schneiden und Ausasten von Bäumen erwähnt, nicht aber auch die Baumfällkosten; ein Mieter rechne auf Grund der jahrzehntelangen Lebensdauer von Bäumen nicht mit der Belastung von eventuellen Fällkosten und sei insoweit schutzwürdig (LG Krefeld, BeckRS 2010, 10986).

Die ungewöhnliche Höhe von Baumfällkosten zeige, dass es sich nicht um laufende Kosten handele (AG Dinslaken, BeckRS 2009, 6895).

4. Hinsichtlich dieser Argumente ist folgendes anzumerken.

Das Argument, es handele sich bei Bäumen um wesentliche Grundstücksbestandteile, überzeugt nicht. Sämtliche eingepflanzte Pflanzen in einem Grundstück stellen wesentliche Grundstücksbestandteile dar, § 94 Abs. 1 S. 2 BGB. Unter den Begriff der Pflanze i.S.d. § 94 Abs. 1 S. 2 BGB subsumiert der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ausdrücklich auch Bäume (vgl. BGH, Beschluss vom 17.03.2016 – V ZR 185/15, BeckRS 2016, 6849, Rz. 4). Die Umlagefähigkeit der Kosten für die Erneuerung von Pflanzen wird in § 2 Nr. 10 BetrKV ausdrücklich geregelt; hieraus ergibt sich der im Vergleich zu Gebäudeteilen andere Maßstab.

Deshalb greift auch der Einwand, die Umlagefähigkeit scheide aus, weil die Baumfällkosten nach mehreren Jahrzehnten, also nach sehr langer Zeit auftreten könnten, nicht durch. Die Erneuerung einer Pflanze ist im Sinne eines Austauschs zu verstehen, umfasst also die Entfernung der alten Pflanze und die Einbringung der neuen Pflanze. Die “Erneuerung” eines Baumes setzt folglich zwangsläufig das Fällen des alten Baumes voraus.

Ob ein neuer Baum angepflanzt wird, kann für die Ersatzfähigkeit der Baumfällkosten keine Rolle spielen. Wenn § 2 Nr. 10 BetrKV die teurere Erneuerung (Fällen und Neuanpflanzung) als umlagefähig regelt, dann ist damit auch die günstigere Alternative (Fällen ohne Neuanpflanzung) umfasst. Die Frage, ob die Mieter einen Anspruch auf Neuanpflanzung haben, ist eine Frage der mietvertraglichen Vereinbarung. Besteht ein solches Recht, haben die Mieter für den Fall der Geltendmachung die Kosten der Neuanpflanzung zu tragen, weil diese Kosten zur Erneuerung i.S.d. § 2 Nr. 10 BetrKV gehören. Machen die Mieter einen solchen etwaigen Anspruch auf Neuanpflanzung nicht geltend, kann dies nicht dazu führen, dass auch die Baumfällkosten nicht umlagefähig sind.

Dass Baumfällkosten im Regelfall erst nach Jahrzehnten entstehen, begründet auch keine besondere Schutzwürdigkeit des Mieters. Der Mieter kann bei Abschluss des Mietvertrags entsprechende Informationen einholen. Insoweit besteht aber auch die Gelegenheit, durch einen bloßen Blick auf den Baum und dessen Zustand eine entsprechende Einschätzung vorzunehmen.

Bei Baumfällkosten handelt es sich auch nicht um außergewöhnlich auftretende Kosten, denen es an einer gewissen Berechenbarkeit fehlt. Ein Absterben von Bäumen – wie im vorliegenden Fall – stellt eine in Betracht zu ziehende durchaus natürliche Entwicklung dar. Dass die Kosten insoweit höher sind, als bei Rückschnittarbeiten, ist auch nicht ungewöhnlich, sondern ergibt sich aus dem größeren Umfang der insoweit zu verrichtenden Arbeiten.

Der Einwand, § 2 Nr. 10 BetrKV sei im Lichte von § 1 BetrKV auszulegen, überzeugt zwar im Ausgangspunkt. Allerdings bezweckt der Katalog ausweislich BR-Drs. 568/03 die Abgrenzung der Betriebskosten von den Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Pflanzen nicht ohne weiteres mit technischen oder baulichen Gegebenheiten vergleichbar sind. § 2 Nr. 10 BetrKV stellt daher hinsichtlich der Gartenbepflanzung eine spezielle Sonderregelung dar, mithin eine lex specialis im Regelungsgefüge der Betriebskostenverordnung.

Zwar ist in BR-Drs. 568/03 nur vom “Schneiden” und “Ausasten” von Bäumen die Rede. Dass insoweit aber eine abschließende Aufzählung beabsichtigt war und speziell das Fällen von Bäumen ausgenommen sein sollte, lässt sich dem nicht entnehmen. Eine entsprechende Klarstellung in § 2 Nr. 10 BetrKV wurde gerade für entbehrlich gehalten.

5. Ergänzend stützt sich die Kammer bei ihrer rechtlichen Bewertung auf die überzeugenden Argumente, die von den Vertretern der herrschenden Ansicht in der Literatur vorgebracht werden.

Beim Fällen eines kranken bzw. morschen Baumes handelt es sich hiernach um eine Maßnahme, die für die Erhaltung einer gärtnerisch angelegten Fläche notwendig ist, anderenfalls würde sie diesen Charakter verlieren; bei der Entfernung eines Baumes steht die Pflege des Gartens weiterhin im Vordergrund; § 2 Nr. 10 BetrKV erweitert das Umlagerecht des Vermieters, verpflichtet ihn jedoch nicht dazu, entfernte Teile durch neue zu ersetzen (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 146).

Der Verweis darauf, dass die Baumfällkosten erst nach Jahrzehnten anfielen, berücksichtigt nicht, dass es nicht auf die Intervalle ankommt, in denen bestimmte Arbeiten zu erledigen sind, sondern allein darauf, ob bestimmte Maßnahmen zu einer ordnungsgemäßen, laufend ausgeführten Gartenpflege gehören (Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157); sachlich handelt es sich um den aperiodischen Anstieg von Kosten innerhalb periodisch anfallender Betriebskosten (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 148; Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157). Die Häufigkeit bestimmter pflegerischer Arbeiten stellt kein geeignetes Abgrenzungskriterium dar (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 152; Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157).

Die Bezeichnung Gehölz ist neutral und bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass nur kleine bis mittlere Gewächse gemeint sind; für die Antwort auf eine solche Streitfrage fehlt jedes verlässliche Abgrenzungskriterium (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 149; Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157).

Zwar widerspricht die Umlagefähigkeit von Erneuerungskosten nach § 2 Nr. 10 BetrKV offensichtlich der Vorgabe in § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV; legt man aber die Regelung des § 2 Nr. 10 BetrKV als wirksam zugrunde, kann es keinen Unterschied begründen, ob es sich um die Erneuerung von Rasen, Blumen, Sträuchern oder Bäumen handelt (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 150).

Der Verweis auf entgegenstehende Interessen der Mieter und eine mangelnde Erwartung der Kostenbelastung übersieht, dass es keine allgemeine Interessenabwägung im Betriebskostenrecht gibt und eine solche auch nicht in die Bestimmung der Tatbestände hineingelesen werden kann; der BGH stellt gerade nicht auf konkrete Zeitabschnitte ab, sondern darauf, ob diese überhaupt als solche feststellbar sind; dass in Gartenanlagen vorhandene Bäume aus unterschiedlichen Gründen gefällt werden müssen, ist diesen inhärent; die Möglichkeit, mit solchen Kosten belastet zu werden, ist daher grundsätzlich bekannt, zumal sie dem Mieter durch die Übertragung der Kosten der Gartenpflege auch bewusst sein muss (MüKo-BGB/Zehelein, § 2 BetrKV Rn. 54).

Der Verweis auf eine Instandsetzung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV greift nicht durch, da die in dem Katalog des § 2 BetrKV aufgeführten Positionen ihrerseits Rückausnahmen beinhalten, welche auch nach § 1 Abs. 2 BetrKV an sich nicht den Betriebskosten zugehörige Kosten für umlagefähig erklären; § 2 Nr. 10 BetrKV schließt über die Erneuerungen Instandsetzungsarbeiten ein (MüKo-BGB/Zehelein, § 2 BetrKV Rn. 54).

Die Erneuerung von Gehölzen findet regelmäßig im Abstand von mehreren Jahren statt; eine Einschränkung auf kleinere Pflanzen ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Ermächtigungsgrundlage oder der Entstehungsgeschichte (MüKo-BGB/Zehelein, § 2 BetrKV Rn. 55).

Eine Unterscheidung zwischen kurzlebigen und langlebigen Gehölzen ist der Regelung nicht zu entnehmen; sie ist aus Gründen der Praktikabilität auch nicht angezeigt (Blank/Börstinghaus, § 556 BGB Rn. 72).

Nach dem Wortlaut des § 2 Nr. 10 BetrKV gehören auch die Kosten der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen zu den umlegbaren Positionen; da die Erneuerung eines Baumes die Beseitigung der alten voraussetzt, sind Baumfällkosten umlegbar; die Erneuerung muss jedoch gärtnerisch notwendig sein, was bei einem abgestorbenen Baum der Fall ist (BeckOK-MietR/Pfeifer, § 556 BGB Rn. 813; BeckOGK-BetrKV/Drager, § 2 Rn. 71).”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Fallen Mieterhöhungsverlangen, die dem Mieter vor dem 23.02.2020 zugegangen sind, in den Anwendungsbereich des MietenWoG Bln?
Die Antwort des Amtsgerichts Neukölln (AG Neukölln – 13 C 487/19, Urteil vom 06.05.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Amtsfericht Neukölln in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: „Soweit in § 3 Absatz 1 MietenWoG Bln bestimmt ist, dass “eine Miete verboten (ist), die die am 18. Juni 2019 (Stichtag) wirksam vereinbarte Miete überschreitet”, erscheinen die damit bezweckten bzw. in Betracht kommenden rechtlichen Auswirkungen auf ein vom Vermieter gegenüber dem Mieter geltend gemachtes und auf die §§ 558 ff BGB gestütztes Verlangen auf Zustimmung zur Mieterhöhung zumindest nicht eindeutig.

So kann eine so bezeichnete “Miete” ohne den klarstellenden Zustand “vereinbart” wie etwa in den Text des § 535 Abs.2 BGB aufgenommen als bloßer Marktwert für eine Gegenleistung, nicht “verboten” sein bzw. werden, weil mit einem Verbot als Handlungsanweisung allenfalls eine bestimmte Tätigkeit oder Verhaltensweise nicht erlaubt sein soll (vgl. “Duden, das Bedeutungswörterbuch,3. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Bd. 10 zur Abgrenzung “verbieten/verbitten”) und sich die den Markgesetzen unterworfene Preisbildung als solche nicht schlicht verbieten lässt.

Dass dies auch für die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines sogenannten Verbots gilt, ergibt sich im Übrigen aus dem Wortlaut von § 134 BGB, wonach ein – durch hierauf bezogene Willenserklärungen zustande gekommenes – Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, also nicht etwa ein bloßer Preis, der als solcher kein “Rechtsgeschäft” ist. Folglich ergibt sich aufgrund der Auslegung dieser Bestimmung nicht, dass danach ein außergerichtliches und insbesondere formell ordnungsgemäß auf § 558a Abs. 1 BGB gestütztes Zustimmungsverlangen “verboten” und infolgedessen etwa unzulässig sein soll. Eine entsprechende und auch ohne weiteres mögliche Klarstellung enthält der Gesetzestext nicht.

Zwar ist hierzu ferner in § 11 Abs. 1 Nr. 4 MietenWoG Bln bestimmt, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne erforderliche Genehmigung nach § 8 eine höhere als die nach den §§ 3 bis 7 zulässige Miete fordert oder entgegennimmt und damit eine Handlung vornimmt, die grundsätzlich einem Verbot unterliegen kann. Es kann aber dahinstehen, welches konkrete Verhalten des Vermieters oder etwa anderer Personen, die vom Anwendungsbereich dieser Verbotsnorm jedenfalls nach ihrer Formulierung nicht ausdrücklich ausgenommen sind, damit gemeint sein soll. Auch diese Bestimmung lässt sich mangels entsprechender Klarstellung jedenfalls nicht dahin auslegen, dass bereits der Zugang eines – zumal im Sinne von § 558a Abs. 1 BGB formell ordnungsgemäß begründeten – Zustimmungsverlangens an den Mieter und damit konsequenterweise auch die hierauf – nach Ablauf der Zustimmungsfrist gemäß § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB entsprechend zulässig – erhobene und auf Zustimmung zu Mieterhöhung gerichtete Klage eine Ordnungswidrigkeit darstellen und infolgedessen jeweils mit der Verhängung eines Bußgeldes gegenüber dem Vermieter oder etwa gegenüber der Hausverwaltung, welche das außergerichtliche Zustimmungsverlangen an den Mieter gerichtet hat oder gar gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Vermieters, welche die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage bei Gericht eingereicht oder auch nur im Verhandlungstermin einen hierauf bezogenen Klageantrag gestellt haben, geahndet werden können soll. Folglich kann es dem Vermieter nach dem auslegbaren Sinn und Zweck auch dieser Bestimmung nicht verwehrt sein, an den Mieter ein gemäß § 558 a Abs. 1 BGB begründetes Zustimmungsverlangen zu richten. Auch dem übrigen Gesetzestext ist nicht zu entnehmen, dass ein solches Zustimmungsverlangen “verboten” sein soll.

Es kann folglich für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit eines solchen Zustimmungsverlangens dahinstehen, ob das MietenWoG Bln insoweit mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Selbst wenn schließlich danach ein solches außergerichtliches auf § 558 aAbs. 1 BGB gestützte Zustimmungsverlangen “verboten” sein sollte, wären davon nur solche Mieterhöhungsverlangen umfasst, die dem Mieter nach Inkrafttreten des Mieten WoG Bln, und infolgedessen ab dem 23.02.2020 zugingen. Dem Wortlaut des MietenWoG Bln ist jedenfalls außerdem nicht zu entnehmen, dass den Mietern bereits vor dem 23.02.2020 zugegangene Mieterhöhungsverlangen – mithin rückwirkend – “verboten” sein sollen. Im vorliegenden Rechtsstreit ist das Mieterhöhungsverlangen der Beklagten bereits mit Schreiben vom 13.06.2019 (Blatt 4,5) zugegangen.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des Eigenbedarfs der des Ausspruchs der Eigenbedarfskündigung und dürfen diese Voraussetzungen nach Kündigungsausspruch bis zum Kündigungstermin nicht wegfallen?

 

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 174/19, Beschluss vom 25.09.2019) lautet: Ja!

 

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter 1. wie folgt aus: „Die ebenfalls unter dem 17.01.2019 erklärte ordentliche Kündigung hat das Mietverhältnis ebenfalls nicht beendet.

Nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat; ein solches liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.

Würde die schuldhafte Pflichtverletzung bejaht, stünde die vorzunehmende Gesamtabwägung der Interessen der Parteien der Wirksamkeit der Kündigung entgegen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte die Mietwohnung seit 38 Jahren inne hat, ohne dass vermieterseitig vorgetragen wird, dass es zuvor jemals zu Vertragspflichtverletzungen gekommen wäre. Der Umstand, dass der Beklagte über eine weitere Wohnung in Hamburg verfügt, ist für die hier vorzunehmende Abwägung ohne Relevanz, weil den Mieter grundsätzlich keine Gebrauchspflicht bezogen auf die Mietsache trifft (Umkehrschluss: § 537 Abs. 1 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2010 – VIII ZR 93/10).

Soweit die Berufung meint, der Kläger sei – gestützt auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.10.1971 (- VIII ZR 164/70 – ) – verpflichtet, dem Vermieter eine längere Abwesenheit anzuzeigen oder für eine ausreichende Kontrolle der Wohnung zu sorgen, kann aus dem hier relevanten Verhalten des Beklagten nicht darauf geschlossen werden, dass er während seiner Abwesenheit nicht für eine ausreichende Kontrolle der Wohnung sorgte. Der Kläger trägt nicht vor, dass es in der Vergangenheit während der Abwesenheit des Beklagten zu Schäden in dessen Wohnung gekommen wäre. Anders als der Kläger in der Berufung vorträgt, ist eine Pflichtverletzung des Beklagten in diesem Sinne weder vorgetragen noch ersichtlich. Die behauptete Gefährdung der Mietsache wird nicht konkretisiert.

Zu berücksichtigen ist auch, dass, – anders als vom Kläger mit der Berufung vorgetragen – eine Abmahnung, die das Verhalten des Beklagten in einem anderen Licht erscheinen lassen könnte, zwar behauptet wird, aber nicht zur Akte gelangt ist. Das in der Berufung bezeichnete Anwaltsschreiben vom 15.01.2019 ist eine Information über den Titelerhalt und eine (erneute) Aufforderung zur Zutrittsgewährung. Eine Abmahnung enthält das Schreiben nicht.

3. Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht die Räumungsklage abgewiesen, weil auch die Eigenbedarfskündigung des Klägers vom 31.01.2017 das Mietverhältnis der Parteien nicht beendet hat.

Zwar liegt das gemäß § 573 Abs. 1 BGB i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 BGB erforderliche berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses vor, wenn der Kläger – wie hier behauptet – die Räume im Sinne der Nr. 2 der Norm für sich benötigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 4. März 2015 – VIII ZR 166/14NJW 2015, 1590 Rn. 14 ff. mwN) haben die Gerichte den Entschluss des Vermieters, die vermietete Wohnung nunmehr selbst zu nutzen oder durch den – eng gezogenen – Kreis privilegierter Dritter nutzen zu lassen, grundsätzlich zu achten und ihrer Rechtsfindung zu Grunde zu legen. Insbesondere haben sie zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen ansieht, und sind daher auch nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen (bestätigt in der Entscheidung vom 15.03.2017 – VIII ZR 270/15 – ).

Soweit sich die Berufung gegen die Würdigung der Angaben des Klägers und der Zeugenaussage seiner Lebensgefährtin wendet, ist dies ohne Erfolg.

Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges – wie hier – bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht, vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (vgl. etwa KG, Urteil vom 3. November 2003 – 22 U 136/03, KGR 2004, 38 = MDR 2004, 533, sowie KG, Urteil vom 8. Januar 2004 – 12 U 184/02, KGR 2004, 269). § 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und (ausnahmsweise; vgl. § 286 Abs. 2 ZPO) gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf (und muss). Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen. Es genügt vielmehr, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (vgl. z.B. Musielak, ZPO, 12. Aufl., § 286 Rn. 67).

An diese Regeln der freien Beweiswürdigung hat das Amtsgericht sich in dem angefochtenen Urteil gehalten. Die Kläger setzen in der Berufungsbegründung ihre eigene Bewertung an die Stelle der Wertung des Amtsgerichts, ohne durchgreifende Fehler der erstinstanzlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen.

Dabei geht die Berufung (noch) zutreffend davon aus, dass maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des Eigenbedarfs der des Ausspruchs der Eigenbedarfskündigung ist. Wobei die Voraussetzungen nach Kündigungsausspruch bis zum Kündigungstermin (Ablauf der Kündigungsfrist) nicht wegfallen dürfen (vgl. Siegmund in: BeckOK Mietrecht, zu § 573 BGB, Rn. 36, 16. Ed. Stand: 01.06.2019).

Der Einwand, es habe keine “richtige Befragung” des Klägers stattgefunden, lässt offen, was bezogen auf dessen Anhörung im Termin gefehlt habe. So ist der Kläger ausweislich des Protokolls persönlich gehört worden. Zudem bestand Gelegenheit, Fragen an den Kläger zu richten, wie dies der Klägervertreter im Termin am 28.05.2019 auch wahrgenommen hat.

So hat der Klägervertreter den Kläger, der zuvor erklärte, in die Wohnungen in der im Zusammenhang mit einer Familiengründung einziehen zu wollen, konkret befragt, ob diese Pläne bereits seit Januar 2017 bestanden hätten. Hierauf antwortete der Kläger, dass er daran seit 2014 gedacht habe, aber erst 2017 begonnen habe, richtige Pläne zu machen, ohne dass er angeben könne, wann dies gewesen sei.

Dass das Amtsgericht in der Gesamtbewertung eine Selbstnutzungsabsicht für den Kündigungszeitpunkt im Januar 2017 nicht festzustellen vermochte, ist vor dem Hintergrund dieser Bekundung nachvollziehbar. Das Amtsgericht hat unter Heranziehung der höchstrichterlichen Entscheidung aus dem Jahr 2015 (BGH, Urteil vom 23.09.2015 – VIII ZR 297/14 – zitiert nach beck-online = NJW 2015, 3368) einen konkreten und alsbaldigen Eigennutzungswunsch mit zutreffender Begründung verneint.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine sog. “Vorratskündigung” nicht wirksam (vgl. BGH Beschluss vom 11.01.2016 – VIII ZR 300/15 – ). Vielmehr muss der Kündigung wegen Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein Nutzungswunsch zugrunde liegen, der sich soweit “verdichtet” hat, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht (BGH, Urt. vom 23. September 2015 – VIII ZR 297/14, aaO). Eine sogenannte Vorratskündigung, der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson zugrunde liegt, reicht nicht aus (vgl. BGH, Urt. vom 23. September 2015 –VIII ZR 297/14NJW 2015, 3368 WuM 2015, 6771 Rn. 22; Urt. vom 18. Mai 2005 – VIII ZR 368/03NJW 2005, 2395 unter II 2; BVerfG, WuM 2002, 21, 22; jeweils mwN).

Ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung hat das Amtsgericht – ohne dass insoweit Fehler erkennbar sind – den Angaben des Klägers im Rahmen seiner Anhörung nicht entnehmen können. Es ist auch wenig plausibel, dass ein Eigentümer, sofern er einen Entschluss gefasst hat, in sein Eigentum einzuziehen, sich nicht an konkrete Pläne zu erinnern vermag, sondern anführt, “2017 begonnen zu haben, richtige Pläne zu machen“, ohne dass er einen zeitlichen Zusammenhang mit der ausgesprochenen Kündigung nachvollziehbar anzugeben vermag. Insofern hat das Amtsgericht diese Angaben zutreffend als vage und noch unbestimmt bewertet, ohne dass sich dieses Interesse auf eine konkrete und alsbaldige Nutzung verdichtet hätte.

Dies ist auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussage der Lebensgefährtin des Klägers nicht anders zu bewerten.

Die Kammer folgt der Bewertung der Zeugenaussage durch das Amtsgericht. Fehler in der Beweiswürdigung sind weder aufgezeigt noch ersichtlich. Vielmehr hat die Zeugin bekundet, dass der Kläger über mehrere Gebäude verfüge und sie im März 2018 – mithin zu einem Zeitpunkt als die Eigenbedarfskündigung bereits über ein Jahr zuvor erklärt worden war – darüber gesprochen hätten, für die Pläne zu machen. Zwar war im Hinblick auf den Ablauf der Kündigungsfrist am 14.04.2018 vor diesem Zeitpunkt ein Rückerhalt der Mietsache nicht zu erwarten. Die Zeugin hat aber bekundet, dass das Paar zuvor noch nach anderen Wohnungen, auch aus dem Bestand des Klägers geschaut hätte, was ebenfalls gegen eine Verdichtung des Eigennutzungswunsches auf eben die vom Beklagten inne gehaltene Wohnung spricht. Die Zeugin hat in diesem Kontext, konkret geäußert, dass die Idee, die Wohnung des Beklagten zu nutzen, erst im April 2018 gekommen sei. Die Zeugin hat zudem bekundet, dass nie beabsichtigt gewesen sei, dass der Kläger allein in die Wohnung einzieht. Den Bekundungen der Zeugin hat das Amtsgericht insgesamt zutreffend entnommen, dass der Eigennutzungswunsch erst nach ihrem Einzug beim Kläger – welcher im August 2017 erfolgte – entstand, weshalb er bei Ausspruch der Kündigung jedenfalls nicht mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit bestanden hat.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Besteht bei Instandhaltungsmaßnahmen grundsätzlich eine Ankündigungspflicht, d.h. muss der Mieter früh- bzw. rechtzeitig über die auf ihn zukommenden Belastungen informiert werden?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 174/19, Beschluss vom 25.09.2019) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter 1. wie folgt aus: „Die Kündigung vom 17.01.2019 hat das Vertragsverhältnis der Parteien nicht beendet, weil eine rechtzeitige Ankündigung, wie sie nach § 555a Abs. 2 BGB auch für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich ist, nicht erfolgte, insbesondere dem Mieter kein konkreter Termin für eine Zutrittsgewährung benannt wurde, worauf das Amtsgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend hingewiesen hat. Darüber hinaus ist das objektive Erfordernis des Zutritts für die Mangelbeseitigung in der Oberwohnung nicht nachvollziehbar dargelegt.

Nach § 543 Abs. 1 S. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Beurteilung der Unzumutbarkeit im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB unterliegt ebenso wie die Bewertung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung der tatrichterlichen Würdigung, die vom Berufungsgericht nur dahin überprüft werden kann, ob die relevanten Tatsachen vollständig und zutreffend festgestellt und gewürdigt wurden sowie, ob die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt wurden.

Rechtsfehler sind dem Amtsgericht bei dieser Bewertung nicht unterlaufen. Das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit dem vermieterseitigen Zutrittsbegehren zur Beseitigung von Heizungsmängeln macht im konkreten Einzelfall die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht unzumutbar.

Zwar hat ein Mieter gemäß § 555a Abs. 1 BGB Instandhaltungsmaßnahmen des Vermieters in der Wohnung zu dulden. Nach dem Absatz 2 der Norm bedarf es jedoch einer rechtzeitigen Ankündigung entsprechender Maßnahmen gegenüber dem Mieter, soweit nicht eine – hier weder vorgetragene noch ersichtliche – Ausnahme nach § 555a Abs. 2 Hs. 2 BGB vorliegt:

Die inhaltlichen Anforderungen richten sich mit Blick auf den Sinn und Zweck der Ankündigungspflicht nach dem Informationsinteresse des Erklärungsempfängers. Wie bei der Modernisierungsankündigung dürfte insoweit für die Ankündigung nach § 555a Abs. 2 BGB gelten, dass sie den Mieter vor allem früh- bzw. rechtzeitig über die auf ihn zukommenden Belastungen informieren soll (vgl. auch BT-Ds. 14/4553, S. 37 für die Modernisierungsankündigung). Die Anforderungen an die Ankündigung des Vermieters richten sich dabei – auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – nach den Umständen des Einzelfalls, der Dringlichkeit und dem Umfang der Maßnahme; der Mieter seinerseits ist nach Treu und Glauben verpflichtet, an einer baldigen Terminabstimmung mitzuwirken, damit die erforderlichen baulichen Maßnahmen zeitnah durchgeführt werden können (vgl. BGH Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 110/08Grundeigentum 2009, 646).

Zwar beruft der Kläger sich hier auf eine Dringlichkeit der Instandsetzung, weil die Heizungsanlage der Oberwohnung während der Heizperiode (November/Dezember 2018) nicht funktionierte.

Der Beklagte hat indes auf die Mail der Mitarbeiterin des Klägers, Frau MB – wenn auch einen Tag nach Fristablauf – reagiert.

Der Kläger hat am 05.12.2018 die vorzunehmenden Arbeiten in der Wohnung – Heizung entlüften oder warten – benannt. Ein konkreter Termin, zu welchem die Arbeiten vorgenommen werden sollten, war dem Beklagten jedoch nicht mitgeteilt worden, so dass er seiner Pflicht zur Mitwirkung insoweit schon nicht nachkommen konnte.

Hinzutritt, dass die jeweilige Maßnahme zur Erhaltung der Mietsache objektiv erforderlich sein muss. Dem Vermieter ist hierbei zwar ein weiter Beurteilungsspielraum einzuräumen. Auf Nachfragen des Mieters hat er – angesichts des beabsichtigten Eingriffs in das Besitzrecht des Mieters und die den Vermieter darauf basierend treffenden Rücksichtnahmepflichten – jedoch in zumutbarem Umfang einzugehen bzw. in Erwägung zu ziehen.

Der Beklagte hat mit E-Mail vom 13.12.2018 unter Ausführung der technischen Details mitgeteilt, dass aus seiner Sicht die Mangelbeseitigung im Keller vorzunehmen sei. Er hat mit dieser Antwort die Gewährung des Zutritts nicht etwa abgelehnt, wovon auch das Amtsgericht zutreffend ausgegangen ist. Vielmehr hat er die Auffassung vertreten, dass im Ergebnis ein Zutritt zu seiner Wohnung nicht erforderlich sei.

Zwar hat der Mieter dem Vermieter nicht vorzugeben, wie dieser einen Mangel zu beseitigen hat. Der Kläger hat sich mit dem Inhalt der Rückäußerung des Beklagten vom 13.12.2018 weder im vorgerichtlichen Schriftverkehr befasst, noch wurde hierauf im gerichtlichen Verfahren eingegangen. Dass die Überprüfung des Einwandes unzumutbar oder abwegig gewesen wäre, ergibt sich schon deshalb nicht, weil der Heizungsmangel nach eigenem Vorbringen des Klägers “dann aufgeklärt werden konnte“, dies ohne dass ein Zutritt zur Wohnung des Beklagten nötig gewesen wäre.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Hat ein Mieter ein Einsichtrecht in den Wärmecontracting-Vertrag zwischen seinem Vermieter und dem Versorger, wenn der zwischen ihm und dem Versorger geschlossene “Wärmeliefervertrag” über die Preisgestaltung schweigt?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 285/19, Urteil vom 15.07.2020) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: „Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagte auf Einsichtnahme in den Wärmecontracting-Vertrag zwischen der Beklagten und dem Eigentümer/Vermieter aus Ziff. 2, 4 des “Wärmeliefervertrages” der Parteien in Verbindung mit § 259 Abs. 1 BGB bejaht.

In den Ziffern 2 und 4 des “Wärmeliefervertrages” der Parteien hat die Beklagte die Verpflichtung übernommen, über die Heizkosten unter Berücksichtigung der HeizkostenV und nach den Modalitäten des zwischen ihr und der Hausverwaltung/dem Vermieter geschlossenen Vertrages über die Wärmelieferung abzurechnen.

Zu den Abrechnungs-“Modalitäten” gehört offenkundig auch die Preisgestaltung, die anders als in den von der Beklagten bemühten Vertragskonstellationen hier gerade nicht zwischen ihr und den Klägern geregelt ist, sondern sich – wohl – aus dem Vertrag zwischen ihr und dem Vermieter bzw. dessen Hausverwaltung ergibt. Auch wenn der Vertrag zwischen den Klägern und der Beklagten, den die Kläger im Übrigen auf Veranlassung des Vermieters geschlossen haben, als “Wärmeliefervertrag” bezeichnet ist, handelt es sich tatsächlich nicht um einen solchen. Typischerweise trifft ein solcher Liefervertrag eine Aussage über die Preisgestaltung, die – recht unumstritten – zu den wesentlichen Vertragsbestandteilen gehört. Dazu findet sich hier indes nichts, sondern – wohl – allenfalls in dem Vertrag, in den die Kläger die Einsichtnahme begehren. Der Vertrag zwischen den Klägern und der Beklagten regelt allenfalls, dass die Beklagte – mit Zustimmung, wohl auch auf Veranlassung des Vermieters – über die Vorauszahlungen auf die Heizkosten abrechnet, die die Kläger – aufgrund der vertraglichen Regelung mit der Beklagten – zudem – mit Erfüllungswirkung, § 362 Abs. 2 BGB – direkt an den Vermieter zahlen.

In Verbindung mit den Regelungen in dem hier gegenständlichen Vertrag ergibt sich der Umfang der Abrechnungspflichten – wie auch sonst – aus § 259 Abs. 1 BGB.

Danach hat derjenige, der verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.

Aus § 259 Abs. 1 BGB – nicht § 556 BGB – leitet der BGH in ständiger Rechtsprechung ein – hier geltend gemachtes – Einsichtsrecht in die Belege ab, die zur Überprüfung der Abrechnung erforderlich sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 07.02.2018 – VIII ZR 189/17). Daraus ergibt sich ganz zwanglos, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Belege (Verträge) vorzulegen, die überhaupt erst eine Überprüfung der geschuldeten Abrechnung, insbesondere der dieser zugrunde liegenden Preise ermöglichen. Da der Vertrag zwischen ihr und den Klägern keine Aussage zu den Preisen der Beheizung trifft, sondern insoweit auf den Vertrag mit dem Vermieter bzw. dessen Hausverwaltung Bezug nimmt, ist dieser (selbstverständlich) vorzulegen, wobei hier offen bleiben kann, ob eine solche Vorlageverpflichtung nicht – daneben – auch den Vermieter trifft, der sich von sämtlichen Pflichten zu Lasten der Kläger freizuzeichnen versucht.

Hinzu kommt, dass die Beklagte und der Vermieter den Klägern über ihre Vertragsabsprachen den Eindruck vermitteln, dass die Beklagte die richtige Ansprechpartnerin für Abrechnungsbelange im Zusammenhang mit den Heizkosten ist. Daran müssen sie sich – beide – festhalten lassen.

Die Argumentation der Beklagten zu anderen Lieferverträgen über Energie und andere Leistungen trägt unabhängig davon, dass in diesen Verträgen die Preise geregelt sind, was hier nicht der Fall ist, auch deshalb nicht, weil Ziff. 8 des Vertrages zwischen der Beklagten und den Klägern, letzteren das Recht nimmt, den Vertrag zu kündigen. Eine Beendigung des Vertrages ist nur im Zusammenhang mit dem Mietvertrag möglich.

Ob der als Wärmeliefervertrag bezeichnete, tatsächlich eine Wärmelieferung mit allen insoweit erforderlichen essentialia gar nicht regelnde Vertrag überhaupt wirksam ist oder sich der eigentliche Liefervertrag vor diesem Hintergrund als (unwirksamer) Vertrag zu Lasten Dritter auf die Wirksamkeit des hier gegenständlichen Vertrages auswirkt, kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls ein Einsichtsrecht in den eigentlichen Wärmeliefervertrag zwischen der Beklagten und dem Vermieter steht den Klägern zu.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann der Mieter seinem Vermieter die Art und Weise der Wiederherstellung des schimmelfreien Zustands vorschreiben?
Die Antwort des Amtsgerichts Mitte (AG Mitte – 20 C 305/18, Urteil vom 25.05.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Amtsgericht Mitte in seiner vorgenannten Entscheidung aus: „Die Klägerin hat keinen Beseitigungsanspruch wegen der von ihr behaupteten und von der Beklagten bestrittenen “unzulässigen Wärmebrücken”. Eine solche Beseitigung ist grundsätzlich nicht geschuldet (vgl. LG Berlin, Urteil vom 28.03.2018 – 65 5 245/17 in GE 2019, 60). Die Beklagte als Vermieterin schuldet die Wiederherstellung des schimmelfreien Zustandes der überlassenen Räumlichkeiten. Wie die Beklagte diesen Zustand herstellt, steht in ihrem Ermessen, § BGB § 903 BGB, Art. GG Artikel 14 GG. Der Mietvertrag und die Verpflichtung des Vermieters aus § 535 BGB begründen kein generelles Recht des Mieters, dem Vermieter die Art und Weise der Mangelbeseitigung vorzugeben. Sein Ermessen unterliegt insoweit Einschränkungen, als dass Maßstab einer Mangelbeseitigung die Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustandes ist und der Mieter nicht Belastungen ausgesetzt werden darf, die sein Besitzrecht an der Wohnung über das zumutbare einschränken. Die Frage, wie weit die Instandsetzungspflicht des Vermieters reicht, insbesondere die Frage, ob sie sich auf die Beseitigung der Ursache eines Mangels erstreckt, lässt sich nicht allgemein und losgelöst von den Umständen des Einzelfalls beantworten, wie auch sonst bei der Ausübung von Ermessen und der Wahrnehmung von Rechten, die durch die Rechte Dritter – kraft Vertrages und/oder Gesetzes – eingeschränkt sind. Konkreter Sachvortrag, der auf eine Einschränkung des Ermessens der Beklagten bezüglich ihrer Entscheidung für die gewählte Art und Weise der Mangelbeseitigung hindeutet, fehlt. Die Klägerin selbst trägt nicht konkret vor, dass vergleichbare Erscheinungen in der Vergangenheit mit Beginn ihres Mietverhältnisses überhaupt oder zeitnah nach dem Fensteraustausch in ihrer Wohnung aufgetreten sind oder nach dem 26.09.2019 wieder zu Tage getreten seien. Auszuschließen hat sie zudem eine Mitverursachung durch ihr eigenes Wohlverhalten mit dem Ergebnis, dass ausschließlich bauseitige Ursachen bestehen. Daran fehlt es hier. So bestreitet die Beklagte eine Mitursächlichkeit durch einen Wasserschaden in der Wohnung über der streitgegenständlichen Wohnung, ohne dass die Klägerin im Einzelnen darstellt, wann dieser Wasserschaden dort in welchem Umfang eingetreten sein soll. Ihre Vermutungen zu Eingriffen in die Bauhülle infolge des Neueinbaus von Fenstern in ihrer Wohnung 1998 reicht dafür ebenso wenig aus, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass diese Umbaumaßnahmen nicht den maßgeblichen Vorschriften entsprochen hätten bzw. es sich um solche Baumaßnahmen handelte, die nach der Verkehrsanschauung dazu führten, dass grundsätzlich der bei der Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab nicht mehr anzulegen wäre als Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens. Bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder gegebenenfalls zugleich der Modernisierung dienen, kann im Grundsatz nicht mehr beansprucht werden, so dass unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards maßgeblich bleiben. Da die von der Klägerin beschriebenen Veränderungen in ihrem Wohnzimmer erst 2017 und nicht zeitnah nach dem Austausch der Fenster aufgetreten sind, ist nicht plausibel, dass diese bauseitigen Veränderungen ausschließlich ursächlich gewesen sein können und nicht auch das eigene Wohlverhalten der Klägerin. Zumal die von ihr als Anlage K 6 eingereichten Protokolle zu ihrem konkreten Heizverhalten keine Angaben erhalten und lediglich die Temperatur angeben, die zu den Lüftungszeiten gemessen wurde, ohne dass angegeben ist, wo diese Temperaturmessungen stattgefunden haben. Hinreichend konkrete Angaben werden nicht gemacht, um das Wohnverhalten der Klägerin als (Mit-)Ursache auszuschließen. Gleiches gilt für das von ihr eingeholte Kurzgutachten. So stellt der Gutachter fest, dass “ursächlich für den Schimmelpilzbefall (…) eindeutig die niedrigen Oberflächentemperaturen der Außenwände, auf denen die Luftfeuchtigkeit kondensiert (…)” sind. Dass diese Luftfeuchtigkeit auf ein wohnverhalten der Klägerin zurückzuführen sein könnte, schließt der Gutachter mit den am 20. März 2018 gemessenen Werten deshalb aus, weil aus ihnen ” (…) eindeutig geschlossen werden (…)” könne, “dass der Jahreszeit entsprechend gut geheizt und gelüftet wird (…)”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Spüle als am Wohnungsmarkt den Mietpreis beeinflussende Ausstattung anzusehen?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 19/20, Urteil vom 01.07.2020) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. a) cc) wie folgt aus: „Die abweichende Bewertung der Gebäudebeschaffenheit und -ausstattung durch das Amtsgericht wirkt sich jedoch nicht zugunsten der Beklagten aus, denn zu Recht beanstanden die Kläger, dass das Amtsgericht die unstreitig nicht vorhandene Spüle im Rahmen der Bewertung der Ausstattung der Küche (Merkmalgruppe 2) nicht berücksichtigt hat. Ob und mit welchem (finanziellen) Aufwand ein Mieter eine fehlende Ausstattung selbst anschaffen kann, ist im Rahmen der in § 558 Abs. 2 BGB vom Gesetzgeber definierten, die Höhe der ortsüblichen Einzelvergleichsmiete beeinflussenden Kriterien ersichtlich irrelevant. Anders als das Amtsgericht bewertet die Arbeitsgruppe Mietspiegel, der Mieterwie auch Vermieterverbände angehörten und zu deren (insoweit fehlender) Sachkunde sowie Erfahrung das Amtsgericht nichts mitteilt, das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Spüle – anders als das Amtsgericht – als am Wohnungsmarkt den Mietpreis beeinflussende Ausstattung im Sinne des § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies ergeben die auch dem Amtsgericht zugänglichen Materialien zum Berliner Mietspiegel 2017 (F + B Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, Methodenbericht, Hamburg, Juli 2017). Die bereits im Rahmen für die Datenerhebung maßgeblichen Ausstattungsmerkmale und ihre Berücksichtigung nach Auswertung der Daten wurden in den Sitzungen der Arbeitsgruppe Mietspiegel ausweislich der Protokolle der Arbeitsgruppensitzungen diskutiert und beschlossen (F + B Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, Methodenbericht, Hamburg, Juli 2017, S. 88ff).”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Steht § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bin einem vor dem Senatsbe­schluss vom 18.06.2019 zugegangen Mieterhöhungsverlangen, dessen Wirkung der Vertragsänderung erst nach dem Stichtag eintritt, entgegen?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 99/20, Urteil vom 30.07.2020) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. c) wie folgt aus: „§ 3 Abs. 1 MietenWoG steht dem Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten nicht entgegen.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 MietenWoG Bln ist – vorbehaltlich hier nicht gegebener weiterer Regelungen – eine Miete verboten, die die am 18. Juni 2019 (Stichtag) wirksam vereinbarte Miete überschreitet.

Das hier gegenständliche Mieterhöhungsverlangen datiert vom 12. Juni 2019.

Die Kammer hat bereits entschieden, dass § 3 Abs. 1 MietenWoG einem Mieterhöhungsverlangen nicht entgegenstehen kann, dessen Wirkungen nach § 558bAbs. 1, 2 BGB (iVm § 894 ZPO) vor dem definierten Stichtag eintreten (vgl. LG Berlin [ZK 65], Urt. v. 27.05.2020 – 65 S 233/19, zVv; vgl. ebenso: AG Charlottenburg, Urt. v. 04.03.2020 – 213 C 136/19, Schultz, Grundeigentum 2020, 168, [172]; wohl auch: Tietzsch, WuM 2020, 121, [129]; aA LG Berlin [ZK 67], Beschluss vom 12.03.2020 – 67 S 274/19, für eine Mieterhöhung mit Wirkung zum 01.06.2020). Die Kammer hat in dem vorgenannten Verfahren (65 S 233/19) wegen der abweichenden Auffassung einer anderen Kammer des LG (noch) die Revision zugelassen. Inzwischen ist die Entscheidung des BGH vom 29. April 2020 (VIII ZR 355/18) veröffentlicht, aus der sich ergibt, dass der für Wohnraummietsachen zuständige VIII. ZS des BGH die Rechtsfrage wie vorstehend dargestellt beantwortet hat.

Dem Ansatz zugrunde liegt, dass der Landesgesetzgeber mit dem in § 3 Abs. 1 S. 1 MietenWoG Bln definierten Stichtag ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl. zuletzt: Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, Begründung der Beschlussempfehlung v. 21.01.2020, S. 6) verhindern wollte, dass die Umsetzung der (geplanten) Vorschrift bereits vor ihrem Inkrafttreten durch Ausnutzung der bisherigen Rechtslage vereitelt wird. Er sah die Gefahr, dass Vermieter die lange Dauer der politischen Diskussion und des sich anschließenden Gesetzgebungsverfahrens nutzen könnten, um noch vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Mieterhöhung zu erwirken.

Aus Sicht der Kammer greifen die den o. g. Entscheidungen des BGH und der Kammer zugrunde liegenden Erwägungen auch, wenn das Mieterhöhungsverlangen vor dem Stichtag erstellt worden ist, die Wirkung der Vertragsänderung – wegen § 558b Abs. 1 BGB (iVm § 894 ZPO) aber erst nach dem Stichtag eintritt (vgl. Kammer, Urt. v. 10. Juni 2020 – 65 S 55/20).

Ein Mieterhöhungsverlangen, das vor dem Senatsbeschluss vom 18. Juni 2019 abgefasst wurde, begründet die vom Landesgesetzgeber beschriebene Gefahrenlage ebenso wenig wie ein solches, dessen Wirkungszeitpunkt (zusätzlich) vor dem Stichtag liegt, denn es ist – in beiden Fällen – in Unkenntnis des Senatsbeschlusses an den Mieter gerichtet worden.

Der Landesgesetzgeber geht in der Begründung des Gesetzentwurfes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung davon aus, dass (erst) ab dem 18. Juni 2019 mit dem Beschluss der “Eckpunkte für ein Berliner Mietengesetz (Mietendeckel)” durch den Senat und dessen – eben deshalb veranlasster – Veröffentlichung öffentlich bekannt war, dass der Tag des Senatsbeschlusses als Anknüpfungspunkt für das künftige in § 3 Abs. 1 MietenWoG geregelte Verbot dienen soll. Frühestens ab diesem Zeitpunkt waren Inhalte der beabsichtigten Regelungen in ihren Umrissen vorhersehbar (vgl. LT-Drs. 18/2347, S. 24).

Die zuständige Senatsverwaltung wurde auch erst mit dem Senatsbeschluss mit der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes beauftragt und damit die Einleitung des (förmlichen) Gesetzgebungsverfahrens für einen “Mietendeckel” konkret in Aussicht gestellt. Im Zeitpunkt des Senatsbeschlusses vom 18. Juni 2019 gab es noch nicht einmal einen Referentenentwurf; dieser lag erst Ende August 2019 vor.

Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ist es nicht vertretbar, an den Beginn der allgemeinen (politischen) Diskussion eines Regelungsthemas so weitreichende Rechtsfolgen zu knüpfen – wie hier – ein an den Vermieter gerichtetes Verbot, seinen Anspruch aus geltenden Vorschriften des sozialen Wohnraummietrechts des BGB zu verfolgen. Eben dies war – den Gesetzesmaterialien zufolge – auch nicht der Sinn und Zweck der Stichtagsregelung. Zudem hat der Landesgesetzgeber sich ausdrücklich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen bewegen wollen, die der Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Verhältnismaßigkeitsprinzip ihm auch bei unterstellter Annahme einer unechten Rückwirkung setzen (vgl. Änderungsantrag v. 21. Januar 2020, aaO, S. 6).”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist es bei der Zustimmung zu einer Bruttomieterhöhung unschädlich, wenn in dem Mieterhöhungsverlangen eine ausdrückliche Angabe bzw. Berechnung der in der Miete enthal­tenen Betriebskosten fehlt, wenn die begehrte Bruttokaltmiete noch unter dem Spannenunterwert des einschlägigen Mietspiegelfelds liegt?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 99/20, Urteil vom 30.07.2020) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. a) wie folgt aus: „Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete der Wohnung mit einer Größe von 86,88 m2 von bisher monatlich 368,58 Euro (4,24 Euro/m2) auf 423,87 Euro (4,88 Euro/m2) mit Wirkung ab 1. September 2019 aus § 558 Abs. 1 BGB.

a) Ohne Erfolg halten die Beklagten an ihrer Auffassung fest, dass das Mieterhöhungsverlangen bereits formell unwirksam sei, weil unklar geblieben sei, ob (unzulässigerweise) eine Änderung der Mietstruktur vorgenommen worden sei, zudem die Angabe des Betriebskostenanteils zwingend gewesen sei, um die Vergleichbarkeit mit dem Berliner Mietspiegel herzustellen, der nur Nettokaltmieten ausweise.

Ob die Auffassung der Beklagten zutrifft, dass ein Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam ist, wenn der Vermieter damit weitere Änderungen des Mietvertrages – wie eine Änderung der Mietstruktur – anstrebt, kann hier offenbleiben (ebenso offengelassen: BGH, Urt. v. 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06; zweifelhaft auch wegen: BGH, Urt. v. 20.01.2010 – VIII ZR 141/09, das von der Möglichkeit der Nachbesserung im Prozess ausgeht).

Den Maßstäben des BGH entsprechend (Urt. v. 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06) wird in dem Mieterhöhungsverlangen für den Erklärungsempfänger hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Mietstruktur nicht geändert werden soll. Bei einer etwa bereits außergerichtlich erteilten Zustimmung wäre das Erhöhungsverlangen auch ungeeignet, eine solche herbeizuführen. Es wird ein neuer Quadratmeterpreis von 2,83 Euro (x 86,88 m2 = 245,87 Euro) genannt, der ersichtlich von der genannten Ausgangsmiete abweicht; folgerichtig wird nachfolgend die verlangte Miete sodann ausdrücklich als Bruttokaltmiete bezeichnet und in der Folgezeile – fett gedruckt – als ab 1. September 2019 geschuldete Gesamtmiete aufgeführt.

Unschädlich ist, dass in dem Mieterhöhungsverlangen eine ausdrückliche Angabe bzw. Berechnung der in der Miete enthaltenen Betriebskosten fehlt. Rechtsfehlerfrei stellt das Amtsgericht fest, dass es dieser Angaben nicht bedarf, wenn die begehrte Bruttokaltmiete – wie hier – unter dem Spannenunterwert des unstreitig zugrunde zu legenden Mietspiegelfeldes – hier J 1 – liegt. Der Ansatz des Amtsgerichts entspricht der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urt. v. 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06). Unabhängig davon konnten die Beklagten dem Erhöhungsverlangen den von der Klägerin zugrunde gelegten Betriebskostenanteil aus der Differenz zwischen dem angegebenen neuen Quadratmeterpreis und der ab 1. September 2019 verlangten Bruttokaltmiete ersehen.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann ein Vermieter aus einer 16 Monate vor Beginn der am Mietobjekt beabsichtigten Maßnahmen ausgesprochenen Modernisierungsankündigung Duldungsansprüche gegenüber dem Mieter herleiten?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 108/20, Beschluss vom 01.09.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: „Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie aus den Gründen des Hinweisbeschlusses der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Beschlusszurückweisung erfüllt sind. Die Stellungnahme der Klägerin vom 6. August 2020 rechtfertigt keine ihr günstigere Beurteilung. Sie kann aus der streitgegenständlichen Modernisierungsankündigung keine Duldungsansprüche herleiten:

Insoweit bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob der Zeitraum zwischen dem Zugang der Modernisierungsankündigung und dem beabsichtigten Beginn der angekündigten Modernisierungsmaßnahmen eine – gesetzlich allerdings nicht geregelte – Höchstfrist nicht überschreiten darf, ohne dass der Vermieter seine Ansprüche aus der Modernisierungsankündigung verliert (vgl. dazu OLG München, Urt. v. 15. Oktober 2019 – MK 1/19, ZMR 2020, 30, beckonline Tz. 52 ff.; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 555c Rz. 37). Denn jedenfalls ein auf eine weit vor dem beabsichtigten Beginn der Modernisierungsmaßnahmen ausgesprochene Modernisierungsankündigung gestützter Duldungsanspruch ist wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht durchsetzbar.

Es entspricht der – von der Kammer insoweit geteilten – ständigen Rechtsprechung des BGH, dass eine Rechtsausübung missbräuchlich ist, wenn ihr kein schutzwürdiges Interesse zukommt, sondern sie erfolgt, um sich unter Ausnutzung lediglich formal bestehender Rechte eine Position zu verschaffen, an der kein schutzwürdiges Eigeninteresse besteht (vgl. Sutschet, in: BeckOK BGB, 55. Ed., Stand: 1. August 2020, § 242 Rz. 83 ff. m.w.N). So liegt der Fall hier:

Die Klägerin begehrt mit ihrer Modernisierungsankündigung vom 25. September 2018 die Duldung von Maßnahmen, die erst ab dem Februar 2020 in dem von dem Beklagten bewohnten Gebäude durchgeführt werden sollten. Damit hat sie die von ihr beabsichtigte Modernisierung weit über ein Jahr vor deren beabsichtigtem Beginn angekündigt. Durch eine weit verfrühte Ankündigung untergräbt der Vermieter jedoch nicht nur das an den Zugang der Duldungsankündigung geknüpfte und zeitlich befristete Sonderkündigungsrecht des Mieters aus § 555e Abs. 1 BGB, sondern beschränkt gleichzeitig zu dessen Nachteil die Möglichkeiten zur erfolgreichen Geltendmachung von Härtegründen nach § 555d Abs. 2 BGB. Anders als bei einer in einem hinreichend engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Maßnahmen stehenden Modernisierungsankündigung, bei der die vom Mieter geltend zu machenden Härtegründe regelmäßig bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der Ankündigung bestehen oder jedenfalls bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 555d Abs. 3 Satz 1 BGB auftreten werden, steigt bei einer weit verfrühten Ankündigung die Wahrscheinlichkeit des erstmaligen Auftritts oder Hinzutritts eines Härtegrundes erst nach Ablauf der Monatsfrist mit zunehmender Dauer des zwischen dem Zugang der Ankündigung und dem Beginn der Modernisierung liegenden Zeitraums. Damit geht eine auf dem gesteigerten Präklusionsrisiko des Mieters beruhende Verschlechterung seiner Rechtsposition einher. Denn einen erstmals nach Ablauf der Einwendungsfrist des § 555d Abs. 3 Satz 1 BGB auftretenden Härtegrund muss der Mieter zur Meidung eines Rechtsverlustes nicht ebenfalls innerhalb eines Monats, sondern gemäß § 555d Abs. 4 Satz 1 BGB “unverzüglich” geltend machen. Zur ihm nachteiligen Verkürzung der Einwendungsfrist tritt eine Verschlechterung seiner Beweislage, da der Mieter neben dem Vorliegen des Härtegrundes auch darzutun und im Bestreitensfalle zu beweisen hat, dass der Härtegrund erstmals nach Ablauf der Einwendungsfrist des § 555dAbs. 3 Satz 1 BGB entstanden ist und nicht bereits zuvor bestand (vgl. OLG München, a.a.O., juris Tz. 84).

Eine weit verfrühte Ankündigung läuft auch dem Gesetzeszweck des § 555c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BGB zuwider, dem Mieter durch die Angabe des voraussichtlichen Beginns und der Dauer der Maßnahmen (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) sowie der zu erwartenden Mieterhöhung (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB) eine hinreichend verlässliche Planungs- und Entscheidungsgrundlage für den weiteren Verlauf des Mietverhältnisses zu verschaffen. Es liegt auf der Hand, dass eine weit vor Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen ausgesprochene Ankündigung diesem Gesetzeszweck nicht zur Geltung verhelfen kann, da die tatsächliche Umsetzung des angekündigten Vorhabens und die Einhaltung des mitgeteilten Kostenrahmens wegen des langen zeitlichen Vorlaufes nicht hinreichend gewiss sind.

Schutzwürdige Eigeninteressen des Vermieters, die geeignet wären, die mit einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung verbundenen erheblichen Rechtsnachteile des Mieters zu rechtfertigen, sind weder im Allgemeinen noch hier gegeben:

Der Vermieter erlangt mit dem Ausspruch einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung keine schutzwürdigen Rechtsvorteile. Diese würden nur begründet, wenn er im Falle einer weit verfrühten Ankündigung bereits mit oder jedenfalls zeitnah nach Ablauf der Ankündigungsfrist des § 555c Abs. 1 Satz 1 BGB im Klagewege die Duldung der Maßnahmen vom Mieter beanspruchen könnte. Eine entsprechende Klage wäre aber als derzeit unbegründet abzuweisen, da die Duldungspflicht des Mieters nur die passive Hinnahme der erst in ferner Zukunft durchzuführenden Arbeiten und nicht – wie etwa bei der Vergleichsmietenerhöhung gemäß §§ 558 ff. BGB – die Abgabe einer auf die Zustimmung zur Durchführung der Maßnahmen gerichteten Willenserklärung umfasst (vgl. KG, Beschluss vom 1. September 1988 – 8 RE-Miet 4048/88NJW-RR 1988, 1420, juris Tz. 44; Schlosser, in: BeckOK BGB, 55. Ed., Stand: 1. August 2020, § 555d Rz. 8). Eine erfolgreiche Inanspruchnahme des Mieters weit vor dem angekündigten Beginn der Maßnahmen wäre allenfalls dann möglich, wenn er durch Geltendmachung von Härtegründen oder anderer Einwendungen die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung begründen würde und deshalb gemäß § 259 ZPO seine Verurteilung zur zukünftigen Duldung gerechtfertigt wäre. Die mit einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung verbundene Hoffnung des Vermieters auf ein die Anwendung des § 259 ZPO rechtfertigendes Verhalten des Mieters ist jedoch nicht schutzwürdig, da sie von der ebenfalls rechtsmissbräuchlichen Absicht getragen wäre, sich eine zu erheblichen Rechtsnachteilen des Vertragspartners führende Rechtsposition zu verschaffen, die nicht in den Schutzbereich des ausgeübten Rechts fiele (vgl. BGH, Urt. v. 22. Mai 1989 – II ZR 206/88NJW 1989, 2689, beckonline Tz. 30; Sutschet, a.a.O., Rz. 85 m.w.N.). Denn die in § 555 c Abs. 1 BGB statuierten Ankündigungs- und Informationspflichten dienen vornehmlich dem Mieterschutz (vgl. Emmerich, in: Staudinger, BGB, Stand: 18. Dezember 2018, § 555c Rz. 1 m.w.N.), nicht hingegen dem Interesse des Vermieters an der Titulierung seines Duldungsanspruchs weit vor beabsichtigter Durchführung der angekündigten Modernisierungsmaßnahmen.

Bereits deshalb kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, nur eine zeitlich weit vorgelagerte Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen gewährleiste bei einem Großvorhaben wie dem streitgegenständlichen einen sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung mit hinreichender Planungssicherheit für den Vermieter und umfassender Information und Beratung für den Mieter. Ihr Einwand geht aber auch in der Sache grundsätzlich fehl, erst recht angesichts ihres eigenen vorgerichtlichen Verhaltens. Denn sie hat die Mieter der “gesamten Siedlung” bereits nach Abschluss der Vereinbarung zum sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung und Sanierung mit dem Bezirksamt Pankow vom 7. August 2017 umgehend über das Vorhaben informiert, eine Mieterversammlung abgehalten, Mietersprechstunden durchgeführt und im Dezember 2017 über die Regelungen zur “finanziellen Härte” aufgeklärt. Vor dem Hintergrund dieser – teilweise über zweieinhalb Jahre vor dem beabsichtigten Baubeginn in dem vom Beklagten innegehalten Gebäude erteilten – Informationen gab es für die Klägerin keinen sachlich gerechtfertigten Grund, dem Beklagten die in seiner Wohnung und dem Mietshaus beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah, sondern erneut mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf – von nahe eineinhalb Jahren – anzukündigen. Das fehlende Eigeninteresse der Klägerin an einer weit verfrühten Ankündigung wird auch durch ihr späteres Prozessverhalten belegt. Sie hat die von ihr behaupteten Duldungsansprüche nicht zeitnah nach Ablauf der Ankündigungsfrist geltend gemacht, sondern nach Ankündigung der Maßnahmen nahezu ein Jahr zugewartet, bevor sie die streitgegenständlichen Ansprüche erstmals am 14. August 2019 auf dem Zivilrechtsweg anhängig gemacht hat.

Eine der Klägerin günstigere Beurteilung wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die weit verfrüht angekündigten Maßnahmen mit zeitlich vorgelagerten Maßnahmen im Zusammenhang gestanden hätten, die ebenfalls zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Mietsache geführt hätten oder bei denen eine Beeinträchtigung zumindest in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Das ist auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Klägerin vom 6. August 2020 nicht der Fall:

An dem streitgegenständlichen Grundstück …-Straße sollten Baumaßnahmen ausweislich des der Modernisierungsankündigung beigefügten Übersichtsplans erstmals im zweiten Bauabschnitt ab Februar 2020 erfolgen. Soweit die Klägerin geltend macht, die “Baustelleneinrichtung” habe auch dort in Einklang mit den Angaben im Übersichtsplan bereits im Januar 2019 begonnen, vermag sie damit nicht durchzudringen, da sie Art und das Ausmaß der “Baustelleneinrichtung” in der Modernisierungsankündigung nicht den Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend angekündigt hat. Auch die Ankündigung ihrer voraussichtlichen Dauer, die sie ausweislich des Übersichtsplans mit nahezu zweieinhalb Jahren (“2.1.2019-15.5.2021”) und zudem ohne den erforderlichen Grundstücksbezug angegeben hat, wird den Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht gerecht. Die Ankündigung ist insoweit offensichtlich unrichtig, da “die Baustelle” weder am streitgegenständlichen Grundstück noch anderswo während der annähernd dreijährigen Gesamtdauer des die gesamte Siedlung betreffenden Modernisierungsvorhabens “eingerichtet” werden sollte. Mit den das streitgegenständliche Grundstück betreffende Modernisierungsmaßnahmen in Zusammenhang stehende Maßnahmen vermögen eine weit verfrühte Ankündigung der grundstücksbezogenen Maßnahmen indes allenfalls dann zu rechtfertigen, wenn sie ihrerseits den Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend angekündigt worden sind. Daran fehlt es.

Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handele es sich um ein Großprojekt, das zwingend einheitlich und vor dem Beginn des ersten Bauabschnitts für “die gesamte Siedlung” anzukündigen gewesen sei. Für die Ankündigungspflicht des Vermieters sind auch bei einem – hier 253 Wohnungen und unterschiedliche Straßenzüge betreffenden – Großvorhaben nicht die andere Grundstücke betreffende Maßnahmen und “Bauabschnitte” maßgeblich, sondern allein die unmittelbare Einwirkung auf die Mietsache selbst durch das Ergreifen konkreter objektbezogener Maßnahmen, die sich auf die Wohnung, das Haus oder das Hausgrundstück beziehen (vgl. Eisenschmid, a.a.O., § 555c Rz. 17-19; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 555c Rz. 4). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil der Kammer vom 6. August 2020 (67 S 46/20, n.v.), in dem ebenfalls für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts des Beginns der Bauarbeiten auf die Einwirkung auf die Mietsache oder das Gebäude selbst abgestellt wurde.

Gemessen an diesen Grundsätzen verfängt der Verweis der Klägerin nicht, bereits im ersten Bauabschnitt würden auch für den – das streitgegenständliche Grundstück betreffenden – zweiten Bauabschnitt grundlegende Maßnahmen durchgeführt. Zwar kommen einige dieser hauptsächlich die Energieversorgung betreffenden Maßnahmen später auch dem Hausgrundstück des Beklagten zu Gute, insbesondere die der Versorgung separater Unterstationen in den einzelnen Wohnhäusern dienende Hauptheizzentrale für das Fernwärmenetz. Eine für die aus § 555c Abs. 1 BGB erwachsenden Ankündigungspflichten des Vermieters allein maßgebliche unmittelbare Beeinträchtigung der vom Beklagten innegehaltenen Mietsache ist damit jedoch nicht verbunden; sie erfolgt erstmals durch die für die Zeit ab dem 17. Februar 2020 angekündigten Maßnahmen in dem vom Beklagten bewohnten Haus selbst. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die bereits für 2019 angekündigten Maßnahmen “Neubau Lückenschluss” und “Neubau Brandwand”. Auch dabei handelt sich um Maßnahmen des ersten Bauabschnitts, die nicht unmittelbar das Grundstück …-Straße betreffen, sondern sich nach dem Vorbringen der Klägerin lediglich durch die “räumliche Nähe auf die gesamte Siedlung” auswirken.

Davon ausgehend kann die Klägerin ohne den Ausspruch einer neuerlichen Ankündigung die Duldung keiner der streitgegenständlichen Maßnahmen verlangen. Das gilt nicht nur für die streitgegenständlichen Modernisierungs-, sondern auch für die flankierenden Instandsetzungsmaßnahmen. Letztere sind Bestandteil eines mit der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen untrennbar verbundenen Gesamtpakets, für das weder dargetan noch ersichtlich ist, dass die Klägerin insoweit eine von der Durchführung der Modernisierung unabhängige Duldung beansprucht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2018 – VIII ZR 28/17NJW 2018, 1008, beckonline Tz. 12, 18).

Der Kammer war es den Ausführungen der Klägerin zuwider nicht verwehrt, im Beschlusswege zu verfahren. Ein Beschlusshindernis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist nicht gegeben, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die Kammer hat in dem von ihr zu beurteilenden Einzelfall Rechtswirkungen der Modernisierungsankündigung der Klägerin zu Lasten des Beklagten wegen Verstoßes gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verneint. Die abstrakten Voraussetzungen von Treu und Glauben indes sind höchstrichterlich hinlänglich geklärt und kein hinreichender Grund für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – I… ZR 298/17, ZIP 2018, 621, beckonline Tz. 8 ff.). Veranlassung, wegen divergierender Rechtsprechung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO vom Beschlussverfahren abzusehen und die Revision zuzulassen, bestand ebenfalls nicht. Die Kammer hat keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von einschlägigen Entscheidungen eines höherrangigen oder gleichrangigen anderen Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts abweicht. Das wäre aber Voraussetzung für eine Divergenzzulassung (st. Rspr., vgl. Ball, in: Musielak, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 543 Rz. 8 m.w.N.).”