Archiv für den Monat: November 2017

Pressemitteilung 80/2017

AMV unterstützt Online-Petition „Mieterhöhungen stoppen – BImA darf Preisspirale nicht künstlich nach oben drücken”

BImA als Vermieter in Berlin

Mit derzeit rund 37.000 Wohnungen ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) eine der größten Wohnraumanbieter in Deutschland. Allein in Berlin besitzt die BImA 4.817 Wohnungen. Die Wohnungen liegen in Charlottenburg-Wilmersdorf, Lichtenberg, Mitte, Neukölln, Pankow, Spandau, Treptow-Köpenick, Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf.

Neuvermietungen und ortsübliche Vergleichsmiete

Bei insgesamt 224 Neuvermietungen in Berlin in diesem Jahr hat die BImA in 63 Fällen die ortsübliche Vergleichsmiete überschritten. Das geht aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium Jens Spahn (CDU) auf eine Frage der Berliner Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch (Die Linke) hervor. Die BImA ist nicht bereit, sich der Vereinbarung des Berliner Senats mit den sechs landeseigenen Wohnungunternehmen anzuschließen, die Mieten nicht mehr als 2 % jährlich anzuheben. Dies erfolge aus „grundsätzlicher Erwägung zur Eigenständigkeit der BImA”, erklärte Jens Spahn in einem Bericht.

Mieterprotest und Online-Petition

Mieterinnen und Mieter der BImA-Wohnanlagen um die Sundgauer-/Mühlen-Straße und die Lissabon-/Lindenthaler Allee in Berlin Steglitz-Zehlendorf wandten sich am 12.10.2017 in einem Offenen Brief an das Bundesministerium der Finanzen und starteten die Online-Petition „Mieterhöhungen stoppen – BImA darf Preisspirale nicht künstlich nach oben drücken” (https://www.openpetition.de/petition/online/mieterhoehungen-stoppen-bima-darf-preisspirale-nicht-kuenstlich-nach-oben-druecken). Sie fordern angesichts der bundesweiten Wohnungskrise, dass die BIma für ihren Wohnungsbestand nicht die Preisspirale weitertreiben, sondern mit niedrigen Mieten und Verkaufspreisen an Kommunen gezielt gegen die grassierende Wohnungsnot in den Ballungsräumen ankämpfen solle.

AMV fordert Umdenken auf Bundesebene und neue Mietenpolitik

„Der AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. unterstützt die Forderung der Mieterinnen und Mieter der BImA-Wohnanlagen”, sagte der 2. Vorsitzende des AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V., Assessor Marcel Eupen. „Der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen für untere und mittlere Einkommensgruppen in Berlin und anderen Ballungsstädten ist extrem hoch und erfordert ein Umdenken auf Bundesebene. Mit seinem Wohnungsbestand kann der Bund zumindest dazu beitragen, den momentan angespannten Wohnungsmarkt nicht noch mehr aufzuheizen, indem er auf Mieterhöhungen, die die ortsübliche Vergleichsmiete überschreiten, verzichtet”, argumentiert Eupen. „Die alleinige Orientierung an den gesetzlichen Regelungen entspricht nicht dem Gemeinwohl, der sozialen Verantwortung sowie der Vorbildfunktion, die der Bund haben sollte”, so Eupen. „Wenn Zwecke des Gemeinwohls – angespannte Wohnungsmärkte – es erfordern, darf sich der Bund nicht verschließen, sondern muss kooperativ und solidarisch sein. Die BImA sollte sich unverzüglich der Kooperationsvereinbarung “Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung” anschließen. Die Bestandsmieten in den 4.817 Wohnungen der BImA sollten künftig um nicht mehr als 2 % pro Jahr steigen. Mieterhöhungen, die in diesem Jahr wirksam wurden, sollten rückwirkend korrigiert werden. Die Modernisierungsumlage sollte auf 6 % begrenzt werden”, fordert Eupen.

Berlin, den 23.11.2017

Ass. Marcel Eupen, Pressesprecher des AMV

Aus der Rubrik “Liegenschaftspolitik”:

Deutschlandfunk am 14.11.2017: Grundstücksverkäufe und Wohnungsmangel – Wie der Bund an steigenden Mieten mitverdient

Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware in Berlin. Der Stadt fehlt es an geeignetem Bauland für neue Sozialwohnungen, auch weil Bund und Deutsche Bahn ihre Grundstücke zu Höchstpreisen verkaufen.

Die Instone Real Estate GmbH muss Rendite machen. Für knapp 30 Millionen Euro hatte der Investor das Grundstück 2016 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz Bima, gekauft. Das war der Höchstpreis, den der Bund dafür erzielen konnte. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM wollte das Grundstück ebenfalls kaufen, um darauf Sozialwohnungen zu bauen, unterlag im Bieterverfahren aber deutlich.

Da es in Berlin massiv an bezahlbarem Wohnraum mangelt, sei das Verhalten des Bundes unverantwortlich, sagt die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Lisa Paus:

“Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, warum der Bund wie jeder gemeine Privatinvestor nur zu Höchstpreisen verkauft, der Bund hat andere Aufgaben, er hat auch das Gemeinwohl mit zu berücksichtigen. Stattdessen müssen wir erleben, dass der Bund zentraler Mitpreistreiber ist. Dieser Kiez wird umkippen und Schuld daran trägt der Bund mit seiner Höchstpreispolitik.

http://www.deutschlandfunk.de/grundstuecksverkaeufe-und-wohnungsmangel-wie-der-bund-an.1769.de.html?dram:article_id=400637

Aus der Rubrik “Wirtschaftsinformationen”:


Huffington Post Deutschland am 15.11.2017: Die große Gier: Wie Deutschlands zweitgrößter Vermieter die Menschen abzockt

Die Deutsche Wohnen SE ist mit 163.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten der zweitgrößte private Vermieter in Deutschland. Die Mietpolitik der Wohnungsgesellschaft ist umstritten – und scheint nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet zu sein.

http://www.huffingtonpost.de/marcel-eupen/wohnungsnot-vermieter-deutsche-wohnen_b_18563992.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Sind die Vorschriften über die Mietpreisbremse analog anwendbar, wenn kein neuer Mietvertrag abgeschlossen wird, sondern ein dreiseitiger Vertrag zwischen Vermieter, Vormieter und neuem Mieter dahingehend, dass der Vormieter aus dem Mietverhältnis ausscheidet und der neue Mieter in dieses eintritt?

Die Antwort des Amtsgerichts Neukölln (AG Neukölln – 20 C 19/17, Urteil vom 11.10.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Neukölln in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 1. wie folgt aus: “Die Feststellungsklage ist begründet. Die zulässige Miethöhe für die streitbefangene Wohnung beträgt lediglich 508,00 Euro nettokalt und ist damit uni 305,12 Euro überhöht, Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 556dAbs.1 BGB i.V.m. der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung und dem Berliner Nietspiegel 2017 sowie aus § 556e Abs. 1 BGB.

Nach Ansicht des Gerichts sind die Regelungen der §§ 556d ff. BGB verfassungsgemäß; die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung ist ebenfalls verfassungskonform und rechtswirksam. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Hinweisbeschlusses der 67. Kammer des Landgerichts Berlin vom 14. September 2017 (Geschäftszeichen 67 S 149/17). Die 65. Kammer des Landgerichts Berlin (Urteil vom 29. März 2017 – 65 S 424/16) und die 11. Abteilung des Amtsgerichts Neukölln (Urteil vom 08. September 2016 –11 C 414/15) haben bereits mit umfassender Begründung, der sich das Gericht anschließt, dargelegt, dass die Regelungen zur sogenannten Metpreisbremse verfassungsgemäß und rechtswirksam sind. Nach Ansicht des Gerichts liegt insbesondere auch kein Verstoß gegen M. 3 Abs. 1 GG vor. Die in § 556e Abs. 1 BGB vorgenommene Differenzierung ist aus Gründen des Bestandsschutzes gerechtfertigt und stellt sich nicht als sachwidrig dar (LG Berlin, Urteil vom 29. März 2017 – 65 S 424/16; Schuldt, “Mietpreisbremse – Eine juristische und ökonomische Untersuchung der Preisregulierung für preisfreien Wohnraum”, 2017, Seite 230 f.). Auch die Begrenzung der zulässigen Neuvermietungsmiete durch § 556d Abs. 1 BGB in den von § 556d Abs. 2 BGB erfassten Gebieten führt zu keinem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn § 556d, Abs. 1 BGB stellt in den von § 556d Abs. 2 BGB erfassten Gebieten einheitlich auf die ortsübliche Vergleichsmiete ab. Die unterschiedlichen Grenzen für die zulässige Höhe der Neuvertragsmiete ergeben sich erst aus der Uneinheitlichkeit der lokalen Wohnungsmärkte (Schuldt, “Metpreisbremse – Eine juristische und ökonomische Untersuchung der Preisregulierung für preisfreie Wohnraum«, 2017, Seite 235).

Zwar scheidet eine unmittelbare Anwendung des § 556d BGB vorliegend aus. Denn die Vereinbarung vom 30.11.2016 stellt sich aufgrund ihrer rechtlichen Ausgestaltung nicht als Neuabschluss eines Mietvertrages dar. Es handelt sich vielmehr um einen dr6iseitigen Vertrag zwischen den Klägern, der Beklagten und den Vormietern, in dem ausdrücklich festgehalten ist, dass die Vermieter aus dem bestehenden Metverhältnis austreten und die Kläger mit allen Rechten und Pflichten in das bestehende Metverhältnis unter gleichzeitiger Erhöhung der Nettokaltmiete eintreten.

§ 556d BGB findet jedoch analoge Anwendung. Analogie ist die Übertragung eines gesetzlich geregelten Tatbestands auf einen vom Gesetz nicht geregelten, aber im Wesentlichen ähnlichen Tatbestand. Weiter setzt eine Analogie voraus, dass ein Gesetz nach der gesetzgeberischen Regelungsabsicht eine planwidrige Unvollständigkeit enthält. Bei Gleichheit von Interessenlage und Normzweck werden solche Lücken durch Analogie geschlossen (Staudinger Eint. zum BGB Rn. 156).

Aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ist die streitgegenständliche Fallkonstellation mit der Konstellation der Neuvermietung einer Wohnung im Wesentlichen vergleichbar. Für die von der Beklagten gewählte Vertragskonstruktion bestand kein sachlicher Grund. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 30.11.2016 hatten die Vormieter das Metverhältnis bereits gekündigt Die Beklagte hätte also ohne weiteres mit den Klägern einen neuen Metvertrag abschließen-können. Es macht vorliegend im Ergebnis keinen Unterschied, ob eine: Neuvermietung durch Beendigung des alten Metvertrages und Abschluss eines neuen Mietvertrages mit einer höheren Niete erfolgt oder ob ein vollständiger Mieterwechsel in einem bestehenden Mietverhältnis unter Ausscheiden der alten Meter und Eintritt der neuen Meter bei gleichzeitiger Erhöhung der Mete stattfindet. Es ist offensichtlich, dass die Beklagten die vorliegende Vertragskonstruktion nur gewählt haben, um die Regelungen-der §§ 556d ff. BGB zu umgehen.

Es liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber wollte mit den §§ 556d ff. BGB auf Mietsteigerungen bei Neuvermietung in bestimmten Regionen reagieren. Die Regelung soll dazu beitragen, der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken (BeckOK BGB/Schüller BGB § 556d Rn. 1-3). Es ist davon auszugehen, dass der Kläger auch den vollständigen Meteraustausch in einem bestehenden Metverhältnis unter gleichzeitiger Erhöhung der Mete von den §§ 556d ff. BGB erfassen wollte, wenn für eine solche Vertragskonstruktion gegenüber-einem ebenfalls möglichen Neuabschluss eines Metvertrages kein sächlicher Grund besteht und sich die gewählte Vertragskonstruktion im Ergebnis wie eine Neuvermietung darstellt.

Aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls liegt auch eine Gleichheit der Interessenlage vor. .Die Kläger befanden sich gegenüber der Beklagten in einer unterlegenen Position. Die Vormieter hatten die Wohnung bereits gekündigt. Die Beklagten weigerten sich, mit den Klägern einen neuen Mietvertrag abzuschließen, sondern bestand auf den Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarung. Die Kläger waren gezwungen, der Vereinbarung zuzustimmen, weil sie ansonsten aller Voraussicht nach, die Wohnung nicht hätten mieten können. Die Situation der Kläger vor dem Abschluss der Vereinbarung entsprach damit der Situation, wie sie bei Nietinteressenten üblich-ist, die sich auf eine Wohnung zur Neuanmietung bewerben.

Die zwischen den Parteien vereinbarten Nettokefirniete in Höhe von 813,12 Euro überschreitet die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miethöhe. Danach darf die Niete zu Beginn des Nietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) höchstens um 10 % übersteigen. Die ortsübliche Vergleichsmiete, an der sich gemäß § 556d Abs. 1 BGB die zulässige Höchstmiete orientiert, kann anhand des Berliner Mietspiegels 2017 bestimmt werden. Dabei kann dahinstehen, ob der Berliner Metspiegel 2017 qualifiziert im Sinne des § 558d BGB ist. Er kann zumindest als einfacher Metspiegel gemäß § 287 ZPO herangezogen werden (LG Berlin, Urteil vom 29. März 2017 – 65 S 424/16 – AG Neukölln, Urteil vom O8. September 2016 11 C 414/15). Der Berliner Metspiegel 2017 ist anstatt des Berliner Nietspiegels 2015 heranzuziehen. Der Abschluss der Vereinbarung erfolgte am 30.11.2016. Stichtag für die Heranziehung des Berliner Metspiegels 2017 ist der 01.09.2016.

Die Parteien haben die streitbefangene Wohnung unstreitig in das Feld D2 des Berliner Mietspiegels 2017 eingeordnet. Hiervon ausgehend ergibt sich ein Mittelwert von 5,93 Euro/m². Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass die im Berliner Mietspiegel 2017 aufgeführten und zwischen den Parteien streitigen wohnwertmindernden Merkmale der Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) “Lage in stark vernachlässigter Umgebung in einfacher Wohnlage” und “keine Fahrradabstellmöglichkeit auf dem Grundstück” nicht gegeben sind, ergibt sich eine ortsübliche Vergleichsmiete von nur 6,36 Euro/m².

Unter Berücksichtigung des gemäß § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Zuschlags von 10% auf die ortsübliche Vergleichsmiete, vorliegend mithin 0,64 Euro/qm, beträgt die zulässige Niete 7,00 Euro/qm. Auf Grundlage der Wohnungsgröße von 58,08 qm ergibt sich hieraus eine zulässige Nettokaltmiete in Höhe von 406,56 Euro.

Bereits die Nettokaltmiete der Vormieter in Höhe von 508,00 Euro überstieg damit schon ortsübliche Vergleichsmiete samt Zuschlag von 10 %, so dass zu Gunsten der Beklagten die Bestandsschutzregelung des § 556e Abs. 1 BGB eingreift. Die zulässige Nettokaltmiete beträgt damit 508,00 Euro. Die mit den Klägern in der Vereinbarung vom 30.11.2016 vereinbarte Nettokaltmiete ist monatlich um 305,12 Euro überhöht.

Selbst wenn man eine analoge Anwendung der § 556d ff. BGB ablehnte, läge dann jedenfalls ein unzulässiges Umgehungsgeschäft vor mit der Folge, dass die Regelung in Ziffer 3 der Vereinbarung vom 30.11.2016, mit der die Nettokaltmiete von ursprünglich 508,00 Euro auf 813,12 Euro erhöht wird, gemäß §§ 134139 BGB nichtig wäre. Unter Berücksichtigung der salvatorischen Klausel in Ziffer 9 der Vereinbarung vom 30.11.2016 läge keine Gesamtunwirksamkeit vor, sondern die Unwirksamkeit wäre auf die Regelung in Ziffer 3 der Vereinbarung vom 30.11.2017 beschränkt. Ein Umgehungsgeschäft liegt vor, wenn durch Umgehung verbotener rechtlicher Gestaltungen ein vom Gesetz verbotener Erfolg herbeigeführt werden soll (BGH, Urteil vom 06. Dezember 1990 –IX ZR 44/90 -, Rn. 25). Die Beklagte handelte mit Umgehungsabsicht. Ein sachlicher Grund für den Abschluss der Vereinbarung vom 30.11.2016 anstatt eines Neuabschlusses eines Metvertrags bestand nicht Die Beklagte zielte offensichtlich darauf ab, die Regelungen des §§ 556d ff. BGB zu umgehen und eine Metsteigerung über die Zulässigkeitsgrenze der §§ 556d ff. BGB hinaus herbeizuführen.”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Morgenpost am 15.11.2017: Wohnungsnot in Berlin – Das müssen Berliner Mieter zu Modernisierungen wissen

Modernisierungen können zu sprunghaften Mietsteigerungen führen.

Anhand von knapp 200 Modernisierungsankündigungen hat der Berliner Mieterverein in den Zeiträumen 2012 bis 2013 und 2015 bis 2016 die aufgewendeten Baukosten nach Art der Maßnahme sowie die Mietentwicklung nach Modernisierungen untersucht. Der durchschnittliche Mietenanstieg nach einer Modernisierung betrug laut BMV 2,44 Euro je Quadratmeter, beziehungsweise 186,37 Euro absolut im Monat. Die Nettokaltmiete stieg damit im Schnitt nach den Ergebnissen der Kurzstudie von 4,73 Euro im Monat auf 7,14 Euro je Quadratmeter und Monat. Die Heizkostenersparnis erreichte in der Regel aber nicht mehr als 300 Euro im Jahr bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung.

https://www.morgenpost.de/berlin/article212546879/Angst-vor-dem-Rauswurf.html

Aus der Rubrik “Mieterverdrängung”:

Berliner Morgenpost am 15.11.2017: “Es gibt keine Sicherheit mehr”

Furcht vor Verdrängung: Was es für alte Menschen bedeutet, wenn ihre sicher geglaubte Mietwohnung in teures Eigentum umgewandelt werden soll

Seit 40 Jahren und damit sein halbes Leben lang wohnt Wolfgang Hoth in dem Gebäudekomplex Genthiner Straße Ecke Lützowstraße mit rund 100 Wohnungen. Das schmucklose Gebäude, Ende der 70er-Jahre als Sozialbau mit Fördermitteln des Landes Berlin errichtet, ist in den vergangenen Jahren gleich mehrfach verkauft worden, die Sozialbindung ist im vergangenen Jahr ausgelaufen. Seit 2016 ist die Bluerock Ltd. mit Sitz in Manchester Eigentümerin des Gebäudes mit seinen rund 100 Wohnungen. “Seitdem gibt es keine Sicherheit mehr in meinem Leben”, sagt der 80-Jährige, “die Sicherheit, dass meine Frau und ich hier unseren Lebensabend beschließen können.”

https://www.morgenpost.de/berlin/article212546881/Es-gibt-keine-Sicherheit-mehr.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Liegt eine persönlichkeitsrechtsverletzende Bespitzelung, die einen Schmerzensgeldanspruch rechtfertigen könnte, vor, wenn ein Vermieter vom Hausmeister Lärmprotokolle in Bezug auf das Nutzungsverhalten von Mietern erstellen lässt?

Die Antwort des Landgerichts Karlsruhe (LG Karlsruhe – 9 S 66/17, Urteil vom 29.09.2017) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Karlsruhe in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klägerin hat mangels bewiesener Pflichtverletzung der Beklagten weder Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld noch auf Rückzahlung des Teils der Kaution, hinsichtlich dessen der Beklagte die Aufrechnung mit seinem Mietzahlungsanspruch für Juni 2016 erklärte, da er die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung nur als ordentliche für wirksam hält, die das Mietverhältnis zum 30.06.2016 beendete (1). Ein Anspruch auf Rückzahlung des Teils der Kaution, den der Beklagte im Hinblick auf eine noch zu erstellende Betriebskostenabrechnung zurückbehält, besteht derzeit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der von der Klägerin ausgesprochenen fristlosen Kündigung (2).

1. Die Erstellung von Lärmprotokollen durch den unter der Klägerin wohnenden Hausmeister Findeisen als solche stellt sich entgegen deren Darstellung bereits deshalb nicht als persönlichkeitsrechtsverletzende “Bespitzelung” dar, weil vom Hausmeister auf der Hand liegend kein Tätig-werden, insbesondere kein Nachstellen, Belauschen o.ä. erforderlich war, um etwaig von der Wohnung der Klägerin ausgehenden Lärm wahrzunehmen, sondern lediglich die Anwesenheit in der eigenen Wohnung. Hinsichtlich ihrer Behauptung, der Beklagte habe Lärmprotokolle erstellen lassen, die in Gänze wahrheitswidrig seien, um die Klägerin aus dem Mietverhältnis zu “mobben”, ist die Klägerin beweisfällig geblieben, da sie erstinstanzlich nur für Teile dieser Behauptung Beweismittel bzw. taugliche Beweismittel angeboten hat.

a) Die Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen wurde daher vom Amtsgericht im Ergebnis nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen. Die Klägerin ist für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der von ihr behaupteten Pflichtverletzung sowohl im Hinblick darauf beweisbelastet, dass sie die streitgegenständliche fristlose Kündigung hierauf stützt, als auch im Hinblick darauf, dass sie wegen der behaupteten Pflichtverletzung Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld geltend macht. Dieser Beweis könnte ihr durch eine Vernehmung der erstinstanzlich benannten Zeugen nicht gelingen, da sie diese Zeugen nur für im Einzelnen bezeichnete, tageweise Unrichtigkeiten der gefertigten Lärmprotokolle betreffend das Jahr 2015 benannt hat. Eine Fehlerhaftigkeit der sich über insgesamt vier Jahre (2012 bis 2015) erstreckenden Protokolle wäre auch dann nicht bewiesen, wenn die Zeugen die punktuellen Unrichtigkeiten der Protokolle zur Überzeugung des Gerichts bestätigen würden.

Bei den vorgelegten Schreiben der Mitbewohner ### und ### vom 03.03.2016 sowie ### und ### vom 03.04.2016 handelt es sich um Privaturkunden, die gem. § 416 ZPO ausschließlich Beweis darüber erbringen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen tatsächlich abgegeben wurden, aber nicht darüber, dass die darin enthaltenen sprachlichen Behauptungen tatsächlich mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen. Auch unter Berücksichtigung dieser Schreiben ist daher kein vollständiger Beweisantritt der Klägerin erfolgt.

b) Es ist daher nicht entscheidungserheblich, dass das Amtsgericht den Vortrag der Klägerin dahingehend, sie selbst und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann hätten zu keinem Zeitpunkt außerhalb ihrer Wohnung hörbaren Lärm verursacht und die auf Veranlassung des Beklagten erstellten Lärmprotokolle seien daher in Gänze unwahr, im Rahmen seiner Entscheidung ersichtlich übergangen hat. Die entsprechenden Behauptungen der Klägerin sind zwar im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils wiedergegeben, doch fehlt jede Auseinandersetzung hiermit in den Entscheidungsgründen, wenn dort lediglich unter stillschweigender Zugrundelegung der von der Klägerin gerade gegenteilig dargestellten Annahme, von dieser seien tatsächlich Lärmbeeinträchtigungen ausgegangen, ausgeführt wird, das Anfertigen von Lärmprotokollen stelle ein übliche Form der Dokumentation von Lärmstörungen und damit keine Verletzung einer vertraglichen (Neben-)Pflicht dar. Letzteres trifft nur dann zu, wenn tatsächlich derartige Störungen erfolgen; das von der Klägerin behauptete Erstellen in vollem Umfang erfundener Protokolle zum Zwecke einer tatsächlich nicht berechtigten Abmahnung mit dem Ziel, den Mieter letztlich zu einer eigenen Kündigung zu veranlassen, wäre demgegenüber ohne jeden Zweifel als Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten durch den Beklagten einzuordnen.

c) Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.09.2017 nach dem Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, erstmals weitere Zeugen zum Beweis der vollständigen Unrichtigkeit der Lärmprotokolle angeboten hat, war dieser Vortrag gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Es besteht auch kein Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 ZPO, da das Gericht insbesondere nicht gehalten war, die Klägerin gem. § 139 ZPO auf ihren unvollständigen bzw. untauglichen Beweisantritt hinzuweisen; der tatsächlich erfolgte Hinweis diente nicht dazu, der Klägerin weiteren Tatsachenvortrag zu ermöglichen, sondern dazu, keine sog. “Überraschungsentscheidung” zu treffen, nachdem sich die rechtliche Wertung der Kammer im Vergleich zu den zuvor erteilten Hinweisen geändert hatte.

Eine Hinweispflicht des Gerichts gem. § 139 Abs. 2 ZPO besteht-dort, wo ein Gesichtspunkt von einer Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurde. Von der Klägerin wurde indes gerade nicht verkannt, dass die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der behaupteten Pflichtverletzung bei ihr liegt, nachdem sie Beweise hierfür sowohl – wenn auch unvollständig – angeboten als auch mit der Berufung gerügt hat, dass diese nicht erhoben wurden. Ein Hinweis an die anwaltlich vertretene Klägerin darauf, dass der angebotene Zeugenbeweis den streitgegenständlichen Zeitraum nur punktuell und nicht vollständig abdeckt sowie darauf, dass die vorgelegten Privaturkunden aufgrund der Regelung in § 416 ZPO nicht geeignet sind, den der Klägerin obliegenden Beweis zu führen, war nicht erforderlich.

Aus diesen Gründen wäre auch dann, wenn die weitere Zeugenbenennung vor dem Zeitpunkt erfolgt wäre, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, der erstmals im Berufungsverfahren erfolgte Beweisantritt ohnehin nicht gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen gewesen.

d) Da mithin keine Pflichtverletzung des Beklagten nachgewiesen ist, war die am 30.03.2016 von der Klägerin erklärte Kündigung nur als ordentliche wirksam und hat das Mietverhältnis zum 30.06.2016 beendet, so dass unabhängig von der Frage, wann die Rückgabe der Mietsache erfolgte, bis zu diesem Zeitpunkt die vereinbarte Miete geschuldet ist. Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe der Juni-Miete war daher wirksam. Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld bestehen mangels nachgewiesener Pflichtverletzung ebenfalls nicht.”

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Bundesverfassungsgericht – 1 BvR 617/14, Beschluss vom 10.10.2017

Berliner Zeitung am 14.11.2017: Hartz IV – Der Staat muss nicht jede Miete komplett übernehmen

Das Bundesverfassungsgericht hat am 10.10.2017 einen Grundsatzstreit entschieden, der seit Einführung von Hartz IV geführt wird: Die Jobcenter müssen nicht die Wohnkosten von Hartz-IV-Empfängern in unbegrenzter Höhe übernehmen.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/hartz-iv-der-staat-muss-nicht-jede-miete-komplett-uebernehmen-28847414

Aus der Rubrik “Wirtschaftsinformationen”:

Berliner Zeitung am 14.11.2017: “Auf dem Rücken der Mieter” – Mieterverein kritisiert Gewinnsteigerung von Deutsche Wohnen

Die Deutsche Wohnen, größter privater Vermieter in Berlin, hat ihren Gewinn in den ersten neun Monaten dieses Jahres im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres noch einmal drastisch gesteigert: um 43,4 Millionen Euro auf 706 Millionen Euro.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/-auf-dem-ruecken-der-mieter–mietverein-kritisiert-gewinnsteigerung-von-deutsche-wohnen-28846844

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Muss der Gesetzgeber einen Anspruch auf unbegrenzte Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung vorsehen?

Die Antwort des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG – 1 BvR 617/14, Beschluss vom 10.10.2017) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Bundesverfassungsgericht in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. unter den Randnummern 11 bis 19 wie folgt aus: “II. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder nach § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

1. Soweit gerügt wird, die Heranziehung der Wohngeldtabellenwerte sei nicht tragfähig begründet, ist eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin nicht möglich. Die der Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten der Unterkunft sind nicht durch Verwendung von Tabellenwerten, sondern auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts ermittelt worden.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch im Übrigen nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Rügen hinsichtlich einer Verfassungswidrigkeit der Regelung zur Erstattung der Kosten der Unterkunft und Heizung in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht durchgreifen. Die Vorschrift genügt der aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Pflicht des Gesetzgebers, einen konkreten gesetzlichen Anspruch zur Erfüllung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu schaffen. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber keinen Anspruch auf unbegrenzte Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung normiert hat.

a) Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG gewährleistet das gesamte Existenzminimum einer Person durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie (vgl. BVerfGE 125, 175 ). Dazu gehört das physische Existenzminimum, zu dessen Sicherung die Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu decken sind. Das Grundgesetz selbst gibt insoweit keinen exakt bezifferten Anspruch auf Sozialleistungen vor (vgl. BVerfGE 125, 175 ; 132, 134 ). Die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss aber durch ein Gesetz gesichert sein, das einen konkreten Leistungsanspruch enthält (BVerfGE 125, 175 ; 132, 134 ); der parlamentarische Gesetzgeber muss den Leistungsanspruch in Tatbestand und Rechtsfolge konkretisieren (BVerfGE 125, 175 ; 132, 134 ). Dies schließt die Verwendung unbestimmter, konkretisierungsbedürftiger Begriffe nicht aus, solange sich der Regelungsgehalt der Norm mit den üblichen Auslegungsmethoden und insbesondere aufgrund des systematischen Regelungszusammenhangs bestimmen lässt (vgl. BVerfGE 102, 254 ). Die Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit einer Norm sind dabei auch von der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und dem Normzweck abhängig (vgl. BVerfGE 49, 168 ; 128, 282 ; stRspr).

b) Die Ausgangsverfahren betreffen Bewilligungszeiträume vor der Einführung der an § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anknüpfenden Regelungen in §§ 22a bis c SGB II. Auch damals war der Leistungsanspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung jedoch hinreichend gesetzlich normiert. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

aa) Die Begrenzung der Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung durch das Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit lässt sich durch Auslegung hinreichend konkretisieren. Aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II folgt, dass für die Angemessenheit die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Es ist also der konkrete Bedarf der Leistungsberechtigten einzelfallbezogen zu ermitteln. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfolgt damit anders als § 20 SGB II im Ausgangspunkt einen Individualisierungsgrundsatz. Was angemessen ist, kann des Weiteren in Anknüpfung an die sozialhilferechtliche Vorgängerregelung bestimmt werden, an die der Gesetzgeber mit § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anschließen wollte (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 57). In Fortführung der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 5 C 4/95 -, juris, Rn. 14) stellt das Bundessozialgericht auf die im unteren Preissegment für vergleichbare Wohnungen am Wohnort der Leistungsberechtigten marktüblichen Wohnungsmieten ab (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R -, juris, Rn. 24; Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 13 m.w.N.).

Die Regelung zur Angemessenheit war in der hier maßgeblichen Fassung der Norm auch insoweit hinreichend bestimmt, als der Gesetzgeber zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgegeben hatte, wie die marktüblichen Wohnungsmieten zu ermitteln sind. Der zu ordnende Lebenssachverhalt ist von so unterschiedlichen Faktoren bestimmt, dass die Vorgabe angemessener Kostenerstattung als hinreichend bestimmt anzusehen ist. So muss die Ermittlung der marktüblichen Wohnungsmieten zur Bestimmung des Betrages, der eine menschenwürdige Existenz hinsichtlich dieser Bedarfe tatsächlich sichert, immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen. Dabei ist die Heterogenität des jeweils lokal unterschiedlichen Wohnungsmarktes ebenso zu beachten wie die Tatsache, dass zu den Kosten der Unterkunft regional in unterschiedlichem Maße belastbare Informationen vorliegen. Das stellt auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum “schlüssigen Konzept” in Rechnung, die zudem den erheblichen Ermittlungsaufwand und die praktischen Probleme bei der Ermittlung der marktüblichen Wohnungsmieten verdeutlicht. Vor diesem Hintergrund durfte sich der Gesetzgeber darauf beschränken, die Deckung eines existenzsichernden Bedarfs durch den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit zu gewährleisten, um so der Vielfältigkeit der betroffenen Lebenssachverhalte gerecht zu werden. Das schließt eine weitere Konkretisierung des Leistungsanspruchs oder eine andere Methode zur Bestimmung der Höhe der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht aus.

Dem Ziel der Konkretisierungspflicht, dass Normadressaten sich auf Entscheidungen der Verwaltung einstellen können (vgl. BVerfGE 118, 168 m.w.N.), ist verfahrensrechtlich Rechnung getragen worden. Die Reduzierung der Leistung auf die angemessenen Kosten der Unterkunft setzt eine vorherige Aufforderung voraus, sich binnen einer angemessenen Frist eine neue Unterkunft zu suchen. Aus der Aufforderung muss konkret ersichtlich sein, welchen Mietpreis der Leistungsträger als angemessen erachtet (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 – B 4 AS 78/09 R -, juris, Rn. 14 f.; stRspr).

bb) Die hier geltend gemachten Einwände gegen die Begrenzung der Übernahme auf angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung greifen auch im Hinblick auf die Höhe des Leistungsanspruchs verfassungsrechtlich nicht durch. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist insoweit entscheidend, dass die Untergrenze eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht unterschritten wird, die gesetzlichen Regeln also tatsächlich eine menschenwürdige Existenz sichern (vgl. BVerfGE 125, 175 ; 132, 134 ; 137, 34 ). Danach ist die Begrenzung auf angemessene Kosten in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich bei den Kosten für Unterkunft und Heizung um eine der grundrechtsintensivsten Bedarfspositionen, denn sie betreffen die grundlegende Wohn- und Lebenssituation eines Menschen (vgl. BVerfGE 125, 175 ; 132, 134 ). Doch ergibt sich daraus keine Verpflichtung, jedwede Unterkunft im Falle einer Bedürftigkeit staatlich zu finanzieren und insoweit Mietkosten unbegrenzt zu erstatten. Die grundrechtliche Gewährleistung bezieht sich nur auf das Existenzminimum.