Archiv für den Monat: Oktober 2019

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Sind Mieter an ihre Teilzustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen gebunden, wenn beide Parteien von einer falschen Wohnfläche ausgegangen sind?

Die Antwort des Landgerichts Freiburg (LG Freiburg – 3 S 17/19, Urteil vom 01.08.2019) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. (3) wie folgt aus: „An ihre Teilzustimmung sind die Beklagten nicht gebunden. Zwar liegen die Voraussetzungen des § 123 BGB nicht vor. Die Voraussetzungen für die erklärte Irrtumsanfechtung liegen jedoch vor, da die Größe der Wohnung eine verkehrswesentliche Eigenschaft iSd § 119 Abs. 2 BGB ist (Staudinger/Singer [2017] § 119 Rn 96). Jedenfalls können die Beklagten die Anpassung der Mieterhöhung auf die – allein relevante – tatsächliche Wohnfläche verlangen, worauf das Begehren der Beklagten nach verständiger Auslegung gerichtet ist, nachdem beide Parteien von einer falschen größeren Fläche ausgegangen sind. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich dabei um eine Anpassung nach § 313 Abs. 2 BGB wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage, wobei die “10% Rechtsprechung” des Bundesgerichtshofs keine Rolle spielt (BGH, Urt. v. 07.07.2004 – VIII ZR 192/03; BGH, Urt. v. 18.11.2015 – VIII ZR 266/14 – unter Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; Schmidt-Futterer / Börstinghaus, Mietrecht, 13. Aufl., § 558 b Rn 12e).”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Sind in der Stadt Freiburg Flächen von Balkonen regelmäßig nur zu einem Viertel ihrer Grundfläche anzurechnen?

Die Antwort des Landgerichts Freiburg (LG Freiburg – 3 S 17/19, Urteil vom 01.08.2019) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. (1) (a) – (b) wie folgt aus: „Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die maßgebliche Wohnfläche 92,37 qm beträgt, weil die Balkonflächen lediglich zu einem Viertel ihrer Grundfläche anzurechnen sind.

(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff der “Wohnfläche” im Wohnraummietrecht – vorbehaltlich anderweitiger individualvertraglicher Abreden – auch bei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für den preisgebundenen Wohnraum im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses geltenden Bestimmungen, vorliegend der Wohnflächenverordnung (WoFlV), auszulegen. Eine hiervon abweichende Berechnung erfolgt unter anderem dann, wenn insgesamt ein anderer Berechnungsmodus örtlich üblich ist. Eine solche maßgebende Verkehrssitte setzt voraus, dass – abweichend von der Wohnflächenverordnung – ein anderes Regelwerk, mithin die II. Berechnungsverordnung, die DIN 283 oder die DIN 277 insgesamt angewendet wird (BGH, Urteil vom 17. April 2019 – VIII ZR 33/18). Eine solche maßgebliche Verkehrssitte als eine die beteiligten Verkehrskreise untereinander verpflichtende Regel verlangt, dass sie auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und freiwilligen tatsächlichen Übung beruht, die sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums für vergleichbare Geschäftsvorfälle gebildet hat und der eine einheitliche Auffassung sämtlicher beteiligten Kreise an dem betreffenden, gegebenenfalls räumlich beschränkten Geschäftsverkehr zu Grunde liegt. Ein abweichender örtlich üblicher Berechnungsmodus als Grundlage der Wohnflächenermittlung kommt überhaupt nur dann in Betracht, wenn sich eine Verkehrssitte zur Anwendung eines anderen Regelwerkes gebildet hat. Denn die Ermittlung der Wohnfläche kann sinnvollerweise nur aufgrund eines einheitlichen, in sich geschlossenen Regelwerks vorgenommen werden, weil anderenfalls Wertungswidersprüche zumindest möglich und sachgerechte Ergebnisse nicht sichergestellt sind (BGH aaO Rn 37f; vgl. auch Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 14/2019 Anm. 1).

Der Sachverständige ### geht bei seiner Berechnung ohne weiteres davon aus, dass in Freiburg die Wohnungsgröße regelmäßig nach der Wohnflächenverordnung bestimmt wird, was auch den Erfahrungen der Kammer entspricht. Anderes gilt nur bei Mietverträgen, die vor Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung geschlossen wurden, was auch die vom Sachverständigen ### zitierte Anmerkung in der Dokumentation zum Freiburger Mietspiegel 2017/2018 erklärt.

Aus Rechtsgründen kommt es nicht darauf an, dass, wie der Sachverständige ### ausführt, beim Verkauf von (Neubau-) Wohnungen regelmäßig nach § 4 Ziff.4 WoFlV Balkonflächen zur Hälfte angerechnet werden. Gleiches gilt für die Stellungnahme des Sachverständigen ### (die sich die Klägerin zu eigen gemacht hat) wonach Bauträger und Projektentwickler in den Wohnflächenberechnungen Balkone, mit ganz wenigen Ausnahmen, hälftig anrechnen und dies von den Käufern akzeptiert und nicht weiter hinterfragt wird.

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.07.2019 unter Berufung auf die beiden Sachverständigen meint, es habe sich eine “Ortssitte des hälftigen Ansatzes der Balkonflächen” gebildet, ist dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich unerheblich. Wenn sich bezüglich der Berechnung einer Teilfläche eine bestimmte Übung der Mehrheit der Marktteilnehmer herausgebildet hat, ist dies kein Anlass, von dem Grundsatz abzuweichen, dass das Regelwerk – insgesamt – für die Berechnung der Wohnfläche maßgeblich ist, das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den preisgebundenen Wohnraum anzuwenden war, hier mithin die Wohnflächenverordnung (BGH aaO Rn 39f). Abweichende individualvertragliche Vereinbarungen der Parteien liegen nicht vor.

Es kommt damit nicht mehr entscheidend darauf an, dass sich aus der vorgelegten Stellungnahme des Sachverständigen ### ergibt, dass bei “größeren Anlagen über ca. 18/20 qm zunehmend mit einem Ansatz zu ¼” gerechnet wird und im Streitfall die Balkonflächen annähernd 25qm betragen.

Es kommt schließlich auch nicht darauf an, dass zumindest fraglich wäre, ob eine “doppelte” Berücksichtigung der streitgegenständlichen Balkone (einmal über eine Flächenanrechnung von mehr als einem Viertel [Wohnwertmerkmal: Größe] und gleichzeitig über einen – hier unstreitigen – 5%igen Zuschlag nach Tabelle 2 c des Freiburger Mietspiegels 2017 / 2018 wegen der gut nutzbaren Balkonflächen [Wohnwertmerkmale: Ausstattung und Beschaffenheit]) zu in der regressionsanalytischen Berechnung nicht ausreichend einbezogenen Interaktionen (hierzu etwa: Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, 2002, S. 40 “Regressionsmietspiegel” Dokumentation zum Freiburger Mietspiegel 2017 / 2018 S. 22 “Prüfung von Interaktionen”) führen könnte.

(b) Die Kammer hat bereits darauf hingewiesen, dass es im Einzelfall denkbar ist, entsprechend § 4 Ziff. 4 WoFlV ausnahmsweise eine Anrechnung der Balkonflächen mit mehr als einem Viertel (bis zur Hälfte) vorzunehmen und es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt (wobei durchaus fraglich ist, ob der Bundesgerichtshof in seiner zitierten Entscheidung vom 19.04.2019 nicht schon davon ausgeht, dass bei Anwendbarkeit der Wohnflächenverordnung Balkone generell nur mit ¼ ihrer Fläche zu berücksichtigen sind). Allerdings ist fraglich, ob sich eine ¼ übersteigende Anrechnung von Balkonflächen überhaupt auf Umstände (gute Nutzbarkeit, Aussicht) stützen kann, die die Wohnwertmerkmale Ausstattung und Beschaffenheit betreffen. Dies kann jedoch offen bleiben. Mit zutreffender Begründung, die sich insbesondere auch erschöpfend mit den Ausführungen des Sachverständigen ### auseinandersetzt und die sich die Kammer nach Prüfung zu eigen macht, hat das Amtsgericht dies nämlich verneint. Die Kammer kann auch nach ergänzender Beweisaufnahme nicht feststellen, dass hier ausnahmsweise eine hälftige Anrechnung erfolgen muss.

Die von der Kammer ergänzend durchgeführte Inaugenscheinnahme führt zu keiner abweichenden Entscheidung. Die Wohnung liegt im 3.OG, sodass sie entgegen der Berufungsbegründung nicht durch im 3.OG liegende Balkone vor Witterungseinflüssen geschützt ist. Dass die auf beiden Seiten der Wohnung liegenden Balkone nicht nach Süd-Ost bzw. Süd-West gerichtet sein können (die entsprechenden Außenwände stehen nach den Plänen parallel zueinander nach der Planskizze im Gutachten ### dürfte eine Ausrichtung nach Nord-West und Süd-Ost vorliegen) liegt auf der Hand, ist aber für die Beurteilung, ob Flächen ausnahmsweise im Rahmen des § 4 Ziff. 4 WoFlV über ein Viertel anzurechnen sind, nicht von entscheidender Bedeutung. Vom Nord-West-Balkon ist zwar das angrenzende Naturschutzgebiet zwischen dem Wohnturm in der Wendeschleife (links) und der Bebauung (rechts) gut zu sehen, doch rechtfertigt allein dies ebenso wenig eine hälftige Anrechnung der Fläche, wie die Größe der Balkone, die allerdings einen (unstreitigen) Zuschlag nach Tabelle 2 c des Freiburger Mietspiegels 2017 / 2018 begründen.

Soweit die Klägerin im Termin vor der Kammer ausdrücklich, wie bereits schriftsätzlich angekündigt, die Ladung des Sachverständigen ### nach § 411 Abs. 3 ZPO beantragt hat, handelt es sich um ein neues Angriffsmittel, da dies erstinstanzlich (anders als im Fall BGH MDR 2005, 1308) nicht beantragt worden war. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO war diesem Antrag daher nicht nachzukommen. Die Kammer sieht aber auch von Amts wegen keinen weiteren Erläuterungsbedarf. Ob die Feststellungen des Sachverständigen ### zur konkreten Wohnung eine hälftige Anrechnung der Wohnfläche oder einen Tabellenzuschlag rechtfertigen, ist Rechtsfrage und durch das Gericht zu beantworten. Darauf, ob sich bezüglich der Berechnung einer Teilfläche eine bestimmte Übung der Mehrheit der Marktteilnehmer herausgebildet hat, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie ausgeführt, nicht an.”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

DER TAGESSPIEGEL am 09.10.2019: Hunderte Mieter rausgeworfen – So oft lassen Berliner Wohnungsgesellschaften zwangsräumen

213 Mietverhältnisse haben die Landesfirmen im laufenden Jahr durch Zwangsräumungen beendet. Bis zum Jahresende dürfte die Zahl noch deutlich ansteigen.

Zum Vergleich: Im Jahr 2018 führten die sechs größten landeseigenen Wohnungsunternehmen 418 Zwangsräumungen durch.

Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben im laufenden Jahr 213 Mietverhältnisse durch Zwangsräumungen beendet. Das geht aus einer schriftlichen Anfrage des FDP-Politikers Thomas Seerig hervor, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Da die Stichtage für die durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung koordinierte Abfrage zwischen dem 30. Juni und dem 20. September liegen, dürfte ihre Zahl am Jahresende noch deutlich höher liegen.

Zum Vergleich: Im Jahr 2018 führten die sechs größten landeseigenen Wohnungsunternehmen 418 Zwangsräumungen durch, die meisten davon entfielen auf die Gewobag (105) und Howoge (102). 2017 lag der Wert noch deutlich höher.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/hunderte-mieter-rausgeworfen-so-oft-lassen-berliner-wohnungsgesellschaften-zwangsraeumen/25096826.html

 

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

rbb.de am 09.10.2019: Geisel deutet Kompromissbereitschaft beim Mietendeckel an

Im Streit um einen Mietendeckel in Berlin liegen die Positionen innerhalb der Koalition noch immer weit auseinander. Nach Wirtschaftssenatorin Pop hat nun aber auch Innensenator Geisel Kompromissbereitschaft signalisiert. Die Beratungen dürften sich trotzdem hinziehen.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat in der Diskussion um den Mietendeckel Kompromissbereitschaft signalisiert.

Geisel sagte am Dienstag, Berlin sei nicht befugt, Bestandsmieten per Mietendeckel abzusenken, da das Land hierfür keine Gesetzgebungskompetenz habe. Er verwies dabei auf den im Grundgesetz verankerten Schutz des Eigentums. Allerdings sieht der Innensenator Spielraum bei sogenannten Wuchermieten. Hier sei ein Absenken vorstellbar.

Grüne für Mietendeckel in zwei Phasen

Geisel schwenkt damit auf die Linie der Grünen ein. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) hatte sich ebenfalls um einen Kompromiss bemüht. Der Mietendeckel könnte demnach in zwei Phasen kommen – zunächst als Mietenstopp, nach einem Dreivierteljahr dann ergänzt um eine Mietenabsenkung.

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/10/geisel-kompromissbereitschaft-mietendeckel-berlin.html

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

rbb24.de am 08.10.2019: Pop schlägt Kompromiss beim Mietendeckel vor

Beim Mietendeckel gibt es nach wie vor keine Einigung innerhalb des Berliner Senats. Jetzt hat die Wirtschaftsverwaltung unter Senatorin Ramona Pop (Grüne) einen Kompromiss ins Spiel gebracht. Demnach könnte der Mietendeckel in zwei Phasen eingeführt werden.

In der koalitionsinternen Diskussion um den Mietendeckel deutet sich möglicherweise ein Kompromiss an. Dem rbb liegt eine interne Stellungnahme der Wirtschaftsverwaltung zu dem Thema vor. Darin begrüßt das Haus von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) den Gesetzentwurf zum Mietendeckel ausdrücklich, warnt aber, die Verhältnismäßigkeit müsse beachtet werden.

Genossenschaften und sozial agierende Vermieter dürften nicht über Gebühr belastet werden, heißt es. Der Mietendeckel dürfe zudem energetische Sanierungen und damit Klimaschutz nicht verhindern.

Vorschlag: Absenkung erst in einer zweiten Phase

Im Koalitions-Konflikt, ob Mieten nur eingefroren oder auch abgesenkt werden sollen, schlägt die Wirtschaftsverwaltung demnach einen Kompromiss vor: Der Mietendeckel könne in zwei Phasen eingeführt werden. Zunächst könnte der Mietenstopp in Kraft treten, erst später – beispielsweise nach einem Dreivierteljahr – würden die Regelungen zur Absenkung folgen.

Dem Vernehmen nach wird der Senat den Mietendeckel aufgrund der weit auseinander liegenden Positionen – insbesondere zwischen Linken und SPD – erst in zwei Wochen beschließen können.

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/10/berlin-mietendeckel-kompromiss-vorschlag-wirtschaftsverwaltung.html

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

DER TAGESSPIEGEL am 08.10.2019: Entscheidung über Mietendeckel in Berlin wird vertagt

Der Berliner Senat wird sich frühestens am 22. Oktober mit dem umstrittenen Mietengesetz befassen. Wirtschaftssenatorin Pop ist derweil auf Kompromisskurs.

Die Berliner müssen sich noch etwas gedulden, bevor ihre Mieten gedeckelt werden. Eigentlich wollte der Senat den Entwurf für das umstrittene Mietengesetz am 15. Oktober beschließen. Aber dieser Termin ist höchstwahrscheinlich nicht zu halten, weil sich die Regierungspartner SPD, Linke und Grüne bis dahin nicht einigen können.

Dem Vernehmen nach wird sich der Koalitionsausschuss erst Mitte nächster Woche treffen, um einen Konsens für den Mietendeckel zu suchen. Wenn das gelingt, könnte der Gesetzentwurf frühestens am 22. Oktober im Senat behandelt werden.

Eine Schlüsselrolle im koalitionsinternen Einigungsprozess könnte die Stellungnahme der Wirtschaftsverwaltung des Senats spielen: Mit Blick auf das Baugewerbe sei es „besonders geboten, Verhältnismäßigkeit zu wahren“. Außerdem dürfe der Mietendeckelnicht zu einem massiven Rückgang der Investitionen für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen oder die energetische Gebäudesanierung führen.

Forderung nach stufenweisem Inkrafttreten

Zudem fordert die Wirtschaftsverwaltung, Genossenschaften und sozial agierende Vermieter mit niedrigen Bestandsmieten „nicht über Gebühr zu belasten“. Vorgeschlagen wird ein „atmender Deckel“ mit Inflationsausgleich.

Von „höchster Priorität“, so heißt es in der Stellungnahme, sei die Minimierung des Verwaltungsaufwands, den Bezirksämter, Investitionsbank Berlin oder ein neues Landesamt zu leisten hätten. Dies spreche für ein „stufenweises Inkrafttreten“ des Mietendeckels, indem die von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) vorgeschlagenen Regelungen für eine Absenkung hoher Mieten erst später gültig werden. Beispielsweise neun Monate nach dem gesetzlichen Mietenstopp.

Denn die Absenkung von Mieten erfordere einen „erheblichen Verwaltungsaufwand und den Aufbau eines entsprechenden Personalkörpers“ – und es sei mit „nicht unerheblichen“ Rechtsproblemen zu rechnen. Ein solches Stufenmodell – erst Mieten einfrieren und später Absenkungen ermöglichen – wird auch von der SPD favorisiert.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/wohnungspolitik-entscheidung-ueber-mietendeckel-in-berlin-wird-vertagt/25092430.html?!=

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

Berliner Zeitung am 07.10.2019: Mit einer Ausnahme – Senatsverwaltung hält Mietendeckel für verfassungskonform

Der vorliegende Gesetzentwurf für den Mietendeckel ist nach einer Einschätzung aus der Senatsverwaltung für Inneres in großen Teilen mit der Verfassung vereinbar. Das geht aus einem internen Vermerk der Behörde hervor, der der Berliner Zeitung vorliegt.

Viel spreche dafür, dass die einzelnen Instrumente des Gesetzentwurfs „verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden können“, heißt es in dem Papier – mit Ausnahme allerdings der Absenkung überhöhter Mieten. Die Innenverwaltung stärkt damit grundsätzlich den Plan von SPD, Linken und Grünen, den Anstieg der Mieten in Berlin mit einem eigenen landesrechtlichen Deckel zu begrenzen. Zum anderen stützt sie den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), der den bisher noch geplanten Passus zur Absenkung überhöhter Mieten ablehnt.

Die Mietobergrenzen werden in dem Papier ebenfalls als zulässig beschrieben. Ziel sei es, die Preisentwicklung auf dem Mietenmarkt nicht dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen. Dies sei speziell bei Immobilien grundsätzlich erlaubt, „um breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zu dem – im Falle von Wohnungen – unverzichtbaren Wirtschaftsgut zu ermöglichen“. Es müsse jedoch klar definiert werden, inwiefern die Oberwerte künftig angehoben werden.

Heftig umstritten ist der im Gesetzentwurf von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) enthaltene Anspruch auf Absenkung zu hoher Mieten. Mieter sollen eine Absenkung verlangen dürfen, wenn die Miete über den Oberwerten liegt und die Bewohner mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Wohnkosten aufbringen müssen. Laut dem Papier aus der Innenverwaltung sprechen überwiegend Gründe dafür, die Regelung als unverhältnismäßig anzusehen.

Das Land hätte auch die Möglichkeit, die betroffenen Mieter mit Sozialleistungen zu unterstützen. Als „legitim“ wird dagegen der Plan bezeichnet, die Umlage der Modernisierungskosten zu beschränken. Es gebe aber keinen Grund für eine Begrenzung der Umlage, wenn der Mieter freiwillig mehr zahle. Probleme sieht die Innenbehörde auch damit, dass die Mieten rückwirkend eingefroren werden sollen.

Die Regelung sei „nicht stichhaltig“ begründet. Staffelmieten können laut dem Vermerk zudem nicht eingefroren werden. Und die Härtefallregelung für Eigentümer sei noch „zu unbestimmt“. Unterm Strich ergebe sich aber „keine unzumutbare Gesamtbelastung der Vermieterseite“.

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/mit-einer-ausnahme–senatsverwaltung-haelt-mietendeckel-fuer-verfassungskonform–33275246

AMV im Lichte der Presse:

 

Spandauer Volksblatt am 07.10.2019: Stammtisch zu stabilen Mieten

Wilhelmstadt. Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) lädt wieder zum Mieter- und Verbraucherstammtisch ein. Der findet am Mittwoch, 16. Oktober, um 19.30 Uhr im Stadtteilladen an der Adamstraße 39 statt. Diesmal geht es um „Stabile Mieten und bezahlbares Wohnen für Berlin“. Der Spandauer Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Berliner CDU, Kai Wegner, wird zum Thema referieren, den „Masterplan Wohnen“ seiner Partei für mehr Wohnungsneubau vorstellen und Fragen beantworten. Außerdem will die CDU ein Berliner Mietergeld einführen. Konkret soll das Wohngeld auf Mieter mit mittleren Einkommen wie Polizisten oder Krankenschwestern ausgeweitet werden. Ein Singlehaushalt soll dann den Zuschuss bis zu einem Monatseinkommen von 1800 Euro beziehen können. Bisher liegt die Obergrenze je nach Fall zwischen 1000 und 1400 Euro. Auch darüber wird am Stammtisch informiert.

https://www.berliner-woche.de/wilhelmstadt/c-politik/stammtisch-zu-stabilen-mieten_a234577

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

DER TAGESSPIEGEL am 02.10.2019: Koalitionsstreit und Bürokratie – Der Zeitplan für den Berliner Mietendeckel wackelt

Im Januar soll der Mietendeckel in Kraft treten. Bisher ist sich die Koalition aber noch nicht einig, was drinstehen soll.

Der Senatsbeschluss für ein Berliner Mietengesetz, der nach dem bisherigen Terminplan am 15. Oktober gefasst werden soll, steht nicht nur deshalb auf der Kippe, weil der Inhalt des Gesetzes koalitionsintern strittig ist. Es wurde in der Senatssitzung am Dienstag auch kritisch angemerkt, dass der Regierende Bürgermeister Michael Müller an diesem Tag auf Dienstreise in Singapur ist.

Deshalb wurde angeregt, die vielen ungeklärten Probleme vorab in einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses zu lösen. Aber auch das wird wegen der Herbstferien schwierig, viele Regierungspolitiker sind verreist.

Derzeit läuft alles auf einen handfesten Koalitionsstreit hinaus. Die Parteiführung der Linken kämpft vehement für den Vorschlag der Bausenatorin, der nicht nur einen Mietenstopp, sondern auch die Absenkung „überhöhter Mieten“ samt tabellarischer Obergrenzen vorsieht. Dagegen verweist die Berliner SPD auf ihre ursprüngliche Idee, die im Januar von der Bundestagsabgeordneten Eva Högl und dem Vize-Landeschef der SPD, Julian Zado im Tagesspiegel veröffentlicht wurde.

Sie schlugen damals vor, die Mieten für fünf Jahre einzufrieren und die Vermieter zu zwingen, die Miethöhen offenzulegen. Entsprechend wirbt die SPD auf ihrer Internetseite für einen „wirksamen und rechtssicheren Mietendeckel, der mit geringem Verwaltungsaufwand umgesetzt werden kann“.

Der von Lompscher vorgelegte Gesetzentwurf, kritisiert Zado, führe zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Ein reiner Mietenstopp sei dagegen auch rechtlich verhältnismäßig. „Wir müssen darauf achten, dass das Ganze hält und nicht schon 2020 wieder die Luft raus ist“, mahnte der SPD-Mann.

Der dritte Regierungspartner, die Grünen, bemüht sich darum, im Konflikt zwischen SPD und Linken nicht unter die Räder zu kommen. Trotzdem macht auch die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek Druck. Die Koalition sei jetzt schon in großer Zeitnot, sagte Kapek dem Tagesspiegel. „Das Gesetz zum Mietendeckel muss aber im Januar in Kraft treten.“ Schon deshalb, weil viele Vermieter die letzten Monate für Mieterhöhungen genutzt hätten. Dies müsse mit rechtlichen Mitteln möglichst bald nachträglich korrigiert werden, fordert Kapek.

Weitere Bedingungen, die die Grünen stellen: Das neue Gesetz müsse so rechtssicher wie möglich und verwaltungstechnisch kurzfristig umsetzbar sein. Außerdem müssten „Gerechtigkeitsfragen“ geklärt werden, die mit einem Mietenstopp bzw. einer Absenkung von Mieten verbunden seien, sagte Kapek.

Die Grünen wollen, ähnlich wie die Linken, mehr als ein Mietenmoratorium. Wenigstens die Wuchermieten in der Stadt sollen abgesenkt werden. Die Grünen-Fraktionschefin ahnt, dass es koalitionsintern schwierig wird, sich zu einigen. „Wir schrauben für den Mietendeckel an sehr vielen Stellschrauben.“

https://www.tagesspiegel.de/berlin/koalitionsstreit-und-buerokratie-der-zeitplan-fuer-den-berliner-mietendeckel-wackelt/25075850.html

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

Berliner Zeitung am 02.10.2019: Kommentar zum Mietendeckel – Rot-rot-grüne Koalition steht vor komplizierter Aufgabe

Es geht um Geld, um viel Geld. Berlins Mieter werden durch den geplanten Mietendeckel voraussichtlich um rund 2,2 Milliarden Euro entlastet – gerechnet auf fünf Jahre. Den Vermietern geht dagegen ein Betrag in gleicher Höhe verloren, wie aus Schätzungen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hervor geht.

In Anbetracht der Summen wird klar, dass die Vermieter nichts unversucht lassen, den Mietendeckel zu verhindern. Je näher der Zeitpunkt kommt, an dem der Senat über die neue Regelung entscheidet, umso stärker dürfte der Widerstand werden.

Der größte Verbündete der Immobilienwirtschaft gegen den Mietendeckel ist derzeit die Uneinigkeit in der rot-rot-grünen Koalition. Auf der einen Seite steht die SPD, die Bedenken hat, ob zentrale Bestandteile des Mietendeckels rechtlich durchsetzbar sind.

Berliner Mietendeckel: Michael Müller hält nichts von einer Absenkung der Mieten

Dazu gehört der Anspruch der Mieter, eine Absenkung der Miete zu verlangen, wenn sie mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Miete bezahlen müssen – und die Miete die festgelegten Obergrenzen von bis zu 9,80 Euro je Quadratmeter überschreitet. Auf der anderen Seite stehen Linke und Grüne, die eine Absenkung überhöhter Mieten weiter fordern.

Es gehört nicht viel Fantasie dazu, dass es am Ende einen Kompromiss geben muss. Schon deswegen, weil der Regierende Bürgermeister Michael Müller bereits frühzeitig klar gemacht, dass er von einer Absenkung der Mieten nichts hält. Er wird es kaum hinnehmen, überstimmt zu werden.

Die Tatsache, dass sich der Finanzsenator am Dienstag ganz in Müllers Sinn geäußert hat, zeigt, dass die SPD die Öffentlichkeit in ihrem Sinn zu überzeugen versucht. Die Kunst ist nun, einen Mietendeckel zu beschließen, der nicht durchlöchert wird.https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/kommentar-zum-mietendeckel–rot-rot-gruene-koalition-steht-vor-komplizierter-aufgabe–33254190